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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.08.2003
Aktenzeichen: 1 U 237/03
Rechtsgebiete: HWG, ZPO, UWG, EGZPO


Vorschriften:

HWG § 2
HWG § 10
HWG § 10 Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2 Ziff. 3
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
EGZPO § 26 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

1 U 237/03

Verkündet am 20.8.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung und Aufwendungsersatz unter dem Gesichtspunkt verbotener Heilmittelwerbung

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. August 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgerichts Theis, des Richters am Oberlandesgericht Schmidt und der Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. Februar 2003 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 1 O 382/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung entsprechende Sicherheit leistet.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten wird auf 20.175,06 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung einer von ihr beanstandeten Internet-Werbung sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehört. Die Beklagten sind Hautärzte. Sie betreiben eine Gemeinschaftspraxis in. Auf ihrer Internethomepage www. informieren die Beklagten u.a. über Möglichkeiten der Hautverjüngung mittels eines sog. Erbium-Yag-Lasers (Bl. 9 d.A.).

In dem Textbeitrag heisst es, "mit Hilfe der Anwendung des Lasers kann eine dauerhafte Glättung feiner Fältchen erreicht werden. Besonders Alterungserscheinungen wie Fältchen, Altersflecken, großporige Haut etc. können in den Bereichen Augen, Mund, Stirn und Wangen schmerzfrei verbessert werden. Hierbei ist eine individuelle Beratung und eine dermatologische Untersuchung empfehlenswert, um gegebenenfalls ergänzende Methoden (Peeling, Botox, Kollagen) in die Behandlung zu integrieren".

Bei "Botox" handelt es sich um ein von der Fa. A hergestelltes, in Deutschland von der Fa. M vertriebenes verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das den Wirkstoff Botulinumtoxin A enthält.

Die Klägerin, die an der Verwendung des Begriffes "Botox" Anstoß nimmt und die Beklagten mit Schreiben vom 25. April 2002 (Bl. 20 bis 22 d.A.) erfolglos abgemahnt hat, meint, die Beklagten hätten durch die Erwähnung der Medikamentenbezeichnung "Botox" gegen § 10 Abs. 1 HWG verstoßen. Nach dieser Vorschrift sei eine Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente nur in Fachkreisen (Ärzte, Apotheker pp.), nicht aber beim allgemeinen Publikum wie den Internetnutzern zulässig. Darüberhinaus hat die Klägerin Ersatz der ihr durch die Abmahnung entstandenen Aufwendungen verlangt und diese auf 175,06 EUR (brutto) beziffert.

Die Klägerin hat beantragt.

1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs außerhalb der Fachkreise für eine Botox-Behandlung zu werben und/oder werben zu lassen,

2. die Beklagten weiter zu verurteilen, als Gesamtschuldner 175,06 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.10. 2002 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, der Begriff "Botox" finde auf ihrer Internethomepage nicht zum Zwecke der Werbung für das gleichnamige verschreibungspflichtiges Medikament Verwendung. Es werde lediglich sachlich auf eine (medikamentöse) Faltenglättungsmethode ohne weitere Erläuterungen oder gar werbende Anpreisungen hingewiesen. In Fachkreisen sei es üblich, die Faltenglättungsmethode unter Einsatz des Wirkstoffes Botulinumtoxin A nach dem marktführenden Medikament "Botox" zu benennen. Der Begriff "Botox" sei in Fachkreisen, zunehmend aber auch "allgemeinmedizinisch", die geläufige Bezeichnung für den in dem Medikament enthaltenen Wirkstoff Botulinumtoxin A, auch wenn es auf dem Markt andere Medikamente gebe, die denselben Wirkstoff enthalten, wie etwa Dysport.

Im Übrigen machen die Beklagten geltend, Um- oder Beschreibungen dieser Faltenglättungsmethode, bei denen man sich nicht des Begriffes "Botox" bediene, seien praktisch unmöglich.

Durch das nunmehr angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Landgericht hat einen Verstoß gegen § 1 UWG iVm § 10 Abs. 1 HWG und einen hieran anknüpfenden wettbewerblichen Unterlassungsanspruch bejaht. Weiter hat der Erstrichter festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin im beantragten Umfang Ersatz der Aufwendungen für die erfolglose Abmahnung unter dem Gesichtspunkt der berechtigten GOA schulden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen, aber auch mit Hilfe neuen Sachvortrages und Beweisangeboten, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin anstreben, dass die Klage abgewiesen wird.

Die Beklagten machen nunmehr geltend, der Begriff "Botox" habe sich von dem gleichnahmigen Medikament nicht nur in medizinschen Fachkreisen sondern auch im allgemeinen Sprachgebrauch in einer Weise losgelöst, dass, ähnlich wie "Tempo" Synonym für Papiertaschentücher und "Aspirin" eine generelle Bezeichnung für Kopfschmerzmittel sei, "Botox" vom breiten Publikum als Gattungsbegriff für die Methode der medikamentösen Stirnfaltenglättung unter Verwendung des Wirkstoffes Botulinumtoxin A verstanden werde. Da Medikamente, die den Wirkstoff Botulinumtoxin A enthalten, in der Regel nicht durch die Patienten selbst beschafft, sondern von dem behandelnden Arzt vorgehalten würden, bestehe nicht die Gefahr, dass Patienten der Werbung erliegen und auf die Verschreibung und Herausgabe des mit der Methode namensgleichen Medikamentes drängen. Außerdem ergebe sich aus dem Gesamtkontext des Internetauftrittes, dass die Beklagten mit "Botox" gerade nicht das marktführende Medikament, sondern die nach diesem benannte Behandlungsmethode gemeint hätten. Auf diese Behandlungsmethode hinzuweisen und die Patienten sachlich hierüber aufzuklären, könne den Beklagten nicht verwehrt werden. Auch der Verzicht auf das medikamentenübliche Copyrightzeichen R sei Beleg dafür, dass nicht das Arzneimittel "Botox" gemeint war.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das ihr günstige Urteil des Landgerichts. Sie ist der Auffassung, die im Berufungsrechtszug erstmals aufgestellte, von ihr bestrittene Behauptung, der Begriff "Botox" habe sich im allgemeinen Sprachgebrauch von dem konkreten Medikament losgelöst und werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Synonym für eine Faltenglättungsmethode unter Verwendung des Wirkstoffes Botilinumtoxin A verstanden, habe gemäß § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO unberücksichtigt zu bleiben. Gleiches gelte für die ebenfalls bestrittene Behauptung, Meikamente, die den Wirkstoff Botulinumtoxin A enthalten, würden nicht von Patienten aufgrund ärztlicher Verschreibung in der Apotheke besorgt, sondern von den behandelnden Ärzten vorgehalten. Dass es sehr wohl möglich sei, die Faltenglättungsmethode ohne Verwendung der Medikamentenbezeichnung "Botox" zu beschreiben, werde durch die Ausführungen auf Seite 4 der Berufungsbegründung belegt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten, auf die gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO neues Recht Anwendung findet, ist zulässig. Das Rechtsmittel bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

1.

Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass der Klägerin gegen die Beklagten der mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 geltend gemachte wettbewerbliche Unterlassungsanspruch gemäß den §§1,13 Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V.m. § 10 Abs. 1 HWG zusteht.

a.

Die Klagebefugnis und Aktivlegitimation des klagenden Verbandes begegnen keinen Bedenken (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Der erkennende Senat hat dies wiederholt festgestellt. Die Klägerin hat zudem eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen erstritten. Ihre Klagebefugnis wird von den Beklagten auch nicht in Frage gestellt.

b.

Der Internetauftritt verstösst, soweit die Beklagten in ihrem mit "Hautverjüngung" überschriebenen Textbeitrag den Begriff "Botox" verwenden, gegen § 10 Abs. 1 HWG. Die unzulässige Heilmittelwerbung widerspricht der Generalklausel des § 1 UWG und begründet daher einen Unterlassungsanspruch.

Adressat des von den Beklagten als "Imagewerbung" konzipierten Internetauftrittes ist das allgemeine Publikum. Die Beklagten wollen möglichst breite Verkehrskreise über ihre hautärztlichen Leistungen, hier auf dem Sektor der sog. "Hautverjüngung", unterrichten. Den Beklagten ist durchaus einzuräumen, dass sie dem interessierten Publikum die von ihnen praktizierten Methoden der "Faltenglättung" vorstellen wollen.

Indem sich die Beklagten dabei jedoch des Begriffes "Botox" und damit des Markennamens des bei der Methode der Faltenglättung durch Unterspritzen von Nervengift eingesetzten marktführenden Medikamentes bedienen, liegt hierin jedenfalls auch eine Werbung für dieses konkrete verschreibungspflichtige Arzneimittel und damit ein Verhalten vor, das § 10 Abs. 1 HWG zuwiderläuft.

Nach § 10 Abs. 1 HWG darf für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesem Arzneimittel erlaubterweise Handel betreiben, geworben werden. Eine Werbung für ein solches Mittel im Internet, die sich zumindest auch - wenn nicht gar in erster Linie - an ein Laienpublikum wendet, das nicht zu dem in § 10 Abs. 1 HWG genannten Personenkreis gehört, der noch enger als der der "Fachkreise" nach § 2 HWG zu ziehen ist, ist danach verboten.

"Botox" ist unstreitig ein verschreibungspflichtiges (Funktions-)Arzneimittel im Sinne der Definition des Arzneimittelrechts in Art 1 Abs. 2 der Richtlinie 65/65/EWG bzw. der Nachrichtlinie 2000/83/EG. Das Mittel enthält einen giftigen Wirkstoff, der eine lähmende Wirkung auf Gesichtsmuskeln entfaltet. Durch die Applikation mittels "Unterspritzen" sollen speziell im Bereich der mimischen Gesichtsfalten physiologische Wirkungen im Sinne einer (temporären) Lähmung der entsprechenden Gesichtsmuskeln herbeigeführt werden.

Der Internetauftritt der Beklagten erwähnt unter der Überschrift "Hautverjüngung" zwar nur in allgemein gehaltener Form mehrere derzeit gebräuchliche, von den Beklagten angewendete Methoden sog. "Hautverjüngung", etwa die mittels Erbium-Yag-Laser sowie "ergänzende andere Methoden (Peeling, Botox und Kollagen)", die, so die Beklagten, "in die Behandlung integriert werden können" (Bl. 9 d.A.).

Die Verwendung der konkreten, dem interessierten Publikum (möglicherweise) geläufigen Medikamentenbezeichnung "Botox", führt, selbst wenn die Beklagten eine wertneutrale Information über alternative Methoden der "Hauptverjüngung" beabsichtigt haben sollten, nach Auffassung des Senats dazu, dass von einer unzulässigen Heilmittelwerbung iSv § 10 Abs. 1 HWG auszugehen ist.

Heilmittelrechtlich relevante Absatzwerbung sind alle informationsvermittelnden und meinungsbildenden Aussagen, die darauf abzielen, die Aufmerksamkeit der Adressaten zu erwecken und deren Entschlüsse mit dem Ziel der Förderung des Absatzes von Waren oder Leistungen iSv § 1 HWG zu beeinflussen (BGH GRUR 1995, 612, 613; 1991, 860, 861; Doepner, HWG, 2.Aufl. Rdn. 11 zu § 1).

Diese Definition steht im Einklang mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, wie sie Art 2 Nr. 1 EG-Richtlinie Nr. 84/450 über irreführende Werbung vom 10.9.1984 festlegt (vgl. Doepner a.a.O.).

Die nach § 10 HWG relevante Absatzwerbung umfasst sowohl die Anpreisung, als eine besonders eindringliche Form der wertenden Werbung, als auch die nüchterne, objektiv gehaltene Sachinformation.

Den Beklagten mag zu Gute halten werden, dass sie mit ihrem Internetauftritt nicht die Absicht verfolgten, für das Medikament "Botox" Absatzwerbung zu betreiben und dass sie den Begriff "Botox" verwendet haben, weil er in Fachkreisen als Bezeichnung der Faltenglättungsmethode mittels Botulinumtoxin A gebräuchlich ist. Auf die Intentionen des Werbenden kommt es bei der heilmittelrechtlichen Werbung allerdings nicht entscheidend an. Maßgeblich ist vielmehr der bei den angesprochenen Verkehrskreisen vermittelte Eindruck (vgl. Doepner a.a.O. Rdn. 18 zu § 1 HWG).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes akzentuiert eine eindeutige und erkennbare Bezugnahme in der Werbung auf ein ganz bestimmtes verschreibungspflichtiges Arzneimittel, insbesondere dessen ausdrückliche namentliche Erwähnung, die Absatzförderung und führt daher stets zur Anwendbarkeit von § 10 Abs. 1 HWG (BGH GRUR 83, 393 f.; Doepner, HWG, 2. Aufl. Rdn. 14 zu § 10 mwNw.). Eine Werbung, die ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, für welches das verschärfte Publikumswerbeverbot des § 10 Abs. 1 HWG gilt, namentlich erwähnt, muss keine zusätzlichen absatzfördernden Aussagen wie, etwa Angaben über Indikationen oder die Zusammensetzung des Präparats enthalten, um als heilmittelwerberechtlich relevante produktbezogene Absatz-Werbung qualifiziert werden zu können (vgl. Doepner a.a.O. mwNw.).

Der Umstand, dass mit dem Begriff "Botox" in Fachkreisen nicht nur das gleichnamige Arzneimittel, sondern auch das Faltenglättungsverfahren unter Verwendung des Wirkstoffes Botulinumtoxin A bezeichnet wird, steht der Annahme einer unzulässigen Heilmittelwerbung nicht entgegen.

Dass die Verkehrskreise, an die sich die Imagewerbung der Beklagten wendet, den Begriff "Botox" ebenso verstehe, haben die Beklagten in erster Instanz weder geltend gemacht, noch kann hiervon ausgegangen werden.

In ihrer Klageerwiderung vom 3.2.2003 (Bl. 62 f.d.A.) haben die Beklagten lediglich vorgetragen, der Begriff "Botox" werde auch "allgemeinmedizinisch" für den in dem Medikament "Botox" enthaltenen Wirkstoff "Botulinumtoxin A" verwendet. Sie haben in dem Zusammenhang auf einen Internetausdruck und auf einen Bericht über Schönheitschirurgie in der Ausgabe 21 der Fernsehzeitschrift "Hör Zu" verwiesen, in dem es heisst "immer beliebter wird auch das Nervengift Botox" (Bl. 64 d.A.).

Dass sich der Medikamentenname "Botox" auch ausserhalb der Fachkreise bei dem an hautärztlichen Leistungen, namentlich Methoden der "Hautverjüngung", interessierten Verkehrskreisen als Synonym für das Faltenglättungsverfahren unter Verwendung des Wirkstoffes Botulinumtoxin A bereits allgemein durchgesetzt hat, haben die Beklagten in der Vorinstanz nicht behauptet.

Das neue Verteidigungsvorbringen hat im Berufungsrechtszug schon deshalb unberücksichtigt zu bleiben, weil die in § 531 ZPO genannten Voraussetzungen, unter denen neuer Verteidigungsvortrag und neue Beweismittel im zweiten Rechtszug ausnahmsweise zuzulassen sind, nicht vorliegen. Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, dass Landgericht habe in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass es allgemein üblich sei, die Faltenglättungsmethode mittels Botulinumtoxin A als "Botox-Methode" zu bezeichnen. Soweit der Erstrichter auf Seite 5 der Entscheidungsgründe (Bl. 81 d.A.) ausführt: "Auch wenn es zutrifft, dass die Behandlungsmethode als solche inzwischen mit dem Begriff Botox bezeichnet wird, ....", handelt es sich eindeutig um eine argumentative Unterstellung und nicht um eine das Berufungsgericht nach § 529 ZPO bindende Tatsachenfeststellung.

Abgesehen davon, dass der neue Sachvortrag zweitinstanzlich bereits aus formalen Gründen nicht zuzulassen ist, schliesst der erkennende Senat aus, dass sich der Begriff "Botox", wie von den Beklagten behauptet und durch Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, ähnlich wie "Tempo" für Papiertaschentücher und "Aspirin" für Kopfschmerztabletten, bei den durch die Internetwerbung der Beklagten angesprochenen Verkehrskreisen als Synonym für die Faltenglättungsmethode unter Verwendung des Nervengiftes Botulinumtoxin A etabliert hat. Es mag sein, dass in ganz besonderem Maße an einem jugendlichen und dem Schönheitsideal entsprechenden Aussehen interessierte Leser und Leserinnen der "Regenbogenpresse" und regelmäßige Zuschauer sog. "Lifestylemagazine" der Privatsender mit dem Begriff "Botox" schon heute jedenfalls auch die Vorstellung einer bestimmten Faltenglättungsmethode verbinden. Dass über diesen, in Schönheitsdingen stets auf dem Laufenden befindlichen "besonderen" Personenkreis hinaus das von der Image-Werbung der Beklagten und den dort genannten Hautverjüngungsmethoden angesprochene Laienpublikum in seiner Gesamtheit den Begriff "Botox" als Synonym für eine Faltenglättungsmethode mittels Botulinumtoxin A versteht oder dass "Botox" sich gar im allgemeinen Sprachgebrauch als Schlagwort für die entsprechende Faltenglättungsmethode eingebürgert hat, schliessen die Mitglieder des erkennenden Senates aus, die das Marktgeschehen beobachten und daher allgemeine Entwicklungen aus eigener Sachkunde beurteilen können.

Die von den Beklagten gezogene Parallele zu Begriffen wie "Aspirin" oder "Tempo" hält auch deshalb kritischer Nachprüfung nicht stand, weil es sich bei "Asprin" nicht um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handelt. Wäre "Aspirin" verschreibungspflichtig, dürften Ärzte den Namen des Medikaments in einer an das Laienpublikum gerichteten Imagewerbung nicht verwenden.

Auch wenn der Name des marktführenden Medikaments "Botox" von aufgeklärten Fachkreisen und einem Teil des Laienpublikums, der allen Neuerungen auf dem Schönheitssektor besonders aufgeschlossen gegenübersteht, als Kurzbezeichnung für das Faltenglättungsverfahren mit Hilfe des Wirkstoffes Botulinumtoxin A geläufig ist, ist es nicht angängig, den für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel reservierten Begriff in einer ärztlichen Imagewerbung zu benutzen, die sich jedenfalls auch an Verkehrskreise richtet, bei denen nicht völlig unrelevante Teile entsprechende Einsichten noch nicht gewonnen haben und die mit "Botox", wenn überhaupt, die Vorstellung von einem Arzneimittel verbinden.

Auch der weitere Einwand der Beklagten, es sei objektiv unmöglich, zumindest sei es ihnen nicht zumutbar, in der Imagewerbung die Faltenglättungsmethode mittels Unterspritzen des Nervengiftes den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Verwendung der Medikamentenbezeichnung "Botox" näherzubringen, greift nicht durch. In dem Zusammenhang mag dahinstehen, ob der Wirkstoff Botulinumtoxin A bei einer Methodenbeschreibung verwendet werden dürfte, oder ob es sich um ein sog. Monopräparat handelt, bei dem nach dem Verständnis des angesprochenen Publikums schon die Erwähnung des arzneilichen Wirkstoffes auf ein bestimmtes Arzneimittel hindeutet (zur Problematik vgl. Doepner, a.a.O.).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Wirkstoff Botulinumtoxin A nicht genannt werden darf, hätte die "Hautverjüngungsmethode" sachlich-informativ und produktneutral beschrieben werden können. Hierzu hätte der Hinweis genügt, dass mittels Ein- oder Unterspritzens eines nervenwirksamen Stoffes in mimische Gesichtsmuskeln eine temporäre Muskellähmung und damit einhergehend eine Glättung der durch Betätigung dieser Muskeln hervorgerufenen Falten herbeigeführt wird.

Sicher mag es - worauf der Zweitbeklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hingewiesen hat - Gründe geben, die die Beklagten davon abhalten, im Rahmen ihrer Imagewerbung die angesprochenen Verkehrskreise mit einer anschaulichen, medizinischen Laien ohne weiteres verständlichen Beschreibung der Faltenglättungsmethode mittels Botulinumtoxin A zu konfrontieren. Diesbezügliche Überlegungen rechtfertigen es jedoch nicht, die Medikamentenbezeichnung "Botox" zu benutzen, mit der nicht unwesentliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise die Vorstellung von einem konkreten (marktführenden) Medikament verbinden.

Dass sich die Beklagten nicht des Copyrightzeichen R bedient haben, schliesst eine unzulässige Heilmittelwerbung nicht aus. Nicht unbedeutende Teile des angesprochenen Publikums werden hierauf gar nicht achten, zumal ihnen die genaue Bedeutung des Zeichens nicht bekannt sein dürfte.

Ein von der Internetdarstellung der Beklagten ausgehender Absatzwerbeeffekt für das Medikament "Botox" ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil Medikamente, die den Wirkstoff Botulinumtoxin A enthalten, wie mit der Berufung erstmals behauptet, spezieller Lagerung bedürfen und in der Regel nicht per ärztlicher Verschreibung von den Patienten selbst in den Apotheken bezogen, sondern von dem jeweils behandelnden Arzt vorgehalten werden.

Abgesehen davon, dass dieser neue, von der Klägerin bestrittenen Sachvortrag, nach § 531 ZPO nicht zuzulassen ist, wäre er der Rechtsverteidigung der Beklagten, selbst wenn man ihn als wahr unterstellen würde, im Endergebnis nicht behelflich.

Die Internetwerbung der Beklagten kann dazu führen, dass sich die angesprochenen Verkehrskreise unkritisch auf das ihnen namentlich bekannt gemachte marktführende Arzneimittel "Botox" festlegen und auf dessen Anwendung bestehen. Es liegt auf der Hand, dass die Absatzchancen von Konkurrenzprodukten, die die gleiche Wirksubstanz enthalten, durch die Förderung der Bekanntheit des marktführenden Medikaments geschmälert werden.

Auf die Grundsätze, die die Rechtsprechung bezogen auf die Pharmaindustrie zur Abgrenzung der produkt- bzw. leistungsbezogenen Absatzwerbung von der Unternehmens - oder Imagewerbung entwickelt hat - danach ist darauf abzustellen, ob aufgrund des Gesamterscheinungsbildes der Werbung die Darstellung des Unternehmens im Vordergrund steht oder die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Arzneimittel (BGH GRUR 1995, 223; 1992, 873) - können sich die Beklagten nicht ohne weiteres berufen. Zwischen Ärzten und Herstellern pharmazeutischer Produkte bestehen gravierende Unterschiede. Naturgemäß haben Pharmahersteller ein nachvollziehbares Interesse, ihre Erzeugnisse im Rahmen der Firmenimagewerbung vorzustellen. Ärzte haben demgegenüber regelmäßig keinen anerkennenswerten Grund, in ihrer Imagewerbung den Markennamen eines bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimittels besonders zu erwähnen. Dass mit Blick auf die Medikamentenbezeichnung "Botox" anderes gilt, haben die Beklagten nicht einsichtig aufzuzeigen vermocht.

c.

Gerade weil das von den Beklagten auch praktizierte Faltenglättungsverfahren durch Injektion des Nervengiftes Botulinumtoxin A den angesprochenen Verkehrskreisen wie dargelegt ohne die Verwendung der Arzneimittelbezeichnung "Botox" gesetzeskonform vorgestellt werden kann, begegnet die Annahme eines Verstosses gegen § 10 Abs. 1 HWG auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken mit Blick auf Art 5 Abs. 1 und Art 12 Abs. 1 GG.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, es sei ihnen bei der Verwendung des Namens "Botox" ausschliesslich um eine sachliche Patienteninformation gegangen, die ihnen als Ärzten nicht verwehrt werden dürfe.

Der Einwand kann nicht überzeugen. Indem sich die Beklagten im Zusammenhang mit der Verwendung des Begriffes "Botox" auf ihre ärztliche Instruktionspflicht berufen, setzen sie sich in unauflöslichen Widerspruch zu den vom Zweitbeklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat angeführten Gründen, weshalb von einer näheren Beschreibung der "Botox-Methode" bewusst abgesehen wurde.

Der Zweitbeklagte hat dargelegt, wenn man das Verfahren interessierten Patienten im Rahmen der Imagewerbung anschaulich näher bringen oder gar auf die damit verbundenen nicht unerheblich Gesundheitsrisiken hinweisen würde, geriete der ohnehin bescheidene Werbeeffekt der Imagewerbung ganz in Wegfall. In diesem Fall würden sich noch mehr Patienten als bisher medizinisch unqualifizierten Personen zuwenden, die das Verfahren ebenfalls praktizieren und es ohne nähere Erläuterungen unter Verwendung des Begriffes "Botox", der bei interessierten Laien einen gewissen Wiedererkennenswert hat, bewerben.

Die Argumentation verdeutlicht, das es den Beklagten bei ihrem Internetauftritt und der Erwähnung der "Botox-Methode" in Wahrheit gar nicht darum geht, den angesprochenen Verkehrskreisen gediegene ärztliche Informationen über ein bestimmtes, von ihnen praktiziertes Faltenglättungsverfahren zu Teil werden zu lassen. Die Beklagten machen sich - wie der von ihnen kritisierte Personenkreis - den Bekanntheitsgrad des Arzneimittelnamens "Botox" zum Zwecke der Eigenwerbung zunutze. Durch dieses Verhalten fördern die Beklagten in einer dem wohlverstandenen Informationsinteresse des Laienpublikums zuwiderlaufenden Weise die Bekanntheit eines marktführenden verschreibungspflichtigen Arzneimittels, und zwar ohne sachlich über die erwähnte Faltenglättungsmethode zu informieren.

d.

Weil die heilmittelrechtlichen Normen des Wettbewerbsrechts im Interesse der Gesundheit des Einzelnen und der Gesundheitsbelange der Allgemeinheit liegen und es sich um sog. wertbezogene Normen handelt, indiziert ein Verstoss die Unlauterkeit iSv § 1 UWG ohne weiteres (vgl. BGH GRUR 2002, 910, 912; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. Rdn. 618 zu § 1 UWG; Doepner a.a.O. Einl. 41). Zwar hat die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch im Bereich der wertbezogenen Normen in ganz besonders gelagerten Fällen Ausnahmen zugelassen. An exzeptionellen, eine abweichende Beurteilung gebietenden Umständen fehlt es im Streitfall. Die Beklagten haben sich in ihrer Werbung des geläufigen Arzneimittelnamens "Botox" bedient, obwohl sie wissen, dass dieser für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel steht. Eine an andere als die in § 10 Abs. 1 HWG bezeichneten Personen gerichtete Absatzwerbung unter Verwendung der Bezeichnung eines bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimittels will § 10 Abs. 1 HWG gerade verhindern. Der Gesetzgeber wollte unterbinden, dass ein bestimmtes Arzneimittel in der Publikumswerbung besonders herausgestellt und den in der Regel medizinisch unkundigen Verbrauchern quasi "aufgedrängt" wird.

Da die verbotene Werbung den sensiblen Bereich der Volksgesundheit betrifft, stellt sie sich auch als ein wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs iSd § 13 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Die Beklagten verschaffen sich durch die den Eingriff mittels Injektion eines Nervengiftes verharmlosende Kurzbezeichnung der Falten - glättungsmethode unter Verwendung des Markennamens des marktführenden Arzneimittels Wettbewerbsvorteile gegenüber Berufskollegen, die nicht auf diese Weise werben und die interessierte Patienten von Anfang an lege artis darüber aufklären, was es mit dieser "Hautverjüngungsmethode" auf sich hat.

Gerade wenn die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass zunehmend "Scharlatane" ohne hinreichende medizinische Qualifikation für diese nicht unproblematische, mit erheblichen gesundheitlichen Risiken behaftete Methode der "Hautverjüngung" Werbung treiben, muss es im Interesse der Allgemeinheit liegen, dass bei der für das Faltenglättungsverfahren betriebenen Werbung die durch das HWG gezogenen Grenzen streng beachtet werden.

Die durch die Erstbegehung indizierte Wiederholungsgefahr ist nicht ausgeräumt.

2.

Sind die Beklagten somit als Störer der Klägerin gemäß den §§ 1, 13 Abs. 2 UWG iVm § 10 Abs. 1 HWG verschuldensunabhänig zur Unterlassung der Verwendung des Begriffes "Botox" in ihrer Internetwerbung verpflichtet, haben sie der Klägerin nach den Grundsätzen der berechtigten GOA (§§ 683 S. 1, 677, 670 BGB) die ihr durch die erfolglose Abmahnung entstandenen Aufwendungen zu ersetzen. Weil die Beklagten den Aufwendungsersatzanspruch der Höhe nach nicht in Frage stellen und die Darlegungen der Klägerin nachvollziehbar sind, hat das Landgericht zu Recht auf den geltend gemachten Betrag von 175,06 EUR erkannt.

Die Berufung der Beklagten war nach alldem mit der Kostenfolge der §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO und Vollstreckbarkeitserklärung gemäß den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision war entgegen der Anregung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nicht zuzulassen, das es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziff. 1 iVm Abs. 2 S. 1 ZPO).

Der Wert der Beschwer der Beklagten wurde im Hinblick auf § 26 Ziff. 8 EGZPO wie geschehen festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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