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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.09.2004
Aktenzeichen: 4 W 232/04
Rechtsgebiete: GKG, BGB


Vorschriften:

GKG § 63 Abs. 3 S. 2
GKG § 68 Abs. 1 S. 3
GKG § 68 Abs. 2
GKG § 72 Nr. 1
BGB § 779 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

4 W 232/04

In Sachen

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Brach als Einzelrichter

am 06.09.2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Wert des Streitgegenstandes unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Saarbrücken vom 13.07.2004 (Az. 9 O 156/04) auf 9.008,- € festgesetzt.

Gründe:

I. Mit der Klage hat der Kläger die Beklagten als Miteigentümer eines Anwesens in P. auf Erteilung der Zustimmung zur Durchführung notwendiger Erhaltungs- bzw. Reparaturmaßnahmen sowie zur Beauftragung eines Fachunternehmens in Anspruch genommen. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) hat er bereits vor ihrer Zustellung wieder zurückgenommen. Im Termin vom 13.07.2004 haben der Kläger und die Beklagte zu 1) einen Vergleich geschlossen, in dem sie vereinbart haben, dass sich die Beklagte zu 1) zur Übertragung ihres Miteigentumsanteils an den Kläger zu einem Preis von 61.000,- € verpflichtet und der Kläger auf die Geltendmachung der mit der Klage verfolgten Ansprüche verzichtet (Bl. 83 d.A.). Den Wert des Streitgegenstandes hat das Landgericht durch Beschluss vom 13.07.2004 (Az. 9 O 156/04) hinsichtlich der Hauptsache auf 9.008,00 € und hinsichtlich des Vergleichsüberhangs auf 61.000,- € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die "auf Anweisung der hinter dem Kläger stehenden Rechtschutzversicherung" am 04.08.2004 vom Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegten Beschwerde, mit der gerügt wird, dass nach Ansicht des Rechtschutzversicherers ein Vergleichsüberhang nicht vorliege und für die Höhe des Streitwertes allein die mit der Klage verfolgten Ansprüche maßgeblich seien (Bl. 91 f d.A.).

Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 27.08.2004 nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der mitverglichene Anspruch auf Übertragung des Miteigentumsanteils bis zum Vergleichsabschluss dem Grunde und der Höhe nach streitig gewesen sei, wie sich aus den Schriftsätzen der Beklagten zu 1) vom 17.06.2004 und 02.07.2004 ergebe (97 ff d.A.).

Die Beklagte zu 1) hält den Streitwertbeschluss für zutreffend (Bl. 95 d.A.).

II. Die Beschwerde ist zulässig. Insoweit gelten die Vorschriften des GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05. Mai 2004, BGBl. I 717 ff, weil die Streitwertbeschwerde nach dem 01.07.2004 eingelegt worden ist, § 72 Nr. 1 GKG (n.F.). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt, da der Kläger wegen der seiner Ansicht nach zu hohen Festsetzung des Streitwertes beschwert ist, der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG) und die Beschwerde innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 3 GKG eingegangen ist. Obwohl die Beschwerde auf "Anweisung" der hinter dem Kläger stehenden Rechtsschutzversicherung eingelegt worden ist, ist davon auszugehen, dass es sich um eine Beschwerde des Klägers handelt, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat.

Die Beschwerde ist begründet. Maßgeblich für den Streitwert eines Vergleichs ist der Wert sämtlicher streitiger Ansprüche, die in den Vergleich einbezogen worden sind (OLG Frankfurt, JurBüro 1985, 1985; OLG Köln, JurBüro 1996, 476 [re. Sp.]; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 62. Auflage, Anhang § 3 Rdnr. 127; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Auflage, Rdnrn. 4572, 4586). Es kommt nicht allein auf die Beträge an, auf die sich die Parteien verglichen haben. Maßgeblich ist vielmehr, worüber sich die Parteien verglichen haben bzw. welcher Streit oder welche Ungewissheit der Parteien durch den Vergleich beigelegt worden ist, § 779 Abs. 1 BGB. Hiervon ist offenbar auch das Landgericht ausgegangen, das ausgeführt hat, dass der mitverglichene Anspruch (auf Übertragung des Miteigentumsanteils der Beklagten zu 1)) bis zum Vergleichsabschluss dem Grunde und der Höhe nach streitig gewesen sei (Bl. 100 d.A.).

Entgegen der Annahme des Landgerichts lag jedoch ein Streit bzw. eine Ungewissheit über den mitverglichenen Miteigentumsanteil nicht vor. Die Beklagte zu 1) war nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, ihren Miteigentumsanteil an den Kläger zu übertragen. Dies ist selbst vom Kläger nicht behauptet worden. Bei dem Anwesen handelt es sich um das Elternhaus des Klägers und der Beklagten zu 1), das im Rahmen der Erbauseinandersetzung auf die Parteien übertragen worden ist. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) hat sich der Kläger in der Vergangenheit zwar um Übertragung des Miteigentumsanteils an diesem Anwesen bemüht (Seite 8 des Schriftsatzes vom 17.06.2004 = Bl. 43 f d.A.). Eine Verpflichtung der Beklagten zu 1) hierzu bestand jedoch nicht. Die Beklagte zu 1) ist vielmehr aus eigenem Entschluss in Übertragungsgespräche mit dem Kläger getreten, die zu dem Ergebnis führten, dass sie sich zum Verkauf ihres Miteigentumsanteils an den Kläger für 61.000,- € verpflichtet hat. Die Parteien haben durch den Vergleichsüberhang deshalb keinen Streit und auch keine Ungewissheit beigelegt. Es war nicht einmal ein unstreitiger Anspruch auf Übertragung des Miteigentums vorhanden. Die Übertragung war vielmehr die von der Beklagten zu 1) freiwillig angebotene "Gegenleistung" dafür, dass der Kläger auf die klageweise geltend gemachten Ansprüche verzichtet hat. Dass die Parteien Verhandlungen über die Höhe des Kaufpreises geführt haben, ändert nichts daran, dass ein Anspruch nicht gegeben war. Die Übertragung des Miteigentums war deshalb streitwertmäßig nicht zu berücksichtigen (in diesem Sinne auch OLG Frankfurt a.a.O.; Schneider/Herget, a.a.O., Rdnr. 4612).

Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 2 GKG (n.F.).

Ende der Entscheidung

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