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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.04.2006
Aktenzeichen: 5 L 3/05
Rechtsgebiete: PersVG LSA


Vorschriften:

PersVG LSA § 42 I
Die Kosten für die anwaltliche Vertretung des Personalrats im gerichtlichen Verfahren sind grundsätzlich erstattungspflichtig.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 5 L 3/05

Datum: 20.04.2006

Gründe:

I.

Gegenstand dieses Verfahren ist die Frage, ob der Beteiligte verpflichtet ist, die Kosten der anwaltlichen Vertretung des Antragstellers in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg bzw. dem Oberverwaltungsgericht zu tragen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Zwischen den Beteiligten bestand Streit um die Mitbestimmungsrechte des Antragstellers bei dem Erlass von Beurteilungsrichtlinien. Hierzu waren vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg die personalvertretungsrechtlichen Verfahren 11 A 5/04 und 11 B 2/04 sowie vor dem Oberverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren 5 L 7/04 anhängig. In allen Verfahren wurde der Antragsteller durch Herrn Rechtsanwalt D. vertreten; der jeweiligen Beauftragung lag ein entsprechender Beschluss des Antragstellers zu Grunde. Streitgegenstand war die Beteiligung der Personalvertretung bei dem Erlass von Beurteilungsrichtlinien.

Der Antragsteller begehrte gegenüber dem Beteiligten die Übernahme der in den vorgenannten Verfahren entstandenen Anwaltskosten. Der Beteiligte lehnte die Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, bei einer sorgfältigen Prüfung und Überlegung hätte der Antragsteller von einem gerichtlichen Verfahren absehen müssen; die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten sei leichtfertig erfolgt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 22. Februar 2005 festgestellt, dass der Beteiligte die Kosten der anwaltlichen Vertretung des Antragstellers in den o. g. Verfahren zu tragen habe. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Durchführung der gerichtlichen Verfahren sowie die damit verbundene Beauftragung des Prozessbevollmächtigten sei nicht mutwillig erfolgt, zumal die gerichtlichen Verfahren nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos gewesen seien. Dies gelte insbesondere deswegen, weil Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland sei, welches eine Mitbestimmungspflicht der Personalvertretung beim Erlass von Beurteilungsrichtlinien nicht gesetzlich geregelt habe.

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des Beteiligten, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt:

Es sei zwar nicht zu bestreiten, dass die durch ein eingeleitetes Beschlussverfahren entstehenden außergerichtlichen Kosten des Personalrates, zu denen insbesondere auch die Rechtsanwaltskosten gehörten, grundsätzlich von der Dienststelle zu tragen seien. Jedoch sei ein Kostenerstattungsanspruch entsprechend der Regelung in § 44 BPersVG in den hier maßgeblichen Verfahren deswegen nicht gegeben, weil diese von vornherein aussichtslos gewesen seien, d. h. deren Betreibung als mutwillig und haltlos anzusehen sei. Dies folge aus der eindeutigen gesetzlichen Regelung dahin gehend, dass im PersVG LSA eine Mitbestimmungsmöglichkeit der Personalvertretungen bei Erlass von Beurteilungsrichtlinien gerade nicht enumerativ aufgenommen sei. Die Erfolgsaussichten der gerichtlichen Verfahren seien evident negativ gewesen.

Der Beteiligte beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Magdeburg - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 22. Februar 2005 den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, die Einleitung der gerichtlichen Verfahren sei keineswegs mutwillig oder haltlos gewesen. Vielmehr zeige sich insbesondere daran, dass der Senat in dem (die Beurteilungsrichtlinien 2004 betreffenden) Verfahren 5 L 2/05 die Rechtsbeschwerde zugelassen habe, dass es hier der gerichtlichen Klärung von Rechtsfragen bedürfe.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist begründet.

Der Beteiligte ist verpflichtet, die Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme in den streitgegenständlichen gerichtlichen Verfahren zu tragen. Die - der Höhe nach unstreitigen - Kosten sind als durch die Tätigkeit des Personalrats entstandene notwendige Kosten i. S. von § 42 Abs. 1 PersVG LSA anzusehen und danach erstattungspflichtig. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Ist die Personalvertretung Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens, so besteht grundsätzlich die Vermutung (sog. Regelvermutung) dahin gehend, dass es der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf (vgl. dazu Bieler/Plaßmann u. a., PersVG LSA, § 42, Rdnr. 94 ff. m. w. N.). Im gerichtlichen Verfahren kommt es nämlich nicht nur auf die Kenntnisse des materiellen Personalvertretungsrechts an, sondern auch auf die Kenntnis des spezifischen Prozessrechts. Im Übrigen ist mit einer anwaltlichen Vertretung dafür Sorge getragen, dass der jeweilige Vortrag strukturiert und - nicht zuletzt - unter Berücksichtigung seiner rechtlichen Relevanz erfolgt; dies liegt letztlich im Interesse der Justiz selbst.

Spricht danach eine regelmäßige Vermutung für die Sinnhaftigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in gerichtlichen Verfahren, so kommt es für die danach grundsätzlich gegebene Kostenerstattungspflicht der Dienststelle nicht auf den Erfolg des Antrags vor Gericht an (Bieler/Plaßmann u. a., a. a. O., § 42, Rdnr. 95). Der Senat vermag auch nicht davon auszugehen, dass die Durchführung der hier streitgegenständlichen gerichtlichen Verfahren von vornherein mutwillig bzw. ohne jede Erfolgsaussicht gewesen sein könnte. Zwar ist dem Beteiligten zuzugeben, dass ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung im Zusammenhang mit dem Erlass von Beurteilungsrichtlinien im PersVG LSA nicht normiert ist, was der Senat in den hierzu geführten Verfahren 5 L 2/05 bzw. 5 L 18/04 (Beschlüsse vom 1.3.2006) berücksichtigt hat. Eine Beteiligungspflicht der Personalvertretungen kann nach der in den vorg. Entscheidungen zum Ausdruck gebrachten Rechtsaufassung des Senats auch nicht aus anderen rechtlichen Regelungen, insbesondere auch nicht aus der rahmenrechtlichen Vorschrift des § 104 BPersVG hergeleitet werden kann. Indes hat der Senat in dem - die Beurteilungsrichtlinien 2004 betreffenden - Beschwerdeverfahren 5 L 2/05 die Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung ausdrücklich zugelassen, damit insoweit eine abschließende höchstrichterliche Klärung der Rechtslage erfolgen kann. Bereits daraus ergibt sich, dass jedenfalls nicht von einer Mutwilligkeit bzw. von vornherein bestehenden Erfolglosigkeit der Inanspruchnahme der Gerichte durch den Antragsteller die Rede sein kann. Der insoweit vom Beteiligten zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam (PersV 2003, S. 355) vermag sich der Senat - jedenfalls hinsichtlich der für Sachsen-Anhalt maßgeblichen Rechtslage - nicht anzuschließen.

Im Übrigen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller die gerichtlichen Verfahren betrieben hat, ohne zuvor einen Verständigungsversuch mit der Dienststelle zu unternehmen. Dem Senat ist aus den Ausgangsverfahren bekannt, dass die Frage der Beteiligungsrechte des Antragstellers bei dem Erlass von Beurteilungsrichtlinien Gegenstand mehrerer Gespräche mit dem Beteiligten gewesen ist, diese aber letztlich nicht zu einer Einigung geführt haben. Danach ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes für den Beteiligten überraschend und - aus der Sicht eines vernünftigen Dritten - mutwillig erfolgt ist. Es hat danach bei der Regelvermutung zu bleiben, wonach die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts im personalvertretungsrechtlichen Verfahren regelmäßig zu den durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden notwendigen Kosten i. S. von § 42 Abs. 1 PersVG LSA gehört und danach erstattungspflichtig ist.

Einer Kostenentscheidung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren bedarf es mangels prozessualer Kostentragungspflicht nicht.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 72 Abs. 2 ArbGG bezeichneten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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