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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.01.2002
Aktenzeichen: 5 W 362/01
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG, FGG, AktG, KostO


Vorschriften:

BGB § 1410
BGB § 1413
BGB § 1452
BGB § 1455
BGB § 1455 Nr. 6
BGB § 1455 Nr. 10
GmbHG § 18
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 2
AktG § 246 Abs. 1
KostO § 30 Abs. 1
KostO § 30 Abs. 2 Satz 1
KostO § 30 Abs. 2 Satz 2
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 161 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

5 W 362/01

In dem Vormundschaftsverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 29. Oktober 2001 (5 T 536/01)

am 25. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellern trägt die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

3. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde und - insoweit unter Abänderung der Streitwertentscheidung des Landgerichts vom 29. Oktober 2001 - der Wert des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht werden auf 1.000.000 DM festgesetzt.

Gründe:

A

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind Eheleute, die zwischenzeitlich getrennt leben. Sie hatten mit einem Ehevertrag vom 10.1.1989, beurkundet von dem Notar Dr. M in Saarbrücken-Dudweiler (Bl. 30 ff. d.A.), Gütergemeinschaft vereinbart; nach dem Vertrag wird das Gesamtgut gemeinschaftlich verwaltet.

Zu dem Vermögen der Antragstellerin und des Antragsgegners gehören deren Geschäftsanteile an der H GmbH. Die Geschäftsanteile an dieser Gesellschaft wurden bis zum 15.1.1996 von der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu jeweils 40 % und zu 20 % von deren Sohn M R gehalten. Mit einer Vereinbarung vom 15.1.1996, die ebenfalls von dem Notar Dr. M in Saarbrücken-Dudweiler beurkundet wurde (Bl. 251 ff. d.A_), trat der Sohn seinen Geschäftsanteil an den Antragsgegner ab. In der Urkunde, an deren Erstellung außer dem Antragsgegner als "Erwerber" und seinem Sohn als "Veräußerer" auch die Antragstellerin als "Mitbeteiligte" mitgewirkt hat, wird abschließend auf Vereinbarungen Bezug genommen, die in einem der Urkunde als Anlage beigefugten Protokoll über eine außerordentliche Gesellschafterversammlung vom 10.1.1996 (Bl. 254 ff. d.A.) enthalten sind; weiter heißt es dazu in der Urkunde, dass sich die Beteiligten verpflichten, diese Vereinbarungen umzusetzen beziehungsweise zu erfüllen. Alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft war seitdem der Antragsgegner.

Am 17.12.1998 fand eine Gesellschafterversammlung statt. In der Versammlung wurden mehrere Beschlüsse gefasst, gegen die sich die Antragstellerin mit einer seit dem 15.1.1999 bei einer Kammer für Handelssachen des Landgerichts in Saarbrücken anhängigen Klage wendet. So wurde, mit der Stimme des Antragsgegners und gegen die Stimme der Antragstellerin, ein Wirtschaftsprüfer, Herr S , zum Versammlungsleiter und Protokollführer gewählt. Weiter wurde, ebenfalls mit der Stimme des Antragsgegners und gegen die Stimme der Antragstellerin, der Geschäftsanteil der Antragstellerin aus wichtigem Grund auf den Antragsgegner übertragen. Über einen Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner als Geschäftsführer abzuberufen, ließ der Versammlungsleiter nicht abstimmen, und zwar mit der Begründung, dass dem Antragsgegner als dem Betroffenen insoweit kein Stimmrecht zustehe und es an einem Stimmrecht der Antragstellerin fehle, weil ihr zuvor der Geschäftsanteil entzogen worden sei. Eine Bestellung der Antragstellerin zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin wurde dann, mit der Stimme des Antragsgegners, abgelehnt. Mit ihrer beim Landgericht Saarbrücken gegen die H GmbH erhobenen Klage will die Antragstellerin erreichen, dass die beiden zuerst genannten Beschlüsse für nichtig erklärt werden; des weiteren beansprucht sie die Feststellung, dass der Antragsgegner bei der Abstimmung über seine Abberufung als Geschäftsführer und bei der Abstimmung über ihre eigene Bestellung als Geschäftsführerin nicht stimmberechtigt sei.

Mit einem am 17.11.1999 bei dem Amtsgericht als Vormundschaftsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin beantragt, die Zustimmung des Antragsgegners zu der bei dem Landgericht erhobenen Klage nach § 1452 BGB gerichtlich zu ersetzen. Mit seinem Be-schluss vom 17.1.2000 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen; nach § 1455 Nr. 6 BGB könne jeder Ehegatte ein zum Gesamtgut gehörendes Recht gegen den anderen Ehegatten gerichtlich geltend machen. Nach dieser Entscheidung und nachdem die Antragstellerin dagegen Beschwerde eingelegt hatte, hat die Kammer für Handelssachen des Landgerichts das bei ihr anhängige Verfahren bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Antragstellerin ausgesetzt.

Mit seinem Beschluss vom 29.10.2001 hat die Beschwerdekammer des Landgerichts Saarbrücken die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, eine Zustimmung des Antragsgegners zu der von der Antragstellerin erhobenen Klage sei nicht erforderlich, deshalb müsse dessen Zustimmung auch nicht durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Die Vereinbarung in dem notarllen Vertrag sei dahin auszulegen, dass der Antragsgegner und die Antragstellerin berechtigt sein sollten, künftig ihre Geschäftsanteile an der Gesellschaft allein zu verwalten. Unabhängig davon folge das Recht der Antragstellerin, die Klage ohne Zustimmung des Antragsgegners zu erheben, auch aus einer entsprechenden Anwendung von § 1455 Nr. 6 BGB. Dem stehe auch § 18 GmbHG nicht entgegen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer weiteren Beschwerde.

B

Die - nach § 27 Abs. 1 FGG statthafte und gemäß § 29 Abs. 1 und 2 FGG formgerecht eingelegte und damit zulässige - weitere Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich jedenfalls im Ergebnis als richtig (§§ 27 Abs. 1 S.2 FGG, 563 ZPO).

1.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben mit dem notariellen Vertrag vom 10.1.1989 Gütergemeinschaft vereinbart (§§ 1408 Abs.1, 1410, 1415 BGB). Dadurch wurde ihr gesamtes Vermögen zum Gesamtgut, also zum gemeinschaftlichen Vermögen beider Ehegatten ( § 1416 Abs. 1 BGB). Zu dem Vermögen der Ehegatten gehörten auch deren Anteile an der H GmbH. Nach dem notariellen Vertrag wird das Gesamtgut - Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB) wurde nicht bestimmt - von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet. Das hat zur Folge, dass die Ehegatten Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesamtgut beziehen, nur gemeinschaftlich führen dürfen (§ 1450 Abs.1 S.1 BGB). Davon ist das Landgericht auch zutreffend ausgegangen. Werden Beschlüsse angefochten, die in einer Gesellschafterversammlung gefasst wurden und soll in dem Rechtsstreit auch geklärt werden, wem in der Gesellschafterversammlung ein Stimmrecht zusteht, so handelt es sich, wenn die Geschäftsanteile der Ehegatten zum Gesamtgut gehören, um eine Rechtsstreitigkeit, die sich auf das Gesamtgut bezieht.

2.

Bestand diese Regelung fort, als die Antragstellerin im Januar 1999 Klage zu der Kammer für Handelssachen erhoben hat, bedurfte die Antragstellerin daher grundsätzlich der Zustimmung des Antragsgegners zur Erhebung der Klage (dazu etwa Kanzleiter, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl. 2000, Rdn. 22 zu § 1450 BGB, und Thiele, in: Stau-dingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2000, Rdn.31 zu § 1450 BGB, jeweils mwN). Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, diese Regelung sei durch die notarielle Vereinbarung vom 15.1.1996 dahin abgeändert worden, dass jeder der Ehegatten künftig berechtigt sein sollte, seinen Geschäftsanteil an der Gesellschaft allein zu verwalten. Zu dieser Auffassung gelangt das Landgericht aufgrund einer Auslegung der notariellen Vereinbarung.

Das Landgericht hat ausgeführt, die notarielle Vereinbarung vom 15.1.1996 enthalte die Vereinbarung der Veräußerung des Geschäftsanteils des Sohnes des Antragsgegners, die ausdrücklich an den Antragsgegner als Erwerber erfolgt sei, und zugleich in Vollziehung dieses Kaufvertrages die Abtretung des verkauften Geschäftsanteils "mit sofortiger dinglicher Wirkung" und die Annahme der Abtretung durch den Antragsgegner, mit dem Ergebnis, dass diesem nunmehr ein Geschäftsanteil von 60% und der Antragstellerin ein solcher von 40% zugekommen sei. Des weiteren enthalte der notarielle Vertrag die Erteilung sämtlicher nach Gesetz oder Satzung erforderlicher Zustimmungen der Beteiligten , nämlich des Sohnes als Veräußerer, des Antragsgegners als Erwerber und der Antragstellerin als "Mitbeteiligter". Die Veräußerung sei schließlich unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die zwischen sämtlichen Beteiligten in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der GmbH vom 11.1.1996 getroffene entsprechende Vereinbarung hinsichtlich der Veräußerung des Geschäftsanteils und dessen Erwerb durch den Antragsgegner erfolgt. Im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner könne dieser Vereinbarung nur die Bedeutung zugemessen werden, dass dem Antragsgegner in der GmbH hierdurch die Position eines Mehrheitsgesellschafters und der Antragstellerin diejenige einer Minderheitsgesellschafterin habe zukommen sollen. Da die Geschäftsanteile als Gesamtgut den Beteiligten zur gesamten Hand zustünden, entspreche dem auf güterrechtlicher Ebene zumindest die - vorliegend konkludent erfolgte - Zuweisung einer Alleinverwaltungsbefugnis über den jeweiligen Geschäftsanteil , wenn die Einräumung unterschiedlicher Geschäftsanteile - im Hinblick auf die im Ehevertrag angeordnete gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtguts - nicht leer laufen solle.

Die von dem Landgericht vorgenommene Auslegung der notariellen Vereinbarung ist von dem Rechtsbeschwerdegericht daraufhin zu überprüfen, ob sie nach den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln im Einklang steht, dem Sinn und dem Wortlaut der abgegebenen Erklärungen nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (dazu beispielsweise BayObLG, NJW-RR 1997, 835 mwN). Einer solchen Überprüfung hält die Auslegung des Landgerichts allerdings nicht in jeder Hinsicht stand.

a.

Jede Auslegung einer Vereinbarung hat zunächst von dem Wortlaut der abgegebenen Erklärungen auszugehen. Dem Wortlaut der notariellen Urkunde lässt sich nichts dafür entnehmen, dass damit der Inhalt des Ehevertrags vom 10.1.1989 abgeändert werden sollte und die Antragstellerin und der Antragsgegner künftig ihre jeweiligen Geschäftsanteile an der Gesellschaft, also einen Teil des Gesamtguts, allein verwalten sollten. Die Vereinbarung ist weder als Ehevertrag bezeichnet noch wird darin auf den Ehevertrag vom 10.1.1989 Bezug genommen. Der Güterstand des Antragsgegners und der Antragstellerin werden darin eben so wenig erwähnt wie das Gesamtgut. Entsprechendes gilt für die Absprachen, die im Verlauf der Gesell-schafterversammlung vom 10.1.1996 - auf diese Vereinbarungen wurde in dem notariellen Vertrag vom 15.1.1996 Bezug genommen - getroffen wurden. Weder dem Wortlaut des notariellen Vertrages, der lediglich die Übertragung der dem Sohn der Ehegatten zustehenden Geschäftsanteile auf den Antragsgegner zum Gegenstand hat, noch dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 10.1.1996 lässt sich ein Hinweis darauf entnehmen, dass sich die an diesen Vereinbarungen Beteiligten des Umstandes, dass Gütergemeinschaft besteht und die Geschäftsanteile an der Gesellschaft zum Gesamtgut gehören, bewusst gewesen sind oder dass sie diesem Umstand zu diesem Zeitpunkt irgend eine Bedeutung beigemessen hätten.

b.

Die Vereinbarung vom 15.1.1996 wurde vor einem Notar geschlossen, noch dazu vor dem Notar, der auch den Ehevertrag vom 10.1.1989 beurkundet hatte. Sollte der zuletzt genannte Vertrag abgeändert werden, so wäre zu erwarten gewesen, dass ein Notar die an dem Vertrag Beteiligten dazu veranlasst, dies auch ausdrücklich zu erklären. Das ist nicht geschehen. Schon dieser Gesichtspunkt schließt es nach Auffassung des Senats nahezu aus, die notarielle Vereinbarung vom 15.1.1995 dahin auszulegen, dass damit der Ehevertrag vom 10.1.1989 abgeändert werden sollte.

c.

Das Landgericht misst dem Umstand Bedeutung zu, dass der Geschäftsanteil des Sohnes der Ehegatten dem Antragsgegner als "Erwerber" übertragen wurde. Das Bestehen einer Gütergemeinschaft schließt aber nicht aus, dass einer der Ehegatten einen Vermögensgegenstand erwirbt, das wird vielmehr gerade vorausgesetzt (§ 1416 Abs. 1 BGB) und es gilt auch dann, wenn das Gesamtgut gemeinschaftlich verwaltet wird. Zwar fuhrt ein solcher Erwerb dazu, dass der erworbene Gegenstand gleichwohl Gesamtgut und damit gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten wird, bei dem Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Folge, dass auch die sich daraus ergebenden gesellschaftsrechtlicheu Befugnisse, etwa das Stimmrecht in einer Gesellschafterversammlung, nur gemeinschaftlich ausgeübt werden können (§ 1450 Abs. 1 S. 1 BGB und § 18 GmbHG). Das mag, was das Landgericht anspricht, bedeuten, dass der Antragsgegner das, was er mit dem Erwerb des Geschäftsanteils von seinem Sohn im Jahre 1996 möglicherweise erreichen wollte (zu denken ist insoweit etwa an das Mehrheitsstimmrecht oder erhöhte Gewinnbezugsrechte), mit der Vereinbarung rechtlich nicht erreichen kann, so dass ihm der Erwerb allenfalls bei der Beendigung der Gütergemeinschaft eine bessere Position verschaffen mag (§ 1477 BGB). Das mag weiter bedeuten, dass es der Interessenlage zumindest des Antragsgegners zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 15.1.1996 besser entsprochen hätte, die in dem Ehevertrag vom 10.1.1989 vereinbarte gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtguts hinsichtlich der Geschäftsanteile an der Gesellschaft aufzuheben. Nur ist eine solche Aufhebung nicht erfolgt.

d.

Das Landgericht verweist noch darauf, dass die Antragstellerin bei der Vereinbarung vom 15.1.1996 als "Mitbeteiligte" mitgewirkt hat. Auch daraus lässt sich nichts herleiten. Der Urkunde lässt sich nichts dafür entnehmen, dass diese Mitbeteiligung im Hinblick auf eine bestehende Gütergemeinschaft erfolgt sein könnte. Einer Zustimmung der Antragstellerin zu dem Erwerb des Geschäftsanteils von dem gemeinsamen Sohn bedurfte es unter güterrechtlichen Gesichtspunkten nicht. Soweit es an einer Stelle der Urkunde (im Anschluss an die Abreden zur Übertragung des Geschäftsanteils) heißt, alle eventuell nach Gesetz oder Satzung erforderlichen Zustimmungen würden hiermit erteilt, Vorkaufsrechte würden nicht geltend gemacht, ist nicht ersichtlich, dass damit auch eine Zustimmung der Antragstellerin gemeint gewesen sein könnte; es ergibt sich daraus auch kein Zusammenhang mit der Gütergemeinschaft oder dem Gesamtgut. Sonstige konkrete Vereinbarungen außer dem Erwerb des Geschäftsanteils des Sohnes durch den Antragsgegner enthält die Vereinbarung nicht - wenn man von der Bezugnahme auf die in dem Protokoll der Gesellsckafterversammlung vom 10.1.1996 festgehaltenen Vereinbarungen absieht. Diese Vereinbarungen berechtigen und verpflichten zum Teil auch die Antragstellerin; es geht dabei etwa um den Erwerb von Grundstücken und Fahrzeugen durch die Antragstellerin und die Beendigung ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin. Allein das erklärt schon, weshalb die Antragstellerin in der Urkunde als "Mitbeteiligte" mitgewirkt hat.

e.

Ob sich aufgrund von Umständen außerhalb der Urkunde - etwa aus dem tatsächlichen Verhalten des Antragstellers und der Antragsgegners bei der Verwaltung der Geschäftsanteile -Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Antragstellerin und der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Abfassung der Urkunde die Vorstellung gehabt haben könnten, mit der notariellen Vereinbarung vom 15.1.1996 werde auch der Ehevertrag vom 10.1.1989 abgeändert, und zwar dahin, dass jeder der Ehegatten seinen Geschäftsanteil an der Gesellschaft künftig allein verwalten sollte, braucht nicht geklärt zu werden. Denn eine etwaige gemeinsame Vorstellung dieses Inhalts wäre nicht formgerecht beurkundet worden. Die in dem Ehevertrag vom 10.1.1989 getroffene Vereinbarung über die gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtguts konnte nur durch einen Ehevertrag wieder geändert werden (dazu Thiele, aaO, Rdn. 14 zu § 1421 3GB, und Kanzleiter, aaO, Rdn. 5 zu § 1421 BGB). Dieser hätte nach § 1410 BGB der notariellen Form bedurft. Diese Form ist nicht gewahrt. Der notariellen Vereinbarung vom 15.1.1996 lässt sich, wie dargelegt wurde, nicht entnehmen, dass der Ehevertrag vom 10.1.1989 geändert werden sollte. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Grundsätzen, die die Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der falsa demonstratio entwickelt hat (dazu etwa BGHZ 74, 116, und BGHZ 87,150). Es erscheint bereits zweifelhaft, ob hier überhaupt eine falsa demonstratio, also eine Falschbezeichnung, im Sinne der Rechtsprechung vorläge. Denn es ginge hier nicht darum, dass in der notariellen Urkunde vom 15.1.1996 der Gegenstand des Vertrages versehentlich falsch bezeichnet wurde, sondern darum, dass der Vertragsgegenstand in der Urkunde überhaupt nicht vorkommt. Diese Frage braucht aber nicht vertieft zu werden. Denn auch dann, wenn man von einer falsa demonstratio in diesem Sinne ausgehen wollte, würde das nichts ändern. Auch bei Vorliegen einer falsa demonstratio kann man zu einer formgerechten Beurkundung nur dann gelangen, wenn der nicht beurkundete Wille der Vertragspartner in der Urkunde zumindest andeutungsweise Ausdruck gefunden hat (BGHZ, 74, 116; BGHZ 80, 246; BGHZ 87,150; BGH, NJW 1995, 1886; den Inhalt dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verkennt das Oberlandesgericht Hamm in seinem Urteil vom 9.3.2000, 22 U 149/99, OLGR Hamm 2000, 352 mit seiner davon abweichenden Auflassung). Nur wenn das der Fall ist, liegen überhaupt noch sich aus der notariellen Urkunde ergebende Erklärungen vor, und nur das Erfordernis, dass der Wille der Vertragspartner in der Urkunde zumindest andeutungsweise Ausdruck gefunden haben muss, rechtfertigt es überhaupt, die Zwecke der notariellen Beurkundung - übereilte Erklärungen sollen verhindert, über die Bedeutung und die Folgen der Erklärungen soll ausreichend belehrt und der Inhalt der Erklärungen soll zu Beweiszwecken dokumentiert werden - zu vernachlässigen. Dass der Ehevertrag vom 10.1.1989 mit der Vereinbarung vom 15.1.1996 abgeändert werden sollte, lässt sich der notariellen Urkunde aber, wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt, nicht einmal andeutungsweise entnehmen.

3.

Es muss auch nicht aus anderen Gründen der Frage nachgegangen werden, ob sich die Antragstellerin und der Antragsgegner jahrelang, auch noch nach der Vereinbarung vom 15.1.1996, so verhalten haben, als dürften sie ihre Geschäftsanteile an der Gesellschaft allein verwalten. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob darin eine konkludente Vereinbarung des Inhalts gesehen werden könnte, dass sie dazu auch berechtigt seien. Denn auch dadurch hätte der Ehevertrag nicht abgeändert werden können. Dazu bedarf es, wie bereits ausgeführt wurde, der notariellen Form des § 1410 BGB.

Zwar kann, wie sich aus § 1413 BGB ergibt, ein Ehegatte dem anderen auch durch nicht form-bedürftigen schuldrechtlichen Vertrag das Recht überlassen, sein Vermögen zu verwalten. Diese Überlassung kann aber jederzeit formlos widerrufen werden (dazu etwa Pa-landt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Aufl. 1999, Rdn. 5 zu § 1413 BGB mwN); dieses Recht zum Widerruf kann nur durch Ehevertrag ausgeschlossen und eingeschränkt werden (§ 1413 BGB). Einen solchen Widerruf hätte die Antragstellerin konkludent spätestens erklärt, als sie in der Gesellschafterversammlung vom 17.12.1998 verdeutlicht hat, dass sie ihr Stimmrecht selbst ausüben will.

4.

Das Landgericht hat sodann ergänzend darauf abgestellt, dass sich auch aus einer entsprechenden Anwendung von § 1455 Nr.6 BGB ergebe, dass die Antragstellerin berechtigt gewesen sei, allein die Klage zu der Kammer für Handelssachen zu erheben. Der Senat hält es zumindest für nicht unproblematisch anzunehmen, dass die Interessenlage, die der Regelung des § 1455 Nr. 6 BGB zugrunde liegt, derjenigen genügend ähnlich ist, um die es bei der hier zu entscheidenden Fallkonstellation geht. § 1455 Nr. 6 BGB betrifft den Fall, dass der eine Ehegatte - wegen eines zum Gesamtgut gehörenden Rechts - gegen den anderen Ehegatten einen Rechtsstreit fuhrt. In einem solchen Fall stehen sich die Ehegatten in dem Rechtsstreit als Parteien gegenüber. Wegen des sich daraus ergebenden Interessengegensatzes ist ein gemeinschaftliches rechtsgeschäftliches Handeln und ein gemeinschaftliches Prozessieren der Ehegatten nicht möglich (Heckelmann, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl. 2000, Rdn. 3 zu § 1455 BGB). Zwar ist dem die Situation nicht unähnlich, die entsteht, wenn die beiden einzigen Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung von den Ehegatten gesamthände-risch zu verwalten sind, die Ehegatten sich aber nicht darüber einigen können, wie dies zu geschehen hat. Entspricht aber in einer solchen Situation nur die von einem der beiden Ehegatten vertretene Auffassung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts, so ließe sich argumentieren, dass zur Auflösung des sich daraus ergebenden Interessenkonflikts im Gesetz ein dafür geschaffenes Instrument, nämlich die Ersetzung der Zustimmung des anderen Ehegatten durch das Vormundschaftsgericht (§ 1452 BGB), zur Verfügung steht. Dieser Frage muss jedoch nicht weiter nachgegangen werden.

5.

Denn das Recht der Antragstellerin, die Klage ohne Zustimmung des Antragsgegners zu erheben, ergibt sich hier jedenfalls aus § 1455 Nr. 10 BGB. Nach dieser Norm kann jeder Ehegatte ohne Mitwirkung des anderen Ehegatten die zur Erhaltung des Gesamtguts notwendigen Maßnahmen treffen, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Diese Voraussetzungen lagen hier vor.

Aus den vorangegangenen Ausführungen folgt, dass sämtliche Beschlüsse, die in der Gesellschafterversammlung vom 17.12.1998 mit der Stimme des Antragsgegners gefasst wurden und gegen die sich die Antragstellerin mit ihrer zu der Kammer für Handelssachen erhobenen Klage wendet, als rechtswidrig betrachtet werden müssen. Auch die Geschäftsanteile des Antragsgegners gehören zum Gesamtgut und unterlagen deshalb der gemeinschaftlichen Verwaltung durch die Ehegatten, mit der Folge, dass das sich daraus ergebende Stimmrecht nur gemeinschaftlich ausgeübt werden durfte ( § 1450 Abs. 1 S. 1 BGB und § 18 Abs. 1 GmbHG); einer der Ausnahmetatbestände des § 1455 BGB lag nicht vor. Das ist nicht geschehen, der Antragsgegner hat gegen den erklärten Willen der Antragstellerin für beziehungsweise gegen die Anträge gestimmt. Mit seiner Stimme und gegen die Stimme der Antragstellerin wurde der Wirtschaftsprüfer S zum Versammlungsleiter gewählt, mit seiner Stimme und gegen die Stimme der Antragstellerin wurde letzterer deren Geschäftsanteil entzogen und nur mit der Stimme des Antragsgegners wurde ein von der Antragstellerin gestellter Antrag, sie zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin zu bestellen, abgelehnt. Entsprechendes gilt, soweit es der Versammlungsleiter - unter anderem mit der Begründung, dass die Antragstellerin nicht mitstimmen dürfe, weil ihr zuvor ihr Geschäftsanteil entzogen worden sei - abgelehnt hat, über den weiteren Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner als Geschäftsführer abzuberufen, abstimmen zu lassen; auch das war rechtswidrig, weil der Antragstellerin der Geschäftsanteil nicht wirksam entzogen worden war. Gegen all dies wendet sich die Antragstellerin mit ihrer zu der Kammer für Handelssachen erhobenen Klage, wenn auch, soweit es um den dort auch gestellten Feststellungsantrag geht, mit einem Antrag, der möglicherweise noch der Korrektur bedarf. Die von der Antragstellerin erhobene Klage dient daher dazu, die in der Gesellschafterversammlung gefassten rechtswidrigen Beschlüsse und deren Folgen zu beseitigen. Es handelt sich deshalb um eine zur Erhaltung des Gesamtguts notwendige Maßnahme (dazu BGHZ 108,21 für die vergleichbare Regelung in § 2038 Abs.1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB, ebenfalls im Fall einer gesellschaftsrechtlichen Anfechtungsklage).

Es war auch Gefahr im Verzug, denn die Anfechtungsklage musste mit aller zumutbaren Beschleunigung innerhalb einer Frist erhoben werden, die am Leitbild der Regelung des § 246 Abs. 1 AktG orientiert ist (BGH, NJW 1993, 129); nach dieser Regelung muss die Klage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Das galt auch hier, denn der Versuch einer vorherigen einvernehmlichen Lösung mit dem Antragsgegner (auch dazu BGH, NJW 1993, 129) hatte hier, wie auch der gesamte Verlauf des bisherigen Verfahrens bestätigt, keinerlei Aussicht auf Erfolg. Wollte die Antragstellerin die Klage rechtzeitig erheben (zu diesem Gesichtspunkt auch BGHZ 108,21), so musste sie das ohne Zustimmung des Antragsgegners tun. Dem steht auch § 18 GmbHG nicht entgegen, denn diese Vorschrift soll nur verhindern, dass das Recht von den einzelnen Mitberechtigten unterschiedlich ausgeübt wird; dazu kommt es nicht, wenn nur einer der Mitberechtigten das Recht mit Wirkung für alle ausübt (auch dazu BGHZ 108, 21 mwN).

6.

Eine Zustimmung des Antragsgegners zu der Erhebung der Klage - nur um die Erhebung der Klage geht es hier - war daher nicht erforderlich; ob das auch zu gelten hat, wenn im weiteren Verlauf des Verfahrens vor der Kammer für Handelssachen Prozesshandlungen vorzunehmen sein sollten, die über die Erhebung der Klage und über die Klageanträge hinausgehen, oder ob solche Prozesshandlungen nicht mehr durch § 1455 Nr. 10 BGB gedeckt wären, bedarf hier keiner Entscheidung. Da eine Zustimmung des Antragsgegners zur Erhebung der Klage nicht erforderlich war, bedarf es auch keiner Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners durch das Vormundschaftsgericht. Das Landgericht hat deshalb im Ergebnis richtig entschieden. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin konnte aus diesem Grund keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde und - insoweit unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts (§30 Abs. 1 Satz 2 KostO) - den Wert des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht hat der Senat nach den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 161 Satz 2 KostO auf 1.000.000 DM festgesetzt. Der Wert von 5.000 DM (§ 30 Abs. 2 Satz 1 KostO), von dem das Landgericht ausgegangen ist, kommt nur dann in Betracht, wenn es für eine Schätzung des Wertes nach freiem Ermessen (§ 30 Abs. 1 KostO) keine genügenden tatsächlichen Anhaltspunkte gibt. Letzteres ist hier nicht der Fall. Das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten an der Entscheidung ist einer Schätzung nach freiem Ermessen zugänglich, eine solche Schätzung muss im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu einem Wert führen, der sehr viel höher als der vom Landgericht angenommene Wert des § 30 Abs.2 Satz 1 KostO liegt. Der Antragsgegnerin wurde in der Gesellschafterversammlung ihr Geschäftsanteil entzogen. Der Wert der Anfechtung eines solchen Beschlusses richtet sich nach dem Verkehrswert des Geschäftsanteils (OLG Dresden, NZG 1999, 29). Der Wert des Geschäftsanteils der Antragstellerin belief sich, wie sich aus dem Streitwertbeschluss der Kammer für Handelssachen vom 22.11.2000 (Bl. 246 f. der Akten 7 II O 4/99 des Landgerichts Saarbrücken) ergibt, auf 5.483.107,60 DM. Zwar ist Gegenstand des von der Antragstellerin angestrengten vormundschaftsgerichtlichen Verfahrens nicht unmittelbar die Frage, ob die Entziehung des Geschäftsanteils wirksam gewesen ist. Es geht hier vielmehr nur um die Prozessführungsbefugnis der Antragstellerin in dem Verfahren vor der Kammer für Handelssachen . Das rechtfertigt es, als Wert des Verfahrens lediglich eine Bruchteil des Verkehrswertes des Geschäftsanteils zugrunde zu legen. Diesen Bruchteil mit weniger als einem Fünftel des Wertes der Hauptsache anzunehmen, hält der Senat nicht für gerechtfertigt, erst recht nicht, nachdem sich - wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt - die Frage der Prozessführungsbefugnis hier nicht entscheiden ließ, ohne auch darauf einzugehen, ob die Entziehung des Geschäftsanteils aus formellen Gründen rechtswidrig gewesen ist. Ein Fünftel von 5.483.107,60 DM sind 1.096.621,52 DM. Das ist bereits mehr als eine Million DM, dem Höchstwert des § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO, der damit zugrunde zu legen ist.

Ende der Entscheidung

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