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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.03.2004
Aktenzeichen: 3 U 552/03
Rechtsgebiete: GKG, EGZPO, ZPO


Vorschriften:

GKG § 17 Abs. 2 Satz 1
EGZPO § 26 Nr. 5
ZPO § 511
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
ZPO § 546
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VersR 1970, 573, 575) an, dass der sachlich-rechtliche Gebührenanspruch des Geschädigten gegen den Schädiger bei außergerichtlicher Schadensregulierung allein aus den begründeten Ersatzbeträgen zu berechnen ist.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.08.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken - Az. 5 C 397/02 - dahin abgeändert, dass die Klage insoweit abgewiesen wird, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 2.526,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuches seit dem 18.04.2002 an den Kläger verurteilt worden ist.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 44 % und die Beklagte 56 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

A. Gegenstand der Klage sind Ansprüche des Klägers wegen der Folgen eines Verkehrsunfalles, der sich am10.1999 ereignet hat. Hierbei wurde der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs getötet, als er auf die Gegenfahrbahn geriet und frontal mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammenprallte. Der Kläger, der Insasse des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs war, wurde erheblich verletzt. U.a. erlitt er eine Stammhirnverletzung. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die dem Kläger durch den streitgegenständlichen Unfall zugefügten Schadensfolgen ist außer Streit (Bl. 38 d.A.). Die Beklagte leistete bisher auch erhebliche Zahlungen an den Kläger. Hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs einigten sich die Parteien auf einen Abfindungsbetrag von 200.000,- DM, der von der Beklagten nebst den hierfür geltend gemachten Anwaltskosten in Höhe von 10.052,91 DM (Bl. 46 d.A.) bezahlt wurde. Auf den Sachschaden zahlte die Beklagte bis zum 28.05.2002 insgesamt 59.299,87 EUR (Bl. 111 d.A.). Die Parteien führten ferner Gespräche bzw. Verhandlungen über eine Abfindung des Sachschadens, die jedoch scheiterten, als der Kläger das letzte Abfindungsangebot der Beklagten über 220.000,- EUR (Schreiben vom 22.02.2002, nicht bei den Akten) als zu niedrig ablehnte (Schreiben vom 14.03.2002, Bl. 27 d.A.).

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.400,- EUR verlangt. Das ist die Hälfte der Kosten für die Anschaffung eines aus zwei Teilen bestehenden und elektrisch verstellbaren Doppelbettes (Bl. 3, 111 d.A.). Ferner hat er restliche Anwaltskosten in Höhe von 3.076,57 EUR geltend gemacht (= zwei Gebühren in Höhe von jeweils 3.356,30 DM [= je eine 7,5/10 Gebühr aus § 118 Abs. 1 Nr.1 und aus § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRGO aus einem Streitwert von 546.263,06 DM, das ist die Summe der Zahlungen der Beklagten bis zum 28.05.2002 i.H. von insgesamt 59.299,87 EUR + gescheitertes Abfindungsangebot über 220.000,- EUR, das entspricht 546.263,06 DM], zuzüglich 40,- DM Pauschale, zuzüglich 16 % MWSt [= 1.080,42 DM] und abzüglich einer von der Beklagten bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 1.815,77 DM, vgl. hierzu Bl. 111 f d.A.). Hilfsweise hat der Kläger die Klage auf die Kosten der Anschaffung eines Heimtrainers in Höhe von 455,82 EUR gestützt (Bl. 3, 112 d.A.). Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Anschaffung des Bettes und des Heimtrainers unfallbedingt erforderlich gewesen sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 4.476,87 EUR nebst Zinsen zu verurteilen (Bl. 110, 117 d.A.).

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Sie hat u.a. die Höhe des vom Kläger zur Berechnung der Anwaltsgebühren zu Grunde gelegten Streitwertes bestritten. Sie hat insbesondere die Ansicht vertreten, dass bei der Kostenberechnung auch der Streitwert des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen sei, während die erfolglose Verhandlung über die Abfindung des materiellen Schadens keine streitwerterhöhende Wirkung habe. Die Anschaffung des elektrisch verstellbaren Bettes und des Heimtrainers sei unfallbedingt nicht erforderlich gewesen sei. Jedenfalls aber sei hinsichtlich des Bettes ein Vorteilsausgleich vorzunehmen.

Das Amtsgericht Saarbrücken hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 92 ff d.A.). Es hat sodann durch das am 12.08.2003 verkündete Urteil - Az. 5 C 397/02 - die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 4.476,87 EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass hinsichtlich des elektrisch verstellbaren Bettes eine adäquate Zurechnung als unfallbedingte Aufwendung zu bejahen sei mit der Folge der Ersatzpflicht der Beklagten in Höhe von 50 % der Kosten und damit in Höhe von 1.400,- EUR. Hinsichtlich der verlangten Anwaltskosten sei die Klage ebenfalls begründet (Bl. 132 f d.A.). Insoweit sei die Berechnung des Klägers zutreffend, während die der Beklagten fehlerhaft sei (Bl. 133 ff d.A.).

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. mit der sie die Abweisung der Klage erreichen möchte, soweit sie zur Zahlung von mehr als 2.526,44 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist. Sie greift das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten für das Doppelbett dem Grunde nach nicht an, rügt jedoch als Rechtsfehler, dass das Amtsgericht den erstinstanzlich erhobenen Einwand nicht berücksichtigt habe, dass ein Vorteilsausgleich vorzunehmen sei. Dieser sei in Höhe von 500,- EUR angemessen (Bl. 154 f d.A.). Bezüglich der zuerkannten Anwaltskosten werde hingenommen, dass das Amtsgericht den Abschluss des Vergleichs über das Schmerzensgeld als gesonderte Angelegenheit bewertet habe (Bl. 155 d.A.). Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GKG sei der Gebührenrechnung jedoch nur der fünffache Jahreswert in Höhe von unstreitig jeweils 19.764,19 EUR und damit ein Streitwert von 98.820,95 EUR zu Grunde zu legen (Bl. 156 d.A.). Die Beklagte akzeptiere deshalb eine Besprechungsgebühr in Höhe von 1.121,67 EUR aus diesem Streitwert (Bl. 160 d.A.). Das Abfindungsangebot der Beklagten über 220.000,- EUR sei dagegen nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen. Über das Abfindungsgebot sei zwar verhandelt worden. Da der Kläger dieses Angebot jedoch abgelehnt habe, seien nur die tatsächlich gezahlten Beträge maßgeblich.

Die Beklagte beantragt (Bl. 153, 170 d.A.),

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insoweit abzuweisen, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 2.526,44 EUR nebst Zinsen hieraus verurteilt worden ist.

Der Kläger beantragt (Bl. 163, 170 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

B. Die Berufung, auf die gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die Vorschriften der ZPO neuer Fassung anzuwenden sind, ist gemäß den §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Das Oberlandesgericht ist sachlich zuständig, weil der Kläger seinen Wohnsitz in Frankreich hat (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG).

Die Berufung ist auch begründet.

I. Hinsichtlich der Verurteilung zum Ersatz der hälftigen Kosten für die Anschaffung eines elektrisch verstellbaren Doppelbettes greift die Beklagte das erstinstanzliche Urteil nur insoweit an, als das Amtsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten zum Vorteilsausgleich nicht berücksichtigt hat (Bl. 154 f d.A.). Diese Rüge ist begründet (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO).

1. Ein Vorteilsausgleich ist nach der Rechtsprechung immer dann vorzunehmen, wenn zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang besteht (BGHZ 48, 56 [61 f]), die Anrechnung des Vorteils dem Geschädigten zumutbar ist (BGHZ 10, 107 [108]) und der Geschädigte nicht unbillig entlastet wird (BGHZ 91, 206 [209 f]; zu allem vgl. Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 63. Aufl., Vorbemerkung vor § 249 Rdnr. 120 m.w.N.). Wird, wie im vorliegenden Fall, eine gebrauchte Sache durch eine neue ersetzt, ist ein Abzug neu für alt gerechtfertigt, wenn es zu einer messbaren Vermögensvermehrung des Geschädigten gekommen ist, die Werterhöhung sich für den Geschädigten günstig auswirkt und die Vorteilsausgleichung dem Geschädigten zumutbar ist. Bemessungskriterien für die Höhe des Abzugs sind insbesondere das Alter und der Zustand des bisher genutzten Gegenstandes (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 146 m.w.N.).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze war der von der Beklagten angesetzte Betrag von 500,- EUR im Wege des Vorteilsausgleichs abzuziehen. Zwar hat der Kläger trotz der diesbezüglich ausdrücklichen Aufforderungen durch die Beklagten in den Schriftsätzen vom 01.07.2002 (Bl. 40 d.A.) und vom 16.09.2003 (Bl. 154 d.A.) keine Angaben zum Alter, Kaufpreis, Zustand und Verbleib des bisherigen Ehebettes gemacht. Er hat vielmehr lediglich vorgetragen, dass er sich ohne den Unfall kein neues Bett gekauft hätte, weil ihm das alte noch lange gut genug gewesen sei (Bl. 51, 164 d.A.). Nach Aktenlage ist jedoch in Betracht zu ziehen, jedenfalls aber nicht auszuschließen, dass das vor dem Unfall genutzte gemeinsame französische Ehebett ("grand lit", Bl. 3 d.A.) bereits ein erhebliches Alter hatte. Mangels näheren Vortrags zum Alter, Zustand und Verbleib des ursprünglichen Bettes und damit den maßgeblichen Kriterien für die Berechnung des Vorteilsausgleichs ist der Senat der Ansicht der Beklagten gefolgt, dass ein Abzug von 500,- EUR angemessen ist. Eines gerichtlichen Hinweises bedurfte es nicht, weil die Beklagte den Kläger wiederholt auf den Vorteilsausgleich hingewiesen und zur Darlegung der Voraussetzungen für die Bemessung der Höhe aufgefordert hat (Bl. 40, 154 d.A.).

II. Hinsichtlich der Anwaltskosten ist die Berufung der Beklagten ebenfalls begründet. Insoweit beruht das angefochtene Urteil ebenfalls auf einem Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten, §§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO.

1. Zwischen den Parteien nicht mehr umstritten ist die Frage, ob das Schmerzensgeld, wie vom Amtsgericht angenommen, ein gesonderte Angelegenheit ist. Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil, das dies bejaht hat, nicht angegriffen worden (Bl. 155 d.A.). Da der Schmerzensgeldanspruch kostenmäßig unstreitig außergerichtlich erledigt und nicht Gegenstand der Klage ist, sind für das vorliegende Verfahren somit weder der Streitwert des Schmerzensgeldanspruchs noch die von der Beklagten insoweit bezahlten Kosten von Bedeutung.

2. Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Anwaltskosten nicht beachtet, dass der Gegenstandswert der Gebührenforderung des Rechtsanwalts gegenüber dem Auftraggeber eine andere Höhe haben kann als der Wert, der für die Höhe der vom Schädiger (bzw. der hinter ihm stehenden Haftpflichtversicherung) zu ersetzenden Kosten maßgeblich ist. Insoweit ist zwar in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem anerkannt, dass dem Geschädigten grundsätzlich auch die bei der Verfolgung seiner Schadenersatzansprüche entstehenden Rechtsanwaltskosten als adäquater und dem Schädiger zurechenbarer Folgeschaden zu ersetzen sind (BGH, NJW 1986, 2243 [2244 re. Sp. m.w.N.]). Die in der Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob der sachlich-rechtliche Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger nur die Gebühren umfasst, die nach den begründeten Ersatzbeträgen berechnet sind, oder ob Anspruch auf Ersatz der Gebühren aus den Beträgen besteht, mit deren Geltendmachung eine einsichtige Partei ihre Anwälte beauftragen durfte, hat der Bundesgerichtshof jedoch im zuerst genannten Sinne beantwortet. Danach ist der sachlich-rechtliche Gebührenanspruch des Geschädigten gegen den Schädiger allein aus den begründeten Ersatzbeträgen zu berechnen (BGH, VersR 1970, 573 [575 li. Sp.]; BGH, VersR 1977, 1036 [re. Sp.]; ebenso hat der BGH bei der Geltendmachung von Stationierungsschäden entschieden, vgl. BGHZ 39, 60 [72] und BGHZ 39, 73 [74]; in diesem Sinne auch OLG München, VersR 1977, 1036 [re. Sp. m.w.N.]; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, Großkommentar, 3. Auflage 1997, Anhang I, Rdnr. 158). Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Aus den vom Bundesgerichtshof im Einzelnen dargelegten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, können die Kosten der Anwaltsbeauftragung zur Durchsetzung eines unbegründeten Anspruchs dem Schädiger haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden. Entsprechendes gilt, wenn und soweit Ansprüche geltend gemacht werden, die teilweise nicht begründet sind. Nur soweit die Ansprüche begründet sind bzw. vom Schädiger anerkannt oder bezahlt werden, ist es auch gerechtfertigt, dem Schädiger die Anwaltskosten als adäquate Schadensfolge aufzubürden.

Dieses Ergebnis entspricht der gesetzlichen Kostenregelung im Falle der gerichtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen (§§ 91 ff ZPO). Danach trifft den Kläger die Kostenlast, soweit die geltend gemachten Ansprüche unbegründet sind. Sind sie nur teilweise begründet, sind die Anwaltskosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs. 1 ZPO). Die - vom Bundesgerichtshof im Übrigen verneinte (BGH, VersR 1970, 573 [575 li. Sp.]) - Frage, ob dem Schädiger die gesamten Kosten auferlegt werden können, wenn die Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig war und keine besonderen Kosten verursacht hat, stellt sich nicht, weil diese Voraussetzungen im Streitfalle angesichts des Streitwertes von 220.000,- EUR unzweifelhaft nicht vorliegen.

Eine andere Beurteilung ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil das Angebot der Kapitalabfindung der materiellen Ansprüche des Klägers in Höhe von zunächst 170.000,- EUR (Schreiben vom 25.01.2002, Bl. 21 d.A.) und von zuletzt 220.000,- EUR (Schreiben vom 22.02.2002) von der Beklagten ausgegangen sein soll. Abgesehen davon, dass der Kläger beide Angebote als zu niedrig abgelehnt hat (Schreiben vom 14.03.2002, Bl. 27 d.A.), so dass es letztlich zu keiner Einigung über eine Abfindung der materiellen Ansprüche gekommen ist, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt, ob die Abfindungsgespräche überhaupt von der Beklagten mit der Folge ausgegangen sind, dass sich der Kläger anwaltlichen Rat hat einholen müssen. In dem Schreiben vom 25.01.2002 (Bl. 21 d.A.), in dem die Beklagte das Abfindungsangebot über 170.000,- EUR unterbreitet hat, hat sie nämlich ausdrücklich Bezug genommen auf ein Schreiben des Klägers vom 18.01.2002 (nicht zu den Akten gereicht) sowie ein Telefonat mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vom01.2002 (dessen Inhalt nicht vorgetragen wurde). Diese Bezugnahme begründet Zweifel daran, ob die Abfindungsgespräche überhaupt von der Beklagten ausgegangen sind.

Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht entscheidend an. Selbst wenn der Kläger ohne sein Mittun mit einem entsprechenden Abfindungsangebot der Beklagten konfrontiert worden wäre, wären die dadurch entstanden Anwaltskosten der Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen, weil sich der Kläger auf eine Abfindung nicht einzulassen brauchte. Wenn er dies dennoch freiwillig getan hat, ist es haftungsrechtlich nicht gerechtfertigt, die Beklagte mit Kosten zu belasten, obwohl die Abfindungsgespräche letztlich und endgültig gescheitert sind. Auch insoweit gibt es eine Parallele im Zivilprozess. Werden im Rahmen von Vergleichsgesprächen Ansprüche erörtert, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind, haben diese Erörterungen allenfalls dann kostenrechtliche Auswirkungen für den Schädiger, wenn es zum Abschluss eines Vergleichs kommt.

2. Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist der Wert des Abfindungsangebotes von 220.000,- EUR dem Streitwert nicht hinzuzurechnen. Der Kläger hat insbesondere nicht geltend gemacht, dass ihm ein Anspruch auf Abfindung zusteht. Zwar sieht das Gesetz in Ausnahmefällen vor, dass der Verletzte statt einer Rente eine Abfindung im Kapital verlangen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 843 Abs. 3 BGB). Ein wichtiger Grund in diesem Sinne ist jedoch weder dargelegt worden noch erkennbar.

3. Ist somit das Abfindungsangebot von 220.000,- EUR dem Geschäftswert insoweit nicht hinzuzurechnen, als es um die Berechnung der vom Schädiger zu ersetzenden Anwaltskosten geht, ist die Berufung der Beklagten auch in diesem Punkt begründet. In der Berufungserwiderung hat die Beklagte die tatsächlichen Zahlungen, die für den Geschäftswert maßgeblich sind, zutreffend berücksichtigt und die 7,5/10 Geschäftsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) sogar aus einem Streitwert von bis zu 250.000,- DM (= 127.822,97 EUR) und die Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) aus einem Streitwert von 98.820,95 EUR (= 5 Jahresbeträge x unstreitige Zahlungen in Höhe von 19.764,19 EUR pro Jahr gem. § 17 Abs. 2 GKG) berechnet. Die sich hieraus ergebenden Gebühren belaufen sich auf 2.554,83 EUR (vgl. die vom Kläger nicht beanstandete Berechnung der Beklagten auf Seite 9 der Berufungsbegründung = Bl. 160 d.A.). Unter Berücksichtigung der unstreitig anzurechnenden Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.815,77 DM (= 928,39 EUR) steht dem Kläger somit ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von restlich 1.626,44 EUR zu.

III. Soweit der Kläger hilfsweise die Kosten der Anschaffung eines Heimtrainers in Höhe von 455,82 EUR geltend macht (Bl. 112, 165 d.A.), ist die Klage ebenfalls nicht begründet. Nach dem Ergebnis des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens war die Anschaffung eines Heimtrainers aus medizinischer Sicht nicht sinnvoll und damit nicht notwendig. Allein eine professionelle physikalische Therapie sei, so der Sachverständige, zum Erhalt der Mobilität des Klägers geeignet (Bl. 102 f d.A.). Diese Ausführungen, die überzeugen, hat der Kläger nicht entkräftet.

Die Klage ist somit nur in Höhe von 2.526,44 EUR begründet (= 900,- EUR + 1.626,44 EUR). Das erstinstanzliche Urteil war deshalb entsprechend abzuändern.

IV. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Berufungsstreitwert wird auf 2.406,25 EUR festgesetzt (= 1.950,43 EUR [4.476,87 EUR - 2.526,44 EUR] + 455,82 EUR gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG).

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO (n.F.). Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 Abs. 1 ZPO nicht statthaft, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,- EUR nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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