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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.01.2001
Aktenzeichen: 5 U 720/99
Rechtsgebiete: BUZ, SGB III, MTV, ZPO


Vorschriften:

BUZ § 1
BUZ § 1 Abs. 1
BUZ § 1 Abs. 2
BUZ § 7
SGB III § 121 Abs. 4
SGB III § 121 Abs. 5
MTV § 10 Nr. 4
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

5 U 720/99

Verkündet am 10.1.2001

In dem Rechtsstreit

wegen Anspruchs aus Invaliditätszusatzversicherung

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13.12.2000 durch die Richterin am Oberlandesgericht Gaillard, den Richter am Oberlandesgericht Dier und die Richterin am Oberlandesgericht Hermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30.6.1999 - 12 O 263/97 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Tenor im Hauptausspruch wie folgt lautet:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.806,61 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8 8.1997 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Invaliditätsversicherung Nr. 3425110 für die Zeit vom 1.7.1997 bis 31.1.1998 eine Rente in Höhe von 5.596,55 DM zu zahlen und ihn für die Zeit vom 15.1.1996 bis 31.1.1998 von den Beitragen freizustellen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Invaliditätsversicherung Nr. 3508861 für die Zeit vom 1.7.1997 bis 31.1.1998 eine Rente in Höhe von 5.525,80 DM zu zahlen und ihn für die Zeit vom 15.1.1996 bis 31.1.1998 von den Beiträgen freizustellen.

4. Die Hauptsache ist erledigt, soweit der Kläger ab dem 1.2.1998 die Zahlung der Invaliditätsrenten sowie die Freistellung von den Beitragszahlungen hinsichtlich der Vertrage Nr. 3425110 und Nr. 3508861 begehrt hat.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Beklagte ist in Höhe von 47.504,26 DM beschwert.

Tatbestand:

Zu Gunsten des Klägers bestehen bei der Beklagten zwei Versicherungsverträge, bei denen unter anderem das Risiko der Invalidität des Klägers versichert ist. Den Verträgen liegen die Allgemeinen Bedingungen für Invaliditätszusatzversicherungen (Bl. 28 ff., 37 ff.) zu Grunde. Aus den Verträgen macht der Kläger ab 15.1.1996 Leistungen wegen Invalidität geltend.

Der Kläger hat eine Ausbildung zum Dachdeckergesellen durchlaufen und die Gesellenprüfung abgelehnt. Seit 1982 bis zum 15.1.1996 war er bei verschiedenen Betrieben als Dachdeckergeselle tätig, zuletzt bei der Firma H in S Saar. Zwischendurch war er einige Zeit arbeitslos.

Seit 15.1.1996 ist der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er leidet an Asthma bronchiale bei Polyallergie, allergischer Rhinokonjunktivitis und Psoriasis vulgaris. Seither kann der Kläger zumindest an seinem Wohnort aufgrund der dort gegebenen Belastungen (Staub, Pollenflug) seinen Beruf als Dachdecker nicht mehr ausüben.

Am 27.1.1998 erlitt der Kläger bei einem Sturz eine zweigradig offene distale Unterarmfraktur rechts. In der Folgezeit wurde eine Dystrophie (Sudeck'sche Dystrophie) des rechten Armes festgestellt. Die Beklagte hat daraufhin und deswegen den Anspruch des Klägers auf volle Invaliditätsrente und auf volle Beitragsbefreiung ab dem 1.2.1998 anerkannt. An der hinsichtlich der Versicherung Nr. 3508861 zunächst ausgesprochenen Befristung des Anerkenntnisses bis 31.1.2000 hält sie nicht fest (vgl. Schriftsätze vom 22.9.1998, Bl. 195 ff., und vom 17.3.2000, Bl. 374). Hinsichtlich der Zeit vom 15.1.1996 bis zum 26.1.1998 hat die Beklagte geltendgemacht, der Kläger habe Vergleichstätigkeiten ausführen können, nämlich als Fachverkäufer im Baustoffhandel bzw. Bauzubehörhandel, oder als Fachberater für Baustoffe, Baubedarf, Baubetriebs- und -hilfsstoffe tätig sein können.

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger für die Zeit vom 15.1.1996 bis 26.1.1998 auf eine Tätigkeit als Dachdecker an einem allergenfreien Ort oder auf Tätigkeiten verwiesen werden [konnte, die dem Dachdeckerberuf gleichwertig sind.

Der Kläger hat behauptet, für die Ausübung einer Tätigkeit als Fachverkäufer oder Fachberater bedürfe es einer Ausbildung als Einzelhandelskaufmann bzw. als Warenverkäufer. Führende Fachbetriebe im Saarland setzten eine kaufmännische Ausbildung voraus. Eine Ausbildung zum Kaufmann habe er nicht genossen; die Ausbildungsinhalte von Dachdeckergeselle und Kaufmann seien gänzlich verschieden. Er fühle sich nicht geeignet, Verkaufsgespräche zu führen; dies habe er als Dachdecker auch nie gebraucht. Baumärkte im Saarland verfugten regelmäßig über eine Außenabteilung, in welcher Verkäufer tätig sein müssten; dies sei ihm aufgrund seiner Allergie nicht möglich. Er sei auch allergisch gegen reizauslösende Stoffe, die in den verkauften Baustoffen enthalten seien. Die berufskundlichen Blätter sähen außerdem bei chronischen Atemwegserkrankungen und Hauterkrankungen eine voraussichtliche körperliche Nichteignung für eine kaufmännische Tätigkeit vor. Schließlich hätte die Verweisung auf die genannten Berufe beträchtliche Einkommenseinbußen zur Folge. Eine Wohnsitzverlegung in reizfreie Gebiete (Nordsee bzw. Höhen über 1500 Meter) sei ihm nicht zumutbar.

Der Kläger hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.573,32 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 2. festzustellen, dass die Beklagte auch für die Zukunft vorbehaltlich ihres Prüfungsrechts gemäß § 7 BUZ verpflichtet ist, die Invaliditätsrente nach den Besonderen Bedingungen für Invaliditätszusatzversicherungen zu zahlen und ihn, den Kläger, von der Zahlung der Beiträge für die Lebensversicherungen Nummer 3425110 und 3508861 freizustellen; 3. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ab dem 1.7.1997 an ihn eine monatliche Berufsunfahigkeitsrente in Höhe von derzeit 1684,32 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, der Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Tätigkeiten als Fachverkäufer oder Fachberater seien Verweisungstätigkeiten. Fachverkäufer brauchten nicht zwangsläufig eine kaufmännische Ausbildung. Das Führen von Verkaufsgesprächen und Warenpräsentationen bildeten die Kerntätigkeit dieses Berufes. Hierzu sei der Kläger intellektuell in der Lage. Aufgrund langjähriger Berufserfahrung verfüge der Kläger außerdem über die notwendigen Warenkenntnisse im Hinblick auf Eigenschaften und Verarbeitungsmethoden der einzelnen Waren. Für den Beruf des Fachberaters gelte in etwa das Gleiche. Im Bereich Dachsysteme verfüge der Kläger über hinreichende Kenntnisse. Eine kaufmännische Ausbildung sei nicht erforderlich. Die Tätigkeit bestehe darin, aus praktischem Wissen heraus Architekten, Handwerker und Großhandelsunternehmen zu beraten und die Qualität und Verarbeitungsweise der zu vertreibenden Dachsysteme zu erläutern. Nennenswerte Einkommenseinbußen seien nicht zu erwarten. Beide Tätigkeiten seien dem Dachdeckerberuf als sozial und wirtschaftlich gleichwertig anzusehen. Es entspreche der Realität des Arbeitsmarktes, dass in den beiden Berufen Mitarbeiter mit entsprechender fachtechnischer bzw. handwerklicher Ausbildung eingesetzt würden. Die Breite der Kenntnisse aus dem Bereich des Einzelhandels sei für die Verkaufs- und Beratungstätigkeit nicht erforderlich. Beide Tätigkeiten bedürften nur einer kurzen Einarbeitungszeit, die der Kläger akzeptieren müsse. Dass er möglicherweise wegen der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt keine Anstellung finde, sei irrelevant. Beide Tätigkeiten seien dem Kläger gesundheitlich möglich. Der Kläger brauche nicht notwendig im Freien zu arbeiten; es gebe Arbeitsplätze, bei denen der Kläger keinen schweren körperlichen Arbeiten im Freien ausgesetzt sei. Im Übrigen sei dem Kläger nicht jeder Aufenthalt im Freien unmöglich. Die festgestellte Allergie verbiete nur einen ständigen Aufenthalt im Freien. Eine Verlegung des Wohnsitzes und des Arbeitsplatzes an die Nordsee oder ins Gebirge würde bedeuten, dass der Kläger voll arbeitsfähig wäre.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger rückständige Renten (für die Zeit vom 15.1.1996 bis 30.6.1997) in Höhe von 27.806,61 DM nebst Zinsen zu zahlen; darüber hinaus hat es die Beklagte zur Zahlung einer vierteljährlichen Rente in Höhe von 2398,65 DM vom 1.7.1997 bis 31.3.2010 (Vertrag Nr. 34255110) bzw. in Höhe von 2368,20 DM vom 1.7.1997 bis 31.7. 2010 (Vertrag Nr. 3508861) sowie jeweils zur Beitragsfreistellung ab dem 15.1.1996 verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Da der Kläger bedingungsgemäß seinen Beruf als Dachdecker nicht mehr ausüben könne, komme es nur darauf an, ob die Beklagte den Kläger auf Tätigkeiten als Fachverkäufer im Baustoffhandel etc. oder als Fachberater für Baustoffe etc. verweisen könne. Das sei zu verneinen. Die bei der Ausübung seines Berufs als Dachdecker erlernten Fähigkeiten des Klägers beschränkten sich auf den handwerklichen Bereich. Hinweise auf den Erwerb anderer (etwa kaufmännischer) Fähigkeiten lägen nicht vor. Auch die Erfahrungen und die Kenntnisse des Klägers seien auf den handwerklichen Bereich beschränkt. Seine Ausbildung sei überwiegend auf den handwerklichen Bereich ausgerichtet gewesen. Die handwerklichen Fähigkeiten des Klägers traten jedoch bei den Tätigkeiten, welche die Beklagte dem Kläger als Vergleichstätigkeiten vorgeschlagen habe, in den Hintergrund. Der Kläger solle nicht am Objekt für den Kunden die typischen Tätigkeiten eines Dachdeckers demonstrieren, sondern Materialien an die Kundschaft verkaufen bzw. die Kundschaft über Materialien beraten. Dabei kämen ihm zwar seine im Berufsleben erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen mit Materialeigenschaften und Problemlösungen bei der Verarbeitung am Bau sowie - im geringeren Maße - auch das bei der Ausbildung Erlernte zugute. Bei Ausübung einer der aufgezeigten Tätigkeiten erschöpften sich jedoch die Anforderungen an den Kläger nicht in der Vermittlung handwerklicher Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen. Schon die Art der Vermittlung unterscheide sich von derjenigen, die ein Vorarbeiter oder Mitarbeiter einem anderen Mitarbeiter am Bau weitergebe. Am Bau werde an Ort und Stelle die Auswahl, die Verarbeitung des Materials und die Koordinierung der Arbeiten angeordnet oder besprochen, und zwar mit Arbeitskollegen, die mit diesen Kriterien schon vertraut seien oder die mit oder ohne Erklärung des Warum angewiesen würden, bestimmte Materialien zu nehmen und auf bestimmte - handwerksgerechte - Weise zu verbauen. Das Publikum, das in den aufgezeigten Vergleichsberufen mit dem Kläger in Berührung komme, sei aber ein ganz anderes. Es handele sich entweder um Privatleute, die sich mit mehr oder weniger großer Erfahrung an Arbeiten im Zusammenhang mit dem Dach oder der Terrasse heranwagten, oder um Fachleute, die eine fundierte Beratung und Empfehlung erwarteten. Dies habe der Kläger als Handwerker nicht erlernt und nicht gebraucht. Das sei ihm auch nicht während seiner Ausbildung vermittelt worden. Darüber hinaus würden an einen Fachverkäufer oder Fachberater weitere berufliche Anforderungen gestellt, die der Kläger ohne Zusatzausbildung oder Umschulung nicht erfüllen könne. In dieser Branche wurden üblicherweise Mitarbeiter mit kaufmännischem Wissen eingesetzt. Von den Mitarbeitern werde erwartet, dass sie sich hinsichtlich der Warensortimente im Rahmen ihrer Ausbildung sachkundig machten. Das sei auch Gegenstand der Abschlussprüfung vor der zuständigen Stelle. Es werde weiter erwartet, dass warenwirtschaftliche Kenntnisse der Einkaufsplanung sowie der Einkaufsabwicklung, der Warenannahme und Warenlagerung sowie der Bestandsüberwachung vorhanden seien. Ein Schwerpunkt der Ausbildung zum Kaufmann liege in der Verkaufsvorbereitung, der Beratung und dem Verkauf. Zunehmend würden Qualifikationen auch in den Bereichen Werbung und Verkaufsförderung von den Mitarbeitern erwartet. Die dazu erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse habe der Kläger während seiner Ausbildung und Berufsausübung nicht erworben. Es handele sich um Kenntnisse, die Interessenten in internen und externen Lehrgängen oder im Rahmen von Umschulungsmaßnahmen vermittelt würden. Dies gehe über den Rahmen von Kenntnissen hinaus, die in einer gewissen Einarbeitungszeit erworben werden könnten und deren Erwerb einem Versicherten im Rahmen der Versicherungsbedingungen zumutbar sei. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Tätigkeiten als Fachverkäufer und Fachberater seien damit keine Verweisungstätigkeiten im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen.

Ob der Kläger seinen Beruf ausüben könne, sofern er seinen Wohnsitz und seinen Arbeitsplatz entweder an die Nordsee und in das Gebirge verlegte, könne offen bleiben. Dem Kläger sei ein solcher Wohnsitz- und Arbeitsplatzwechsel nicht zuzumuten.

Das Urteil vom 30.6.1999 wurde der Beklagten am 12.7.1999 zugestellt. Die Beklagte hat dagegen am 12.8.1999 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 12.10.1999 begründet.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, Berufsunfähigkeit liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger an einem anderen Arbeitsort genau oder annähernd die selben Einzeltätigkeiten in dem selben Ausbildungsberuf ausüben könne. Dadurch, dass bedingungsgemäß auf den Ort der Ausübung der Arbeitstätigkeit nicht abgestellt werde, werde der Versicherungsschutz auch nicht unzulässig ausgehöhlt: ein Arbeitsplatzwechsel auch über größere Entfernungen sei heute nicht mehr ungewöhnlich. Das habe z. B. in § 121 Abs. 5 SGB III Ausdruck gefunden. Wenn der Versicherte an einem Ort arbeiten könne, an dem vergleichbare Lebensverhältnisse bestünden, sei er nicht berufsunfähig.

Darüber hinaus müsse sich der Kläger auf den Beruf des Fachverkäufers im Baustoff- bzw. Bauzubehörhandel sowie auf denjenigen des Fachberaters für Baustoffe, Baubedarf und Bauhilfsstoffe verweisen lassen. Eine kaufmännische Ausbildung werde für diese Verweisungsberufe nicht gefordert: Es entspreche den Realitäten auf dem Arbeitsmarkt, dass - zum Teil sogar bevorzugt - Mitarbeiter mit entsprechender fachtechnischer bzw. handwerklicher Ausbildung eingesetzt würden. Auch in Saarbrücken sei dies der Fall, z.B. bei der Fa. B GmbH & Co KG. Die Tätigkeit in einem Baumarkt setze nicht die Berechtigung zur Führung der geschützten Berufsbezeichnung "Fachberater ..." voraus. Das Schreiben von Kassenzetteln, Lieferscheinen etc. sowie die Aufstellung von Bestands- und Bestelllisten sei eine einfache Anlerntätigkeit, die nach einer Einarbeitungszeit beherrscht werde. Soziale Kompetenz im Umgang mit Kunden sei nicht erforderlich. Umgangsformen gehörten zum Allgemeingut. Einkommenseinbußen seien nicht zu erwarten. Der Kläger würde in die Gehaltsgruppe HI des Einzelhandelstarifvertrages eingestuft, weil die dreijährige Ausbildung und die anschließend erworbenen Fachkenntnisse den Vorkenntnissen eines Kaufmanns im Einzelhandel gleichgesetzt würden; der Handwerker könne nämlich nach einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitungszeit selbständig als Verkäufer oder Fachberater tätig sein. Nach dem Tarifvertrag Groß- und Außenhandel würde der Kläger in die Lohngruppe 3 b eingruppiert. Mitarbeiter, die über eine abgeschlossene Ausbildung in einem Handwerksberuf verfugten, würden in Baumärkten im Übrigen nicht ausschließlich oder auch nur regelmäßig unter Beachtung der Eingruppierungsmerkmale der jeweiligen Tarifverträge eingestellt. Ein Umfrage im Bereich Aachen habe ergeben, dass Handwerksgesellen für eine Tätigkeit in Baumärkten bei insgesamt knapp 13 Monatsgehältern ein Jahreseinkommen in Höhe von ca. 42 000 DM brutto erzielten.

In der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2000 haben die Parteien die Hauptsache hinsichtlich der von der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 17.3.2000 ab dem 1.2.1998 anerkannten Ansprüche übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit dem Kläger unter Nr. 1 des angefochtenen Urteils Versicherungsleistungen in Höhe von 27 806,61 DM nebst 4% Zinsen seit dem 8.8.1997 zugesprochen worden sind, soweit ihm aus der Invaliditätsversicherung Nr. 3425110 für die Zeit vom 1.7.1997 bis 26.1.1998 eine vierteljährlich im Voraus zu entrichtende Rente in Höhe von 2 398,65 DM sowie Beitragsbefreiung ab dem 15.1.1996 bis 26.1.1998 zuerkannt worden ist und soweit ihm aus der Invaliditätsversicherung Nr. 3508861 für die Zeit vom 1.7.1997 bis 26.1.1998 eine vierteljährlich im Voraus zu entrichtende Rente in Höhe von 2.368,20 DM sowie Beitragsbefreiung ab dem 15.1.1996 bis 26.1.1998 zuerkannt worden ist.

2. das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit dieses für die Zeit vom 27.1.1998 bis 31.1.2000 dem Kläger aus beiden Verträgen Invaliditätsrenten sowie Beitragsbefreiung zuerkannt hat und klarstellend festzustellen, dass der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt ist.

Der Kläger beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Hauptsache hinsichtlich der von der Beklagten für den Zeitraum ab 1.2.1998 anerkannten Ansprüche erledigt ist.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für richtig. Er bestreitet, dass er seinen Beruf an einem anderen Ort ausüben könne. Im Übrigen sei der Verweis auf einen Arbeitsplatz an der Nordsee oder im Hochgebirge treuwidrig. Fachverkäufer bzw. Fachberater seien keine Verweisungsberufe, schon deshalb nicht, weil die Ausübung dieser Tätigkeiten erhebliche Einkommenseinbüßen nach sich ziehen würde: Nach dem Einzelhandelstarifvertrag würde er in die Gehaltsgruppe I, nach dem Tarifvertrag Groß- und Außenhandel in die Gehaltsgruppe II, 1. Jahr, eingestuft.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 12.1.2000 (Bl. 354 f.), vom 6.4.2000 (Bl. 377 f.) und vom 5.5.2000 (Bl. 393 ff.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Auskünfte Bl. 358 ff, 372 f., 387, 402f, 404 ff., 410 ff., 417 f., 433, 434, 440 und 441 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger stehen die vertraglich vereinbarten Ansprüche aus den beiden Invaliditätsversicherungen für die Zeit vom 15.1.1996 bis zum 31.1.1998 zu.

1. Nach § 1 Abs. 1 und 2 der vereinbarten Besonderen Bedingungen für die Invaliditätszusatzversicherungen und nach Nr. 2, 2.1 und 2.2 der Allgemeinen Bedingungen für Invaliditätszusatzversicherungen hat der Versicherer dem Versicherten eine Invalidenrente zu zahlen und ihn von den Beiträgen für die Hauptversicherung und die eingeschlossene Zusatzversicherung freizustellen, wenn der Versicherte zu mindestens 50 % (Versicherung Nr. 3452110) bzw. zu mindestens 75 % (Versicherung Nr. 3508861) invalide ist. Invalidität liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich länger als sechs Monate oder bereits länger als sechs Monate außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der Kläger ist seit dem 15.1.1996 nicht mehr in der Lage, seinen Beruf auszuüben.

Der Kläger ist bei der Beklagten gegen Invalidität versichert. Invalidität ist nach den Bedingungen der Beklagten definiert als die gesundheitsbedingte Unfähigkeit, den Beruf oder eine Vergleichstätigkeit auszuüben. Bedingungsgemäße Invalidität entspricht also der Berufsunfähigkeit, wie sie in den Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die gelegentlich statt auf "Ausbildung und Erfahrung" ebenfalls auf "Kenntnisse und Fähigkeiten" abstellen (Voit in: Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl., § 2 BUZ Rn. 29), verstanden wird. Wie in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung muss deshalb auch in der hier vorliegenden Invaliditätsversicherung Ausgangspunkt für die Beurteilung gesundheitlich bedingter Invalidität der konkret ausgeübte Beruf sein.

Maßgebend für das Verständnis des Begriffs "Beruf" ist danach nicht das allgemeine Berufsbild. Bei dem Beruf, zu dessen Ausübung der Versicherte außerstande sein muss, handelt es sich vielmehr um nichts anderes als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung (st. Rspr., vgl. zum Beispiel BGH VersR 1996, 830, 831). Berufsunfähigkeit oder - hier - Invalidität ist somit gegeben, wenn der Versicherte gesundheitlich bedingt seine zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit oder eine andere (Verweisungs-) Tätigkeit nicht mehr ausüben kann.

Ausgehend davon bestehen keine Zweifel, dass bei der Beurteilung, ob der Kläger in der Zeit vom 15.1.1996 bis 31.1.1998 "seinen Beruf" ausüben konnte, darauf abzustellen ist, ob der Kläger weiter als Dachdecker im räumlichen Bereich des Saarlandes tätig sein konnte. Denn dieser Arbeitsplatz bei der Fa. H bestimmte seine Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung insoweit mit, als der Kläger in einer Umgebung arbeiten musste, in der er Belastungen durch Staub und Pollenflug ausgesetzt war. Die Auffassung der Beklagten, der Kläger habe weiter "in seinem Beruf" arbeiten können, weil er als Dachdecker an der Nordsee oder im Hochgebirge habe tätig sein können, trifft deshalb nicht zu. Es handelt sich bei der von der Beklagten angesprochenen Tätigkeit nicht mehr um den Beruf im Sinne der Bedingungen, sondern um eine andere (Verweisungs-) Tätigkeit. Da der Kläger unstreitig gesundheitsbedingt nicht in der Lage war, weiter als Dachdecker im räumlichen Bereich des Saarlandes zu arbeiten, steht fest, dass er "seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte.

2. Der Kläger konnte seit dem 15.1.1996 auch keine andere Tätigkeit ausüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden konnte und seiner bisherigen Lebensstellung entsprach.

a) Verwiesen hat die Beklagte den Kläger zunächst auf eine Tätigkeit als Dachdecker an der Nordsee oder im Hochgebirge. Dass ihm die Ausübung des Dachdecker - Berufes an einem allergenfreien Ort nicht möglich war, hat der für das Vorliegen der Invalidität beweisbelastete Kläger (vgl. dazu Voit, a.a.O., § 1 BUZ Rn. 5) nicht unter Beweis gestellt. Für eine solche Annahme spricht angesichts des Berichts der Klinik für Dermatologie und Allergie Borkum auch nichts: Die behandelnden Ärzte der Klinik, in der der Kläger eine vierwöchige Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt hat, haben vielmehr von einem komplikationslosen Verlauf des Heilverfahrens ohne Beobachtung einer bronchoobstruktiven Symptomatik berichtet (Bl. 74 ff., insbesondere unter 6.). Dass es die Tätigkeit eines Dachdeckers an solchen Orten tatsächlich gibt, ist für den Bereich der Nordsee unstreitig.

Obwohl die Verweisung auf eine Tätigkeit, die nur an bestimmten Orten ausgeübt werden kann, vertraglich nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist - eine Bestimmung hierzu ist in den Bedingungen der Beklagten nicht enthalten -, war der Beklagten jedoch eine Verweisung unter dem Gesichtspunkt der "Wahrung der bisherigen Lebensstellung" (§ 2 und Nr. 1 der Bedingungen) und nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt. Ein Pendeln vom Wohnort zu einem Arbeitsplatz an der Nordsee oder ein Umzug in eine andere an der Nordsee gelegene Stadt war dem Kläger nicht zumutbar. Der Kläger hat insoweit zu Recht zunächst auf die Vorschrift des § 121 Abs. 4 und 5 SGB III verwiesen. Danach sind einem Arbeitslosen Beschäftigungen nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten unverhältnismäßig lang sind, d.h. bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden mehr als zweieinhalb Stunden betragen, es sei denn, längere Pendelzeiten sind üblich. Unzumutbar ist eine Beschäftigung auch dann, wenn sie nicht nur vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert. Wäre der Kläger, der verheiratet ist und ein Kind hat und Eigentümer eines Hauses in Saarbrücken ist, arbeitslos geworden, hätte er demgemäß eine Beschäftigung an der Nordsee nicht annehmen müssen, da ein Pendeln zwischen Wohnort und Arbeitsplatz entfernungsbedingt nicht möglich gewesen wäre, sondern eine - nicht nur vorübergehende - getrennte Haushaltsführung erfordert hätte. Schon das spricht dafür, eine solche Verweisung auch in der privaten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung für unzumutbar zu halten. Weiter ist folgendes zu berücksichtigen: Bei einem Handwerker wird die Lebensstellung in der Regel durch den räumlichen Lebensbereich stark mitbestimmt. Ein Handwerker wie der Kläger wird in seinem Beruf kaum Mobilität zeigen; sie wird von ihm üblicherweise auch nicht erwartet. Er wird, wenn er arbeitslos wird, üblicherweise keinen Umzug an einen weit entfernten Ort auf sich nehmen, solange er Unterstützung erhält (vgl. hierzu Voit, Berufsunfähigkeitsversicherung, München 1994, Rn. 389). Die personenbezogenen Gründe, die nach § 121 Abs. 4 SGB III eine Beschäftigung für einen Arbeitslosen unzumutbar machen, werden jedenfalls solange im Vordergrund stehen, als ihm keine Beschäftigung angeboten wird, mit der er ein weit höheres Einkommen erzielen kann als bisher. Nach Auffassung des Senats lassen sich diese Gesichtspunkte auf die Privatversicherung übertragen. Das bedeutet aber, dass die Beklagte eine sozial unangemessene Forderung stellt, wenn sie einen Versicherten auf eine Tätigkeit verweist, die er nur weit entfernt von seinem Wohnort ausüben kann (vgl. dazu auch Rüther, NVersZ 1999, 497, 499 f., der einen zur Ausübung des Vergleichsberufs erforderlichen Wohnortwechsel in den überwiegenden Fällen für unzumutbar hält).

b) Verwiesen hat die Beklagte den Kläger weiter auf eine Tätigkeit als Fachberater/Fachverkäufer im Baustoff- bzw. Bauzubehörhandel. Auch diese Tätigkeiten sind jedoch keine geeigneten Verweisungstätigkeiten, denn sie hätten der bisherigen Lebensstellung des Klägers nicht entsprochen.

Auszugehen ist allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichts davon, dass der Kläger diese Tätigkeiten aufgrund seiner bei Eintritt des Versicherungsfalls vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten hätte ausüben können (vgl. dazu BGH VersR 1987, 753, 754). Die Beklagte hat insoweit dargelegt, dass die erforderliche Vorbildung für diese Berufe nicht notwendigerweise eine kaufmännische Ausbildung sei, dass die Tätigkeiten vielmehr auch mit einer handwerklichen Ausbildung - nach einer kurzfristigen Einarbeitungszeit - ausgeübt werden könnten. Diese Darlegungen hat der Sachverständige M in seinem von dem Landgericht eingeholten Gutachten vom 11.3.1999 insofern bestätigt, als er ausgeführt hat, in allen großen saarländischen Baumärkten fänden auch Nichtkaufleute in die Beschäftigung als Fachberater Eingang. Es würden auch gerne ausgebildete Facharbeiter eingestellt, so dass vorliegend grundsätzlich davon auszugehen sei, dass sich der Kläger für die Tätigkeit eines Fachberaters bzw. Verkaufsberaters qualifizieren könne. Der Kläger besitze aufgrund seiner Berufserfahrung die notwendige Warenkenntnis im Hinblick auf die Eigenschaften und Verarbeitungsmethoden der im Bedachungsgewerbe eingesetzten Baustoffe und Hilfsstoffe, so dass ihm sein praktisches Wissen in der Fachberatung der Kunden entgegenkommen würde (Bl. 246 f.). Der Senat hat deshalb keine vernünftigen Zweifel, dass der Kläger für die aufgezeigten Tätigkeiten aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen förmlich qualifiziert war: Wenn Fachmärkte - gerne - entsprechend ausgebildete Facharbeiter als Fachverkäufer/Kundenberater einsetzen, heißt das, dass diese die Tätigkeit nach einer angemessenen Einarbeitungszeit, wie sie jeder Antritt einer neuen Arbeitsstelle mit sich bringt, sachgemäß und anforderungsgemäß ausüben können (vgl. dazu BGH VersR 1995, 159, 160), also mit Kunden umgehen können, auch wenn sie zuvor in ihrem Beruf nur mit fachkundigen Mitarbeitern gearbeitet haben.

Ob der Kläger gesundheitlich in der Lage war, die genannten Tätigkeiten auszuüben, ist allerdings ungeklärt geblieben. Der Sachverständige M hat dazu ausgeführt, bei Beratungstätigkeiten in Baumärkten könne nicht ausgeschlossen werden, dass Bau- und Betriebsstoffe sich auch in Außenlagern befänden und der tätige Mitarbeiter für die ordnungsgemäße Lagerung bzw. für die Warenbestände verantwortlich sei; deshalb sei eine Verweisung des Klägers aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen (möglicherweise) ausgeschlossen. Der Kläger selbst hat zusätzlich behauptet, er sei auch allergisch gegen Stoffe, die in Baustoffen enthalten seien, so dass auch deswegen eine Verweisung ausscheide. Dem ist die Beklagte entgegengetreten.

Ungeklärt geblieben ist auch, ob die Verweisung auf die aufgezeigten Tätigkeiten deshalb nicht in Betracht gekommen wäre, weil der Kläger - bei einer arbeitsrechtlich gebotenen Offenlegung seines Gesundheitszustandes - voraussichtlich nicht eingestellt worden wäre (vgl. hierzu Voit, a.a.O., § 2 BUZ Rn. 49, 50 und a.a.O. Rn. 391 ff.). Von einer solchen Konstellation ist der Sachverständige M. - (allerdings ohne nähere Begründung) ausgegangen; auch die Beklagte selbst hat Unterlagen vorgelegt, denen zu entnehmen ist, dass chronische Erkrankungen der Atemwege und chronische Hauterkrankungen Eignungsrisiken bei den aufgezeigten Tätigkeiten darstellen (Bl. 147).

Die Frage, ob der Kläger die aufgezeigten Tätigkeiten gesundheitsbedingt nicht hätte ausüben können oder ob er aus gesundheitlichen Gründen keine Chance gehabt hätte eingestellt zu werden, kann jedoch unbeantwortet bleiben. Denn der Senat ist aufgrund der Auskünfte des Landesverbandes Einzelhandel und Dienstleistung Saarland e.V., des Groß- und Außenhandelsverbandes Saarland e.V., der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft davon überzeugt, dass das mit den aufgezeigten Tätigkeiten erzielbare Einkommen spürbar unter das Niveau des zuletzt erzielten Einkommens abgesunken wäre (dazu Voit, a.a.O., Rn. 356 ff.; BGHNJW-RR 1998, 239 und 1396).

Der Kläger hat - wie der Sachverständige M in seinem Gutachten vom 11.3.1999 bestätigt hat - in seinem Beruf als Dachdecker zuletzt ein Einkommen von etwa 2 800 DM netto verdient. Als Fachverkäufer oder Fachberater in einem Baumarkt hätte er im Jahre 1996 dagegen lediglich ein Einkommen in Höhe von 2.105 DM/2.144 DM brutto erzielen können, wenn er eine Bezahlung nach dem Gehalts- und Lohntarifvertrag für den saarländischen Einzelhandel erhalten hätte; bei einer Eingruppierung in den Tarifvertrag für die Firmen des Groß- und Außenhandels hätte sein Einkommen für das erste Halbjahr 1996 2.044 DM, für das zweite Halbjahr 2.085 DM brutto betragen. Denn er wäre nach der Überzeugung des Senats entsprechend seiner Behauptung nicht in die Gehaltsgruppe III, sondern in die Gehaltsgruppe I, 1. Jahr des Einzelhandelstarifvertrages bzw. nicht in die Lohngruppe 3, sondern in die Gehaltsgruppe II, 1. Jahr des Tarifvertrages Groß- und Außenhandel eingruppiert worden. Das haben die eingeholten

Auskünfte übereinstimmend bestätigt. Hinsichtlich des Einzelhandelstarifvertrages hat insbesondere die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen darauf hingewiesen, dass die Frage der Anrechnung von in anderen Wirtschaftsbereichen verbrachten Berufsjahren in § 10 Nr. 4 des Manteltarirvertrages des saarländischen Einzelhandels eine Regelung erfahren hat. Danach erfolgt eine Anrechnung dann, wenn die bisher verbrachten Berufsjahre in einer kaufmännischen Tätigkeit erfolgt sind, nicht aber, wenn die betreffende Person ausschließlich als gewerblicher Arbeitnehmer tätig war. Der Kläger hätte damit die Voraussetzungen zur Eingruppierung in den Tarifvertrag des saarländischen Einzelhandels als Verkäufer (Gehaltsgruppe E) nicht erfüllt. Erst recht wäre der genannten Auskunft zufolge eine Gleichsetzung der gewerblichen Tätigkeit eines gelernten Dachdeckers mit derjenigen eines Erstverkäufers nach einer dreijährigen kaufmännischen Ausbildung und einer üblicherweise langjährigen Berufserfahrung nicht zulässig gewesen. Vergleichbares gilt für die Eingruppierung nach dem Tarifvertrag für den Groß- und Außenhandel. Insoweit sind zwar die formalen Voraussetzungen weniger relevant; entscheidend ist vielmehr, welche Fähigkeiten der Betroffene für kaufmännische Tätigkeiten mitbringt. Eine Einstufung des Klägers in die Gehaltsgruppe III wäre jedoch, wie sich der Auskunft des Groß- und Außenhandelsverbandes Saar entnehmen lässt, allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn dieser die erforderlichen kaufmännischen Kenntnisse während seines beruflichen Werdegangs durch eine langjährige Tätigkeit als Verkäufer oder Fachberater hätte vorweisen können, die allerdings nicht länger als ein Jahr hätten zurückliegen dürfen. Diese Voraussetzungen hätte der Kläger nicht erfüllt. Aus der Auskunft des Groß- und Außenhandelsverbandes Saar folgt überdies, daß eine Eingruppierung des Klägers als Fachverkäufer bzw. Fachberater in die Stundenlohngruppe 3 des Lohntarifvertrages überhaupt nicht in Betracht gekommen wäre, da er im Rahmen dieser Tätigkeit nicht als gewerblicher Arbeitnehmer anzusehen gewesen wäre.

Aus den eingeholten Auskünften ergibt sich weiter, dass eine einzelvertraglich vereinbarte außertarifliche Einstufung für den Bereich des Saarlandes allenfalls vereinzelt anzunehmen gewesen wäre. Für ihre entgegenstehende Behauptung hat die Beklagte keinen geeigneten Beweis angetreten: Ihre Anregung, eine gezielte Befragung einschlägiger Mitgliedsunternehmen der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes durchzuführen, läuft auf einen unzulässigen Beweisennittlungsantrag hinaus, nachdem die Beklagte nicht dargelegt hat, daß für ihre Behauptung tatsächliche Anhaltspunkte bestehen (vgl. dazu Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., vor § 284 Rn. 5 m.w.N.). Der Senat hat deshalb keine Zweifel, dass das in den aufgezeigten Vergleichstätigkeiten erzielbare Einkommen spürbar unter dem von dem Kläger zuvor erzielten Einkommen gelegen hätte: Der Kläger hat dazu unwidersprochen vorgetragen, dass sein Nettogehalt bei einer Tätigkeit als Fachverkäufer/Fachberater sich auf 1.600 DM belaufen hätte, so dass die Einkommenseinbuße etwa 43 % betragen hätte. Die Lebensstellung des Klägers wäre damit im wirtschaftlichen Bereich nicht mehr gewahrt gewesen (vgl. auch dazu BGH NJW-RR 1998, 1396, 1397).

Dem Kläger steht damit die geltend gemachte Berufsunfähigkeitsrente zu. Er kann diese beanspruchen vom 15.1.1996 bis 31.1.1998. Für den nachfolgenden Zeitraum hat die Beklagte die Rentenansprüche des Klägers in vollem Umfang anerkannt und sich aus diesem Grund der Erledigungserklärung des Klägers angeschlossen. An dieses Leistungsanerkenntnis, das auch hinsichtlich der hier zu beurteilenden allergischen Erkrankung des Klägers nach der Sachlage geboten war, ist die Beklagte gebunden. Einen Wegfall der Leistungspflicht kann sie nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens geltend machen (vgl. dazu im Einzelnen: Voit, a.a.O., Erläuterungen zu §§ 5 und 7 BUZ m.w.N. und BGH VersR 1989,1182, 1183 unter 4; BGH NJW-RR 1997, 529, 530 unter 1. a); OLG Oldenburg NVersZ 2000, 268.). Die Hauptsache hat sich damit hinsichtlich der für den Zeitraum ab dem 1.2.1998 geltend gemachten Rentenansprüche erledigt, was zur Klarstellung im Tenor ausgesprochen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer wurde gem. § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt. Sie bestimmt sich nach dem restlichen Betrag der Hauptsache ohne Hinzurechnung der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten (BGHR ZPO § 91 a Abs. 1 Satz 1, Streitwert 2 und Beschwer bei Teilerledigung; BGH NJW-RR 1995, 1089, 1090). Die Beschwer beträgt somit:

- Rückständige Rente (15.1.1996 - 30.6.1997) 27.806,61 DM - Rente (1.7.1997-26.1.1998) 11.122,65 DM 7 x 789,40 DM = 5.525,80 DM 7 x 799,55 DM = 5.596,85 DM - Beitragsfreistellung (15.1.1996 - 26.1.1998) 8.575,00 DM 24 1/2 x 350,- DM (geschätzt) 47.504,26 DM

Ende der Entscheidung

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