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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 5 U 78/08
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, AVB


Vorschriften:

ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 546
VVG § 1 Abs. 1 Satz 1
VVG § 6 Abs. 3
VVG § 6 Abs. 3 Satz 1
VVG § 6 Abs. 3 Satz 2
VVG § 61
AVB § 7 Nr. 1 Abs. 2 Satz 3
AVB § 7 Nr. V Abs. 1
AVB § 7 Nr. V Abs. 2
AVB § 7 Nr. V Abs. 4
AVB § 12 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 78/08

verkündet am 19.11.08

In dem Rechtsstreit

wegen Anspruchs aus einem Kaskoversicherungsvertrag

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2008 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Rixecker, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Knerr und den Richter am Landgericht Schulz

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 30.01.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (12 O 21/07) wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten um einen Anspruch aus einem Kaskoversicherungsvertrag auf Grund eines Verkehrsunfalls.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten für den Pkw Ferrari Spider 360 Modena (amtl. Kennz.: XXX) eine Kraftfahrtversicherung (Vers.-Schein Nr. ... - Bl. 23 d. A.), welche eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung in Höhe von 2.500,-- € enthielt. Dem Vertrag lag das Bedingungswerk S07/2004 (Bl. 134 d. A.) zu Grunde (im Folgenden AVB genannt).

Am 03.06.2006 wurde durch die Polizeibeamten PK U. und B. ein Verkehrsunfall auf der L 215 zwischen B. und S. aufgenommen. Nach der Ermittlungsakte verunfallte der Kläger mit seinem Fahrzeug. Der Kläger befuhr ausweislich der Ermittlungsakte die L 215 aus Richtung B. kommend in Richtung H.- S.. Nachdem er das Fahrzeug der Zeugin M. überholt hatte, verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug, wobei zwischen den Parteien streitig ist, in welchem zeitlichen und räumlichen Abstand der Abschluss des Überholvorgangs und der Kontrollverlust erfolgten. Der Kläger geriet nach Aktenlage mit den rechten Rädern seines Fahrzeugs in den unbefestigten rechten Grünstreifen und schleuderte über die gesamte Fahrbahn, wobei sich sein Fahrzeug drehte. Anschließend kam er in dem aus Fahrtrichtung gesehen linken Fahrbahnrand an einem Baumstumpf zum Stehen. Der Kläger wurde dabei verletzt. Seine Beifahrerin blieb unverletzt.

Unter dem 08.06.2006 füllte der Kläger das Formular der Beklagten zur Schadenanzeige-Fahrzeugversicherung (Kasko) (Bl. 32 d. A.) aus. Dabei beantwortete er die Frage nach der voraussichtlichen Schadenshöhe mit "??? EUR". Unter "4. Ausführliche Schadenschilderung" gab er zu Ziffer 4.1 "Geschwindigkeit vor dem Unfall?" 70 km/h und auf die Frage "vorgeschriebene Geschwindigkeit am Unfallort?" ebenfalls 70 km/h an. Unter Ziffer 4.2 "Schilderung" machte der Kläger folgende Angabe:

"Aufgrund entgegenkommender Fahrzeuge bin ich etwas zur Seite ausgewichen und kam dadurch auf den Grünstreifen, so dass ich ins Schleudern kam."

In dem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 26.06.2006 (Bl. 7 d. A.) kam der Sachverständige S. zu einem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs in Höhe von 120.000,-- € inklusive MWSt., einem Restwert in Höhe von 52.269,-- € inklusive MWSt. und Reparaturkosten in Höhe von 67.702,29 € inklusive MWSt.

Die Beklagte holte mit Auftrag vom 28.06.2006 ein Gutachten zum Hergang des Verkehrsunfalls ein. Der Sachverständige O. kam in seinem schriftlichen Gutachten vom 06.12.2006 (Bl. 35 d. A.) zu dem Ergebnis, dass eine spurentechnisch nachweisbare Annäherungsgeschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs von 112 bis 117 km/h bestanden habe.

Mit Schreiben vom 08.12.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass wegen falscher Angaben kein Versicherungsschutz bestehe. Durch anwaltliches Schreiben vom 12.12.2006 wurde die Beklagte daraufhin erfolglos vom Kläger unter Fristsetzung zum 30.12.2006 aufgefordert, mitzuteilen, worin die Falschangaben liegen sollten, sowie die Deckungsschutzablehnung zurückzunehmen.

Mit seiner Klage hat der Kläger den vom Sachverständigen festgestellten Reparaturschaden in Höhe von 67.702,29 € abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 2.500,- € sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 952,-- € geltend gemacht.

Der Kläger hat behauptet, er sei am 03.06.2006 auf der L 215 entgegen kommenden Fahrzeugen nach rechts ausgewichen. Dabei sei er in den Grünstreifen am rechten Fahrbahnrand geraten und habe die Kontrolle über das Fahrzeug verloren.

Nachdem der Kläger zunächst behauptet hatte, dass er vor dem Unfall mit 70 km/h gefahren sei, hat er dann unstreitig gestellt, dass er vor dem Unfall - wie von dem Sachverständigen Dr. P. als Mindestgeschwindigkeit festgestellt - mit einer Geschwindigkeit von 95 km/h gefahren sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 65.202,29 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.01.2007 nebst 952,-- € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Unfallhergang mit Nichtwissen bestritten (Bl. 28 d. A.).

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger sei, falls der von ihm behauptete Unfall überhaupt stattgefunden habe, nicht wegen eines entgegen kommenden Fahrzeugs verunfallt, sondern wegen überhöhter und völlig unangepasster Geschwindigkeit. Die Fahrweise des Klägers sei den Straßenverhältnissen völlig unangepasst gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Straße relativ schmal und kurvig sei, nicht über eine Mittellinie verfüge und an unbefestigte Seitenstreifen grenze. Der Kläger habe durch seine Fahrweise sich und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Das hohe Risiko, welches der Kläger durch seine unangepasste Fahrweise eingegangen sei, habe sich dadurch realisiert, dass der Kläger ohne Fremdeinwirkung ins Schleudern geraten sei. Der Kläger habe daher das Unfallereignis in grob fahrlässiger Weise herbeigeführt (Bl. 28 - 30 d. A.).

Des Weiteren sei die Beklagte auf Grund falscher Angaben in der Schadenanzeige leistungsfrei, da die vom Kläger angegebene Geschwindigkeit vor dem Unfall von 70 km/h falsch sei. Tatsächlich sei der Kläger, wie von dem Ingenieurbüro O. in seinem Gutachten vom 08.12.2006 (Bl. 34 d. A.) festgestellt, mit einer Geschwindigkeit von 112 bis 117 km/h vor dem Unfall gefahren. Gehe man davon aus, dass das Fahrzeug vor Beginn der Spurzeichnung noch abgebremst worden sei, liege die Annäherungsgeschwindigkeit des Klägers noch wesentlich höher (Bl. 30 - 31 d. A.).

Mit dem am 30.01.2008 verkündeten Urteil (Bl. 147 d. A.) hat das Landgericht Saarbrücken - nach informatorischer Befragung des Klägers (Bl. 72 d. A.) sowie Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin M. (Bl. 73 d. A.) und Einholung eines schriftlichen verkehrstechnischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. P. vom 14.09.2007 (Bl. 86 d. A.) nebst mündlicher Erläuterung vom 09.01.2008 (Bl. 127 d. A.) - die Klage abgewiesen. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils Bezug.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Der Kläger ist der Auffassung, das Landgericht sei von nicht bewiesenen Annahmen ausgegangen, habe nicht existierende Lebenserfahrungsgrundsätze angewandt und die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung verkannt (Bl. 202 d. A.).

Das Landgericht habe nicht hinreichend deutlich zwischen dem vorausgehenden Überholvorgang und dem späteren Unfallgeschehen unterschieden, sondern das Geschehen zu einem einheitlichen Sachverhalt zusammengefasst (Bl. 202 d. A.). Die Zeugin M. habe die von ihr angegebene Geschwindigkeit von 70 km/h nur an Hand des Motorengeräuschs geschätzt, welches aber bei einem Ferrari auf Grund seiner Lautstärke fälschlich eine hohe Geschwindigkeit suggeriere (Bl. 202 f d. A.). Da weder die Zeugin M. noch entgegen kommende Fahrzeuge durch den Überholvorgang beeinträchtigt oder gefährdet worden seien und die Zeugin M. ausgeführt habe, der Kläger sei noch eine gewisse Strecke vor dem Unfall vor ihr hergefahren, sei davon auszugehen, dass der Überholvorgang zeitlich und örtlich bereits lange vor dem Unfallereignis abgeschlossen gewesen sei (Bl. 203 d. A.)

Ein Fahren mit 95 km/h bei erlaubten 70 km/h begründe jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit, zumal bei Geschwindigkeitsbegrenzungen hinsichtlich der Beurteilung der Gefahrenlage Toleranzen berücksichtigt würden (Bl. 204 d. A.). Der Kläger sei nur deshalb auf das Bankett gekommen, weil er einem entgegen kommenden, nicht seine Fahrbahnhälfte einhaltenden Fahrzeug habe ausweichen wollen und dabei versehentlich etwas zu weit rechts gefahren sei. Dies sei ein Fehler, der jedem passieren könne und deshalb nicht als grob fahrlässig zu werten sei (Bl. 204 d. A.).

Der Kläger habe ferner nicht vorsätzlich falsche Angaben gemacht, insbesondere nicht hinsichtlich der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit. Der Kläger habe den Unfallhergang korrekt wiedergegeben. Objektiv unrichtig sei lediglich die Schätzung, er sei zum Unfallzeitpunkt 70 km/h gefahren. Geschwindigkeitsangaben seien Circa-Angaben, da niemand ständig auf den Tachometer schaue. Darüber hinaus werde man in einem Ferrari auf Grund der perfekten Straßenlage bezüglich der gefühlten Geschwindigkeit extrem getäuscht (Bl. 205 d. A.). Es handle sich auch nicht um eine Angabe ins Blaue hinein, da Geschwindigkeitsangaben für den Versicherer erkennbar Circa-Angaben seien (Bl. 205 f d. A.). Hinzu komme, dass zwischen der angegebenen und der vom Sachverständigen Dr. P. festgestellten Geschwindigkeit nur 25 km/h lägen und in einem Ferrari auch ein kurzfristiges Gasgeben zu einer sofortigen Geschwindigkeitserhöhung von 25 km/h führe (Bl. 206 d. A.).

Der eventuelle Obliegenheitsverstoß sei nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung nicht geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und auch subjektiv nicht von einigem Gewicht. Der Unfall infolge eines entgegen kommenden Fahrzeugs hätte auch bei 70 km/h stattgefunden. Auf Grund der unpräzisen Geschwindigkeitswahrnehmung sei es ferner offensichtlich gewesen, dass es sich nur um eine Circa-Angabe handeln könne (Bl. 206 d. A.). Der Umstand der unzutreffenden Geschwindigkeitsangabe habe daher keinen Einfluss auf den Versicherungsfall gehabt (Bl. 207 d. A.).

Das Landgericht habe des Weiteren auf den persönlichen Eindruck vom Kläger abgestellt, ohne die für diesen maßgeblichen Umstände zu nennen. Es habe ferner den genauen Unfallort nicht ermittelt. Schließlich habe das Landgericht unterstellt, dass der Kläger während oder nach der Reduzierung seiner Geschwindigkeit einen Kontrollblick auf den Tachometer geworfen habe. Dies sei jedoch nicht so gewesen (Bl. 207 f d. A.).

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 65.202,29 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.01.2007 sowie weitere 952,-- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, der einheitliche zum Unfall führende Lebenssachverhalt dürfe nicht in einen vorausgehenden Überholvorgang und ein späteres Unfallgeschehen aufgespalten werden (Bl. 212 d. A.). Es handle sich um einen einheitlichen Sachverhalt, nämlich einen Überholvorgang, der zu einem Unfall geführt habe. Der Überholvorgang sei nicht lange vorher beendet gewesen. Der Kläger habe beim Wiedereinscheren beschleunigt und sei dadurch von der Fahrbahn abgekommen. Also habe sich der Unfall im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Überholvorgang zugetragen (Bl. 213 d. A.).

Der Kläger sei mit hoher Geschwindigkeit auf die Zeugin M. zugefahren und habe sie sehr schnell überholt, so dass sie keine Zeit zu irgend einer Reaktion gehabt habe (Bl. 213 d. A.). Ausweislich der Aussage der Zeugin sei das Fahrzeug nicht wegen Gegenverkehrs, sondern weil es zu schnell gewesen sei, auf den Grünstreifen gekommen. Erst als es bereits auf dem Grünstreifen gewesen sei, sei Gegenverkehr gekommen. Dieser sei nicht zu weit links gefahren und habe die Zeugin M. nicht zum Ausweichen veranlasst (Bl. 214 d. A.). Die Zeugin habe die eigene Fahrgeschwindigkeit korrekt angegeben, was durch die Feststellungen des Sachverständigen bestätigt werde (Bl. 214 d. A.).

Die Geschwindigkeit des Klägers sei höher gewesen als 95 km/h, was daraus folge, dass zur Ausführung des Überholvorgangs nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h notwendig gewesen sei (Bl. 214 d. A.). Hierfür spreche, dass die tatsächliche Schleuderspur mit 80 m länger gewesen sei als die auf den Lichtbildern erkennbare und vom Sachverständigen berücksichtigte Spur. Auch aus der Aussage der Zeugin M. ergebe sich eine höhere Geschwindigkeit (Bl. 215 d. A.). Die Geschwindigkeit habe mindestens 124 km/h betragen. Auch mit 95 km/h liege aber grobe Fahrlässigkeit vor, da der Kläger an der engen Stelle durch einen waghalsigen Überholvorgang den Unfall herbeigeführt habe (Bl. 215 d. A.).

Dem ortskundigen Kläger seien sowohl die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h als auch die Enge und Gefährlichkeit der befahrenen Strecke bekannt (Bl. 215 d. A.). Dem Kläger sei auch bekannt gewesen, dass er zur erfolgreichen Durchführung des Überholvorgangs mindestens 160 km/h habe fahren müssen (Bl. 216 d. A.). Daher habe er beim Ausfüllen der Schadenanzeige gewusst, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten habe. Er habe daher diese als eigene Fahrgeschwindigkeit eingetragen, um die höhere Geschwindigkeit zu vertuschen (Bl. 216 d. A.).

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrages im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 16.05.2007 (Bl. 71 d. A.), vom 09.01.2008 (Bl. 126 d. A.) und des Senats vom 29.10.2008 (Bl. 226 d. A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 30.01.2008 (Bl. 147 d. A.) und die Ermittlungsakte der Kreisverwaltung des Saarpfalz-Kreises (Az. 436001191) Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, d. h. einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 u. 2 EGVVG ist das bis zum 31.12.2007 geltende Recht anwendbar.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 VVG i. V. m. § 12 Abs. 1 AVB.

I.

Dies folgt zum einen daraus, dass die Beklagte gemäß § 6 Abs. 3 VVG i. V. m. § 7 Nr. V Abs. 4 AVB infolge einer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls begangenen Obliegenheitsverletzung leistungsfrei geworden ist.

Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG i. V. m. § 7 Nr. V Abs. 4 AVB verliert der Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz, wenn er eine nach Eintritt eines Unfalls zu erfüllende Obliegenheit verletzt, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. § 7 Nr. V Abs. 4 AVB, der für die Fahrzeugversicherung auf die Vorschrift des § 6 Abs. 3 VVG Bezug nimmt und Leistungsfreiheit nach Maßgabe dieser Vorschrift anordnet, ist dabei speziell gegenüber § 7 Nr. V Abs. 1 u. 2 AVB, der im Übrigen lediglich eine beschränkte Leistungsfreiheit anordnet.

1. Gemäß § 7 Nr. 1 Abs. 2 Satz 3 AVB bestand für den Kläger als Versicherungsnehmer eine Obliegenheit, im Versicherungsfall alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Dies beinhaltet eine Aufklärungsobliegenheit, wonach der Versicherungsnehmer u. a. verpflichtet ist, den Schadenshergang vollständig und zutreffend zu schildern und die ihm diesbezüglich vom Versicherer gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten.

2. Diese Obliegenheit hat der Kläger objektiv verletzt. Der Kläger hat unstreitig in dem Schadenanzeigeformular der Beklagten unter Ziffer 4.1 als Geschwindigkeit vor dem Unfall 70 km/h und als erlaubte Geschwindigkeit ebenfalls 70 km/h angegeben (Bl. 33 d. A.). Auf Grund des Ergebnisses des Sachverständigen Dr. P., wonach der Kläger mit einer Geschwindigkeit von mindestens 95 km/h gefahren ist, hat der Kläger unstreitig gestellt, dass er 95 km/h gefahren sei (Bl. 109 d. A.). Demnach ist die Angabe, er sei nur 70 km/h gefahren, objektiv unrichtig.

Der Kläger kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, er habe die Frage deshalb nicht falsch beantwortet, weil es sich bei der Angabe der gefahrenen Geschwindigkeit nur um eine Circa-Angabe handle. Dass dies generell bei Unfallmeldungen der Fall sei, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hätte, wenn er nur eine Circa-Angabe machen wollte, seine Angaben mit "ca." kennzeichnen müssen. Im Übrigen ist es zwar denkbar, dass man sich beim Ausfüllen des Formulars um wenige km/h verschätzt. Insoweit sind gewisse Toleranzbereiche zuzugestehen. Jedoch fällt eine Überschreitung von 25 km/h völlig aus einer noch hinnehmbaren Fehlertoleranz heraus.

3. Der Kläger war auch nicht deshalb nicht zur Beantwortung der betreffenden Frage verpflichtet, weil diese nicht sachdienlich war (vgl. Senat, Urt. v. 22.11.2006 - 5 U 269/06-43 - VersR 2007, 977 f m. w. N.). Die Frage nach der vor dem Unfall gefahrenen Geschwindigkeit betrifft eine zentrale Frage des zum Schaden und damit Eintritt des Versicherungsfalls führenden Kausalverlaufs. Die Kenntnis der Geschwindigkeit ist unablässige Voraussetzung sowohl für die Beurteilung der Frage, ob der geschilderte Geschehensablauf sich überhaupt so zutragen konnte, wie vom Versicherungsnehmer ihn schildert, als auch für die Beurteilung eventueller grob fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Herbeiführung. Die Frage ist daher sachdienlich.

4. Der Kläger hat nicht bewiesen, dass die Obliegenheitsverletzung nicht vorsätzlich erfolgt ist, obgleich er hierfür die Beweislast trägt (vgl. Prölss/Martin-Prölss, aaO., § 6 VVG, Rdnr. 124 m. w. N.).

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Kläger wusste, dass er mit einer erheblich, d. h. mindestens um 25 km/h über der zulässigen Geschwindigkeit liegenden Geschwindigkeit gefahren ist, als er auf das rechte Bankett geraten und verunfallt ist. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Zweifel an dieser Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Der Kläger hat zunächst die Zeugin M. mit einer ganz erheblichen Geschwindigkeit überholt, welche nach den Feststellungen des Sachverständigen P., um überhaupt den Überholvorgang erfolgreich beenden zu können 160 km/h betragen haben musste. Die Zeugin M. hat ausgeführt, sie selbst sei zwischen 70 und 80 km/h schnell gefahren (Bl. 73 d. A.). Der Kläger hat bei seiner Anhörung ausgeführt, auf der Strecke gebe es nicht viele Stellen, an denen man überhaupt überholen konnte. Er habe die Gelegenheit zum Überholen an einer übersichtlichen Stelle genutzt (Bl. 72 d. A.). Dagegen hat die Zeugin M. ausgeführt, es habe sich um eine unübersichtliche Stelle gehandelt und sie sei infolge der Möglichkeit des Auftauchens von Gegenverkehr über den Überholvorgang erschrocken gewesen (Bl. 73 d. A.).

Nach dem Abschluss des Überholvorgangs ist der Kläger nach übereinstimmenden eigenen Angaben und Angaben der Zeugin M. wieder auf den rechten Fahrstreifen eingeschert. Der Kläger führt aus, er habe den Abstand zum nachfolgenden Fahrzeug geschaffen - also beschleunigt - und habe dann das Tempo wieder reduziert (Bl. 72 d. A.). Die Zeugin M. hat bekundet, das Fahrzeug sei nach rechts abgekommen, weil es einfach zu schnell gewesen sei. Der Gegenverkehr sei dagegen ganz normal gefahren, so dass der Kläger diesem nicht habe ausweichen müssen (Bl. 74 d. A.).

Somit lag ein mit einer deutlich über der erlaubten Geschwindigkeit von 70 km/h ausgeführter Fahrvorgang vor, der hoch riskant war. Auch nachdem der eigentliche Überholvorgang beendet war, hat der Kläger weiter beschleunigt, um einen deutlichen Abstand zwischen sich und das - offensichtlich geschnittene - überholte Fahrzeug zu bringen, welches seinerseits bereits leicht schneller als erlaubt fuhr. Dass ein solcher Fahrvorgang nicht unter Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h möglich ist, ist jedem Autofahrer bekannt und in der jeweiligen Situation sofort bewusst. Dabei spielen die Motorgeräusche und die perfekte Straßenlage des jeweiligen Fahrzeugs keine Rolle. Des Weiteren ist es auch gleichgültig, ob der Kläger nach Abschluss des Überholvorgangs und vor dem Abkommen von der Fahrbahn noch einmal einen kurzen Kontrollblick auf den Tacho geworfen hat oder nicht. Allein aus dem äußeren Geschehensablauf, der ein Überholen an der besagten, relativ engen Stelle und ein erneutes Beschleunigen nach dem Wiedereinscheren beinhaltete, war erkennbar, dass die Geschwindigkeit weit oberhalb des Erlaubten lag. Da der Kläger sein Fahrzeug nach eigenen Angaben seit etwa 1 1/4 Jahre fuhr, waren ihm im Übrigen das Fahrverhalten und die Geräuschentwicklung seines Fahrzeugs hinlänglich bekannt, so dass er sehr wohl einschätzen konnte, in welchem Geschwindigkeitsbereich er sich in etwa befand. Ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 25 km/h ist - auch bei einem Ferrari - keine unerhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung. Zu bedenken ist dabei, dass die vom Kläger mindestens gefahrene Geschwindigkeit nahe an der auf Landstraßen generell gegebenen Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h lag und die Beschränkung auf 70 km/h gerade die in diesem Bereich auftretenden erhöhten Gefahren vermeiden soll. Es handelt sich insoweit um eine derart relevante Geschwindigkeitserhöhung, dass diese dem Kläger nicht verborgen bleiben konnte.

Der Kläger selbst hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2008 ausgeführt, er sei, als er das Fahrzeug der Zeugin M. überholt habe, sicher schneller als 70 km/h gefahren. Danach habe er aber nicht weiter beschleunigt, als er den Überholvorgang beendet gehabt und Distanz zum überholten Fahrzeug eingelegt habe. Er habe nicht weiter Gas gegeben (Bl. 227 d. A.). Demnach wusste der Kläger also nicht nur, dass er während des Überholvorgangs schneller als 70 km/h gefahren war, sondern auch dass er nach dessen Beendigung weiterhin zu schnell fuhr. Der Kläger hat nämlich nicht bekundet, er habe abgebremst, insbesondere die Geschwindigkeit auf das Erlaubte zurückgeführt. Vielmehr hat er lediglich erklärt, er habe nicht weiter Gas gegeben. Daraus folgt aber logisch zwingend, dass er sich dessen bewusst war, dass er nach wie vor mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist.

Somit hat der Kläger Vorsatz nicht nur nicht widerlegt, sondern dieser steht sogar positiv zur Überzeugung des Senats fest. Da sich diese Überzeugung bereits aus dem äußeren Geschehensablauf ergibt, bedarf es eines persönlichen Eindrucks vom Kläger oder der Zeugin M. nicht.

Vorsatz entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger der Meinung war, lediglich eine Circa-Angabe zu machen. Wie oben dargelegt fallen die tatsächlich mindestens gefahrenen 95 km/h derart deutlich aus jeglicher Fehlertoleranz heraus, dass es schlechterdings ausgeschlossen ist, dass der Kläger davon ausgegangen ist, seine Angabe sei gleichwohl zutreffend.

5. Des Weiteren ist die Leistungsfreiheit auch nicht auf Grund der eventuellen Folgenlosigkeit der Obliegenheitsverletzung entfallen. § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG ist bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen nicht anwendbar.

6. Geht man davon aus, dass auf Grund des Umstands, dass die Beklagte nicht gezahlt hat, Folgenlosigkeit vorliegt, so ist die Leistungsfreiheit auch nicht nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung entfallen. Leistungsfreiheit setzt danach voraus, dass die Obliegenheitsverletzung generell geeignet ist, die berechtigten Interessen des Versicherers (Beklagte) ernsthaft zu gefährden, ein erhebliches Verschulden des Versicherungsnehmers (Kläger) vorliegt und dieser über die Möglichkeit des Anspruchsverlustes auch bei folgenlosen Obliegenheitsverletzungen ordnungsgemäß belehrt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.06.1981 - IVa ZR 133/80, VersR 1982, 182 (183 f); BGH, Urt. v. 07.12.1983 - IVa ZR 231/81, VersR 1984, 228; OLG Saarbrücken, Urt. v. 18.06.1985 - 2 U 167/83, VersR 1987, 98 (99); Prölss/Martin-Knappmann, aaO., § 10 AUB 94, Rdnr. 6).

a) Eine Falschangabe bezüglich der gefahrenen Geschwindigkeit ist generell geeignet, die Interessen der Beklagten zu gefährden, da die Kenntnis des genauen Unfallhergangs einschließlich der gefahrenen Geschwindigkeit erforderlich ist, um beurteilen zu können, ob überhaupt ein bedingungsgemäßer Versicherungsfall vorliegt, insbesondere die Unfallschilderung des Klägers zutreffen kann, und ob ggf. Leistungsfreiheit infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung (§ 61 VVG) eingetreten ist. Dies wird im vorliegenden Fall dadurch augenfällig, dass sich ein Teil des Streits darauf bezieht, ob der Unfall grob fahrlässig herbeigeführt wurde und dabei die gefahrene Geschwindigkeit eine zentrale Rolle spielt. Auf Grund der sich aus der Unfallanzeige diesbezüglich ergebenden Zweifel wurden sogar vorgerichtlich und im Rechtsstreit je ein Gutachten eingeholt. Dies belegt die enorme Wichtigkeit korrekter Angaben bezüglich der Geschwindigkeit für den Versicherer. Ob sich der Unfall auch bei 70 km/h ereignet hätte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

b) Des Weiteren liegt ein erhebliches Verschulden des Klägers vor. Dieses folgt daraus, dass der Kläger, wie oben ausgeführt, in Kenntnis seiner erheblich über dem Erlaubten liegenden Geschwindigkeit vorsätzlich eine falsche Geschwindigkeitsangabe gemacht hat. Er hat dabei - ohne Einschränkung im Sinne einer Circa-Angabe - exakt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h als von ihm gefahren eingetragen. Hieraus, sowie aus dem Umstand, dass er zu weit links fahrenden Gegenverkehr angegeben hat, der aber nach der Aussage der neutralen Zeugin M. nicht vorhanden war, lässt nur den Schluss zu, dass er durch diese Angabe planvoll verhindern wollte, dass die Beklagte von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Unfalls ausgehen und ihre Leistung (teilweise) verweigern würde. Der Kläger hat also arglistig gehandelt, um in jedem Fall die volle Versicherungsleistung zu erlangen.

c) Schließlich wurde der Kläger in dem Schadensformular hinreichend und umfassend über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung belehrt.

Der Versicherungsnehmer muss vom Versicherer ausdrücklich und unmissverständlich über den Verlust seines Leistungsanspruchs auch für den Fall belehrt werden, dass die Obliegenheitsverletzung keinen Nachteil für den Versicherer bringt (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.1970 - IV ZR 1065/68, VersR 1970, 1046 (1047); OLG Köln, zfs 2001, 463; OLG Nürnberg, r+s 1999, 393). Dies ist durch den drucktechnisch hervorgehobenen (vgl. Prölss/Martin-Prölss, aaO., § 34 VVG, Rdnr. 22 m. w. N.) Absatz am Ende des Schadensmeldungsformulars hinreichend geschehen (Bl. 33 d. A.). Darin wird darauf hingewiesen, dass im Falle vorsätzlicher Falschangaben der Versicherungsschutz auch dann verloren geht, wenn der Beklagten hierdurch kein Nachteil entsteht. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann dieser Belehrung hinreichend deutlich entnehmen, dass er bei vorsätzlichen Falschangaben seinen Anspruch verliert, auch wenn der Versicherungsfall eingetreten und die Versicherungsleistung eigentlich geschuldet ist, so dass der Versicherer keinen Nachteil auf Grund der Falschangabe hat. Unschädlich ist es in diesem Fall, dass die Belehrung nach dem Wort "vorsätzlich" die Einschränkung "d. h. absichtlich" enthält, so dass man davon ausgehen könnte, dass bedingter Vorsatz hiervon ausgenommen ist. Der Kläger hat jedoch nicht bedingt vorsätzliche Falschangaben gemacht, sondern in voller Kenntnis aller Umstände, d. h. mit direktem Vorsatz gehandelt.

II.

Zum anderen hat der Kläger deshalb keinen Anspruch gegen die Beklagte, weil er gemäß § 61 VVG den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.

1. Dass der Kläger auf der engen und unübersichtlichen Stelle, auf der eine Höchstgeschwindigkeit von nur 70 km/h erlaubt ist, mit mindestens 95 km/h - und wahrscheinlich sogar noch viel schneller - gefahren ist, stellt ein grob fahrlässiges Verhalten dar. Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit "nur" um 25 km/h überschritten hat, liegt hierin angesichts der konkreten Situation ein besonderes hoher Sorgfaltsverstoß darin, dass er seine Geschwindigkeit bis 5 km/h unter die ohnehin auf Landstraßen maximal zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h erhöht hat und dies auch noch im Zusammenhang mit dem Wiedereinscheren nach einem riskanten Überholvorgang.

2. Durch dieses grob fahrlässige Verhalten wurde auch der Versicherungsfall verursacht.

Wenn ein Kraftfahrer im Zusammenhang mit einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung von der Fahrbahn abkommt, insbesondere nach rechts auf die Gegenfahrbahn oder den Grünstreifen, so spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass das Abkommen gerade auf der Geschwindigkeitsüberschreitung beruht, denn eine Geschwindigkeitsbegrenzung an engen und unübersichtlichen Stellen dient u. a. auch gerade dazu, dem Fahrer die ständige Beherrschung seines Fahrzeugs zu ermöglichen (vgl. OLG Koblenz, VersR 2000, 720 - 721, juris Rdnr. 28; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage, § 3 StVO, Rdnr. 66 u. § 2 StVO, Rdnr. 74 jeweils m. w. N.).

Daher kann der Kläger insoweit nicht mit Erfolg einwenden, der Unfall hätte sich auch bei Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h ereignet. Er kann den Anscheinsbeweis nur durch bewiesene Tatsachen entkräften, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1983 - VI ZR 141/82, VersR 1984, 44; OLG Köln, VersR 1989, 526; Hentschel, aaO., § 2 StVO, Rdnr. 74 m. w. N.). Derartige Tatsachen hat der Kläger aber nicht bewiesen. Er hat zwar behauptet, er sei von der Fahrbahn abgekommen, da Fahrzeuge entgegen gekommen und dabei zu weit links gefahren seien, so dass er bei einem Ausweichversuch aus Versehen mit den rechten Rädern auf den Grünstreifen gekommen sei. Diese Behauptung hat der Kläger jedoch nicht bewiesen. Die Zeugin M. hat nämlich ausgeführt, dass zwar Fahrzeuge entgegen gekommen, jedoch nicht zu weit links gefahren seien. Sie selbst hätte sich nicht genötigt gesehen, diesen auszuweichen (Bl. 74 d. A.). Lediglich der Kläger selbst hat angegeben, er habe ausweichen müssen. Bei dieser Sachlage aber können die Tatsachen, die einen abweichenden Geschehensablauf möglich erscheinen lassen nicht als bewiesen angesehen werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. § 713 ZPO ist nicht anwendbar, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, nicht für jede der Parteien unzweifelhaft nicht gegeben sind. Dies folgt daraus, dass zwar die Revision nicht zugelassen ist, jedoch gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO n. F. die Nichtzulassungsbeschwerde für den Kläger zulässig ist, da dessen Beschwer im Berufungsverfahren 65.202,29 €, mithin mehr als 20.000,-- € beträgt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n. F. nicht gegeben sind. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F.) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n. F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 65.202,29 €.

Ende der Entscheidung

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