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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.02.2004
Aktenzeichen: 5 W 255/03
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 20 Abs. 2
WEG § 20 Abs. 1
WEG § 20 Abs. 4
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 26 Abs. 3
WEG § 43 Abs. 1 Ziff. 3
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
WEG § 43 Abs. 2
WEG § 45 Abs. 1
FGG § 22 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 1
Zu den Voraussetzungen einer Verwalterbestellung durch das Wohnungseigentumsgericht.
Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 30.9.2003 - 5 T 19/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde.

3. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft) in L.. Die Antragstellerin hält 500/1000, die Antragsgegnerin zu 1) 271/1000 und die Antragsgegnerin zu 2) 229/1000 der Miteigentumsanteile. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über keinen Verwalter. Die Wohnungseigentümerinnen haben bislang die Verwaltung gemeinschaftlich ausgeübt, wobei die Antragsgegnerin zu 1) die Buch- und Kontoführung übernahm. Zwischen den Parteien bestehen allerdings Unstimmigkeiten.

Am 13.6.2002 haben die Beteiligten eine Eigentümerversammlung durchgeführt, die sich unter Tagesordnungspunkt 11 mit der Bestellung eines Verwalters befasst hat. In der Beschlussfassung ist der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Bestellung eines Fremdverwalters mit den Stimmen der Antragsgegnerinnen abgelehnt worden.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, für die Wohnungseigentümergemeinschaft müsse ein gewerblicher Verwalter gestellt werden, da dies einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspreche. Sie behauptet, am Gemeinschaftseigentum lägen Baumängel vor, die dringend behoben werden müssten.

Die Antragstellerin hat daher die gerichtliche Bestellung eines Verwalters beantragt.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Landgericht hat unter Aufhebung dieses Beschlusses die Antragsgegnerin zu 1) für den Zeitraum bis zum 31.3.2005 zur Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt. Es hat hierzu ausgeführt:

Zwar fehle es an den Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 WEG für die Bestellung eines Notverwalters. Dennoch habe die Antragstellerin gem. § 20 Abs. 4 WEG einen Anspruch auf Bestellung eines Verwalters, da dies einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung entspreche. Gem. § 20 Abs. 2 WEG könne die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden. Bei der Auswahl des Verwalters sei der Zuschnitt der Wohnungseigentümergemeinschaft gebührend zu berücksichtigen. Mit nur drei Wohnungseigentümern handele es sich bei der Wohnungseigentümergemeinschaft der Parteien um eine überschaubare Einheit, weshalb die Bestellung einer der Miteigentümerinnen als Verwalterin angezeigt sei. Die Verwaltung durch einen Fremdverwalter sei deutlich teurer. Hinzu komme, dass sich die Suche nach einem gewerblichen Verwalter als ausgesprochen schwierig dargestellt habe. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin zu 1) nicht in der Lage sei, die Verwaltung auszuüben, da sie bereits in der Vergangenheit mit der Buch- und Kontoführung einen gewichtigen Teil der Verwaltung übernommen habe und. insoweit die fehlende Erfahrung eines gewerblichen Verwalters durch die größere Nähe zu dem Objekt ausgeglichen werde. Weiterhin stehe der Bestellung der Antragsgegnerin zu 1) als Verwalterin nicht entgegen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft untereinander zerstritten sei, da dieser Streit auch durch die Bestellung eines gewerblichen Verwalters nicht aufgelöst werden könne. Auch die von der Antragstellerin gerügten baulichen Mängel sprächen nicht gegen eine Bestellung der Antragsgegnerin zu 1) als Verwalterin, da es nicht Aufgabe des Verwalters sei, von sich aus derartige Mängel zu beheben. Vielmehr beschränke sich seine Aufgabe grundsätzlich darauf, Mängel im Rahmen regelmäßiger Überwachung festzustellen und eine Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft herbeizuführen.

Der Beschluss des Landgerichts ist der Antragstellerin am 15.10.2003 zugestellt worden. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 30.10.2003 eingegangenen weiteren sofortigen Beschwerde, in der sie sich zur Begründung im wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen bezieht. Nach Auffassung der Antragstellerin werden die Bedenken gegen die Neutralität und Qualifikation der Antragsgegnerin zu 1) dadurch manifestiert, dass diese mit Schreiben vom 24.10.2003 gemeinsam mit der Antragsgegnerin zu 2) zu einer Wohnungseigentümerversammlung eingeladen habe und wenige Tage vor dem anberaumten Termin nicht in der Lage gewesen sei, die Wirtschaftsabrechnung des Jahres 2002, die auf dieser Versammlung beschlossen werden sollte, vorzulegen.

Demgegenüber behauptet die Antragsgegnerin zu 1), sie habe der Antragstellerin bereits im September 2002 alle Abrechnungsunterlagen in Kopie übersandt. Bei einem zufälligen Treffen im Hausflur habe die Antragstellerin erklärt, sie wolle sich nicht mit irgendwelchen Abrechnungsunterlagen oder einer Abrechnung überhaupt befassen, solange die Frage der Verwalterbestellung nicht abschließend geklärt sei.

B.

I. Die gem. § 45 Abs. 1 WEG zulässige, gem. § 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes.

Mit zutreffenden Gründen ist das Landgericht davon ausgegangen dass das Wohnungseigentumsgericht nicht nur unter den strengen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Ziff. 3 WEG, sondern auch nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zur Bestellung eines Verwalters befugt ist, sofern der antragstellende Wohnungseigentümer dies nach § 20 Abs. 2, § 21 Abs. 4 WEG als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung verlangen kann (OLG Köln, ZMR 2003, 960; BayObLG ZMR 1999, 496; NJW-RR 1989, 461; Staudinger/Wenzel, BGB, 12. Aufl., § 43 Rdn. 34; Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Aufl., § 26 Rdn. 22; a.A. Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 43 Rdn. 24, 48; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 26 Rdn. 4). Diese Voraussetzung liegt vor.

1. Von einer Bestellung eines Verwalters als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung kann nicht abgesehen werden. Nach der zwingenden Vorschrift des § 20 Abs. 2 WEG darf die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden. Zwar mag es Fälle geben, in denen die Wohnungseigentümer im allseitigen Einvernehmen von der Bestellung eines Verwalters Abstand nehmen. In einer solchen Situation hat jedenfalls ein außerhalb der Gemeinschaft stehender Dritter keine Möglichkeit, auf die Bestellung eines Verwalters hinzuwirken (BayObLG DWEigt 1990, 74; Weitnauer/W. Lüke, aaO, § 20 Rdn. 4). Auch mögen Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer gegeneinander wegen der unterlassenen Verwalterbestellung ausgeschlossen sein (Staudinger/Bub, aaO, § 20 Rdn. 19 mit weiterem Nachweis; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 21 Rdn. 3). Dennoch vermag ein solches Unterlassen nichts daran zu ändern, dass sich die Wohnungseigentümergemeinschaft dem berechtigten Begehren eines Wohnungseigentümers, in Abkehr von der bisherigen Praxis einen Verwalter zu bestellen, nicht verschließen darf (Staudinger/Bub, aaO, § 20 Rdn. 17 f.; Palandt/Bassenge, aaO, § 20 Rdn. 2; Soergel/Stürner, aaO, § 20 Rdn. 3; wohl auch Weitnauer/W. Lüke, aaO, § 20 Rdn. 4).

Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, das Recht der Wohnungseigentümer auf Bestellung eines Verwalters sei von den Umständen des Einzelfalls abhängig, weshalb es beispielsweise bei einem Zweifamilienhaus Gründe dafür geben könne, von einer Verwalterbestellung abzusehen (so aber MünchKomm(BGB)/Engelhardt, 4. Aufl., § 20 Rdn. 3), steht diesem Rechtsverständnis bereits der Wortlaut des § 20 Abs. 2 WEG entgegen. Denn die Formulierung enthält gerade keine Einschränkung, die Notwendigkeit einer Verwalterbestellung nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Diese Auslegung korrespondiert mit der weiteren Systematik des WEG. Auch bei der Beschreibung der gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse findet sich kein Anhalt, dass die in § 20 Abs. 1 WEG beschriebene Aufgabenverteilung zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter vom konkreten Zuschnitt der Wohnungseigentümergemeinschaft abhängen kann.

2. Auch soweit sich das Landgericht im angefochtenen Beschluss nicht lediglich darauf beschränkt hat, die Antragsgegner zur Mitwirkung bei der Bestellung eines Verwalters zu verpflichten, sondern unmittelbar einen Verwalter bestellt hat, begegnet die Entscheidung keinen Bedenken.

Nach § 43 Abs. 2 WEG entscheidet der Richter auf einen Antrag der Wohnungseigentümer nach freiem Ermessen. Damit wird auch die unmittelbare Verwalterbestellung im Grundsatz vom richterlichen Gestaltungsspielraum gedeckt (BayObLG, NJW-RR 1989, 461; 1987, 714; Staudinger/Wenzel, § 43 Rdn. 35). Diese Ermessensentscheidung des Gerichts ist im Rahmen der Rechtsbeschwerde nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob die tatsächlichen Voraussetzungen der Ermessensgewährung vorgelegen und das Gericht hiervon rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat (OLG Köln, ZMR 2003, 960; OLG Düsseldorf, NZM 2000, 833). Das ist der Fall.

Allerdings ist es nach der Konzeption des Wohnungseigentumsgesetzes zunächst Sache der Wohnungseigentümer selbst, durch Einberufung einer Versammlung auf die Bestellung eines Verwalters hinzuwirken. Eine richterliche Bestellung kommt erst dann in Betracht, wenn sich die Wohnungseigentümer zu einer der ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Willensbildung außer Stande sehen, wie es beispielsweise bei tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten oder auch dann der Fall sein kann, wenn sich ein für das Zustandekommen einer positiven Beschlussfassung relevanter Teil der Wohnungseigentümer aus sachfremden Gründen einer gebotenen Maßnahme verweigert (OLG Köln, ZMR 2003, 960; BayObLG, ZMR 1999, 495; NJW-RR 1989, 461. Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte für ein tiefgreifende Zerwürfnis der Wohnungseigentümer den nachweisbar. Dennoch war für das Beschwerdegericht der Weg zu einer eigenen richterlichen Verwalterbestellung eröffnet, da die Wohnungseigentümerinnen ganz offensichtlich außer Stande waren, sich selbst auf einen Verwalter zu einigen. Auf der Eigentümerversammlung vom 13.6.2002 haben beide Seiten auf ihren Standpunkten beharrt: Während die Antragstellerin nach wie vor die Auffassung vertritt, dass nur ein gewerblicher Verwalter mit der Aufgabe der Hausverwaltung betraut werden dürfe, kommt nach Auffassung der Antragsgegnerinnen aufgrund der geringen Größe der Wohnungseigentumsanlage nur eine Eigentümerin selbst als Hausverwalterin in Betracht. In Anbetracht der sich neutralisierenden Mehrheitsverhältnisse beider "Lager" kann eine den Vorgaben der § 20 Abs. 2, § 24 Abs. 4 WEG entsprechende Regelung nur durch richterlichen Gestaltungsakt herbeigeführt werden.

3. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht bei der Auswahl der Verwalterin ermessensfehlerhaft entschieden habe.

a) Es erscheint sachgerecht, dass das Beschwerdegericht bei seiner Ermessensentscheidung den konkreten Zuschnitt der Wohnungseigentumsanlage berücksichtigt hat. Laut Auskunft der IMOBA kann für ein Objekt mit vier Einheiten eine Hausverwaltung zu einem wirtschaftlich vertretbaren Verwalterhonorar nicht gefunden werden (Bl. 116 d. A.). Dies deckt sich mit der Auskunft der GVI (Bl. 117 d. A.). In Anbetracht dieser Schwierigkeiten entspricht die Übernahme der Verwaltung durch einen Wohnungseigentümer durchaus dem wohlverstandenen Interesse der Eigentümergemeinschaft.

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bestehen keine durchgreifende Bedenken gegen die fachliche Eignung der Antragsgegnerin zu 1), die Aufgaben einer Hausverwaltung sachgerecht wahrzunehmen. Insbesondere werden ihre Fähigkeiten nicht isoliert durch die im Wortlaut des Schreibens vom 7.6.2002 (Bl. 96 d. A.) zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung in Frage gestellt. Denn für die Eignung der Antragsgegnerin zu 1) spricht, dass die Antragsgegnerin zu 1) bereits bislang die Buch- und Kontenführung der Wohnungseigentümergemeinschaft übernommen hat und hierbei ohne konkrete Beanstandungen seitens der Antragstellerin in der Lage war, den Kernbereich einer Verwaltung zu erfüllen. Soweit nunmehr vorgetragen wird, die Antragsgegnerin zu 2) habe auch nach ihrer Bestellung zur Verwalterin ihr obliegende Aufgaben - der Mängelfeststellung und -beseitigung - nicht in Angriff genommen, kann das im Verfahren der Rechtsbeschwerde nicht mehr berücksichtigt werden; davon abgesehen wird die Verwalterbestellung ohnehin erst mit ihrer Rechtskraft wirksam.

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht bei der Auswahl der Antragsgegnerin zu 1) das ihm eingeräumte Auswahlermessen auch nicht deshalb überschritten, weil es in der Vergangenheit zu Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern gekommen ist. Auch dieser Aspekt wird dadurch relativiert, dass es sich bei dem von der Antragstellerin genannten Meinungsverschiedenheiten nicht um schwerwiegende Streitigkeiten handelt, die einem gedeihlichen Zusammenwirken der Wohnungseigentümer von vorneherein entgegenstehen. Darüber hinaus darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Streitigkeiten keineswegs notwendigerweise die Bestellung eines neutralen Verwalters gebieten. Auch ein neutraler Verwalter ist für eine erfolgreiche Verwaltung auf den guten Willen der durch ihre Treuepflicht verbundenen Wohnungseigentümer angewiesen. Schließlich hat das Beschwerdegericht den Risiken, die in der Person der Antragsgegnerin zu 1) liegen mögen, insoweit Rechnung getragen, als es die Verwalterbestellung bis zum 31.3.2005 befristet hat. Davon abgesehen wären Pflichtverletzungen der Verwalterin auch schadensersatzrechtlich sanktioniert.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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