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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.09.2002
Aktenzeichen: 1 U 273/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 633 Abs. 3 a.F.
BGB § 638 a.F.
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 529 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 273/02

Verkündet am 25.9.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2002 unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein als Vorsitzenden, des Richters am Oberlandesgericht Schmidt sowie der Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. März 2002 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 10 O 221/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten wird auf 9.049 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beauftragte im Mai 1999 die Beklagte mit dem Umbau eines Kachelofens in einem Hausanwesen, das in gelegen ist, gegen Zahlung eines Werklohns in Höhe von 7.424 DM.

Die Klägerin, die an die Beklagte eine Anzahlung über 2.227,20 DM leistete, setzte der Beklagten durch Schreiben vom 6. Oktober 1999 (Bl. 16 d.A.) wegen vermeintlicher Mängel eine Nachbesserungsfrist bis zum 15. Oktober 1999.

Nach erfolglosem Fristablauf beantragte die Klägerin beim Landgericht Saarbrücken (10 OH 20/99) die Begutachtung des Kaminumbaus durch einen Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass die Neuerstellung der Kaminanlage Kosten in Höhe von 22.895 DM erfordert (Bl. 69 d.BA.).

Mit vorliegender Klage hat die Klägerin im Anschluss an das selbständige Beweisverfahren die Beklagte auf Zahlung von 22.895 DM in Anspruch genommen. Mit Rücksicht auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten vereinbarten Werklohn in Höhe von 7.424 DM und die geleistete Anzahlung von 2.227,20 DM hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, die Klageforderung um 5.196,80 DM auf 17.698,20 DM ermäßigt und die Beklagte dementsprechend verurteilt, an die Klägerin 9.049 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte, die sich auf die Einrede der Verjährung beruft, ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ohne Erfolg.

I.

Die Klageforderung in Höhe von 9.049 EUR findet ihre Grundlage in § 633 Abs. 3 BGB a.F.. Zu Unrecht rügt die Beklagte die Schlüssigkeit der Klage.

1. Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Werkvertrag über den Umbau einer Kachelkaminanlage vereinbart wurde, die von der Beklagten geschuldete Werkleistung mit Mängeln behaftet ist und die Beklagte trotz einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung die Mängel nicht beseitigt hat. Damit ist ein Anspruch aus § 633 Abs. 3 BGB a.F. dem Grunde nach substantiiert dargetan. Der Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten aus § 633 Abs. 3 BGB setzt nämlich nicht voraus, dass der Besteller die Mängel bereits beseitigt hat (Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 633 Rn. 8 a).

2. Auch die Höhe der Mängelbeseitigungskosten hat die Klägerin mit 22.895 DM substantiiert dargetan. Insoweit durfte sich die Klägerin auf das in dem selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten beziehen. Die Ergebnisse dieses Gutachtens wurden, ohne dass es einer eigenständigen Protokollierung bedarf, durch die mündliche Verhandlung in den Rechtsstreit eingeführt (Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 493 Rn. 2). Dieses Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kosten der Neuerstellung der Kammanlage 22.895 DM betragen. Dabei hat sich die Klägerin ersichtlich die Erwägung des Sachverständigen zu Eigen gemacht, dass wegen der vielen von ihm festgestellten Kleinmängel eine Erneuerung der Anlage geboten ist (Bl. 69 d.BA.).

3. Das Landgericht hat den von dem Sachverständigen zu Grunde gelegten Betrag in Höhe von 22.895 DM im Blick auf die zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung über 7.424 DM und die von der Klägerin geleistete Anzahlung von 2.227,20 DM um 5.196,80 DM auf 17.698,20 DM verringert. Diese den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung entsprechende Berechnung ist nicht zu beanstanden und führt zu der Klageforderung in Höhe von 9.049 EUR.

II.

Das Landgericht ist in seinem Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Kosten der Mängelbeseitigung unstreitig (Bl. 96 d.A.) auf den in dem selbständigen Beweisverfahren von dem Sachverständigen veranschlagten Betrag in Höhe von 22.895 DM belaufen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung, mit der die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin nicht mehr bestreitet, bleiben ohne Erfolg, weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 21. Februar 2002 geschlossen wurde (§ 26 Nr. 5 EGZPO) und der Senat auf Grund der Neuregelung des § 529 Abs. 1 ZPO an die Feststellungen des Vordergerichts gebunden ist.

1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO entfällt die Bindungswirkung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Feststellungen nur, sofern konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen begründen. Solche Zweifel können sich aus einem Verfahrensfehler im Rahmen der Beweiswürdigung ergeben. Im Streitfall hat das Landgericht die Rügen der Beklagten im Schriftsatz vom 20. Februar 2002 (Bl. 75 f.) gegen die gutachterlichen Ausführungen im Beweissicherungsverfahren wegen Verspätung (§§ 283, 296 ZPO) nicht berücksichtigt. Die fehlerhafte Anwendung dieser Vorschriften und die Unterlassung einer notwendigen Beweiserhebung stellen einen Verfahrensmangel dar (OLG Celle, NJW-RR 1995, 1407; Hannich/Meyer-Seitz/Engers, ZPO-Reform 2002, § 529 Rn. 42). Verfahrensfehler bei der Tatsachenfeststellung können Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der Tatsachenfeststellung aber nur dann begründen, wenn sie gemäß §§ 520 Abs. 3, 529 Abs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung geltend gemacht worden sind (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rn. 9). Eine solche Rüge hat die Beklagte indes nicht erhoben, so dass offen bleiben kann, ob die Verfahrensweise des Landgerichts Anlass für rechtliche Bedenken gibt.

2. Zu Unrecht rügt die Beklagte, das Vordergericht habe gegen § 139 ZPO verstoßen. Das Gutachten des Sachverständigen war im selbständigen Beweisverfahren erhoben worden. Gegen dieses Gutachten hatte die Beklagte im dortigen Verfahren unter Bezugnahme auf Vorbringen ihrer Partei substantiierte Einwände geltend gemacht (Bl. 74 ff. d. BA). Bei dieser Sachlage bestand für den Vorderrichter keine Veranlassung, auf ergänzende Erklärungen der Beklagten zum Inhalt des Gutachtens hinzuwirken.

III.

Soweit die Beklagte das in dem selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten mit der Berufung erstmals in weiteren Punkten angreift, handelt es sich um neue Verteidigungsmittel. Neues Vorbringen kann die erstinstanzlichen Feststellungen nur in Zweifel ziehen, falls das neue Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Hier steht der Zulassung des Vorbringens indes § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO entgegen, weil die erstmalige Geltendmachung im Berufungsrechtszug auf Nachlässigkeit beruht.

1. Die Angriffe gegen das Sachverständigengutachten sind neu, weil die Beklagte abgesehen von ihrem nicht berücksichtigungsfähigen Schriftsatz vom 20. Februar 2002 das Gutachten nicht in Frage gestellt hat. Mit ihrem Schriftsatz vom 28. November 2001 (Bl. 46 f. d.A.) hat die Beklagte geltend gemacht, aus ihrem Prozessverhalten in dem selbständigen Beweisverfahren könne nicht gefolgert werden, dass sie die Aktivlegitimation der Klägerin außer Streit gestellt habe. Mit der Äußerung, sich im Beweissicherungsverfahren mit Schriftsatz vom 17. November 1999 lediglich gegen Grund und Höhe der Schäden gewehrt zu haben, wird ersichtlich nur im Blick auf die Aktivlegitimation der Klägerin argumentiert. Es fehlt indes an der eindeutigen Erklärung, dass die hinsichtlich der Mängel in die Vergangenheitsform "hatte" gekleidete Rüge nunmehr in das streitige Verfahren eingeführt werden soll. Selbst wenn man aber von einer zulässigen Bezugnahme auf das Vorbringen in dem selbständigen Beweisverfahren ausgehen wollte, wäre das Bestreiten nicht hinreichend substantiiert (§138 Abs. 3 ZPO). Denn der Schriftsatz vom 19. November 1999 (Bl. 25 d.BA.) war in dem Beweissicherungsverfahren noch vor Einholung des Gutachtens eingeführt worden. Mit dem pauschalen Vorbringen, den Kostenaufwand sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu bestreiten, kann das zeitlich danach erstellte detaillierte Sachverständigengutachten nicht angegriffen werden.

2. Die Zulassung des neuen Berufungsvorbringens scheitert an § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Nach dieser Vorschrift steht bereits einfache Nachlässigkeit der Berücksichtigung neuen Vorbringens entgegen. Nachlässigkeit ist im Sinne von Fahrlässigkeit zu verstehen (Hannich/Meyer-Seitz/Engers, a.a.O, § 531 Rn. 17). Ein solcher Vorwurf muss der Beklagten aber gemacht werden, weil sie sowohl im Beweissicherungsverfahren als auch im ersten Rechtszug hinreichend Gelegenheit hatte, Rügen gegen das Sachverständigengutachten vorzubringen. Wegen dieses zumindest als fahrlässig einzustufenden Versäumnisses können die neuen Einwendungen nicht berücksichtigt werden.

IV.

Auch die Einrede der Verjährung greift nicht durch. Gewährleistungsansprüche beim Ein- oder Umbau eines Kachelofens verjähren gemäß § 638 BGB a.F. in fünf Jahren, weil es sich um eine fest eingebaute und zur Beheizung notwendige Einrichtung handelt. Eine solche Einrichtung stellt einen Bestandteil des Bauwerks dar (OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 655; Palandt/Sprau, a.a.O., § 638 Rn. 10; Erman/Seiler, BGB, 10. Aufl., § 638 Rn. 5). Die Verjährungsfrist von fünf Jahren war indes bei Zustellung der Klage am 30. August 2001 (Bl. 31 d.A.) noch nicht abgelaufen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO folgt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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