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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.02.2003
Aktenzeichen: 1 U 569/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 296 a
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 709
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 569/02

Verkündet am 5.2.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Theis und der Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein und Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. September 2002 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 16 O 390/99 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin wird auf 30.677 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die sich bereits im Kindesalter Operationen im Bauchraum unterziehen musste, stand über eine Reihe von Jahren in der Behandlung des beklagten Facharztes für Gynäkologie. Über Jahre hinweg litt die Klägerin unter chronischen Unterleibsbeschwerden, zeitweise auch Miktionsbeschwerden, die auf einen Verwachsungsbauch zurückzuführen sind. Wegen einer vorzeitigen Plazentaablösung wurde bei der Klägerin im Jahre 1989 eine sekundäre Sektio mit Unterbauchlängsschnitt - mit der Folge einer Sterilisation - vorgenommen. Außerdem wurde der Klägerin auf Grund nicht therapierbarer Dauerblutungen im Jahre 1994 die Gebärmutter entfernt.

Anlässlich einer Ultraschalluntersuchung stellte der Beklagte Ende Januar 1997 in beiden Eierstöcken der Klägerin zystische Tumore fest. Da die Klägerin unter erheblichen Schmerzen litt, vereinbarten die Parteien die Durchführung eines operativen Eingriffs. Im Anschluss an ein Aufklärungsgespräch unterzeichnete die Klägerin am 10. März einen Aufklärungsbogen (Bl. 53-56 d.A.), der den Eingriff einer Re-Laparotomie (Bauchspiegelung) und Adnektomie beiderseits ausweist. Am 11. März 1997 führte der Beklagte auf seiner Belegstation in der Knappschaftsklinik den Eingriff in der Technik der "Re-Laparotomie" am offenen Bauch durch; dabei wurden beide Eierstöcke der Klägerin entfernt. Nachdem die Körpertemperatur der Klägerin in der Nacht vom 15. zum 16. März 1997 angestiegen war, konnte bei einer Kontrastmitteldarstellung des Darms eine Perforation nicht festgestellt werden. Unter septischen Temperaturen entwickelte sich am 18. März 1997 die Symptomatik eines akuten Abdomens. Wegen der Verdachtsdiagnose einer Darmperforation nahm Oberarzt Dr. am 18. März 1997 eine Revisions-Laparotomie vor, bei der sich eine Darmperforation in der Größe eines 10-Pfennig-Stücks zeigte, die durch Alschichtnähte geschlossen wurde. Am 19. März 1997 wurde die Klägerin wegen Bettenmangels in die Universitätsklinik verlegt, wo sie während eines Zeitraumes von drei Wochen auf der Intensivstation betreut wurde. Dabei kam es zur Anlage eines künstlichen Darmausgangs.

Am 4. April 1997 wurde die Klägerin von der Universitätsklinik wieder in die Knappschaftsklinik überstellt. Die Bauchdecke der Klägerin wurde am 21. April 1997 definitiv geschlossen.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Eingriff vom 11. März sei nicht indiziert gewesen und fehlerhaft durchgeführt worden. Ferner seien dem Beklagten Aufklärungsmängel vorzuwerfen. Zum einen sei sie über eine Laparoskopie und nicht die tatsächlich durchgeführte Laparotomie aufgeklärt worden. Zum anderen habe sie erst im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits erfahren, dass der Beklagte auch ihre Eierstöcke entfernt habe.

Die Klägerin hat beantragt (Bl. 299, 298, 1 f. d.A.),

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 15.338,76 EUR zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr aus der Operation vom 11. März 1997 entstanden sind und die ihr in Zukunft noch entstehen, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen bzw. übergegangen sind.

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 299 d.A.),

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sowohl einen Behandlungsfehler als auch einen Aufklärungsmangel in Abrede gestellt.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 339-353 d.A.), auf dessen Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 120 ff. d.A.), eines Ergänzungsgutachtens (Bl. 198 ff. d.A.), mündlicher Anhörung des Sachverständigen (Bl. 223 ff. d.A.), Anhörung der Parteien sowie Vernehmung einer Zeugin (Bl. 185 ff. d.A.) die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts liegt weder ein Behandlungs- noch ein Aufklärungsmangel vor.

Mit der Berufung rügt die Klägerin, das Landgericht habe den zu beachtenden Facharztstandard nicht festgestellt. Ferner sei das Landgericht gehalten gewesen, wegen des von ihr vorgelegten Gutachtens der Sachverständigen Prof. und Prof. wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten. Schließlich fehle es entgegen der Auffassung des Landgerichts an einer ordnungsgemäßen Aufklärung.

Die Klägerin beantragt (Bl. 449, 380, 399 d.A.),

unter Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 15.338,76 EUR (30.000 DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 21. Dezember 1998 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr aus der Behandlung seit dem 11. März 1997 entstanden sind und die ihr in Zukunft noch entstehen, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen bzw. übergegangen sind.

Der Beklagte beantragt (Bl. 449, 376 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte tritt dem Berufungsvorbringen der Klägerin entgegen. Er trägt insbesondere vor, die Klägerin sei in der Lage gewesen, das Gutachten der Sachverständigen Prof. und Prof. vor Schluss der mündlichen Verhandlung bei dem Landgericht einzureichen (Bl. 430 d.A.).

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstands auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

Der Klage ist sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Behandlungsfehlers als auch eines Aufklärungsmangels der Erfolg zu versagen.

A.

Die Klägerin hat nicht den ihr als Voraussetzung eines vertraglichen wie auch deliktischen Anspruchs obliegenden Beweis erbracht, durch einen von dem Beklagten zu verantwortenden Behandlungsfehler eine Gesundheitsbeschädigung erlitten zu haben.

I.

Der Arzt befindet sich in Einklang mit dem Recht, wenn sein Eingriff indiziertermaßen geschieht und den Regeln des Faches entspricht (Senat OLGR Saarbrücken 2002, 223 m.w.N.).

1. Die vertragliche Haftung des Arztes für Behandlungsfehler knüpft an die Verletzung von Behandlungspflichten an, die in gleicher Weise und mit dem selben Inhalt auf den Schutz des Patienten bezogen sind wie die Pflichten, deren Verletzung zur deliktischen Arzthaftung führen. Damit stimmen vertragliche und deliktische Verhaltenspflichten und auch die Voraussetzungen beider Haftungstatbestände im Sinne einer Strukturgleichheit überein. Die identischen Sorgfaltspflichten richten sich auf eine den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechende Versorgung des Patienten mit dem Ziel der Wiederherstellung seiner körperlichen und gesundheitlichen Integrität (Senat OLGR Saarbrücken 2000, 223 m.w.N.).

2. Der Arzt hat die beruflich gebotene Sorgfalt zu wahren und damit die ärztlichen Kunstregeln zu beachten. Die Sorgfaltspflichten bestimmen sich nach dem jeweiligen, dem handelnden Arzt bei zumutbaren Anstrengungen zugänglichen und verfügbaren Stand der medizinischen Wissenschaft zum Zeitpunkt der Behandlung. Unter einem Behandlungsfehler ist also ein ärztliches Verhalten bei der medizinischen Versorgung zu verstehen, das nach dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft der gebotenen Sorgfalt nicht genügt und damit - wie etwa eine Behandlung contra legem - unsachgemäß ist. Erst wenn der Behandlungsfehler und seine Ursächlichkeit für eine Beschädigung des Patienten feststehen, greift die Haftung des Arztes ein. Beides hat der Patient nachzuweisen (Senat OLGR Saarbrücken 2002, 223 m.w.N.).

II.

Nach dem Inhalt der den Senat grundsätzlich bindenden Feststellungen des Erstgerichts (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) kann dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, der Klägerin durch einen Behandlungsfehler eine Gesundheitsverletzung zugefügt zu haben.

1. Zu Unrecht rügt die Klägerin, das Landgericht habe es versäumt, den im Streitfall maßgeblichen Facharztstandard zu ermitteln.

Bereits in seinem Beweisbeschluss vom 7. September 2002 (Bl. 110 ff. d.A.) stellt das Landgericht auf mögliche Behandlungsfehler und die Frage ab, ob die operativen Eingriffe "lege artis" durchgeführt wurden. Dementsprechend hat sich der gerichtserfahrene Sachverständige Prof. dessen gutachterliche Kompetenz außer Zweifel steht, mit der Untersuchung befasst, ob der Klägerin ein "regelhaftes Vorgehen" zu Teil wurde (Bl. 138 d.A.). Ferner hat der Sachverständige dem Beklagten die Beachtung des "aktuellen Behandlungsstands" (Bl. 205 d.A.) bescheinigt. Damit hat der Sachverständige bei seiner Begutachtung ersichtlich den einschlägigen ärztlichen Behandlungsstandard zu Grunde gelegt. Soweit der Sachverständige die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, welche Behandlungsgrundsätze seinerzeit zu beachten und welche Behandlungsgrundsätze geboten waren (Bl. 167 d.A.), nicht näher zu beantworten vermochte (Bl. 205 d.A.), kann dies nicht beanstandet werden, weil die nicht näher präzisierten Beweisfragen auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefen. Im Übrigen war die Klägerin in der Lage, diese Fragen bei der mündlichen Anhörung des Sachverständigen (Bl. 223 ff. d.A.) zu präzisieren.

2. Ferner ist das Landgericht auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. ohne Verfahrensfehler zum Ergebnis gelangt, dass weder ein Behandlungsfehler des Beklagten noch eine darauf beruhende Gesundheitsverletzung der Klägerin nachgewiesen ist. Das Landgericht hat - entgegen der Auffassung der Klägerin - das Gutachten des Sachverständigen Prof. nicht kritiklos übernommen, sondern lediglich zur Verstärkung seiner Argumentation einzelne Wertungen des Sachverständigen wörtlich wiedergegeben.

a) Der operative Eingriff war nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen indiziert.

Falls zystische Adnextumore in Verbindung mit der von der Klägerin beschriebenen Beschwerdesymptomatik auftreten, ist eine operative Abklärung zum Ausschluss eines Malignoms wie auch zur Beseitigung der Beschwerden angezeigt. Diese Maßnahme dient sowohl der Diagnostik als auch der Therapie. Funktionelle Ovarialzysten bilden sich zwar auch ohne Therapie zurück. Die Frage, ob es sich um solche Zysten handelt, kann aber, wie der Sachverständige zutreffend ausführt, nur mit Hilfe einer histologischen Untersuchung geklärt werden, weswegen eine Operation unausweichlich ist (Bl. 147 f. d.A.).

b) Ebenso kann dem Beklagten eine ungenügende Operationsvorbereitung nicht angelastet werden. Vor Beginn einer Laparotomie ist eine komplette Entleerung des Darmes nicht notwendig. Vielmehr genügt bereits, wenn, wie der Sachverständige dargelegt, die allgemeine Nüchternheitsgrenze von sechs Stunden beachtet wird (Bl. 149 d.A.).

c) Außerdem kann nicht angenommen werden, dass der Eingriff fehlerhaft durchgeführt wurde und die Perforation des Darmes verursacht hat.

Aufgrund der überzeugenden, nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. hat sich die Perforation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht während der Operation verwirklicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es zunächst zu einer Verletzung der Wandintegrität des Colon sigmoideum gekommen ist, die keine komplette Perforation darstellt und sich erst im Nachhinein zu einer Perforation umgebildet hat. Eine solche Wandschädigung, die auf dem Einsatz der Instrumente, auf einer Mobilisation des Darmes sowie auf indirekten Wirkungen des elektrischen Stromes beruhen kann, ist jedoch auch bei sorgfältigem Vorgehen nicht sicher auszuschließen. Daher kann das Auftreten dieser Komplikation, wie der Sachverständige Prof. darlegt, nicht als Beleg für ein fehlerhaftes operatives Vorgehen gewertet werden (Bl. 148 f. d.A.). Die gewählte Operationsmethode einer Laparotomie ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Vielmehr wäre eine Laparoskopie nach Auskunft des Sachverständigen contraindiziert gewesen (Bl. 136 d.A.). Mit einer einfachen Laparoskopie wäre ein bedeutend höheres Komplikationspotential verbunden gewesen, so dass bei der Wahl dieser Operationsmethode die Verwirklichung einer Darmverletzung als vermeidbarer Behandlungsfehler einzustufen wäre (Bl. 137 d.A.).

d) Ebenso war es nicht geboten, bei der Operation einen Darmspezialisten hinzuzuziehen. Die im Zuge der Primäroperation notwendige Darmmobilisierung ist nach Angaben des Sachverständigen Prof. Bestandteil der im Zuge der gynäkologischen Weiterbildung erlernten chirurgischen Techniken (Bl. 150 d.A.).

e) Schließlich kann auch im Blick auf die postoperative Behandlung eine die Gesundheit der Klägerin schädigender Behandlungsfehler nicht festgestellt werden.

aa) Der Sachverständige Prof. hat es als regelgerecht bezeichnet, wenn der Klägerin an Stelle von Schonkost nach der Operation Normalkost verabreicht worden sein sollte. Die Nahrungsaufnahme steht in keinem Zusammenhang mit der eingetretenen Perforation (Bl. 224 d.A.).

bb) Zwar hat es der Sachverständige bemängelt, dass bei der Klägerin eine postoperative Labordiagnostik trotz der bestehenden klinischen Symptomatik versäumt wurde (Bl. 199 d.A.). Bei Abnahme aller Laborwerte bereits am 14. März 1997 wäre jedoch nur eine mittelgradige Erhöhung der Konzentration des C-reaktiven Proteins festgestellt worden, weil sich eine Leukozytose zu diesem Zeitpunkt noch nicht hätte zeigen müssen. Nach Darstellung des Sachverständigen war es möglich, dass sich kurz vor dem 18. März 1997 ein weiterer Anstieg der Konzentration des C-reaktiven Proteins hätte feststellen lassen. Auf Grund dieser Erkenntnis wäre indes nicht eine frühere Revisionslaparotomie, die allein auf Grund der klinischen abdominellen Symptomatik zu indizieren ist, vorgenommen worden. Folglich hätte eine Labordiagnostik eine sich anbahnende Komplikation andeuten können, aber nicht zu einem anderen Verlauf der Ereignisse geführt (Bl. 202 f. d.A.). Auch bei Durchführung der Labordiagnostik wäre also nach den überzeugenden Angaben des Sachverständigen die Revisionsoperation in gleicher Weise durchgeführt worden, ohne dass sich etwas an dem Ergebnis geändert hätte (Bl. 224 d.A.). Mithin hat sich ein etwaiger Fehler bei der operativen Nachsorge nicht zu Lasten des Gesundheitszustandes der Klägerin ausgewirkt.

3. Schließlich war das Landgericht nicht gehalten, zur Prüfung eines etwaigen Behandlungsfehler wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten, nachdem die Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung das Gutachten von Prof. - und Prof. vorlegte (Bl. 301 ff. d.A.). Dieses Gutachten ist überdies inhaltlich nicht geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Zweifel zu ziehen.

a) Das Landgericht brauchte nicht die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, weil die Klägerin das Gutachten vom 11. Juni 2002 (Bl. 303 ff. d.A.) erst nach der am 14. August 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung eingereicht hat (Bl. 299 ff. d.A.), obwohl ihr dieses Gutachten bereits am 2. Juli 2002 bekannt war (Bl. 430 d.A.).

aa) Hat im Arzthaftungsprozess der medizinische Sachverständige in seinem mündlich erstatteten Gutachten neue und ausführlichere Beurteilungen gegenüber dem bisherigen Gutachten abgegeben, muss der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Dabei sind auch Ausführungen in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz zur Kenntnis zu nehmen und muss, sofern sie Anlass zu weiterer tatsächlicher Aufklärung geben, die mündliche Verhandlung wiedereröffnet werden (BGH NJW 2001, 2796 f.).

bb) Das Gutachten von Prof. und Prof. war der Klägerin bereits am 2. Juli 2002 bekannt, ohne dass sie das Gericht davon unterrichtete. Reicht die Klägerin ein ihr bereits zuvor bekanntes Gutachten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung ein, so besteht keine Pflicht des Gerichts, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten.

cc) Da das Landgericht das nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Gutachten in zutreffender Anwendung des § 296 a ZPO nicht mehr berücksichtigt hat, kann dieses Vorbringen nur noch unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsrechtszug geltend gemacht werden (Zöller-Greger, ZPO, 3. Aufl., § 296 a Rn. 3). Vorliegend steht der Beachtung dieses Vorbringens indes § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO entgegen, weil der verspätete Vortrag auf Nachlässigkeit der Klägerin beruht. Nachlässigkeit im Sinne einfacher Fahrlässigkeit ist stets anzunehmen, wenn - wie hier - in erster Instanz mögliche Beweisanträge erst im Berufungsverfahren gestellt werden.

b) Ungeachtet der Regelung des § 531 Abs. 1 Nr. 3 ZPO werden die Feststellungen des Sachverständigen Prof. durch das Gutachten von Prof. Dr. und Prof. Dr. nicht in Zweifel gestellt.

Nach den Ausführungen der Sachverständigen Prof. und Prof. die dem Beklagten mehrfach ein ordnungsgemäßes Vorbringen attestieren (Bl. 336, 332 d.A.), kann die Darmperforation nicht als Behandlungsfehler eingestuft werden. Die Darmvorbereitung war ausreichend, der Hinzuziehung eines Darmspezialisten bedurfte es nicht (Bl. 332 d.A.). Die Gutachter Prof. und Prof. gehen lediglich davon aus, dass die Entwicklung der Bauchfellentzündung unter Ausschöpfung der diagnostischen Möglichkeiten 48 Stunden früher hätte erkannt werden können. Selbst wenn die unzureichende Diagnostik als Behandlungsfehler zu bewerten ist, kann jedoch nach den Angaben der Sachverständigen nicht festgestellt werden, ob sich hierdurch der Verlauf der Krankheit wertbar geändert hätte (Bl. 335 d.A.). Bei dieser Sachlage hat sich ein etwaiger Behandlungsfehler des Beklagten jedenfalls nicht nachteilig für den Gesundheitszustand der Klägerin ausgewirkt.

4. Letztlich gab auch das von der Klägerin vorgelegte Privatgutachten des praktischen Arztes Dr. keinen Anlass für weitere Aufklärungen. Dr. hat darauf hingewiesen, dass das Gutachten des Sachverständigen Prof., dessen Ausführungen er teile, die Sachlage präzise aufzeigt (Bl. 182 d.A.). Insgesamt kann auch nach Auffassung von Dr. die gesundheitliche Entwicklung der Klägerin als schicksalshaft bezeichnet werden. Von daher sind dem Privatgutachten keine Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler und eine darauf beruhende Gesundheitsschädigung der Klägerin zu entnehmen.

B.

Die Berufung verspricht auch unter dem Gesichtspunkt eines Aufklärungsmangels keinen Erfolg. Nach Auffassung des Landgerichts, an dessen Feststellungen der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, hat der Beklagte den ihm obliegenden Beweis geführt, dass er die Klägerin über den Eingriff der Laparotomie und die Entfernung der Eierstöcke unterrichtet hat und die Klägerin mit diesen Maßnahmen einverstanden war. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen begründen, sind nicht ersichtlich.

1. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagte unstreitig ein Aufklärungsformular unterzeichnet hat, in dem eine Laparotomie sowie eine Adnektomie (Eierstockentfernung) als vorgesehene Eingriffe beschrieben sind (Bl. 53 d.A.). Das Aufklärungsformular bildet bereits ein Indiz für eine zutreffende Aufklärung der Klägerin durch den Beklagten (Senat OLGR 1997, 286).

2. Schließlich ist das Landgericht auf der Grundlage der Aussage der Zeugin zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte die Klägerin über den vorgesehenen Eingriff einer Laparotomie und die damit verbundene Entfernung der Eierstöcke mündlich unterrichtet hat und die Klägerin insoweit ihr Einverständnis erklärte. Die Angaben dieser Zeugin sind in sich widerspruchsfrei und schlüssig. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Darstellung der persönlich angehörten Klägerin, sie sei, um weiterhin Regelblutungen zu bekommen, mit einer Entfernung ihrer Eierstöcke nicht einverstanden gewesen, unglaubwürdig ist, weil ihr bereits im Jahre 1994 die Gebärmutter entfernt worden war und daher keine Regelblutungen mehr erfolgten. Auch im Übrigen nimmt der Senat auf die verfahrensfehlerfreie, überzeugende, in sich schlüssige Beweiswürdigung des Erstgerichts vollinhaltlich Bezug.

3. Ferner kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Aufklärung nicht verstanden hat. Der ebenfalls persönlich angehörte Beklagte hat ausgeführt, die Klägerin nicht im Medizinerdeutsch aufgeklärt zu haben. Die Klägerin habe vielmehr die vorgesehenen Eingriffe verstanden (Bl. 186 d.A.). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, warum die vielfach voroperierte Klägerin gerade die Tragweite des vorliegenden Eingriffs nicht verstanden haben sollte.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 711 ZPO beruht.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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