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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 28.07.2004
Aktenzeichen: 2 W 181/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567
ZPO § 569
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

2 W 181/04

In der Familiensache

hat der 2. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungs-beschluss des Landgerichts in Saarbrücken vom 20. April 2004 - 4 O 225/02 - durch den Richter am Oberlandesgericht Sittenauer als Einzelrichter

am 28. Juli 2004

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts in Saarbrücken vom 20. April 2004 - 4 O 225/02 - teilweise dahingehend abgeändert, dass unter Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrags des Klägers vom 23. März 2003 die von den Beklagten - als Gesamtschuldner - an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 29.879,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 14. März 2003 aus 20.328,60 EUR und seit dem 15. Januar 2004 aus 9.550,86 EUR festgesetzt werden.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 2.801,40 EUR.

Gründe:

I.

Der Kläger hat mit seiner am 8. Juli 2002 eingereichten Klage Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen eines Verkehrsunfalls geltend gemacht, der sich am Mai 2002 ereignet hatte. Die Beklagten haben auf Klageabweisung angetragen und unter Berufung auf ein zum Unfallhergang eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. W. E. vom 21. August 2002 behauptet, dass der Beklagte zu 1) zwar eine Vollbremsung eingeleitet, die nachfolgende, zur Kollision mit dem Motorrad des entgegenkommenden Klägers führende Drehbewegung seines Fahrzeugs jedoch nicht zu vertreten habe, da die Ursache hierfür die technische Auslegung der Bremsanlage gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom 25. November 2002 hat der Kläger einen eigenes, von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten des Sachverständigen Dr. L. zum Unfallhergang bei Gericht eingereicht. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang ohne Beweisaufnahme stattgegeben; die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten ist zurückgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits sind den Beklagten auferlegt worden. In dem vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren macht der Kläger u. a. die Kosten für das Gutachten des Sachverständigen Dr. L. gemäß Rechnung vom 11. November 2002 (Bl. 148 d.A.) in Höhe von 2.801,40 EUR geltend. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss diese Gutachterkosten als erstattungsfähig angesehen und entsprechend gegen die Beklagten festgesetzt, die hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt haben; der Kläger hat beantragt, diese zurückzuweisen; die Rechtspflegerin des Landgerichts hat ihr nicht abgeholfen.

II.

Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Beschlusses insofern, als der Antrag auf Festsetzung der Kosten des Privatgutachtens zurückgewiesen wird und sich die von den Beklagten dem Kläger zu erstattenden Kosten um 2.801,40 EUR nebst die hierauf festgesetzten Zinsen verringern.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, können die Kosten für ein Privatgutachten nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits angesehen werden, wenn sie sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf diesen in Auftrag gegeben worden sind, sofern eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei diese die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (BGH, MDR 2003, 413, m. w. N.; vgl. auch Senatsbeschluss vom 21.Juni 2002 - 2 W 103/02-1-; OLGR Saarbrücken 2001, 437; OLGR Düsseldorf 1992, 114; OLG Koblenz, Rpfleger 1991, 388; OLG Bamberg, JurBüro 1976, 1687, jeweils m. w. N.).

Die letztgenannte Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, denn davon, dass der Kläger ohne die Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens nicht in der Lage gewesen wäre, die zur Begründung der Klage erforderlichen Tatsachen substantiiert vorzutragen, kann nicht ausgegangen werden. Vorliegend kam es entscheidend auf den Unfallhergang an; diesen konnte der Kläger indes selbst aus eigener Wahrnehmung schildern, da er an dem streitgegenständlichen Geschehen unmittelbar beteiligt war. Dabei bedurfte es der Darlegung detaillierter Berechnungen nicht. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Darstellung des Klägers vom Unfallhergang gegebenenfalls auch bewiesen werden konnte; hierfür war jedoch die Einholung eines Privatgutachtens weder hilfreich noch erforderlich, da das Landgericht ohnehin im Rahmen einer Beweisaufnahme ein gerichtliches Sachverständigengutachten hätte einholen müssen, wenn es von der Beweisbedürftigkeit des Unfallhergangs ausgegangen wäre.

Auch rechtfertigt der Umstand, dass die Beklagten ihrerseits ein Privatgutachten vorgelegt haben und dass - offenbar - auch im Rahmen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens ein Gutachten zum Unfallhergang eingeholt worden war, die Einholung eines - weiteren - Privatgutachtens durch den Kläger nicht. Da diese Gutachten eine gerichtliche Beweisaufnahme nicht entbehrlich machten, könnte die Erstattungsfähigkeit der streitgegenständlichen Gutachterkosten allenfalls aus dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit hergeleitet werden; dieser alleine ist indes nicht ausreichend, erforderlich ist vielmehr stets auch hier, dass eine Partei mangels eigener Sachkunde zur Beschaffung der zur Rechtsverfolgung erforderlichen Grundlagen sachverständigen Rates bedarf (vgl. OLG Braunschweig, JurBüro 2003, 311; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. Juli 2003 - 21 W 33/03; OLGR Bamberg 2000, 268). Von letzterem ist im Streitfall jedoch schon deshalb nicht auszugehen, weil es bereits aus Rechtsgründen der Widerlegung des von den Beklagten vorgelegten Gutachtens nicht bedurft hat, nachdem die Klage ohne Beweiserhebung erfolgreich war und das - auch durch Gutachten gestützte - Vorbringen der Beklagten in beiden Instanzen im Ergebnis als unerheblich angesehen worden ist. Schon deshalb bestand für den Kläger - auch bei der gebotenen vorausschauenden Betrachtung - kein Anlass, durch ein eigenes Privatgutachten die Richtigkeit des von den Beklagten vorgelegten Gutachtens überprüfen zu lassen.

Nach alledem sind die Kosten des Privatgutachtens von den Beklagten nicht zu erstatten. Da im Übrigen der Kostenfestsetzungsbeschluss nicht angegriffen ist, reduziert sich der Kostenerstattungsbetrag von 32.680,68 EUR um 2.801,40 EUR auf 29.879,46 EUR; entsprechend ist der angefochtene Kostenfestsetzungs-beschluss abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO).

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