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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.09.2009
Aktenzeichen: 4 U 43/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 529
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Zu den Verkehrspflichten eines Gastwirtes.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

4 U 43/09

Verkündet am 8.9.2009

In dem Rechtsstreit

wegen Schmerzensgeldes aus Verkehrssicherungspflichtverletzung

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Schmidt als Vorsitzenden, die Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 7. Januar 2009 - 9 O 221/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger die Beklagten, die die Gaststätte <Name der Gaststätte> in <Ort> betreiben, unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung deliktischer und vertraglicher Verkehrssicherungspflichten auf Schadensersatz in Anspruch. Der Kläger hat behauptet, er sei am Rosenmontag des Jahres 2008, dem 4. Februar, gegen 12:15 Uhr in der Gaststätte der Beklagten gestürzt, weil sich im Bereich der Theke ein tiefes Loch im Boden befunden habe, welches weder gekennzeichnet noch abgesichert gewesen sei. Er sei an diesem Tag nicht zum ersten Mal in der Gaststätte gewesen, habe aber zum ersten Mal die Toilette aufsuchen wollen (Schriftsatz vom 11.11.08; Bl. 42 bis 44 d.A.). Der entsprechende Weg und die gefährliche Aussperrung seien ihm nicht bekannt gewesen. Durch den Sturz sei er schwer verletzt worden und habe in der Folgezeit mehrfach operiert werden müssen. Aufgrund der beim Sturz erlittenen Verletzungen und deren Folgen sei bei ihm zwischenzeitlich ein Grad der Behinderung von 70% festgestellt worden. Er leide noch immer an den Folgen des Sturzes. Insbesondere sei das rechte Bein des Klägers nach zwei Operationen um circa 2 cm kürzer als das linke Bein. Trotz entsprechender orthopädischer Ausgleichsmaßnahmen seien immer noch erhebliche Gehbeschwerden mit starken Schmerzen im Lendenwirbelbereich vorhanden. Der Kläger brauche tägliche Hilfe bei der Hygiene sowie beim An- und Auskleiden. Darüberhinaus leide der Kläger unter starken Schlafstörungen. Ein Liegen im Bett sei nur mit einem kompakten Kissen zwischen den Oberschenkeln möglich. Eine Drehung im Bett sei nur auf die linke Seite möglich. Seit dem Sturz leide der Kläger an einem ständigen Taubheitsgefühl an beiden Händen sowie im vorderen Bereich beider Füße, verbunden mit starker Gefühllosigkeit in diesen Organen. Ohne Stützen könne der Kläger derzeit nur eine Gehwegsstrecke von circa 20 m bewältigen, wobei auch bei dieser nur geringen Strecke die zuvor beschriebenen Lendenwirbelbeschwerden aufträten. Hinzukomme, dass durch die beiden Operationen der gesamte rechte Oberschenkelmuskel abgebaut habe und daher keine entsprechende Kraft mehr vorhanden sei. Bis diese Muskeln wieder aufgebaut seien, könne noch ein Jahr vergehen. Zum Ausgleich der erlittenen Schmerzen erachtet der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.500 bis 15.000 DM für angemessen. Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, das von einer gerichtlichen Schätzung beziehungsweise vom billigen Ermessen des Gerichts abhängen solle, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.9.2008 zu zahlen. Dem sind die Beklagten entgegengetreten. Die Beklagten haben bestritten, dass der Kläger an der angegebenen Stelle gestürzt sei. So habe der Kläger dem Zeugen F. gegenüber erklärt, er sei in der Ortslage von <Ort> in Höhe der Sparkasse gefallen. Der Kläger habe sich nach dieser Erklärung noch für mindestens zwei bis drei Stunden in der Gaststätte aufgehalten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Der Kläger wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und vertritt die Auffassung, das Landgericht habe den Aussagen der Zeugen F. und S. zu Unrecht keinen Glauben geschenkt. Soweit sich in den Aussagen des Zeugen F., den Angaben des Klägers sowie der Aussage des Zeugen S. Abweichungen ergäben, beträfen diese Abweichungen nur Nebensächlichkeiten, die mit dem eigentlichen Schadensereignis nichts zu tun hätten. Er sei unerheblich, ob der Kläger vor dem Sturz habe zur Toilette gehen wollen oder sich nur in Richtung der Toilette bewegt habe. Weiterhin sei unerheblich, ob der Kläger vor dem Sturz noch ein Getränk bestellt habe oder nicht. Auch habe der Kläger entgegen der Aussage des Zeugen F. kein Geld für die Aussage angeboten, er - der Kläger - sei vor der Sparkasse gestürzt. Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 7.1.2009 - 9 O 221/08 - die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an der Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, das von einer gerichtlichen Schätzung beziehungsweise vom billigen Ermessen des Gerichts abhängen solle, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.9.2008 zu zahlen. Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 9.4.2009 (Bl. 94 ff. d. A.), auf die Berufungserwiderung vom 22.4.2009 (Bl. 101 ff. d. A.) sowie auf den Schriftsatz der Klägervertreter vom 18.5.2009 (Bl. 115 d. A.) Bezug genommen. Der Senat hat durch Anhörung des Klägers und Vernehmung des Zeugen M. über den Hergang des Sturzes Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl. 124 ff. d. A.) verwiesen. II. A. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung im Ergebnis weder auf einem Rechtsfehler beruht, noch die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO). Zwar steht auf der Grundlage der im Berufungsrechtzug ergänzten Beweisaufnahme, insbesondere nach Vernehmung des erstmals im Berufungsrechtszug benannten Zeugen M. zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger am fraglichen Tag in der Gaststätte an der keilförmigen Aussparung im Podest zu Fall geriet (1.). Ob die Gestaltung des Bodenbelags die den Beklagten sowohl aus der vertraglichen Rechtsgrundlage (§ 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1; § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. dem Bewirtungsvertrag) als auch der allgemeinen deliktsrechtlichen Rechtsgrundlage (§ 823 Abs. 1 BGB) obliegenden Verkehrssicherungspflichten objektiv verletzte, erscheint zweifelhaft (2.). Die Frage kann im Ergebnis unentschieden bleiben, da ein eventueller Verstoß der Beklagten gegen die ihr zumutbaren Verkehrssicherungspflichten für den Sturz des Klägers nicht kausal wurde (3.). 1. Der Senat war nicht an die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung gebunden, da der Kläger im zweiten Rechtszug erstmals den Zeugenbeweis auf Vernehmung der Zeugen M. und G. (auf die Vernehmung des Zeugen G. hat der Kläger im Termin vom 18.8.2009 verzichtet) angeboten hat, dessen Zulassung nicht an der Schranke des § 531 Abs. 2 ZPO scheitert: Die nachträgliche Benennung beruhte nicht auf Nachlässigkeit (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Auf der Grundlage der ergänzten Beweisaufnahme ist der Senat von der Richtigkeit der klägerischen Unfallschilderung überzeugt. Zwar hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen Widersprüche zwischen den Angaben des Klägers und der Aussage der Zeugen aufgedeckt: a) Während der Kläger angegeben hat, die Theke habe am fraglichen Rosenmontag "voll gestanden", haben die Zeugen S. und F. ausgesagt, dass die Gaststätte nur sehr spärlich frequentiert gewesen sei. In der persönlichen Anhörung vor dem Senat hat der Kläger diesen Widerspruch jedoch dahingehend nicht unplausibel relativiert, dass die Theke aufgrund der gegebenen Örtlichkeiten selbst bei der Anwesenheit von nur wenigen Gästen so "voll gestanden" habe, dass er die Theke nicht direkt habe ansteuern können, sondern sich dazu entschieden habe, den Weg über das Podest zu beschreiten, um sich entlang der 1,50 m hohen Trennwand von hinten an die Theke anzustellen. Er habe beim Passieren der Theke den Kopf nach rechts gedreht, um die an der Theke stehenden Gäste zu begrüßen. Hierbei habe er die Stufe übersehen und sei gestürzt. Dieser Unfallhergang wird im Kern vom Zeugen M. bestätigt, der sich insoweit glaubhaft festgelegt hat, dass der Kläger unmittelbar nach dem Betreten des Lokals gestürzt sei. b) Auch im zweiten Rechtszug konnte nicht aufgeklärt werden, ob die Aussage des Zeugen F., wonach ihm der Kläger 400 EUR dafür angeboten habe, falls er aussage, der Kläger sei vor der Sparkasse gestürzt, der Wahrheit entspricht. Letztlich sind keine plausiblen Gründe dafür ersichtlich, welches Motiv den Zeugen F. zu einer solchen falschen Aussage veranlasst haben mochte: Da der Zeuge F. den Sturz in der Gaststätte bestätigt hat, ist nicht erkennbar, inwieweit der Zeuge - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung gemutmaßt hat - dem Kläger mit einer in diesem Detail unwahren Aussage zugunsten der Beklagten hätte schaden können. Andererseits kann nicht nachvollzogen werden, welches Interesse der Kläger daran besessen haben könnte, den Sturz auf den öffentlichen Verkehrsraum vor die Sparkasse zu verlegen. Eine weitergehende Motivforschung erscheint unergiebig. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den der Senat in der mündlichen Verhandlung sowohl vom Kläger als auch vom Zeugen M. gewonnen hat, besitzt dieser nicht aufzuklärende Umstand für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Kläger und Zeugen kein entscheidendes Gewicht. Die Gesamtbetrachtung aller im Kern übereinstimmenden Aussagen überzeugt den Senat davon, dass sich der Sturz des Klägers so ereignete, wie dies der Kläger in seiner persönlichen Anhörung geschildert hat. 2. Ob die Beklagten bei der Ausgestaltung des Podestes ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt haben, erscheint zweifelhaft: a) Nach anerkannten Grundsätzen ist derjenige, der einen Verkehr eröffnet, für die Sicherung des Verkehrs verantwortlich (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 823 Rdnr. 46; MünchKomm(BGB)/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rdnr. 232; Staudinger/Hager, BGB, 13. Aufl., § 823 E 19). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Vielmehr löst eine Gefahr erst dann haftungsbegründende Versicherungspflichten aus, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (st. Rspr. BGH, statt aller: Urt. v. 9.9.2008 - VI ZR 279/06, NJW 2008, 3778 ; Urt. v. 3.6.2008 - VI ZR 223/07, NJW 2008, 3775; BGH, Urt. v. 6.2.2007 - VI ZR 274/05, VersR 2007, 659; vgl. BGH, VersR 2007, 72; NJW 2006, 2326). Nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts muss Vorsorge getroffen werden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn derjenige Sicherheitsgrad erreicht wird, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Dieses Schutzniveau ist dann erreicht, wenn diejenigen zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren (BGH, NJW 2008, 3775; 3778; VersR 2007, 659; Urt. v. 16.5.2006 - VI ZR 189/05, VersR 2006, 1083). Kommt es in Fällen, in denen eine Gefährdung zwar nicht ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernt liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch zu einem Schadensfall, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen (BGH, VersR 2007, 660; vgl. BGH, Urt. v. 15.4.1975 - VI ZR 19/74, VersR 1975, 82; Urt. v. 15.7.2003 - VI ZR 155/02, VersR 2003, 1319). Diese Rechtsgrundsätze muss auch der Betreiber einer Gaststätte beachten. Das Maß der Sorgfalt bemisst sich nach den typischerweise in einem Gaststättenbetrieb anzutreffenden Gefahren. Der Verkehrssicherungspflichtige muss bei der Gestaltung der Gasträume dem Umstand Rechnung tragen, dass die Aufmerksamkeit und Konzentration der Gäste durch die in der Gaststätte stattfindene Kommunikation insbesondere nach dem Genuss alkoholischer Getränke Einschränkungen erfahren kann (OLGR Koblenz 2005, 528; OLGR Celle 2004, 178; vgl. auch OLG Hamm, NJW 2000, 3144; OLGR 2001, 213). b) Angewandt auf den vorliegenden Sachverhalt ist dem Kläger zuzugestehen, dass die keilförmige Aussparung im Podest in dieser Form nicht verkehrstypisch erscheint. Die Vertiefung begründet zumindest die jeder Stufe immanente Stolpergefahr. Dennoch würde es die Anforderungen an eine zumutbare Verkehrssicherung übersteigen, in Gasträumen auf den Einbau von Stufen grundsätzlich zu verzichten. Verkehrswidrig ist der Einbau eines durch Stufen vermittelten Niveauunterschieds erst dann, wenn sich der Gaststättenverkehr, der die situationsadäquate, mitunter herabgesetzte Aufmerksamkeit bewahrt, auf die Gefahr nicht hinreichend einstellen kann. Im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt darf bei der Beurteilung der Gefahrensituation nicht übersehen werden, dass die Stufe ausweislich der in der mündlichen Verhandlung überreichten Lichtbilder eine ganz erhebliche Höhe (nach dem Sachvortrag des Klägers circa 30 cm) besaß. Alleine aufgrund des Ausmaßes des Höhenversatzes ist die hier zu beurteilende Örtlichkeit nicht mit einer Gefahrensituation zu vergleichen, die daraus resultiert, dass eine schlecht wahrnehmbare Schwelle über den Bodenbelag verläuft oder der Niveauunterschied durch Anbringung einer nicht normgerecht erhöhten Stufe ausgeglichen wird. Hinzukommt, dass die Lage der Vertiefung dem Betrachter durch den schräg gestellten Billardtisch vermittelt wird: Im Gastraum sind zwei Billardtische aufgestellt, die aufgrund ihrer räumlichen Dominanz die Aufmerksamkeit des Gaststättenbesuchers auf sich ziehen. Der die Gaststätte in der vom Kläger geschilderten Richtung betretende Gast nimmt auch unmittelbar wahr, dass der Gaststättenbereich, in dem die Billardtische aufgestellt sind, tiefer liegt, er sich selber also auf einem Podest befindet. Hierbei wird sein Blick vom schräg gestellten, in weißer Farbe gut sichtbaren Billardtisch auf die Aussparung gelenkt. Der Billardtisch zeigt aus der Bewegungsrichtung des Klägers die Form eines Pfleiles, dessen Spitze auf die Aufsparung hinweist, deren Gestaltung die Pfeilform dupliziert. Weiterhin unterscheidet sich der Bodenbelag im Bereich der Aussparung farblich vom Bodenbelag des Podestes. Auch die Wange der gegenüberliegenden Stufe zeichnet sich durch eine hellere Färbung ab. Bei zusammenfassender Würdigung spricht einiges dafür, dass die Ausgestaltung des Bodenbelags den Anforderungen an die in Gaststätten zu beachtende Verkehrssicherungspflicht erfüllt. Äußerstenfalls wird man den Beklagten vorwerfen können, den genauen Verlauf der Stufe nicht durch das Anbringen eines an der Stufe entlang in Signalfarbe verlaufenden Bandes kenntlich gemacht zu haben. Die Rechtsfrage kann indessen unentschieden bleiben. 3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat nämlich davon überzeugt, dass sich dieses Unterlassen nicht schadensursächlich ausgewirkt hat: a) Der aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten klagende Geschädigte trägt nach allgemeinen Grundsätzen nicht nur die Darlegungs- und Beweislast für den objektiven Rechtsverstoß des Verkehrssicherungspflichtigen. Dem Geschädigten obliegt auch der Beweis dafür, dass das die Verkehrssicherungspflichtverletzung begründende Verhalten ursächlich für den Schadenseintritt war (Palandt/Sprau, aaO., § 823 Rdnr. 54). Zwar gelten zugunsten des Geschädigten Beweiserleichterungen: So streitet bei der Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften oder Schutzgesetzen der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Verstoß für den Schadenseintritt ursächlich war, sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der das Schutzgesetz oder die Unfallverhütungsvorschrift entgegenwirken soll. Der Anscheinsbeweis ist darüberhinaus auch bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten anwendbar, die wie Schutzgesetze oder Unfallverhütungsvorschriften typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, wenn sich in dem Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der durch die Auferlegung der Verhaltenspflichten begegnet werden soll (BGH, NJW 2008, 3775; 3778). Im vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt ist dieser Anscheinsbeweis jedoch widerlegt: Die Schilderung des Unfallhergangs durch den Kläger erlaubt den Schluss, dass der Kläger auch bei Vorhandensein einer farblichen Markierung gestürzt wäre: b) Der Kläger hat angegeben, dass er die Gaststätte gegen 12:00 Uhr vom Parkplatz kommend betreten habe und an der aus seiner Richtung rechts befindlichen Abtrennung vorbeigegangen sei, um an die Theke zu gelangen. Dabei sei er in die Vertiefung gestürzt, die er deshalb nicht gesehen habe, weil er den Kopf nach rechts gedreht habe, um die Gäste, die an der Theke gestanden hätten, zu grüßen. Dieses Verhalten kann nur dahingehend gewürdigt werden, dass der Kläger nach seiner eigenen Schilderung auch eine an der Stufenkante befindliche Markierung nicht gesehen hätte: Bereits die Blickrichtung des Klägers, der nicht - wie es geboten gewesen wäre - nach vorne, sondern nach rechts schaute, musste eine Wahrnehmung der Markierung verhindern. Hinzukommt, dass das Verhalten des Klägers in der gegebenen Situation besonders unaufmerksam war. Denn der Kläger war mit den örtlichen Gegebenheiten der Gaststätte hinreichend vertraut: Der Senat folgt auch insoweit der glaubhaften Aussage des Zeugen M., der ausgesagt hat, der Kläger sei mit gewisser Regelmäßigkeit in das Lokal gekommen. Der Zeuge hat die Aussage mit dem Hinweis veranschaulicht, dass er den Kläger von Kindesbeinen an kenne und zusammen mit dem Kläger Fußball gespielt habe. Auch auf Nachfrage blieb der Zeuge dabei, dass er den Kläger mit gewisser Regelmäßigkeit, insbesondere an Samstagen in diesem Lokal getroffen habe. Diese Aussage deckt sich mit der Aussage des Zeugen F.. Auch dieser Zeuge hat auf die Frage des Gerichts, ob der Kläger schon vorher einmal im Lokal gestürzt sei, ausgesagt, dass er dazu nichts sagen könne. In jedem Fall sei der Kläger schon vor dem Schadensfall über die Stufe gelaufen, weil diese Stufe ja durch das halbe Lokal durchgehe (Bl. 51 d. A.). Diese Aussage wäre nicht verständlich, wenn der Kläger - wie er im Rahmen seiner persönlichen Anhörung selbst ausgesagt hat - erst zwei- oder dreimal jeweils anlässlich eines Termins auf der benachbarten Bank in dem Lokal gewesen wäre. Bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Kläger aus seinen früheren Besuchen die Örtlichkeiten der Gaststätte und die Aussparung im Podest kannte, so lässt sich sein Sturz nur damit erklären, dass er sich am Schadenstag beim Betreten der Gaststätte in besonderem Maße von dem Geschehen an der Theke ablenken ließ. Dann spricht jedoch nichts dafür, dass der Sturz des Klägers beim Vorhandensein einer farblichen Markierung verhindert worden wäre. 4. Die soeben dargestellte Unaufmerksamkeit des Klägers begründet in jedem Fall ein ganz erhebliches Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB). Die Frage, ob das Mitverschulden so stark überwiegt, dass der Haftungsbeitrag der Beklagten vollständig zurücktritt, bedarf keiner Entscheidung. B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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