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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 04.04.2001
Aktenzeichen: 5 U 670/00-57-
Rechtsgebiete: VVG, ZPO


Vorschriften:

VVG § 12 Abs. 1
VVG § 12 Abs. 1 S. 2
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

5 U 670/00-57-

Verkündet am 4.4.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14.3.2001 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Rixecker und die Richterinnen am Oberlandesgericht Gaillard und Hermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 8.8.2000 - 12 O 535/99 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Kläger ist in Höhe von 11.955,99 DM beschwert.

5. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger rückwirkend für die Zeit ab dem 1.4.1993 bis längstens 1.4.2003 aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung fortlaufend erhöhte Renten zu leisten und an ihn nach Ablauf einer Lebensversicherung eine Versicherungssumme "auszuzahlen, die sich der Höhe nach so errechnet, als ob über den 1.4.1993 hinaus (erhöhte) Beiträge gezahlt worden wären.

Der Kläger stellte am 20.5.1977 durch Vermittlung des Zeugen des Agenten der Rechtsvorgängerin der Beklagten, einen Antrag auf Abschluss einer Kapitallebensversicherung sowie einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit Beitragsbefreiung und Rente nach dem Tarif 2 E BR 24 (Bl. 12 f). Zugleich beantragte er auf einem Vordruck eine laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes (Bl. 14). Die Beklagte policierte den Vertrag am 25.11.1977 " nach Maßgabe der beiliegenden Versicherungsbedingungen" (Bl. 15). Der Police beigefügt waren u.a. eine "Ergänzung zum Versicherungsschein.." (Bl. 20), eine "Erklärung der Gesellschaft" bezüglich eines Beitragszuschlages (Bl. 21), eine "Besondere Vereinbarung" (Bl. 22) sowie die "Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" (Bl. 27). Im Falle der Berufsunfähigkeit des Klägers sollte nach dem vereinbarten Tarif die jährliche Rente 24% der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Versicherungssumme betragen.

Der Kläger ist seit dem 1.4.1993 berufsunfähig. Die Beklagte erbringt gemäß ihrem Leistungsanerkenntnis vom 20.8.1993 (Bl. 31) eine (nach der - im Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit geltenden - Versicherungssumme von 82.386 DM berechnete) Berufsunfähigkeitsrente an den Kläger und hat die Lebensversicherung vereinbarungsgemäß beitragsfrei gestellt. Seit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit hat die Beklagte weder die Versicherungssumme noch die gezahlten Renten erhöht.

Der Kläger verlangt für das 2., 3. und 4. Quartal 1993 eine Nachzahlung in Höhe von 339,99 DM, weil die Versicherungssumme ab dem 1.4.1993 84.284 DM betragen habe. Außerdem begehrt er die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, an ihn ab 1.4.1993 bis längstens 1.4.2003 Rentenleistungen in einer Höhe zu erbringen, die sich aus einer jährlich erhöhten Versicherungssumme ergeben, und an ihn bei Ablauf der Kapitallebensversicherung eine Versicherungssumme in der Höhe zu zahlen, als ob sich über den 1.4.1993 hinaus der jeweilige Beitrag im gleichen Verhältnis wie der Höchstbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung erhöht hätte.

Der Kläger hat behauptet, er habe bei Vertragsabschluss ausdrücklich gewünscht, eine dauernde, dynamische Rentenleistung zu erhalten. Die Rentenleistung habe auch dann erhöht werden sollen, wenn zwischenzeitlich der Fall der Berufsunfähigkeit - und daraus folgend Beitragsbefreiung - eingetreten gewesen sein sollte. Das habe die Beklagte zugesagt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 339.99 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 3.2.2000 zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm, dem Kläger, rückwirkend für die Zeit ab dem 1.4.1993 bis längstens 1.4.2003 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. einer Höhe zu erbringen, die sich unter Zugrundelegung einer fiktiven fortlaufenden, jährlichen Erhöhung der zum 1.4.1993 bestehenden Versicherungssumme ergibt, wenn unterstellt wird, dass sich die Beiträge für die Versicherung ab dem 1.4.1993 bis zum Ablauf der Versicherung am 1.4.2003 im gleichen Verhältnis wie der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht haben würden, abzüglich des zu Ziff. 1 zuerkannten Betrages.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm, dem Kläger, bei Ablauf der Lebensversicherung Nr. eine Versicherungssumme auszuzahlen, die sich der Höhe nach so errechnet, als ob auch über den 1.4.1993 hinaus sich der jeweilige Beitrag im gleichen Verhältnis wie der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten erhöht hätte.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat bestritten, auch für den Fall der Beitragsbefreiung wegen Berufsunfähigkeit eine Dynamik zugesagt zu haben. Ein derartiger Versicherungsschutz sei damals weder von ihr noch von einer anderen Gesellschaft angeboten worden. Auch heute existiere ein solcher Versicherungsschutz nicht. Die Beklagte hat im Übrigen auf Nr. 7 Satz 2 der "Besonderen Bedingungen zur Erhöhung der Versicherungsleistung" hingewiesen, die Bestandteil des Vertrages geworden sei.

Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme (Bl. 73 ff.) stattgegeben. Aufgrund der Aussagen der Zeugin sei erwiesen, dass der Kläger mit dem Agenten ein dynamisches Ansteigen der vertraglichen Ansprüche vereinbart habe. Das habe auch für den Fall des Eintritts der Berufsunfähigkeit und der damit einhergehenden Beitragsbefreiung gegolten. Dafür spreche auch die von den Parteien getroffene "Besondere Vereinbarung". In diese sei Nr. 7 der "Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" nicht eingeschlossen gewesen. Die Vereinbarung des Klägers mit dem Zeugen sei Bestandteil des Vertrages mit der Beklagten geworden. Die Beklagte müsse die Erklärungen des Zeugen gegen sich gelten lassen, und zwar im Sinne einer Erfüllungshaftung.

Das Urteil vom 8.8.2000 wurde der Beklagten am 21.8.2000 zugestellt. Die Beklagte hat dagegen am 18.9.2000 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 16.11.2000 begründet.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Sie trägt vor, ihre Leistungsverpflichtung sei, die Richtigkeit der Auffassung des Klägers unterstellt, mit dem 1.4.1993 entstanden; die von dem Kläger gewünschte Dynamik gehöre zum Stammrecht der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Da sie, die Beklagte, bereits mit Schreiben vom 20.9.1993 Leistungen aus der Dynamik abgelehnt habe, seien etwaige Ansprüche des Klägers mit Ablauf des 31.12.1998 verjährt gewesen. Zumindest seien, wenn man die seitens des Klägers behauptete Dynamik als fortlaufende Leistungsverpflichtung ansehe, die Ansprüche aus der Anpassung zum 1.4.1993 und zum 1.4.1994 verjährt. Zu berücksichtigen sei darüber hinaus, dass die Dynamik vertragsgemäß in jedem Fall zum 1.4.2000 geendet habe, so dass eine letztmalige Anpassung lediglich zum 1.4.1999 erfolgen könne. In der Sache selbst wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag Sie trägt vor, aus Nr. 7 der Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung, die Vertragsbestandteil geworden sei, ergebe sich eindeutig, dass die Dynamisierung der Leistungen ende, wenn die Versicherung - im Falle der Berufsunfähigkeit - beitragsfrei gestellt werde. Das Ergebnis der Beweisaufnahme rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Aussage der Zeugin sei - wie die zutage getretenen Erinnerungslücken zeigten - objektiv nicht glaubhaft. Auch das vorprozessuale Verhalten des Klägers deute darauf hin, dass eine Dynamik nicht vereinbart worden sei. Der Kläger habe sich auf eine ausdrückliche Vereinbarung erstmals mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.12.1999 berufen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen, hilfsweise, die Verurteilung dahin einzuschränken, dass die letzte Anpassung aufgrund der Dynamik zum 1.4.1999 erfolgt.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für richtig. Er macht geltend, im Hinblick auf den Beitrag, den er habe zahlen müssen - 50 % Zuschlag für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung - sei das Risiko der fortdauernden Dynamisierung versicherungsmathematisch gedeckt gewesen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Wegen des Ergebnisses der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.3.2001 (Bl. 162 ff.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat, nachdem er seit dem 1.4.1993 berufsunfähig ist, gegen die Beklagte keine Ansprüche auf weitere Dynamisierung, nämlich auf Zahlung einer erhöhten Lebensversicherungssumme und auf Zahlung einer erhöhten Berufsunfähigkeitsrente.

1. Nicht zu folgen ist allerdings der Auffassung der Beklagten, Ansprüche des Klägers seien insgesamt verjährt. Ungeachtet der (umstrittenen) Frage, ob es Stammrechte gibt, die vom einzelnen Anspruch zu unterscheiden sind und ihrerseits der Verjährung unterliegen (vgl. dazu Staudinger-Peters, BGB, 13. Aufl., § 194 Rn. 16, 17), verjähren nach § 12 Abs. 1 VVG die Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die der Lebensversicherung zuzurechnen ist (vgl. Römer in: Römer/Langheid, VVG, § 12 Rn. 17 m.w.N.), in fünf Jahren, wobei nach § 12 Abs. 1 S. 2 VVG die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem die Leistung verlangt werden kann. Abgestellt wird daher auf die Fälligkeit der Leistung, nicht auf die Entstehung des Anspruchs. Es muss Klage auf sofortige Leistung erhoben werden können, der Gläubiger kann nicht auf die Feststellungsklage verwiesen werden (Römer, a.a.O., Rn 9; BGH NJW 1983, 2882). Soweit die Leistungen, die der Versicherer schuldet, zu unterschiedlichen Zeiten fällig werden, laufen für die einzelnen Teilleistungen unterschiedliche Verjährungsfristen. Fälligkeit hinsichtlich der Ansprüche aus der hier vorliegenden Anpassungsversicherung, bei der der Kläger jeweils zum Erhöhungstermin einen - bei fehlendem Widerspruch zum Vertragsbestandteil werdenden - Erhöhungsnachtrag erhielt (vgl. Nr. 4 der Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung ...), trat hinsichtlich der Erhöhungen, um die es hier geht, erst zum Erhöhungstermin ein. Demzufolge wäre Verjährung nur bezüglich der für die zum 1.4.1993 und zum 1.4.1994 fällig gewordenen Ansprüche eingetreten.

2. Die Berufung hat jedoch Erfolg, weil der Kläger nicht bewiesen hat, dass die begehrte Dynamisierung im Leistungsfall vertraglich vereinbart wurde.

Zwischen den Parteien ist den vorgelegten Vertragsunterlagen zufolge ein Versicherungsvertrag im Sinne einer Anpassungsversicherung zustande gekommen. Diese Versicherung ist eine Lebensversicherungsform mit institutionalisierter Vertragsänderung, bei der eine regelmäßige Erhöhung des Beitrages und der Versicherungsleistungen vorgesehen ist. Dabei handelt es sich um eine automatische Anpassung der Beiträge und der Versicherungsleistungen insofern, als diese dem Grunde nach bei Vertragsbeginn fest vereinbart wird. Die Vereinbarung bezieht sich primär auf die Erhöhung des jeweiligen Beitrages - hier: Anpassung nach der Steigerung des Höchstbeitrages in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten -, wobei sodann jede Beitragserhöhung zu einer bestimmten Erhöhung der Versicherungsleistungen führt. Die aufsichtsbehördlichen Grundsätze, die bei der Aufnahme einer Anpassungsversicherung zu beachten sind, hat das Bundesaufsichtsamt in seinem Geschäftsbericht 1972 Seite 46 veröffentlicht (wiedergegeben bei Bruck/Möller/Winter, VVG, 8. Aufl., Band V 2, 1988, Anm. C 228 und 229). Eine Anpassungsvereinbarung kommt dadurch zustande, dass der Versicherungsnehmer zunächst eine Erklärung unterschreibt, aus der deutlich hervorgeht, dass und in welchem Umfang die Prämien jährlich erhöht werden sollen. Dazu genügt ein Verweis auf die Besonderen Anpassungsbedingungen, wenn sie dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung ausgehändigt werden oder wenn der Versicherungsnehmer auf andere Weise, wie beispielsweise durch ein entsprechendes Merkblatt, auf die Besonderheiten einer Anpassungsversicherung hingewiesen wird. Nach Ziffer 1. 3 Geschäftsplanmäßige Erklärungen verpflichtet sich der Versicherer, in das Antragsformular einen Text aufzunehmen, wonach sich Beitrag und Versicherungsleistungen nach Maßgabe der Besonderen Bedingungen für die Anpassungsversicherung jährlich erhöhen. Bei der Policierung ist dann der Versicherungsschein durch einen Zusatz zu ergänzen, wonach Beiträge und Versicherungsleistungen entsprechend steigen ( Winter, a.a.O., C 241 unter Hinweis auf Ziffer 2.7 Geschäftsplanmäßige Erklärungen; vgl. auch Nr. 11 des Tarifhandbuchs der Beklagten, S. 13). Hinsichtlich der damit vereinbarten Dynamisierung gilt grundsätzlich, dass bei der kapitalbildenden Anpassungsversicherung eine Dynamisierung nur während der Aufschubzeit, also im Anwartschaftsstadium, nicht aber im Leistungsstadium vorgenommen wird. Da die im Rahmen dieser Anpassung entrichteten zusätzlichen Beitragsanteile versicherungstechnisch wie selbstständige Nachversicherungen behandelt werden, besteht das gesamte Deckungskapital einer Rentenversicherung als Anpassungsversicherung aus der Summe des Deckungskapitals der versicherten Anfangsrenten und der Deckungskapitale der Erhöhungsrenten. Sieht man von der Überschussbeteiligung - die durchaus zu einer merklichen Rentenerhöhung führen kann - ab, so besteht in der privaten Rentenversicherung im Leistungsstadium grundsätzlich keine Dynamisierung. Die Anpassungsversicherung ist also eine nur teildynamische Versorgung (Winter, a.a.O., B 159, C 248). Für den vorliegenden Fall bedeutet das: Nach den vorgelegten Unterlagen entspricht der Abschluss des Vertrages den oben genannten Grundsätzen. Der Kläger hat am 20.5.1977 einen Antrag unterschrieben, mit dem er neben dem Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung die laufende Erhöhung des Versicherungsschutzes beantragt hat (Bl. 14). In der Erklärung ist auf die Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung ... Bezug genommen. Der Kläger wurde unstreitig auf die Tatsache und auf den Umfang der Beitragserhöhung hingewiesen. In dem Antragsformular ist ein entsprechender Text aufgenommen. Der Versicherungsschein ist durch die beigefügte Besondere Vereinbarung (Bl. 22) ergänzt. Diese enthält die Erklärung, dass sich Beiträge und Versicherungsleistungen jährlich gemäß Ziffer 1 der Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung ... erhöhen und entspricht damit Ziffer 2.7 Geschäftsplanmäßige Erklärungen und Nr. 11 des Tarifhandbuchs der Beklagten. Im Hinblick darauf kann deshalb die Besondere Vereinbarung entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht als Hinweis dafür angesehen werden, dass zwischen den Parteien eine Sonderregelung im Hinblick auf die Dauer der Dynamisierung getroffen worden ist: Wenn nach dem Geschäftsplan und nach dem Tarifhandbuch der Beklagten ein solcher Zusatz in die Police aufzunehmen ist, so hat die Besondere Vereinbarung nur die Bedeutung, die Dynamik als solche zu policieren; ihr kann dagegen nicht entnommen werden, dass zugleich - entgegen der Erklärung im Antrag und in der Police, wonach die Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung ... insgesamt gelten sollten (vgl. Bl. 14 und 15, 27) - nur die Ziffer 1 der Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung ..., nicht aber die Ziffern 2 bis 7 in den Vertrag einbezogen werden sollten. Sind diese Bedingungen aber insgesamt einbezogen worden, so ergibt sich aus den Bedingungen unmissverständlich, dass die Dynamisierung mit dem Einritt der Berufsunfähigkeit und der damit eintretenden Beitragsfreistellung enden sollte. Denn durch Ziffer 7 wird dem Versicherungsnehmer mitgeteilt, dass eine Erhöhung der Beiträge ausgeschlossen ist, solange wegen Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Beitragszahlung ganz oder teilweise entfällt; der Ziffer 5 kann er entnehmen, dass der Versicherungsschutz für die jeweilige Erhöhung von der Zahlung des erhöhten Beitrages abhängt. Damit ist eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die vertraglich vereinbarte Dynamisierung im Leistungsfall enden soll, weil wegen der Nichterhöhung der Prämien kein Versicherungsschutz für weitere Erhöhungen mehr besteht. Diese Regelung ist AGB-konform (so zutreffend OLG Koblenz VersR 1999, 876, 877). Die zwischen den Parteien getroffene schriftliche Vereinbarung begründet daher die geltend gemachten Ansprüche nicht.

3. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat auch nicht mit der notwendigen Sicherheit davon überzeugt, dass der Kläger seinen Wunsch nach Dynamisierung auch im Leistungsfall dem Zeugen gegenüber in einer Weise deutlich gemacht hat, dass der Zeuge dies als Ergänzung des schriftlich gestellten Antrags verstehen konnte mit der Folge, dass der Vertrag mit diesem Inhalt zustande gekommen wäre (vgl. dazu Römer, a.a.O., § 5 Rn. 8, 18 m.w.N.; Prölls in Prölls/Martin, VVG, § 5 Rn. 15 m.w.N.). Der Kläger trägt insoweit die Beweislast (Prölls, a.a.O., § 1 Rn. 41 m.w.N.; Baumgärtel/Prölss, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 5, § 1 VVG Rn. 2, § 5 Rn. 3); Der Auffassung, dass eine andere Beweislastregelung deshalb gilt, weil der Versicherungsagent das Antragsformular ausgefüllt hat (Römer, a.a.O., § 5 Rn. 22), vermag der Senat sich nicht anzuschließen: Im Versicherungsvertragsrecht gilt grundsätzlich keine andere Beweislastverteilung als im übrigen Zivilrecht. Dessen ungeschriebene Grundregel lautet, dass ein Anspruchsteller die Beweislast für die rechtsbegründenden, der Antragsgegner die Beweislast für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden und rechtshemmenden Tatbestandsmerkmale trägt (vgl. etwa Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., vor § 284 Rn. 17). Jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge geltend macht, muss daher die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes beweisen (BGH NJW 1991, 1052, 1053 unter 3. m.w.N.; vgl. auch Römer, RuS 2001, 45 m.w.N.): Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der Gegner muss den Beweis für rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen erbringen. Die mündliche Ergänzung eines schriftlich gestellten Antrags gegenüber dem Agenten führt dazu, dass die Erklärung mit dem Zugang bei dem kraft Gesetzes bevollmächtigten Agenten (§ 43 Nr. 1 VVG) dem Versicherer zugegangen ist (§ 164 Abs. 3 BGB). Die ohne Hinweis auf Abweichungen erklärte Annahme des Antrages hat zur Folge, dass der Vertrag mit dem Inhalt des Antrags zustande kommt (§ 5 Abs. 3 VVG). Die Vereinbarung entsprechend dem Inhalt des Versicherungsantrags begründet Ansprüche auf beantragte zusätzliche Versicherungsleistungen. Die mündliche Ergänzung eines schriftlichen Antrags hat deshalb rechtsbegründende Wirkung. Deren Voraussetzungen hat deshalb der Versicherungsnehmer zu beweisen. Die Grundsätze der "Auge und Ohr" - Rechtsprechung sind für die Frage der Beweislast deshalb nicht anwendbar, wenn über den Inhalt des Versicherungsantrages gestritten wird. Nach der "Auge und Ohr" - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. grundlegend BGH VersR 1988, 234 ff.) ist anerkannt, dass der Versicherer nicht allein durch die Vorlage des ausgefüllten Antragsformulars beweisen kann, dass der Versicherungsnehmer dem Agenten gegenüber die Gesundheitsfragen unzutreffend beantwortet hat, wenn der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, den Agenten wahrheitsgemäß über seinen Gesundheitszustand aufgeklärt zu haben und der Agent das Antragsformular ausgefüllt hat (BGH NJW 1993, 2807 unter II 3 a; NJW 1992, 828: NJW 1989, 2060 unter 3 b). Damit wird die für Vertragsurkunden geltende Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit - zutreffenderweise - außer Kraft gesetzt, weil einer Vermutung, der Versicherungsnehmer habe auf ihm gestellte Gesundheitsfragen nichts anderes als das gesagt, was der Agent in das Formular eingetragen hat, von vornherein die Basis fehlt. Der das Formular ausfüllende Agent hat gerade auf einem so komplexen Gebiet wie der Gesundheitsprüfung die Funktion, Fragen zu erläutern und die für den Versicherer relevanten Daten auszuwählen und zu formulieren. Erfahrungsgemäß wird daher nicht alles, was der Versicherungsnehmer gesagt hat, in der Form, in der es gesagt wurde, im Antragsformular angegeben (Baumgärtel/Prölss, a.a.O., §§ 16, 17 Rn. 7). Es ist deshalb gerechtfertigt, den dem Versicherer obliegenden Nachweis, dass der Versicherungsnehmer eine Obliegenheitsverletzung begangen hat, nicht schon dadurch als erbracht anzusehen, dass einer Urkunde in vollem Umfang die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit beigelegt wird. Da die Urkunde hinsichtlich der Beantwortung der Gesundheitsfragen keine rechtsgeschäftliche, sondern nur eine Erklärung über Tatsachen (Gesundheitsumstände) enthält, mithin nur als erschütterbares Indiz für die Wahrheit der bestätigten Tatsache angesehen werden kann (BGH NJW 1989, 2060, 2061), muss der Versicherer vielmehr für die behauptete Obliegenheitsverletzung weiteren Beweis antreten, um dem - rechtvernichtenden - Einwand zum Erfolg zu verhelfen. Eine vergleichbare Situation liegt jedoch in dem Fall, dass der Versicherungsnehmer die mündliche Ergänzung des schriftlich gestellten Antrags behauptet, nicht vor. Der schriftlich gestellte Antrag ist eine schriftliche rechtsgeschäftliche Erklärung, für die nach allgemeiner Auffassung die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung gilt (vgl. etwa Zöller/Geimer, a.a.O., § 416 Rn. 4). Anlass, von dem Versicherer eine Widerlegung der Vermutung zu fordern, besteht nicht, da Versicherungsagenten erfahrungsgemäß den Wunsch des Versicherungsnehmers nach umfassendem Versicherungsschutz nicht dadurch unterlaufen, dass sie einen unvollständigen Antrag aufnehmen; der Antrag wird vielmehr regelmäßig den geäußerten Wünschen entsprechen. Für den Versicherungsnehmer wird die Durchsetzung vertraglicher Rechte dadurch auch nicht ohne ausreichende sachliche Berechtigung erschwert, da er - im Gegensatz zu dem Versicherer - auch bei einem nach Jahren eintretenden Versicherungsfall durchaus noch die Möglichkeit hat, für seine Behauptung noch geeigneten Beweis - etwa durch die Benennung bei den Vertragsverhandlungen anwesender Familienmitglieder - anzutreten.

Den Beweis, dass er den Antrag durch Beantragung einer Dynamik auch im Leistungsfall ergänzt hat, hat der Kläger nicht geführt. Denn weder nach den Äußerungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14.3.2001 noch nach der Aussage der Zeugin S ist bewiesen, dass die Vorstellung des Klägers über eine Fortsetzung der Dynamisierung auch über den Eintritt der Berufsunfähigkeit und damit der Beitragsbefreiung hinaus Inhalt eines (ergänzten) Versicherungsantrags geworden ist. Sowohl der Kläger als auch die Zeugin haben nämlich angegeben, es sei eine Dynamik vereinbart gewesen, dass also (so der Kläger) "Prämie und Leistung, also Geben und Nehmen, sich gleichermaßen anpassen sollten bis zum Ende der Versicherung" bzw. (so die Zeugin S) dass "mit höheren Beiträgen auch die Versicherungsleistung steigt". Sowohl der Kläger als auch die Zeugin S haben damit hinsichtlich des Inhalts der Vertragsverhandlungen eindeutig eine Verknüpfung hergestellt zwischen Beitragszahlung und Steigerung der zu erbringenden Leistungen. Die Zeugin hat den Begriff der Dynamisierung, so wie sie ihn versteht, auch in genau diesem Sinne definiert, indem sie erklärt hat, "das sei so, wenn sie einen höheren Beitrag bezahle, dann solle in genau diesem Maße auch die Hauptversicherung steigen". Der Senat hat angesichts dieser Angaben daher zumindest erhebliche Zweifel, ob die - nach mehrfach wiederholten Fragen - schließlich abgegebene Erklärung der Zeugin der Zeuge habe auch erklärt, die Hauptversicherung steige auch weiter, wenn der Kläger in Rente sei, zuverlässig ist. Dagegen spricht nicht zuletzt die Aussage des Zeugen der Kläger habe sich, als sie sich im Laufe des erstinstanzlichen Verfahren begegnet seien, ihm gegenüber nicht darauf berufen, eine Dynamisierung sei auch für den Fall der Beitragsfreiheit nach Eintritt der Berufsunfähigkeit vereinbart worden.

4. Die Beklagte hat schließlich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Erfüllungs- oder Vertrauenshaftung einzutreten. Die Erfüllungshaftung schützt den Versicherungsnehmer in seinem Vertrauen auf die Erklärungen des Agenten, nämlich auf die von dem Agenten erteilte Aufklärung, Belehrung und Beratung über vertragswesentliche Punkte wie Bestehen und Umfang des Versicherungsschutzes. Der Versicherer muss die Erklärungen des Agenten, auch wenn dieser keine Vollmacht hat, gegen sich gelten lassen, der Vertrag gilt mit dem Inhalt der dem Versicherungsnehmer günstigen Aufklärung zustande gekommen oder wird in diesem Sinne umgestaltet (Kollhosser in: Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., § 43 Rn. 30; Langheid in Römer/Langheid, a.a.O., § 43 Rn. 18).

Dass der Zeuge L ihm gegenüber bei Aufnahme des Antrags derartige Erklärungen abgegeben hat, ihm also zugesichert hat, die Rente werde auch nach Eintritt der Berufsunfähigkeit weiter dynamisiert, hat der Kläger nicht bewiesen. Der Senat hält, wie bereits ausgeführt, die dahingehende Aussage der Zeugin für nicht hinreichend zuverlässig. Der Zeuge der seine damals bereits bestehende langjährige Berufserfahrung glaubhaft versichert hat, hat dazu überzeugend angegeben, er habe seinerzeit eine solche Zusage überhaupt nicht abgeben können, weil er durch Schulungen hinreichend darüber informiert gewesen sei, dass es damals keine Möglichkeit gegeben habe, eine Vereinbarung über eine Dynamisierung auch im Leistungsfall abzuschließen. Das spricht dafür, dass der Zeuge, der einen glaubwürdigen und redlichen Eindruck hinterlassen hat, eine derartige Zusage tatsächlich nicht erteilt hat. Der Umstand, dass der Kläger einen Zuschlag von 50% für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zu zahlen hatte, bietet keinen Hinweis auf eine solche Zusage. Denn die Beklagte hat durch Vorlage ihres - damals unstreitig gültigen - Tarifhandbuchs dargelegt, dass für alle Personen, die als Arbeiter körperlich tätig waren oder - wie der Kläger - einen mit körperlicher Tätigkeit verbundenen Beruf ausübten, ein Zuschlag von 50% zur BUZ-Tarifprämie erhoben werden musste. Da auch das vorprozessuale Verhalten des Klägers gegen die behauptete Zusage spricht - es ist kaum vorstellbar, dass jemand ab 1993 mehrere Jahre lang eine zu geringe Rentenzahlung hinnimmt, obwohl er weiß, dass der Versicherungsagent eine dynamisierte Rente über den Eintritt der Berufsunfähigkeit hinaus versprochen hat -, kann das Begehren des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO Die Beschwer des Klägers setzt der Senat entsprechend der Streitwertfestsetzung erster Instanz, der die Parteien nicht entgegengetreten sind, auf 11.955,99 DM fest (§ 546 Abs. 2 ZPO). Das ist zugleich der Streitwert des Berufungsverfahrens.

Gemäß § 546 Abs. 1 ZPO hat der Senat die Revision zugelassen, weil die Frage, wer bei einem Streit um die mündliche Ergänzung eines Versicherungsantrages die Beweislast trägt, von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Ende der Entscheidung

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