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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 4 U 644/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 511
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 529 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 254
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 670
BGB § 677
BGB § 683 Satz 1
BGB § 840
BGB § 842
BGB § 847
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

4 U 644/03

Verkündet am 20.7.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Brach als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht Göler und Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Oktober 2003 - AZ: 1 O 369/01 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.766,52 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 22.9.1999 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 1/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner 2/3.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Gegenstand der Klage ist ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld (mindestens jedoch 3.000,- DM) sowie ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 11.984,60 DM wegen der Folgen eines vom Kläger behaupteten Sturzes am 19.11.1998 gegen 8.30 Uhr auf der trotz Schneeglätte nicht geräumten oder gestreuten ~straße in <Ortsbezeichung>. Ein Teil dieser Straße (nämlich die Parzelle Nummer, vgl. hierzu die Planskizze Bl. 13 d.A.), auf der sich der Sturz nach der Behauptung des Klägers ereignete, steht im Eigentum der Beklagten. Vor dieser Parzelle befindet sich - von der Hauptstraße her gesehen - folgendes Schild: "Privatgrundstück, Parken verboten, Betreten und Befahren auf eigene Gefahr" (vgl. das Foto Bl. 96 d.A.).

Durch notariellen Vertrag vom 19.06.1992 mit den Eheleuten P. K. (Ur.Nr., Bl. 90 ff d.A.) bestellten die Beklagten den jeweiligen Eigentümern der an die ~straße angrenzenden Parzelle das Recht, über die Parzelle Nr. zu gehen und mit Fahrzeugen aller Art zu befahren (Bl. 91 d.A.). Die notarielle Urkunde enthält ferner die schuldrechtliche Vereinbarung der Übernahme der Verkehrssicherungs- und Straßenreinigungspflicht zu Lasten des jeweiligen Eigentümers der herrschenden Parzelle Nr. (Bl. 92 d.A.). Diese Parzelle (Nr.) wurde später von der Tochter des Klägers (J. R.- N.) ersteigert und von ihr an die Eheleute K. weiterveräußert.

Der Kläger hat behauptet, bei dem Sturz ein Schädelhirntrauma 1./2. Grades sowie eine HWS- und LWS-Zerrung erlitten zu haben und auf Grund dieser Verletzungen vom 19.11.1998 bis zum 11.01.1999 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen zu sein. Er habe von der Firma GmbH ein Bruttoentgelt von 5.000,- DM bezogen, das ihm während der Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt worden sei. Die Firma GmbH habe den ihr durch die Lohnfortzahlung entstandenen Schaden an den Kläger abgetreten. Außerdem sei bei dem Sturz seine Brille zerstört worden. Der ihm entstandene Sachschaden belaufe sich auf insgesamt 11.984,60 DM (10.500,- DM abgetretene Lohnfortzahlungskosten + 1.434,60 DM Kosten der Ersatzbrille + 50,- DM allgemeine Kosten).

Die Beklagten haben den behaupteten Schadenshergang sowie den geltend gemachten Schaden bestritten. Sie haben sich ferner auf die Übertragung der Verkehrssicherungs- und Straßenreinigungspflicht zu Lasten des jeweiligen Eigentümers der herrschenden Parzelle Nr. im notariellen Vertrag vom 19.06.1992 berufen.

Das Landgericht hat die Ermittlungsakten 3 Js 1495/99 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken beigezogen, den Kläger informatorisch angehört und mehrere Zeugen vernommen (Bl. 118 ff, 136, 151, 153, 193, 217 d.A.). Es hat sodann durch das am 02.10.2003 verkündete Urteil - Az. 1 O 369/01 - die Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen als Gesamtschuldner zur Zahlung von 5.649,78 € nebst Zinsen verurteilt (= 2.000,- DM Schmerzensgeld + 9.000,- DM Lohnentgang + 50,- DM allgemeine Kosten). Es hat nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme als bewiesen angesehen, dass der Kläger auf der den Beklagten gehörenden und nicht von Schnee geräumten Weg-Parzelle zu Fall gekommen sei (Bl. 225 d.A.). Trotz der Übertragung der Streupflicht auf die Eigentümer der Parzelle seien die Beklagten verkehrssicherungspflichtig gewesen, weil diese Übertragung nur schuldrechtliche Wirkung gehabt und die nachfolgenden Eigentümer nicht verpflichtet habe (Bl. 227 d.A.). Die Verkehrssicherungspflicht sei auch durch das aufgestellte Schild ("Privatgrundstück, Parken verboten, Betreten und Befahren auf eigene Gefahr") nicht berührt worden. Das Schild habe sich nur gegen unbefugte Benutzer gerichtet. Der Kläger sei jedoch befugter Benutzer gewesen (Bl. 227 d.A.). Der Höhe nach belaufe sich der dem Kläger entstandene Schaden einschließlich des Schmerzensgeldes allerdings nur auf 5.649,78 €.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie die völlige Abweisung der Klage erstreben. Sie beanstanden die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Unfallhergang (Bl. 263 d.A.). Sie sind der Ansicht, dass die Streupflicht auf Grund der notariellen Vereinbarung vom 19.09.2002 auf die jetzigen Eigentümer übergegangen sei (Bl. 264 d.A.). Außerdem habe das angebrachte Schild zu einem Haftungsausschluss geführt (Bl. 263 d.A.). In jedem Falle aber treffe den Kläger ein erhebliches und sogar überwiegendes Mitverschulden (Bl. 264 d.A.). Ferner beanstanden sie die Höhe des zuerkannten Schadens sowie des Schmerzensgeldes (Bl. 265 d.A.).

Die Beklagten beantragen (Bl. 262, 285 d.A.),

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt (Bl. 269, 285 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil (Bl. 277 ff d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das angefochtene Urteil Bezug genommen.

B.

Die gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 Abs. 1, §§ 840, 842, 847 BGB (in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) Ansprüche auf Erstattung seiner materiellen und immateriellen Schäden zu. Allerdings sind die Ansprüche wegen Mitverschuldens des Klägers um ein Drittel zu kürzen.

I. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt auf der den Beklagten gehörenden Parzelle Nr. auf schneeglattem, nicht geräumtem Grund zu Fall gekommen ist.

Das Berufungsgericht ist gem. § 529 Abs. 1 ZPO an die tatrichterlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden, solange nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder die tatrichterlichen Feststellungen verfahrensfehlerhaft getroffen wurden (§ 529 Abs. 2 ZPO).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Landgericht hat seine Überzeugung entscheidend auf die Bekundungen des Zeugen M. gestützt. Dieser Zeuge hat bekundet, er sei dem Kläger kurz vor dem Sturz in einem Abstand von etwa 3 bis 6 Metern gefolgt und habe den Sturz vor der Haustür der Eheleute K. im Bereich der Parzelle Nr. gesehen. Der Zeuge habe den Hergang sachlich, ohne sichtbare Belastungs- oder Begünstigungstendenz wiedergegeben; ein eigenes Interesse des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits sei nicht erkennbar gewesen.

Diese Feststellungen halten den Angriffen der Berufung stand. Insbesondere können die Beklagten daraus, dass das Landgericht Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin R. gehegt hat und der Aussage der Zeugin K2 aufgrund ihres entfernteren Standortes zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens kein entscheidendes Gewicht für die Beantwortung der Beweisfrage beigemessen hat, gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen M. nichts herleiten.

II. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Streupflicht der Beklagten für gegeben erachtet.

1. Entgegen der Auffassung der Berufung ist die Verkehrssicherungspflicht nicht durch den notariellen Vertrag vom 19.9.1992 auf den jetzigen Eigentümer der Parzelle Nr. übergegangen.

Die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf die Eheleute K. in der notariellen Urkunde vom 19.06.1992 (Bl. 90 ff, 92 d.A.) hatte nur schuldrechtliche Wirkung zwischen den Parteien dieser Vereinbarung. Die Bewilligung und Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit ist im Grundbuch nicht erfolgt, wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat (Bl. 99 d.A.). Folglich ist die Verkehrssicherungspflicht nicht als Dienstbarkeit auf die späteren Eigentümer des Grundstücks übergegangen. Eine schuldrechtliche Übertragung auf die späteren Eigentümer haben die Beklagten nicht behauptet.

Im Übrigen würde eine schuldrechtliche Übertragung der Verkehrssicherungspflicht den Eigentümer nicht völlig entlasten, da er zur regelmäßigen Kontrolle und Überwachung verpflichtet bleibt (OLG Stuttgart, OLGR 2000, 260). Ob die Beklagten dieser Verpflichtung nachgekommen sind, ist nicht dargelegt worden. Hierauf kommt es aus den dargelegten Gründen auch nicht an.

2. Der Senat folgt dem Landgericht ferner darin, dass die Verkehrssicherungspflicht durch das angebrachte Schild "Privatgrundstück, Parken verboten, Betreten und Befahren auf eigene Gefahr" (Bl. 96 d.A.) nicht berührt worden ist.

Unstreitig haben die Beklagten jedenfalls den jeweiligen Eigentümern der Parzelle Nr. das Recht der Benutzung des Weges eingeräumt. Das schließt die Benutzung durch Mitbewohner und Besucher dieser Parzelle ein. Der Kläger war auch auf dem Weg zu diesem Anwesen, als er gestürzt ist und sich verletzt hat.

Darüber hinaus haben die Beklagten selbst nicht behauptet, sonstigen Personen die Benutzung des Privatweges untersagt zu haben. Das Gegenteil ergibt sich aus dem Text des angebrachten Schildes, wonach nur das Parken, nicht jedoch das Betreten und Befahren des Privatweges verboten war. Die Zulassung aber und selbst die bloße Duldung des öffentlichen Verkehrs auf einem Privatweg verpflichten den Eigentümer grundsätzlich zur Ergreifung der notwendigen Verkehrssicherungsmaßnahmen (OLG Oldenburg, NJW 1989, 305 [306]; OLG Brandenburg, VersR 1996, 478 [479]).

3. Rechtsfehlerfrei sind die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass zum Zeitpunkt des Sturzes (morgens nach 08.00 Uhr) hätte gestreut sein können und müssen (Bl. 228 d.A.). Hiergegen enthält die Berufungsbegründung keine Einwendungen.

III. Allerdings trifft den Kläger ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens:

1. Wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, hängt die Verpflichtung zum Schadenersatz sowie der Umfang des zuleistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 254 Abs. 1 BGB. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kommt ein Mitverschulden immer dann in Betracht, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung hätte rechtzeitig erkennen können und er die Möglichkeit besaß, sich auf die Gefahr einzustellen (MünchKommBGB/Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdnr. 46.) Die Vorschrift des § 254 BGB begründet keine Einrede, sondern eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung (BGH, NJW 1991, 166 [167 li. Sp.]; MünchKommBGB/Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdnr. 143 m.w.N. in Fußnote 501). Es ist deshalb ohne Bedeutung, dass sich die Beklagten in der ersten Instanz nicht auf ein Mitverschulden berufen haben. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich aus dem Sachvortrag ein solches ergibt. Dies war der Fall:

2. Der Privatweg war im Unfallzeitpunkt - für den Kläger erkennbar - weder geräumt noch gestreut. Außerdem befand sich am Beginn des Privatweges das Hinweisschild "Privatgrundstück, Parken verboten, Betreten und Befahren auf eigene Gefahr". Zwar entband dies den Verkehrssicherungspflichtigen jedenfalls insoweit nicht wirksam von seiner winterlichen Streu- und Räumpflicht, als es um die Anlieger des Privatweges sowie deren Besucher geht. Das Hinweisschild hätte jedoch für den Kläger Veranlassung zu besonderer Vorsicht sein müssen. Dem hätte der Kläger durch eine den winterlichen Verhältnissen angepasste Gehweise (insbesondere kleine Schritte sowie langsames und vorsichtiges Gehen) Rechnung tragen können. Wie das Verhalten des Zeugen M. zeigt, der im Unfallzeitpunkt wenige Meter hinter dem Kläger hergegangen ist und der den Weg unfallfrei zurückgelegt hat, hätte auch der Kläger bei entsprechender Vorsicht den Unfall vermeiden können. Insbesondere lässt der Vortrag des Klägers, er habe aufgrund eines vorhandenen Schotterbelags darauf vertrauen dürfen, nicht zu Fall zu kommen, den Mitverschuldensvorwurf nicht entfallen. Denn auch ein Schotterbelag bietet bei Schneeglätte keine sichere Gewähr für die Trittsicherheit des Untergrundes. Dies gilt in verstärktem Maße jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall geschehen - die Dicke der Schneeschicht eine genaue Einsicht des darunter liegenden Straßenbelags unmöglich macht.

Der Senat ist der Auffassung, dass das Mitverschulden des Klägers bei der Abwägung der beiderseitigen Verursacher- und Verschuldensanteile mit 1/3 angemessen bewertet ist (zum Mitverschulden eines Fußgängers bei Benutzung eines erkennbar nicht oder nicht ausreichend gestreutem Weges vgl. auch OLG München, OLGR 1997, 113; OLG Hamm, OLGR 1999, 87; OLG Saarbrücken, Urt. vom 27.10.1999 [Az. 1 U 214/99]; OLG München, VersR 2003, 518).

IV. Zur Schadenshöhe:

1. Nicht angegriffen ist das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der zuerkannten Kostenpauschale von 50,- DM.

2. Das Schmerzensgeld hat das Landgericht in Höhe von 2.000,- DM als angemessen angesehen. Insoweit ist das Urteil zwar sehr knapp begründet (Bl. 231 d.A.). Jedoch erscheint der vom Landgericht angenommene Betrag angesichts des Umstandes, dass der Kläger über einen Zeitraum von fast zwei Monaten ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen musste und solche Schmerzen hatte, dass ihm über Wochen ein längeres Sitzen nicht möglich war (Bl.193 d.A.), nicht unangemessen hoch. Auch das Berufungsvorbringen enthält keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch. Allerdings war das Schmerzensgeld auf Grund des Mitverschuldens des Klägers entsprechend zu kürzen (vgl. hierzu nachfolgend unter Ziffer 4).

3. Auch hinsichtlich des zuerkannten Lohnentgangs hält die landgerichtliche Entscheidung den Angriffen der Berufung stand.

Der Kläger, der alleiniger Geschäftsführer der Firma GmbH - einer Ein-Mann-GmbH - ist, hat den ihm entstandenen Schaden zuletzt damit begründet, während seiner Arbeitsunfähigkeit vom 19.11.1998 bis zum 11.01.1999 Lohnzahlung erhalten zu haben. Die Firma GmbH habe den ihr insoweit zustehenden Schadenersatzanspruch an ihn abgetreten (Bl. 156 f, 197 d.A.; vgl. hierzu auch die Abtretungserklärung Bl. 208 d.A.). Das Landgericht hat die Beklagte gemäß §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB zur Zahlung von 9.000,- DM verurteilt (= 5.000,- DM : 30 Tage x 54 Tage, vgl. Bl. 230 d.A.). Ob diese Begründung trägt, kann letztlich dahinstehen. Denn der streitgegenständliche Anspruch steht - worauf das Landgericht in anderem Zusammenhang mit Recht hingewiesen hat - dem Kläger jedenfalls aus der deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlage des § 823 Abs. 1 BGB i. V. m § 842 BGB zu.

a) Zunächst steht es der Anerkennung eines Schadens nicht entgegen, dass der Kläger aufgrund der Lohnzahlung seines Arbeitgebers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise seiner eigenen Vermögensverhältnisse aufgrund der Arbeitsunfähigkeit keine Einbuße erlitten hat.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist der geschäftsführende Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft berechtigt, die im Wege der Lohnfortzahlung erhaltenen Beträge gegenüber dem Schädiger geltend zu machen, wenn die Kapitalgesellschaft dem Alleingesellschafter das Gehalt während der Dauer seiner verletzungsbedingten Arbeitsunfähigkeit weiterzahlt (BGH, VersR 1967, 83 [84 li. Sp.]; 1971, 570 [571]; 1974, 335 [336 li. Sp.]; 1977, 1283; NJW 1992, 1410; Staudinger/Vieweg, BGB, 13. Aufl., § 842 Rdnr. 111; MünchKomm(BGB)/Wagner, 4. Aufl., § 842 Rdnr. 45; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 7. Auflage, Rdnr. 111). Denn der Schädiger soll durch die Lohnfortzahlung nicht entlastet werden. Demnach steht es der Anerkennung eines erstattungsfähigen Schadens nicht entgegen, wenn der Alleingesellschafter für die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit eine echte Tätigkeitsvergütung erhalten hat. Allerdings bedarf es der strengen Prüfung, ob die als Tätigkeitsvergütung bezeichneten Leistungen ein echtes Entgelt darstellen oder in Wahrheit eine Ausschüttung bzw. eine Entnahme verdecken sollen (BGH, VersR 1977, 863 [864 re. Sp.]).

bb) Angewandt auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt begegnet die Erstattungsfähigkeit der Lohnfortzahlung keinen Bedenken.

Das Landgericht hat es durch die Bekundungen des Zeugen Q. (Bl. 217 d.A.), des Steuerberaters der Firma GmbH, in Verbindung mit den vom Kläger vorgelegten Lohnabrechnungen (Bl. 66, 189 f d.A.) sowie den Jahresabschlussberichten für die Geschäftsjahre 1998 (Bl. 201 f d.A.) und 1999 (Bl. 204 f d.A.) als bewiesen angesehen, dass der Kläger - auch im Zeitraum November 1998 bis Januar 1999 - ein monatliches Gehalt von 5.000,- DM brutto erhalten hat. Diese Feststellungen lassen keine Rechtsfehler erkennen und werden mit der Berufung nicht angegriffen. Ergänzend ist auf den Arbeitsvertrag vom 02.01.1998 hinzuweisen (Bl. 176 f d.A.). Der Umstand, dass die Vergütung in Höhe eines für einen Geschäftsführer nicht überzogenen Betrages über einen längeren Zeitraum bezahlt wurde und steuerlich in voller Höhe als Arbeitslohn anerkannt wurde (vgl. Bl. 206 f d.A.), belegen, dass es sich um eine echte Vergütung für geleistete Arbeitstätigkeit gehandelt hat.

b) Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 13.12.1998 hinaus nicht bewiesen sei (Bl. 265 d.A.).

Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeit des Kläger ab dem 14.12.1998 zwar nur mit 40 % bewertet (Bl. 183 d.A.). In seiner Zeugenvernehmung vor dem Landgericht hat der Arzt jedoch ausgesagt, dass diese Bewertung ohne Rücksicht auf die konkret ausgeübte Tätigkeit erfolgt sei. Dem Kläger sei eine überwiegend sitzende Tätigkeit auch in der Folgezeit nicht möglich gewesen (Bl. 193 f d.A.). Es ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht von einer völligen Arbeitsunfähigkeit bis zum 11.01.1999 ausgegangen ist, nachdem die Beklagten den Vortrag des Klägers nicht bestritten haben, dass er seinen Außendiensttätigkeiten bis etwa Mitte Januar 1999 nicht habe nachkommen können, weil er nicht in seinem Fahrzeug habe sitzen können (Bl. 229 d.A.).

c) Der unfallbedingte Lohnentgang ist deshalb vom Landgericht zutreffend mit 9.000,- DM berechnet worden (= 5.000,- DM : 30 Tage x 54 Tage). Auch kann der Kläger Zahlung an sich selbst verlangen, da ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten, nicht an den Kläger, sondern an die Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist, zu leisten, nicht erkennbar ist (vgl. hierzu: BGH, NJW 1977, 1284; weitergehend: Hüffer, NJW 1977, 1285; vgl. auch Staudinger/Vieweg, aaO, § 842 Rdnr. 111). Darüber hinaus ist eine Leistung an die GmbH auch im Interesse der Gesellschaft nicht geboten, nachdem die Gesellschaft mit der Abtretung der ihr vermeintlich zustehenden eigenen Ansprüche konkludent ihren Willen zum Ausdruck brachte, die Empfangszuständigkeit hinsichtlich des zu leistenden Schadensersatzes beim Kläger zu belassen.

4. Der erstattungsfähige Gesamtschaden einschließlich des Schmerzensgeldes beläuft sich deshalb auf 11.050,- DM (2.000,- DM + 9.000,- DM + 50,- DM +), das sind 5.649,78 €. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers von 1/3 haben die Beklagten deshalb gesamtschuldnerisch 3.766,52 € zu zahlen.

V. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Berufungsstreitwert wird auf 5.649,78 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO (n.F.).

Ende der Entscheidung

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