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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: 1 Ws 128/07
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 12 Abs. 1
StGB § 56 Abs. 2
StGB § 57 Abs. 2
StGB § 57 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

1 Ws 128/07

Strafvollstreckungssache

wegen Betruges

(hier: Ablehnung der Strafaussetzung) Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 18. Juni 2007 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer III des Landgerichts Saarbrücken vom 6. Juni 2007 hat der 1. Strafsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken am 17. Juli 2007 durch die Richterin am Oberlandesgericht Burmeister den Richter am Oberlandesgericht Wiesen den Richter am Oberlandesgericht Sittenauer

nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen: Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, die auch durch das Beschwerdevorbringen nicht ausgeräumt werden, kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen, wobei der Senat ergänzend anmerkt:

Die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des Verurteilten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs rechtfertigen nicht die Annahme besonderer Umstände i. S. von § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB.

1. Besondere Umstände sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung solche, die über die bereits gestellte günstige Sozialprognose hinaus eine Aussetzung der Hälfte der Strafe auch unter Berücksichtigung der vom Strafrecht geschützten Interessen ausnahmsweise rechtfertigen können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Juni 1997 - 1 Ws 53/97 -; 21. Oktober 1999 - 1 Ws 187/99 -; 14. Dezember 2001 - 1 Ws 200/01- ; 19. Oktober 2006 - 1 Ws 212/06 -; OLG Stuttgart MDR 1993, 157; OLG München NStZ 1987, 74; OLG Koblenz StV 1991, 428; OLG Hamm StV 1998, 503; Tröndle-Fischer, StGB 53. A., § 57 Rn. 29 m.w.N.). Als geeignet angesehen werden zum einen Umstände, die im Vergleich mit gewöhnlichen, durchschnittlichen, allgemeinen oder einfachen Milderungsgründen ein besonderes Gewicht haben (vgl. OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1997, 323; OLG Hamm, StV 1998, 503; Thüring. OLG, StV 1998, 504; OLG München, NStZ 1987, 74). Auch kann es ausreichen, wenn eine größere Anzahl nur durchschnittlicher Milderungsgründe vorliegt, diese aber insgesamt ein solches Gewicht haben, dass sie den Grad der besonderen Umstände i. S. d. § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB erreichen (vgl. OLG Düsseldorf, StV 1989, 24; OLG Bamberg, StV1994, 252). Die Umstände müssen die Tat, ihre Auswirkungen bzw. die Entwicklung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt vergleichbarer Fallgestaltungen so deutlich abheben und in einem so milden Licht erscheinen lassen, dass eine Strafaussetzung ohne Gefährdung der allgemeinen Interessen verantwortet werden kann.

2. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

a) Zwar ist bei der gebotenen Gesamtabwägung zu berücksichtigen, dass die Verurteilung auf der umfassenden geständigen Einlassung des Verurteilten, der sich auf Anraten seines Verteidigers selbst bei der Polizei gestellt hatte, beruht, er sich im Vollzug - insbesondere in dem seit dem 11. Oktober 2006 andauernden offenen Vollzug - beanstandungsfrei führt, er sich aus dem Vollzug heraus erfolgreich um einen Arbeitsplatz bemüht hat und seiner Arbeitsverpflichtung insoweit nachkommt, ein sozialer Empfangsraum bei seiner Mutter, seinen Geschwistern und seiner Lebensgefährtin, der ihn allerdings bislang von der Begehung von Straftaten nicht abzuhalten vermocht hat, besteht und der Verurteilte erstmals Freiheitsstrafe verbüßt.

b) Abgesehen davon, dass es sich bei diesen Umständen überwiegend um solche handelt, die lediglich zur Begründung einer positiven Sozialprognose geeignet sein mögen, nicht aber um besondere Umstände i.S. des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB, kommt diesen jedoch unter Berücksichtigung auch der tatbezogenen Umstände, namentlich der Art, des Umfangs und der Dauer der Tatbegehung, kein derart ausschlaggebendes Gewicht zu, dass bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung die Annahme besonderer Umstände i. S. von § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB gerechtfertigt wäre.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass es bei der Entscheidung nach § 57 Abs. 2 StGB nicht wie bei § 56 Abs. 2 StGB darum geht, ob ein Straftäter für seine Tat überhaupt Strafe verbüßen soll, sondern darum, ob ein Straftäter, der bereits die Hälfte einer nicht unerheblich langen Freiheitsstrafe verbüßt hat, schon vor Ablauf von zwei Dritteln der Strafe bedingt entlassen werden soll, weshalb es im Einzelfall gerechtfertigt sein kann, den Umständen der Tat ein geringeres und den besonderen Umständen in der Persönlichkeit des Täters ein größeres Gewicht beizumessen als bei der Entscheidung nach § 56 Abs. 2 StGB (vgl. OLG Frankfurt, StV 2005, 277; Thüring. OLG, StV 1998, 503; OLG Stuttgart, StV 1995, 261; OLG Zweibrücken, MDR 1979, 601; Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2006 - 1 Ws 212/06 -).

Vorliegend können in den Taten indes nicht nur keine Umstände zugunsten des Verurteilten, stattdessen aber zahlreiche negative Faktoren gefunden werden, angesichts derer bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung die bedingte Entlassung des Verurteilten - nach Auffassung des Senats zumindest derzeit - noch nicht verantwortet werden kann.

Gegenstand der Verurteilung war nicht ein einmaliges Versagen des Verurteilten, sondern eine Vielzahl professionell geplanter Taten, die über den Zeitraum von mehr als drei Jahren hinweg begangen wurden. Ausweislich der Urteilsfeststellungen war der Verurteilte bei der Begehung der 15 Taten des (in 4 Fällen versuchten) gewerbsmäßigen Bandenbetrugs (§ 263 Abs. 5 StGB) - es handelt sich jeweils um Verbrechen i.S. des § 12 Abs. 1 StGB - als koordinierender Leiter eingebettet in die auf dauerhafte Zusammenarbeit angelegte kriminelle Struktur einer Bande, deren Ziel es war, fortgesetzt Betrugsstraftaten zu Lasten von Versicherungen zu begehen. Er hat bei der Beanspruchung von Versicherungsleistungen unter Fertigung von Schadensgutachten, Gutachterrechnungen und Mietwagenrechnungen verschiedener Scheinfirmen jeweils auch persönlich erhebliche kriminelle Energie aufgewendet. Durch die Taten sind beträchtliche Vermögensschäden verursacht worden.

Angesichts dieser negativen Tatfaktoren sowie des Umstands, dass der Verurteilte erheblich - auch einschlägig - vorbestraft ist, kann den übrigen, zu seinen Gunsten sprechenden Umständen im Rahmen der Gesamtabwägung nicht das entscheidende Gewicht zukommen, zumal diese noch nicht die sichere Erwartung zulassen, der Verurteilte werde künftig auch beim Auftreten von Schwierigkeiten der Versuchung widerstehen, seine finanziellen Verhältnisse durch Straftaten aufzubessern.

Ende der Entscheidung

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