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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 10.11.2003
Aktenzeichen: 5 W 249/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 21
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 36 Abs. 2
ZPO § 281 Abs. 2 Satz 4
Zur Zuständigkeit bei Klagen gegen die D P E Express GmbH u. Co. OHG
Tenor:

Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Saarbrücken.

Gründe:

1. Der Kläger nimmt die - angeblich in Eiweiler ansässige und durch eine Gesellschafterin in Bonn vertretene - Beklagte wegen der Beschädigung eines vom Kläger bei der "Deutschen Post" zum Versand aufgegebenen Pakets mit 24 Flaschen Wein auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger hat zunächst den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte beantragt. Nachdem für eine angeblich in Düsseldorf ansässige Antragsgegnerin Widerspruch erhoben worden war, ist das Verfahren an das als Prozessgericht bezeichnete Amtsgericht Saarbrücken abgegeben worden, das sich nach Hinweis auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 20.1.2003 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Düsseldorf verwiesen hat. Mit Beschluss vom 1.5.2003 hat sich das Amtsgericht Düsseldorf für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Gladbeck verwiesen. Nachdem auch das Amtsgericht Gladbeck die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und die Akten an das Amtsgericht Düsseldorf zurückgesandt hat, hat das Amtsgericht Düsseldorf die Akten dem Oberlandesgerichte Düsseldorf zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Mit Beschluss vom 30.9.2003 hat das Oberlandesgerichte Düsseldorf das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren an dem Senat abgegeben.

2. Nachdem das Amtsgericht Düsseldorf die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt hat, war das zuständige Gericht in analoger Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu bestimmen (BGHZ 102, 338, 339). Die Zuständigkeit des Saarländischen Oberlandesgerichts ergibt sich aus § 36 Abs. 2 ZPO. Das Amtsgericht Saarbrücken ist als zuständiges Gericht zu bestimmen, da seine örtliche Zuständigkeit anzunehmen ist und sein Verweisungsbeschluss nicht bindend ist.

a) Das Amtsgericht Düsseldorf ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt örtlich zuständig. Ausschlaggebend ist hierbei, dass sich die Klage ausweislich des Rubrums und der im Mahnantrag bezeichneten Parteibezeichnung nicht gegen die Deutsche Post AG, sondern gegen die D P E Express GmbH und Co. OHG richtet. Dafür, dass diese OHG eine Niederlassung in Düsseldorf unterhält, ist nichts ersichtlich. Da das Amtsgericht Saarbrücken diesen entscheidenden Aspekt aufgrund der verwirrenden Parteibezeichnung der im Rahmen des Rechtsstreits auftretenden Rechtssubjekte (auf die Zustellung unter der Parteibezeichnung der Beklagten in hat sich die Deutsche Post AG, Schadensniederlassung Düsseldorf gemeldet, und AGB der "Deutsche Post Euro Express" vorgelegt) übersehen hat, leidet der Beschluss unter einem offensichtlichen Begründungsmangel, weshalb der Verweisungsbeschluss keine Bindungswirkung gem. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entfalten kann (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 21 Rdn. 10). Ob aus den gleichen Gesichtspunkten bislang kein ordnungsgemäßer Widerspruch gegen den Mahnbescheid vorliegt, wird das Amtsgericht Saarbrücken zu prüfen haben.

b) Demgegenüber folgt die örtliche Zuständigkeit des Amtsgericht Saarbrücken aus § 21 ZPO, da sich die Beklagte zumindest aus Rechtsscheinsgründen so behandeln lassen muss, als ob sie unter der Adresse Str. im Gewerbepark eine selbstständige Niederlassung unterhält.

aa) Die Selbständigkeit einer Niederlassung muss nicht in objektiver Hinsicht nachgewiesen sein. Vielmehr reicht es aus, wenn der Beklagte nach außen den Anschein einer selbständigen Niederlassung erweckt ( OLGR Naumburg 2002, 105; Baumbach/Hartmann, aaO, § 21 Rdn. 9; Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 21 Rdn. 2). Dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Entscheidendes Gewicht besitzt dabei das vorprozessuale Schreiben der Beklagten vom 26.8.2002 (Bl. 11 d. A.), in dem die Beklagte bei unbefangener Betrachtung den Anschein erweckt, unter der im Schreiben bezeichneten Hausadresse abschließend über die Regulierung der angemeldeten Haftpflichtansprüche zu entscheiden ("Eine Haftung ist jedoch nicht möglich ... Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir aus diesem Grund ihre Forderung ablehnen müssen.").

bb) Auch hat der vorliegende Rechtsstreit i. S. des § 21 ZPO Bezug auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung.

Zwar ist die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmal in Rspr. und Lit. nicht unumstrittenen. Im Ausgangspunkt besteht Einigkeit, dass der Klageanspruch nicht aus dem Geschäftsbetrieb hervorgehen muss (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 21 Rdn. 11). Vielmehr reicht es aus, wenn zwischen Klageanspruch und Geschäftsbetrieb eine unmittelbare Zweckbeziehung besteht, die insbesondere in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zum Geschäftsbetrieb der Niederlassung gesehen werden kann (RGZ 30, 326, 328). Auch dann, wenn die Klage im Hinblick auf ein von der Niederlassung zu erfüllendes Geschäft erhoben wird, ist der zuständigkeitsbegründende Bezug gegeben (Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 21 Rdn. 8). So ist es im Bereich des versicherungsrechtlichen Haftung anerkannt, dass der Geschädigte seinen Direktanspruch gegen den Versicherer im Gerichtsstand der Niederlassung geltend machen kann. Entscheidend ist auch hier der Umstand, dass die Abwicklung von Schadensangelegenheiten zu den von der Niederlassung zu erfüllenden Kernaufgaben gehört (Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl. § 21 Rdn. 15). Diese rechtliche Wertung ist auf die vorliegende Konstellation ohne weiteres zu übertragen, wenn sich ein arbeitsteilig organisierter Konzern dazu entschließt, die Abwicklung von Schadensangelegenheiten aus Transportleistungen konzernzugehöriger Unternehmen einem selbständigen Rechtssubjekt zu übertragen (vgl. Senat, Beschl. v. 10.4.2003 - 5 W 73/03-17-; Beschl. v. 21.5.2003 - 5 W 89/23-).

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