Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 31.10.2006
Aktenzeichen: 4 U 612/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, WEG


Vorschriften:

ZPO § 445 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Ziff. 1
BGB § 164 Abs. 1
BGB § 164 Abs. 1 Satz 1
BGB § 164 Abs. 1 Satz 2
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt.
WEG § 27
Ein Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann beim Abschluss von Versorgungsverträgen mit Energielieferern auch in eigenem Namen handeln. Ist im Wortlaut der Vertragserklärungen kein Anhaltspunkt für ein Vertreterhandeln zu erkennen, so lässt sich ein Handeln im Namen der Wohnungseigentümer nicht lediglich aus der Interessenlage der Vertragsparteien herleiten.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

4 U 612/05

Verkündet am 31.10.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler sowie die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 8.9.2005 - 3 O 456/03 - abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Streitverkündeten, die dieser zur Last fallen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 37.955,19 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung des vertraglichen Entgeltes für die Lieferung von Gas, Strom und Wasser in Anspruch.

Die Wohnungseigentumsanlage <Adresse> wurde von der in Insolvenz geratenen Firma K. P. C. GmbH (im Folgenden: KPC) als Bauträger errichtet, die zugleich die erste Eigentümerin der Anlage war. Die KPC beantragte bei den SW, der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: SW), den Bezug von Gas (Antragsformular GA I Bl. 22). Nach Fertigstellung der Anlage wurde Wohnungseigentum gebildet. Die K. W. GmbH, die Streitverkündete, wurde in der Teilungserklärung als Verwalterin bestellt und mit der außergerichtlichen Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt. Im Jahr 1995 übersandten die SW der Streitverkündeten neue Antragsformulare auf Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, die von der Streitverkündeten ausgefüllt wurden. Auf die Anlagen K 3 zur Klageschrift wird Bezug genommen.

Bis ins Jahr 2000 belieferten die SW die Wohnungseigentumsanlage mit Energie und Wasser. Die entsprechenden Abschlagszahlungen wurden jeweils von der Streitverkündeten beglichen. Im Jahr 2001 geriet die K. Konzerngruppe in finanzielle Schwierigkeiten. Die Rechnungen der SW für den Versorgungszeitraum 1.1.2001 bis zum 15.6.2001 stehen bis heute offen; die Salden der als Anlage K 4 vorgelegten Rechnungen bilden den Gegenstand der Klage.

Die Klägerin vertrat vorprozessual zunächst die Auffassung, die Streitverkündete sei in eigener Person zur Zahlung verpflichtet, und beantragte beim Amtsgericht Saarbrücken die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Streitverkündeten. In einem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ablehnenden Beschluss vom 15.11.2001 (Anlage K 6) vertrat das Amtsgericht die Auffassung, dass die Streitverkündete die Versorgungsverträge im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen habe. Den SW sei bekannt gewesen, dass die Streitverkündete als Wohnungseigentumsverwalterin tätig sei. Da die Streitverkündete den SW regelmäßig Mieter und Eigentümer der Wohnungen angemeldet und ihr eine Liste der Zählerstände und Zählernummern unter Angaben der Bewohner gemeldet habe, sei nicht davon auszugehen, dass die SW der Meinung gewesen sei, die Streitverkündete sei selbst Bezieher von Strom, Gas und Wasser und wolle sich auch selbst zur Zahlung verpflichten. Naturgemäß gehe das Interesse dahin, die tatsächlichen Wohnungsinhaber und Verbraucher als Schuldner zu haben.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat sich die Klägerin dieser Rechtsauffassung angeschlossen.

Die Streitverkündete hat behauptet, den schriftlichen Anträgen seien mehrere fernmündliche Gespräche vorausgegangen, in denen der Geschäftsführer der Streitverkündeten, der Zeuge K., dem zuständigen Sachbearbeiter mitgeteilt habe, dass es sich bei der Streitverkündeten um eine Wohnungsverwaltungsgesellschaft handele, die im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft Versorgungsverträge abschließen wolle. Der ursprüngliche Vertrag mit der Bauträgergesellschaft sei gekündigt worden. Auf dieser Grundlage seien der Streitverkündeten dann die Anträge postalisch zugesandt worden. Unstreitig wurden diese Anträge von der Streitverkündeten ausgefüllt und an die SW zurückgesandt.

Die Klägerin und die Streitverkündete haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 37.195,19 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.7.2001 zu zahlen.

Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Auffassung vertreten, Vertragspartner der SW für die Versorgung der Wohnungseigentumsanlage sei nicht sie selbst, sondern die Streitverkündete gewesen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Berufung wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und vertritt die Auffassung, das Landgericht sei unter Verstoß gegen anerkannte Auslegungsregeln zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte beim Abschluss der entsprechenden Versorgungsverträge von der Streitverkündeten vertreten worden sei. Soweit das Landgericht einen Erfahrungssatz herangezogen habe, wonach es der Üblichkeit entspreche, dass die Wohnungseigentümer unmittelbare Vertragspartner des jeweiligen Versorgungsunternehmen seien, tritt die Berufung der Rechtsauffassung des Landgerichts entgegen. Schließlich wendet sich die Berufung gegen die Würdigung der Aussage des Geschäftsführers der Streitverkündeten.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 8.9.2005 - 3 O 456/03 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und die Streitverkündete beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Streitverkündete und die Klägerin verteidigen die angefochtene Entscheidung. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 3.1.2006 (GA I Bl. 230 ff.), die Berufungserwiderung vom 13.3.2006 (GA I Bl. 248 ff.), die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Streitverkündeten vom 30.1.2006 (GA I Bl. 239 ff.) und 13.6.2006 (GA II Bl. 264 ff.), den Schriftsatz der Klägervertreter vom 23.6.2006 (GA II Bl. 23.6.2006) sowie auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 14.6.2006 (GA II Bl. 275 ff.) Bezug genommen. Der Senat hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 4.7.2006 (GA II Bl. 293 f.) durch Vernehmung des Zeugen K. Beweis erhoben. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 16.5.2006 (GA II Bl. 255 ff.) und 10.10.2006 (GA II Bl. 307 ff.) wird verwiesen.

II.

A. Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Entgelts für die Energie und Wasserlieferung weder aus der vertraglichen Grundlage (1.) noch aus bereicherungsrechtlichen Haftungsgrundsätzen (2.) zu.

1. Die streitgegenständlichen Versorgungsverträge wurden von der KPC beziehungsweise der Streitverkündeten als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen. Die Vertretungsmacht der Verwalterin, Willenserklärungen mit Wirkung für die Wohnungseigentümer abzugeben, steht außer Streit. Dennoch wurden die Wohnungseigentümer nur dann Vertragspartner der Klägerin, wenn die Streitverkündete gem. § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB bei ihrem rechtsgeschäftlichen Handeln im Namen der Beklagten auftrat. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht geführt. Mit Erfolg rügt die Berufung, dass das Landgericht bei der Würdigung der Aussage des Geschäftsführers der Streitverkündeten ein zu geringes Beweismaß zugrunde gelegt hat (§ 286 Abs. 1, § 513 Abs. 1, § 529 Abs. 2 ZPO). Nach anerkannten Grundsätzen muss die Klägerin den Nachteil aus der Nichterweislichkeit des Vertreterhandelns tragen, da sie es ist, die aus der Stellvertretung Rechte herleiten will.

a) Zunächst steht außer Streit, dass der ursprüngliche Bezug von Gas und Elektrizität auf einer vertraglichen Grundlage erfolgte, die die KPC in eigener Rechtsperson verpflichtete. Der Wortlaut des Antrags (Bl. 22 d. A.) lässt keinen erkennbaren Auslegungsspielraum. Mangels rechtlicher Existenz der Wohnungseigentümergemeinschaft kommt zum damaligen Zeitpunkt ein anderes Rechtssubjekt als Vertragspartner der Versorgungsverträge nicht in Betracht.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auch im Wortlaut der Antragsformulare vom 9.1. bzw. 20.4.1995 (Anlage K 3 zur Klageschrift) kein Auslegungsspielraum zu erkennen: An der Stelle, an der der Name des Kunden einzutragen ist, erscheint der Name der Streitverkündeten. Demgegenüber ist die Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich mit einer korrespondierenden Abnehmernummer als Verbrauchsstelle genannt. Die Unterschriftszeile trägt den Namen der Streitverkündeten ohne Zusatz, der auf eine Stellvertretung hindeutet. Diese Gestaltung erlaubt aus Sicht der Erklärungsempfängerin nur den Schluss, dass sich die Streitverkündete in eigener Rechtsperson verpflichten wollte.

c) Eine wirksame Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht durch die Aussage des Zeugen K. bewiesen, da die Glaubwürdigkeit dieser Aussage zur Überzeugung des Senats nicht mit einer allen vernünftigen Zweifeln Einhalt gebietenden Sicherheit feststeht.

aa) Der Geschäftsführer der Streitverkündeten ist als Zeuge, nicht als Partei vernommen worden, nachdem er die Frage nach seinen persönlichen Beziehungen zu den Parteien des Rechtsstreits verneinte. Letztlich kann die Frage offen bleiben, ob der Zeuge zum Zeitpunkt seiner Vernehmung noch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war (GA I Bl. 169): Auch die Voraussetzungen einer Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO lagen vor. Mithin steht einer Verwertung der Aussage die unentschiedene Partei- oder Zeugenstellung nicht entgegen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 373 Rdnr. 7).

bb) Der Zeuge K. hat bekundet, die Firma KPC habe die Versorungsverträge mit den SW abgeschlossen. Dies sei jedoch mit der Maßgabe geschehen, dass die betreffenden Verträge ab Übergabe der Eigentumswohnungen an den ersten Erwerber auf die Beklagte übergehen sollten. All dies sei von dem Zeugen persönlich mit den SW erörtert worden. Sodann habe anlässlich der Übergabe der Eigentumswohnungen an die Erwerber eine weitere Besprechung stattgefunden, in der der Klägerin mitgeteilt worden sei, dass die Adressatin der weiteren Rechnungen die Beklagte sei, die durch die Streitverkündete vertreten werde. Die Frage, mit welchen Personen der Zeuge die entsprechenden Telefonate geführt habe, vermochte der Zeuge nicht genau zu beantworten. Er hat sich lediglich daran erinnert, mit dem Leiter der Technikabteilung gesprochen zu haben, dessen Namen ihm nicht erinnerlich sei. Die Glaubhaftigkeit dieser Aussage steht nicht außer Zweifel.

aaa) Die Zweifel resultieren zunächst daraus, dass der Zeuge zu den Begleitumständen der von ihm geschilderten Gespräche mit den SW nur detailarm berichtet hat. So ist der Zeuge nicht in der Lage gewesen, Ort und Zeit der Gesprächssituation wiederzugeben oder gar seinen jeweiligen Gesprächspartner individualisierbar zu benennen. Stattdessen hat der Zeuge die Beweisfrage auf einem hohen Abstraktionsniveau beantwortet: Nicht der Verlauf der Gespräche, sondern das Ergebnis und die Bewertung aus Sicht des Zeugen haben im Vordergrund der Aussage gestanden ("Dies geschah mit der Maßgabe, dass die betreffenden Verträge ab Übergabe der Eigentumswohnung auf den ersten Erwerber auf die WEG übergehen"). So ist es dem Zeugen während seiner gesamten Vernehmung nicht gelungen, die Gesprächssituation durch die Schilderung von Details zum Rahmengeschehen plastisch darzustellen. Vielmehr ist der Zeuge zielgenau auf das eigentliche Beweisthema zugesteuert und hat Tatsachen geschildert, deren rechtliche Bewertung eine eigene Haftung der Streitverkündeten ausschließt.

bbb) Darüber hinaus steht die Aussage des Zeugen im Widerspruch zu den als Anlage K 3 vorgelegten Anträgen auf Strom- und Gasbezug. Auf den insgesamt neun Antragsformularen, die von der Streitverkündeten am 9.1.1995 und 20.4.1995 ausgefüllt wurden, ist der Name des Kunden mit "K. W. GmbH" genannt. Es ist nicht plausibel, wieso kein einziges Antragsformular den Vertretungszusatz aufweist. Gerade weil der Zeuge nach seiner Schilderung die Vertretungsfrage in zwei Telefonaten problematisiert haben will und bereits in der Bauphase angekündigt habe, dass nicht die Streitverkündete, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft der KPC als Vertragspartnerin nachfolgen solle, hätte es nahe gelegen, diesen Vertragswillen durch eindeutige Zusätze auf den Antragsformularen zu verdeutlichen. Der Versuch des Zeugen, den Beweiswert dieses Unterlassens mit dem Hinweis auf ein Büroversehen zu bagatellisieren ("Dies war seinerzeit ein Lapsus in unserem Büro"), vermag nicht zu überzeugen.

ccc) Überdies ist es nicht plausibel, weshalb der Zeuge überhaupt Veranlassung sah, in zwei Gesprächen Vertragserklärungen zur Rechtsperson der Kunden abzugeben. Denn der Zeuge war sich ausweislich seiner Aussage offensichtlich darüber im Klaren, dass die mündliche Absprache eine schriftliche Fixierung der Antragstellung nicht entbehrlich machen konnte. Nach der Geschäftspraxis der Klägerin kommen Versorgungsverträge durch Annahme eines von der Klägerin entworfenen und vom Kunden auszufüllenden Antragsformulars zu Stande. Angesichts des im Geschäftsbereich der Klägerin geltenden Abschluss- und Kontrahierungszwangs hätte die Streitverkündete die gewünschte Umstellung der Versorgungsverträge auch ohne telefonische Absprache durch die schlichte Stellung eines entsprechenden Antrags herbeiführen können. Die Kenntnis von diesem formalisierten Vertragsschluss zieht nicht nur die Glaubhaftigkeit der Aussage zu den Gesprächen auf der Ebene des Tatsächlichen in Zweifel. Selbst wenn die mündlichen Gespräche stattfanden, erscheint es zweifelhaft, ob der Zeuge auf die Rechtsverbindlichkeit dieser Gespräche vertrauen durfte: Wird der Vertragsschluss durch ein formales Verfahren standardisiert, so kann der Rechtsverkehr, der dieses Verfahren kennt, im Regelfall nicht darauf vertrauen, auch ohne Einhaltung des formalen Weges eine rechtsverbindliche Absprache herbeizuführen.

ddd) Schließlich darf bei der vollständigen Würdigung der Beweise nicht außer Acht gelassen werden, dass keine einzige der im Rechtsstreit vorgelegten Rechnungen an die Beklagte adressiert wurde. Alle in der Anlage K 4 vorgelegten Rechnungen vom 15.6.2001 weisen die Streitverkündete als Adressatin aus. Auch in diesen Rechnungen erscheint die Beklagte lediglich als Verbrauchsstelle. Diese Rechnungsstellung steht mit der Aussage des Zeugen K. nicht in Einklang, der bekundet hat, mit der Klägerin sei besprochen worden, dass künftig die Beklagte Adressatin der Rechnungen sein solle.

d) Der erforderliche Erklärungsgehalt für ein Handeln in Stellvertretung der Beklagten wird auch nicht i.S. des § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB durch die weiteren Umstände der Vertragserklärungen belegt.

aa) Es kann dahinstehen, ob es der Üblichkeit entspricht, dass die Wohnungseigentümer und nicht der Verwalter Vertragspartner der jeweiligen Versorgungsunternehmen seien. Die Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs helfen im vorliegenden Fall nicht weiter: Selbst wenn Verwalter üblicherweise im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft auftreten, steht dieser Erfahrungssatz der Lebenswirklichkeit nicht entgegen, dass der Verwalter gleichwohl in geeigneten Fällen durchaus in eigenem Namen handeln kann.

bb) Ebensowenig lässt sich der gem. § 164 Abs. 1 BGB erforderliche Nachweis des Handelns im Namen des Vertretenen daraus herleiten, dass der Verwalter in den Fällen des § 27 WEG gesetzlicher Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, weshalb es gerechtfertigt erscheinen mag, dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage eine organschaftliche Stellung zuzuordnen. Denn die Wirkungen der Stellvertretung treten nur dann ein, wenn der Verwalter in offener Stellvertretung für die WE-Gemeinschaft handelt. Es ist auch einem Verwalter unbenommen, Verträge in eigenem Namen abzuschließen und sich selbst zu verpflichten (Weitnauer/W. Lüke, WEG, § 27 Rdnr. 10; Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 27 Rdnr. 62). Aus denselben Erwägungen steht das Handeln im Namen der Wohnungseigentümer nicht bereits deshalb fest, weil die Teilungserklärung die Befugnis der Verwalterin, als Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft Lieferverträge abzuschließen, ausdrücklich regelt. Dieser Umstand darf bei der Auslegung der Vertragserklärungen bereits deshalb keine Berücksichtigung finden, weil nicht bewiesen ist, dass die Klägerin Kenntnis vom Inhalt der Teilungserklärung besaß. Die Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage wurden aufgezeigt.

cc) Auch die Erwägungen der Beklagten, was gelten müsse, wenn die Versorgungsverträge nicht - wie geschehen - auf der Grundlage der schriftlichen Antragstellung, sondern durch faktischen Bezug der Leistungen gewissermaßen konkludent zustandegekommen wären, helfen nicht weiter: Der Senat ist nicht gehalten, hypothetische Sachverhalte zu bewerten. Im vorliegenden Sachverhalt führt kein Weg daran vorbei, dass die Vertragserklärung der Streitverkündeten eine schriftliche Manifestation erfahren hat, deren Wortlaut den Ausgangspunkt und die Grundlage der Auslegung bilden muss.

dd) Entgegen der Rechtsauffassung der Berufung steht das hier vertretene Rechtsverständnis mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Einklang. In der von der Klägerin zitierten Entscheidung (Urt. v. 8.1.2004 - VII ZR 12/03, NJW-RR 2004, 559) hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass die Vergabe von Bauleistungen durch den Hausverwalter in der Regel für den Eigentümer vorgenommen wird, sofern sich aus den Umständen nichts anderes ergibt und dem Auftragnehmer der Werkleistung die Eigenschaft als Hausverwalter offen gelegt wird.

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob diese Rechtsgrundsätze auf den Abschluss von Versorgungsverträgen der vorliegenden Art ohne weiteres übertragen werden können. Soweit der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung die eigene Vertragsstellung der Eigentümer daraus hergeleitet hat, dass es dem wohlverstandenen Interesse der Wohnungseigentümer entspricht, originäre Gewährleistungsgegenansprüche gegenüber dem Unternehmer zu erwerben, so steht dieser Aspekt beim Bezug von Energie und Wasser nicht im Vordergrund. In jedem Falle sind im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt Umstände nachgewiesen, die ein Eigenhandeln nahelegen:

Die klare schriftliche Vertragsgrundlage, deren Wortlaut keinen Zweifel an der Vertragsstellung lässt, kann nicht leichthin mit Erwägungen zur Interessenlage überwunden werden. Insbesondere vermag die von der Klägerin und der Streitverkündeten vorgetragene Wertung nicht zu überzeugen, dass eine Wohnungsverwaltung kein ernsthaftes, nachvollziehbares Interesse daran haben kann, das Insolvenzrisiko für 90 Wohnungseinheiten zu übernehmen. Das beschriebene Risiko ist gerade bei großen Wohnungseinheiten durchaus kalkulierbar: Zum einen wird das für den Bezug der Leistungen geschuldete Entgelt sukzessive durch korrespondierende Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer abgedeckt. Zum anderen widerspricht es der Lebenserfahrung, dass sich das Risiko der Insolvenz zeitgleich bei einer Vielzahl der Wohnungseigentümer realisiert. Aus Sicht der Beklagten lässt sich die Argumentation durchaus umkehren: Nach der von der Klägerin favorisierten Auslegung müssen die Eigentümer das Risiko tragen, dass die Hausverwaltung die ihr anvertrauten Vorauszahlungen bestimmungsgemäß verwendet. Dieses Risiko kann der einzelne Wohnungseigentümer nicht auf viele Schultern verteilen; er muss es im Regelfall alleine tragen. Angesichts der fehlenden Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft als solcher und der damit verbundenen Unwägbarkeiten bei der Rechtsverfolgung kann die vertragliche Bindung eines - solventen - Verwalters durchaus im wohlverstandenen Interesse des Versorgungsunternehmens liegen.

Darüber hinaus darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die den Klageanspruch definierenden Versorgungsverträge nicht die Erstbelieferung der Wohnungseigentumsanlage sicherstellten. Vielmehr ist die Streitverkündete an die Stelle einer Gesellschaft getreten, deren Geschäftsführer ebenfalls der Zeuge K. war. Aus Sicht der Klägerin konnte sich aus dem Wortlaut der Antragsformulare nicht erschließen, dass an Stelle der KPC-GmbH die Streitverkündete als WEG-Verwalterin auftreten wollte. Aus der Firmierung der Streitverkündeten war nicht zu ersehen, ob sie in ihrer Eigenschaft als WEG-Verwalterin aufgetreten ist. Die Firmierung kann ebensogut ein Wohnungsbauunternehmen repräsentieren.

ee) Letztlich wurde das hier vertretene Verständnis von der Vertragsstellung der Streitverkündeten in der Vergangenheit auch von der Klägerin selbst geteilt. Denn es lag der Insolvenzantragstellung über das Vermögen der Streitverkündeten zugrunde. Wenngleich die Stellung des Insolvenzantrags auch dem Zweck gedient haben mag, Druck zur Begleichung der offenstehenden Rechnungen aufzubauen (GA II Bl. 278), wird die Klägerin vernünftigerweise nicht vortragen wollen, den Insolvenzantrag wider besseres Wissen im vollen Bewusstsein gestellt zu haben, dass die angemeldeten Ansprüche nicht rechtsbeständig waren. Darüber hinaus steht die Insolvenzantragstellung nicht allein: Nach dem unbestrittenen Sachvortrag der Beklagten (GA I Bl. 20) wurden die Versorgungsverträge nach dem Auftreten der Zahlungsrückstände auf der Grundlage einer am 15.6.2001 erfolgten Ablesung der Zählerstände auf die Beklagte umgeschrieben. Auch hierfür hätte kein Anlass bestanden, wenn die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt die Auffassung vertreten hätte, dass die Beklagte bereits Vertragspartnerin gewesen sei.

Soweit das Amtsgericht Saarbrücken in seinem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ablehnenden Beschluss eine abweichende Auffassung zur subjektiven Vorstellung der Klägerin vertreten hat, beruht die Rechtsauffassung des Amtsgerichts auf einer im vorliegenden Rechtsstreit nicht nachgewiesenen Tatsachengrundlage: Im vorliegenden Rechtsstreit wird nicht vorgetragen, dass die Streitverkündete der Klägerin regelmäßig Mieter und Eigentümer der Wohnungen sowie eine Liste der Zählerstände und Zählernummern unter Angabe der Namen der Bewohner gemeldet habe. Aus den streitgegenständlichen Rechnungen ist nicht zu ersehen, dass die ermittelten Zählerstände einzelnen Eigentümern zugeordnet sind. Die Rechnungen beziehen sich auf Zähler, die offensichtlich alle in den jeweiligen Häusern vorhandenen Wohnungseinheiten erfassen. Weder sind die Eigentümer der in den jeweiligen Hausadressen errichteten Wohnungseinheiten genannt, noch werden die Zählerstände einzelnen Eigentümern zugewiesen.

2. Außervertragliche Ansprüche bestehen nicht: Da der Klägerin vorrangige vertragliche Ansprüche gegen die Streitverkündete zustehen, ist der Weg über den Bereicherungsausgleich versperrt: Die Klägerin hat gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB nicht ohne Rechtsgrund an die Beklagte geleistet, sondern auf der vertraglichen Grundlage der Versorgungsverträge eine Leistung gegenüber der Streitverkündenten erbracht. Der Vorrang der Leistungsbeziehung schließt Bereicherungsansprüche unter dem Aspekt der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB) gegenüber der Beklagten aus.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Im Vordergrund steht die einzelfallbezogene Vertragsauslegung; die Entscheidung weist nicht über den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hinaus.

Ende der Entscheidung

Zurück