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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.06.2004
Aktenzeichen: 6 UF 2/04
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 18 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss

6 UF 2/04

In der Familiensache

wegen Ehescheidung

hier: Folgesache Versorgungsausgleich

hat der 6. Zivilsenat - Senat für Familiensachen I - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Jochum sowie die Richterin am Oberlandesgericht Cronberger und den Richter am Oberlandesgericht Neuerburg

am 1. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis vom 16. Oktober 2003 - 20 F 404/02 VA - aufgehoben.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 500 EUR.

Gründe:

I.

Der am Dezember 1953 geborene Ehemann (Antragsteller) und die am September 1957 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am August 1983 die Ehe geschlossen, aus der ein Kind hervorgegangen ist. Der Scheidungsantrag des Ehemannes wurde der Ehefrau am 27. Januar 2003 zugestellt.

Während der Ehezeit (1. August 1983 bis 31. Dezember 2002, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, Beteiligte zu 1) erworben. Die Ehefrau hat außerdem eine am Ende der Ehezeit bereits laufende Betriebsrente der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen (KZVK, Beteiligte zu 2) erlangt.

Das Familiengericht hat die Ehe vorab geschieden (rechtskräftig seit 3. Juli 2003). Durch Beschluss vom 5. September 2003 - 20 F 404/02 VA - hat es den Versorgungsausgleich - nach Dynamisierung der Anrechte der Ehefrau bei der KZVK unter Anwendung der Tabelle 1 der BarwertVO - dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 37,67 EUR auf dasjenige der Ehefrau bei der BfA übertragen und die Umrechnung in Entgeltpunkte angeordnet hat. Ein Rechtsmittel ist hiergegen weder von den Parteien noch von den beteiligten Versicherungsträgern eingelegt worden.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das Familiengericht diese Entscheidung "wegen offensichtlicher Unrichtigkeit" - bei der Umrechnung der Betriebsrente der Ehefrau sei die Tabelle 7 der BarwertVO und nicht Tabelle 1 anzuwenden - "aufgehoben" und dahin "neu gefasst", dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA nunmehr Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 2,28 EUR auf dasjenige der Ehefrau übertragen und die Umrechnung in Entgeltpunkte angeordnet hat. Dieser Beschluss ist der Ehefrau am 17. Dezember 2003 zugestellt worden.

Mit ihrer hiergegen gerichteten, am 15. Januar 2004 beim Senat eingegangenen Beschwerde erstrebt die Ehefrau die Aufhebung dieses Beschlusses. Sie macht geltend, dass das Familiengericht wegen § 18 Abs. 2 FGG zu einer amtswegigen Abänderung seiner Entscheidung nicht befugt gewesen sei.

Der Ehemann bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Die weiteren Beteiligten haben von einer Stellungnahme zum Rechtsmittel der Ehefrau abgesehen.

II.

Die Beschwerde der Ehefrau ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

In entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 ZPO im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit prinzipiell zulässige Berichtigungsentscheidungen (BGH, NJW 1989, 1281) sind mit dem gegen die zu berichtigende Entscheidung statthaften Rechtsmittel - hier der befristeten Beschwerde (§ 621 e ZPO) - anfechtbar (Bassenge/Herbst, FGG/RPflG, 5. Aufl., § 18 FGG, II 2; Bumiller/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 18, Rz. 3; vgl. auch Keidel/Schmidt, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 18, Rz. 62). Die Beschwerde der Ehefrau ist nach Maßgabe der §§ 621 e Abs. 1 und 3, 517, 520 ZPO fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Das Familiengericht hat in seiner - soweit ersichtlich auf eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 319 ZPO gestützten - Berichtigungsentscheidung den Rahmen dieser Vorschrift überschritten. Zwar lässt § 319 Abs. 1 ZPO bei Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten jederzeit eine Berichtigung von Amts wegen zu. Mit Hilfe dieser Bestimmung kann aber nur eine versehentliche Abweichung zwischen dem vom Gericht Erklärten und dem von ihm Gewollten, nicht aber eine falsche Willensbildung des Gerichts korrigiert werden; stets muss der Irrtum "offenbar" sein, d.h. er muss sich aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergeben und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar sein (BGH, a.a.O.; NJW 1985, 742). Nach diesem Maßstab liegt eine der amtswegigen Berichtigung entsprechend § 319 Abs. 1 ZPO (dazu BGH, a.a.O.) zugängliche Unrichtigkeit hier nicht vor. Die Ausgangsentscheidung vom 5. September 2003 ist - wovon auch das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeht - insofern fehlerhaft, als bei der Dynamisierung der Betriebsrente der Ehefrau bei der KZVK der zum Ehezeitende bereits laufende Rentenbezug nicht berücksichtigt worden ist mit der Folge, dass der Barwertfaktor fälschlisch der Tabelle 1 statt der Tabelle 7 der BarwertVO entnommen worden ist. Bei der vorgenommenen Korrektur handelt es sich unter diesen Umständen weder um die Berichtigung eines Schreib- oder Rechenfehlers noch einer anderen offenbaren Unrichtigkeit, sondern eines Fehlers in der Rechtsanwendung, zumal auch für einen reinen Eingabefehler bei der Bedienung des aktenersichtlich für die Berechnung des Versorgungsausgleichs benutzten familienrechtlichen Computerprogramms (dazu OLG Karlsruhe, FamRZ 2003, 776; OLG Bamberg, FamRZ 1998, 764) weder nach dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung noch nach dem sonstigen Akteninhalt hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Eine - wie hier - fehlerhafte Willensbildung des Gerichts kann jedoch nicht nach § 319 ZPO korrigiert werden.

Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 319 Abs. 1 ZPO war dem Familiengericht eine Abänderung seiner mit dem Rechtsmittel der befristeten Beschwerde anfechtbaren Ausgangsentscheidung nach § 18 Abs. 2 FGG bzw. §§ 621 e Abs. 3 Satz 2, 318 ZPO verwehrt (BGH, FamRZ 1984, 572; 9. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 21. Oktober 1997 - 9 UF 141/97 -, m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 621 a, Rz. 26). Aufgehoben oder geändert wird eine erstinstanzliche Endentscheidung zum Versorgungsausgleich nämlich nur im Rechtsmittelverfahren oder in einem Verfahren nach § 10 a VAHRG, dessen Voraussetzungen hier aber nicht vorliegen.

Nach alldem war der angefochtene Berichtigungsbeschluss ersatzlos aufzuheben. Eine Abänderung der Ausgangsentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil sie nicht angefochten ist.

Der Kostenausspruch beruht auf § 8 GKG, 93 a ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 621 e Abs. 2 i.V. mit 543 Abs. 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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