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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.05.2003
Aktenzeichen: 5 U 375/02
Rechtsgebiete: ZPO, PostG


Vorschriften:

ZPO § 191
ZPO § 191 Ziff. 6
ZPO § 195 Abs. 2 Satz 3 a.F.
ZPO § 233
ZPO § 339
ZPO § 339 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2
ZPO § 418
ZPO § 418 Abs. 2
PostG § 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

5 U 375/02

verkündet am 21.5.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Rixecker, die Richterin am Oberlandesgericht Hermanns und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Dörr auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22.5.2002 - 9 O 227/01 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 32.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Haftungsfreistellung und Feststellung wegen einer Vertragsverletzung in Anspruch.

Die Klageschrift wurde bei der Filiale der Deutschen Post AG in St. Ingbert durch Niederlegung zugestellt. Nachdem der Beklagte keine Verteidigungsbereitschaft erklärt hatte, hat das Landgericht am 6.9.2001 im schriftlichen Vorverfahren antragsgemäß ein Versäumnisurteil erlassen, das am 19.9.2001 von der Zeugin R durch Niederlegung zugestellt worden ist (Bl. 24 der Akten). In beiden Postzustellungsurkunden wurde der Nachname des Beklagten fehlerhaft mit "g" und der Vorname mit "m" geschrieben.

Gegen das Versäumnisurteil hat der Beklagte mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten am 30.10.2001 Einspruch eingelegt und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Der Beklagte hat behauptet, er habe keine Benachrichtigungen über Zustellungen erhalten; auch habe die Zustellerin nicht versucht, Ersatzzustellungen durchzuführen.

Das Landgericht hat den Einspruch des Beklagten nach Durchführung einer Beweisaufnahme über die Umstände der Zustellung als unzulässig verworfen und hierzu ausgeführt:

Das Versäumnisurteil sei dem Beklagten am 19.9.2001 ordnungsgemäß zugestellt worden. Die fehlerhafte Schreibweise des Namens des Beklagten führe nicht zu einem Verstoß gegen § 191 ZPO, da an der Person des Zustellungsadressaten nicht ernsthaft gezweifelt werden könne. Es sei nicht ersichtlich, dass in der Straße des Beklagten weitere Personen desselben Vor- und Nachnamens wohnten.

Soweit der Beklagte vortrage, eine Benachrichtigung über die Niederlegung des Versäumnisurteils sei nicht in den Hausbriefkasten eingeworfen worden, stehe dem der Inhalt der Postzustellungsurkunde entgegen, die vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen erbringe. Demgegenüber sei es dem Beklagten nicht gelungen, den Gegenbeweis zu führen. Selbst wenn es in der Vergangenheit zu Verwechslungen der Namensanschriften gekommen sei, bedeutete dies in Anbetracht der Aussage der Zeugin R nicht, dass es hier bei Zustellung von Klageschrift und Versäumnisurteil genauso gewesen sei. Auch spreche einiges dafür, dass Fehleinwürfe zu Lasten anderer Zusteller gegangen seien. Die Aussage des Zeugen führe nicht weiter, da nicht feststehe, ob es sich bei dem von ihm im Briefkasten eines Nachbarn gefundenen Benachrichtigungszettel gerade um einen der hier in Frage stehenden Benachrichtigungsscheine gehandelt habe. Bei der Zeugin, der Ehefrau des Beklagten, könne neben einer bewussten oder unbewussten Hilfestellung zu Gunsten ihres Ehemannes nicht ausgeschlossen werden, dass die Benachrichtigungszettel - ohne Wissen der Zeugin - vom Beklagten aus dem Briefkasten genommen worden seien. Auch sei es möglich, dass die Zettel unbemerkt neben Werbeschriften oder Ähnlichem entsorgt worden seien.

Hinsichtlich des Antrags auf Wiedereinsetzung habe der Beklagte keine weiteren Tatsachen vorgetragen, aus welchen sich trotz einer wirksamen Zustellung eine schuldlose Fristversäumung ergebe.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten. Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der in der Postzustellungsurkunde bekundeten Tatsachen spreche. Im Gegensatz zur Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts habe der Zeuge ....... bestätigt, genau den Benachrichtigungszettel über die Zustellung des Versäumnisurteils im Briefkasten des Nachbarn gefunden zu haben. Das Landgericht habe den anerkannten Erfahrungssatz nicht beachtet, wonach ein nach seiner Arbeitsweise befragter Postbediensteter nicht zugeben könne, dass es öfters zu Fehleinwürfen gekommen sei. Auch habe das Landgericht den im Schriftsatz vom 4.3.2003 enthaltenen Beweisantritt übergangen, den Zeugen über die Zustände der Postzustellung in den Hausanwesen zu befragen. Die Vernehmung dieses Zeugen hätte den Beklagtenvortrag weiter verstärkt und die falsche Zustellung belegen können.

Der Beklagte behauptet, dass die Zeugin am 28.6.2002 einen Benachrichtigungszettel mit einer völlig unzutreffenden Adressenangabe der Deutschen Post Euro-Express im Briefkasten gefunden habe. Auch habe sich Mitte September 2002 im Briefkasten des Beklagten ein für Herrn - adressiertes Schreiben befunden, Schließlich habe das Gericht nicht beachtet, dass bei einer fehlerhaften Schreibweise des Namens die Einhaltung der notwendigen Formerfordernisse einer Zustellung nicht durch Auslegung überwunden werden könne.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 25.5.2002 verkündeten Urteil des Landgerichts Saarbrücken den Einspruch des Beklagten für zulässig zu erklären;

hilfsweise für den Fall des Ablaufs der Einspruchsfrist unter Abänderung des am 25.5.2002 verkündeten Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Beklagte den vollen Gegenbeweis für die Unrichtigkeit der Urkunden erbringen müsse. Dies habe der Beklagte nicht getan. Der Zeuge habe keineswegs bestätigt, genau den fraglichen Benachrichtigungszettel über die Zustellung des Versäumnisurteils gefunden zu haben. Selbst wenn am 28.6.2002 ein falscher Benachrichtigungsschein in den Briefkasten des Beklagten eingelegt worden sei, sei dies nicht durch die Zeugin geschehen.

II.

Die zulässige, gemäß §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht den Einspruch des Beklagten wegen Versäumung der zweiwöchigen Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.

1) Soweit das Landgericht den Beweis für die ordnungsgemäße Niederlegung der Sendung im Briefkasten des Beklagten durch die Vorlage der Postzustellungsurkunde als erbracht betrachtet hat, halten die Ausführungen des Landgerichts den Angriffen der Berufung stand. Mithin war die am 16.9.2001 beginnende Frist des § 339 ZPO bei Eingang des Einspruchs am 30.10.2001 abgelaufen.

a) Ohne Erfolg leitet die Berufung aus den Schreibfehlern beim Namen des Zustellungsempfängers Bedenken gegen die Wirksamkeit der Zustellung her. Denn Fehler bei der richtigen Bezeichnung des Zustellungsadressaten, die nach § 191 Ziff. 6 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (im Folgenden: ZPO a.F.; nunmehr: § 182 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO) auf der Urkunde zu vermerken war, sind unschädlich, solange an der Identität des Adressaten nicht gezweifelt werden kann. Die Wirksamkeit der Zustellung wird durch eine fehlerhafte Bezeichnung des Zustellungsadressaten erst dann tangiert, wenn aufgrund der Umstände unklar bleibt, wer die Sendung erhalten soll (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl. § 191 Rdnr. 7; Zöller/Stöber, ZPO, 21 Aufl. § 191 Rdnr. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 191 Rdnr. 7; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 191 Rdnr. 7).

Diese Grenze ist im vorliegenden Fall nicht überschritten, da trotz der marginalen Schreibfehler im Vor- und Zunamen, die die phonetische Aussprache des Namens kaum merklich verändern, bei vernünftiger Betrachtungsweise kein ernsthafter Zweifel daran besteht, dass die Zustellung an den Beklagten erfolgen sollte. Auch die Berufung zeigt nicht auf, dass unter der Adressenangabe des Beklagten oder im Umfeld seiner Wohnung eine andere Person wohnhaft war, deren Vor- und Zuname mit dem Namen des Klägers verwechslungsfähig war.

b) Weiterhin geht das Landgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts mit Recht davon aus, dass die Postzustellungsurkunde gem. § 418 ZPO den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen, insbesondere den vollen Beweis dafür erbringt, dass der Zusteller unter der ihm angegebenen Adresse weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme einer Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat und dass er die Benachrichtigung über die Niederlegung am angegebenen Tag in den zur Adresse gehörenden Hausbriefkasten gelegt hat (BGH, Urt. v. 13.10.1993 - XII ZR 120/92, NJW-RR 1994, 564; BVerfG, Beschl. v. 3.6.1991 - 2 BvR 511/89, NJW 1992, 224, 225).

Entgegen der Auffassung der Berufung, die sich auf eine nicht rechtskräftige Entscheidung des VG Frankfurt a. M. stützt (NJW 1997, 3329), steht es der Beweiskraft der Postzustellungsurkunde nicht entgegen, dass die Zustellungsurkunde im vorliegenden Fall nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost von einer Mitarbeiterin der Deutschen Post AG erstellt worden ist. Hierbei kann es dahinstehen, ob die beweisrechtliche Gleichstellung von Zustellungsurkunden der Deutschen Post AG mit Urkunden der Deutschen Bundespost bereits aus § 16 Abs. 1 PostG in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung herzuleiten ist (so BFH, Urt. v. 29.4.1998 - IV B 15/97, zit. nach juris). Nach dieser Vorschrift wird das Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost Postdienst mit dem Recht beliehen, Schriftstücke nach den Regeln des Prozess- und Verfahrensrechts förmlich zuzustellen. Vielmehr folgt die beweisrechtliche Gleichstellung von Zustellungsurkunden der Bediensteten der Deutschen Post AG für den Bereich der ZPO-Zustellung unmittelbar aus § 195 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F., wonach für Zustellungsurkunden der Bediensteten der Deutschen Post AG § 418 ZPO entsprechend gilt. Nach dieser klaren Entscheidung des Gesetzgebers genießen auch die von der Post AG ausgestellten Zustellungsurkunden die volle Beweiskraft öffentlicher Urkunden (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 195 Rdnr. 4; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl. § 182 Rdn. 8; vgl. auch BGH, Beschl. v. 19.10.2000 - IX ZB 69/00, NJW 2001, 832 zur Rechtswirksamkeit einer Ersatzzustellung durch Bedienstete der Deutschen Post AG).

c) Schließlich ist es dem Beklagten auch nach der erneuten Beweisaufnahme, deren Wiederholung gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO deshalb erforderlich geworden ist, weil der in der ersten Instanz benannte Zeuge nicht vernommen wurde, nicht gelungen den Gegenbeweis zu führen.

Gemäß § 418 Abs. 2 ZPO ist der Gegenbeweis der durch öffentliche Urkunde bezeugten Tatsache zulässig. Zwar sind an das Vorliegen eines Gegenbeweises keine überspannten Anforderungen zu stellen. Dennoch ist der Gegenbeweis jedenfalls dann nicht geführt, wenn die Möglichkeit der Richtigkeit der Urkunde nach Würdigung aller zum Gegenbeweis angebotenen Beweismittel nicht nur nicht ausgeschlossen werden kann, sondern nach wie vor ernsthaft in Betracht kommt (BGH, Beschl. vom 27.8.1999 - VIII ZB 3/99, NJW-RR 2000, 444, 445; Beschl. vom 5.7.2000 - XII ZB 110/00, NJW-RR 2001, 280; Beschl. vom 30.3.2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872; Beschl. vom 5.10.2000 - X ZB 13/00, NJW-RR 2001, 571). So liegen die Dinge im vorliegenden Fall.

Zwar hat der Zeuge bestätigt, er habe irgendwann nach dem Auszug des Mieters der im September bzw. Oktober 2001 erfolgt sei, den Briefkasten seines ehemaligen Mieters geleert und hierbei einen Benachrichtigungszettel gefunden, auf dem der Name seines Cousins - des Beklagten - gestanden habe. Diesen Zettel habe er dem Beklagten übergeben.

Der Beweiswert dieser Zeugenaussage, gegen deren Glaubhaftigkeit keine Zweifel bestehen, wird dadurch erheblich gemindert, dass sich der Zeuge nicht mit Bestimmtheit daran erinnern konnte, ob der von ihm gefundene Benachrichtigungszettel tatsächlich die Ersatzzustellung des hier in Frage stehenden Versäumnisurteils betraf. Denn der Zeuge konnte sich an den Inhalt des Benachrichtigungszettels nicht erinnern. Insbesondere ist es dem Zeugen nicht in Erinnerung geblieben, ob der Name seines Cousins auf dem Benachrichtigungsschein fehlerhaft geschrieben war. Vielmehr hat er die nachdrückliche Frage des Senats, ob ihm an dem Benachrichtigungsschein irgendetwas aufgefallen ist, verneint. Das weckt nicht hintan zu stellende Zweifel an der Nämlichkeit des vom Zeugen aufgefundenen Benachrichtigungsscheins.

Auch die Aussage der Zeugin konnte zur Klärung der Identität des bei Leerung des Briefkastens gefundenen Benachrichtigungsscheins nichts beitragen, da die Zeugin zum Inhalt des "gelben Zettels" nichts sagen konnte und nicht einmal zu berichten wusste, ob der Beklagte den Benachrichtigungsschein überhaupt gesehen, geschweige denn, was er damit gemacht hat.

Unergiebig war die Aussage des Zeugen der zum eigentlichen Beweisthema nichts zu berichten musste.

Der Beweiswert der Zeugenaussagen wird auch nicht dadurch entscheidend gestärkt, dass der Beklagte in seiner persönlichen Anhörung bestätigt hat, den die Zustellung des Versäumnisurteils bescheinigenden Benachrichtigungsschein, der in Hülle Bl. 289 zu den Akten gereicht worden ist, seinen Prozessbevollmächtigten übergeben zu haben. Denn auch in der Anhörung des Beklagten fehlt eine zweifelsfreie Verbindung dafür, dass der vorgelegte Benachrichtigungsschein tatsächlich mit demjenigen identisch ist, den der Zeuge H im Briefkasten des ehemaligen Mieters gefunden hat und den die Zeugin ohne Rücksprache mit dem Beklagten zusammen mit der übrigen Post auf einer Kommode oder einem Schrank abgelegt haben will. Die Glaubhaftigkeit der Darstellung des Beklagten vom Verlauf der Umstände beim Auffinden des Benachrichtigungsscheins wird dadurch beeinträchtigt, dass der Beklagte keine schlüssige Begründung dafür vortragen konnte, weshalb er Veranlassung gesehen hatte, den Benachrichtigungsschein unmittelbar seinen Prozessbevollmächtigten weiterzureichen. Denn im Wortlaut der Benachrichtigung wird der Absender des zugestellten Schreibens nicht genannt. Auch wird der unbefangene Leser aus der im Schriftbild nicht zweifelsfreien Wiedergabe des Aktenzeichens allein nicht ohne weiteres eine inhaltliche Verbindung zum streitgegenständlichen Verfahren herstellen können. Bemerkenswert ist insoweit, dass der Beklagte selbst keine plausible Begründung dafür angeben konnte, weshalb er mit dem Zettel unmittelbar seine Prozessbevollmächtigten aufgesucht haben will und nicht - was näher gelegen hätte - den Versuch unternahm, sich durch Vorsprache bei der angegebenen Poststelle Kenntnis von der niedergelegten Sendung zu verschaffen.

Schließlich kann bei der Beweiswürdigung im Rahmen des § 418 Abs. 2 ZPO nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Inhalt der Zustellungsurkunde von der in jeder Hinsicht glaubhaften Aussage der Zeugin bestätigt wurde, die in ihrer Vernehmung die genaue Lage des Briefkastens des Beklagten angeben konnte und sich auch daran erinnerte, wo sich der Briefkasten des ehemaligen Mieters befand. Die Zeugin konnte nach den Maßstäben der praktischen Vernunft aus Sicht des Senats plausibel ausschließen, den Benachrichtigungszettel in einen anderen Briefkasten geworfen zu haben.

Dem steht nicht entgegen, dass es in der Vergangenheit häufiger zu Fehlzustellungen gekommen sein mag. Es liegt nicht nahe, dass diese Fehlzustellungen von der für den Zustellbereich des Beklagten zuständigen Zustellerin, der Zeugin verursacht wurden. Denn es wurden im Zustellbereich des Beklagten neben der Zeugin auch andere Personen eingesetzt, die mit den Örtlichkeiten nicht in gleichem Maße vertraut gewesen sind. Auch mögen die Fehlzustellungen durch ortsunkundige Zusteller ihre Ursache darin gefunden haben, dass - was die Zeugin glaubhaft und unwidersprochen ausgesagt hat - das Namensschild des Beklagten am Briefkasten nicht immer vorhanden ist, weshalb die Zeugin noch in der Woche vor der Beweisaufnahme Veranlassung sah, die Zeugin auf das fehlende Namensschild anzusprechen.

Zusammenfassend bleibt unklar, wann und unter welchen Umständen der Beklagte letztlich in den Besitz des Benachrichtigungsscheins gekommen ist. Hierbei kommt - ohne dem Beklagten ein treuwidriges Verhalten zu unterstellen - insbesondere in Betracht, dass der Benachrichtungszettel aus Unachtsamkeit zu spät aufgefunden wurde. Jedenfalls steht vor allem die glaubhafte Aussage der Zeugin der Annahme entgegen, dass die Ursache für die verspätete Einlegung des Einspruchs in einer Fehlzustellung des Versäumnisurteils gelegen haben mag.

2. Auch soweit sich die Berufung hilfsweise gegen die Versagung der Wiedereinsetzung wendet, hat die Berufung keinen Erfolg.

Gemäß § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an Einhalten einer Frist verhindert war.

Der Beklagte stützt sein fehlendes Verschulden an der fristgerechten Einlegung des Einspruchs allein darauf, dass der Benachrichtigungszettel nicht im richtigen Briefkasten eingeworfen wurde. Mithin sind die Wiedereinsetzungsgründe mit den Gründen identisch, die der Wirksamkeit der Zustellung entgegenstehen. Nachdem aus den vorstehend dargelegten Gründen unter Würdigung der angebotenen Beweismittel die ordnungsgemäße Zustellung bewiesen werden konnte, steht dieses Beweisergebnis auch im Rahmen des § 233 ZPO fest. Damit hat der Beklagte den ihm obliegenden Nachweis für sein fehlendes Verschulden nicht erbracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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