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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 09.09.2003
Aktenzeichen: 6 UF 50/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1666
BGB § 1666 a
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 233
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss

6 UF 50/03

In der Familiensache

betreffend das Umgangsrecht mit

hat der 6. Zivilsenat - Senat für Familiensachen I - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Jochum sowie die Richter am Oberlandesgericht Sittenauer und Neuerburg

am 9. September 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den am 13. Mai 2003 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken - 40 F 180/03 UG - wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben den übrigen Verfahrensbeteiligten ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Beschwerdewert: 3.000 EUR

Gründe:

I.

Der sieben Jahre alte und der fünf Jahre alte sind aus der am 26. April 1996 geschlossenen Ehe der Antragsteller hervorgegangen. Durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken vom 14. August 2001 - 40 F 1/01 So - ist den Antragstellern das Recht zur Bestimmung des Aufenthalts und der Heilbehandlung der Kinder im Wege der vorläufigen Anordnung entzogen worden - das Jugendamt habe glaubhaft vorgetragen, dass die Kinder in Folge unzureichender Beaufsichtigung auf Grund mangelnden Problembewusstseins der Antragsteller wiederholt in gefährliche, teilweise lebensbedrohliche Situationen geraten seien - und dem beteiligten Jugendamt als Pfleger übertragen worden. Das Jugendamt hat zunächst entschieden, die Kinder im Haushalt der Eltern zu belassen, da diese sich bereit erklärt hätten, das Angebot einer auf etwa sechs Monate angelegten integrativen Familienhilfe anzunehmen. Am 19. Oktober 2001 hat das Jugendamt die Kinder aus dem Haushalt der Antragsteller herausgenommen und in einer Wohngruppe im untergebracht, wo sie sich bis heute aufhalten. Anfang Januar 2003 hat das Jugendamt weitere Besuchskontakte der Antragsteller mit den Kindern untersagt.

Durch Beschluss vom 16. Januar 2003 - 40 F 1/01 So - hat das Familiengericht die elterliche Sorge für beide Kinder den Antragstellern gestützt auf §§ 1666, 1666 a BGB entzogen und dem beteiligten Jugendamt als Vormund übertragen. Durch Senatbeschluss vom 18. Juli 2003 - 6 UF 17/03 - ist die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin zu 1) als unzulässig verworfen und diejenige des Antragstellers zu 2) als unbegründet zurückgewiesen worden.

Mit Eingang am 5. März 2003 haben die Antragsteller beim Familiengericht eine Umgangsregelung - ein Mal wöchentlich in der Zeit von 9.00 bis 18.00 Uhr - begehrt. Das Jugendamt und der Verfahrenspfleger haben erstinstanzlich auf Ausschluss des Umgangs der Antragsteller mit den Kindern angetragen.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das Familiengericht für die Dauer von zwei Jahren das Umgangsrecht der Antragsteller mit beiden Kindern ausgeschlossen und den Antragstellern jedwede Kontaktaufnahme mit den Kindern untersagt (Ziffer 1); für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung hat es ihnen Zwangshaft von bis zu sechs Monaten angedroht (Ziffer 2). Dieser Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 15. Mai 2003 zugestellt worden.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Mit einem an das Familiengericht adressierten und dort per Telefax am 15. Juli 2003 eingegangenen Schriftsatz haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller beantragt, "die gesetzte Frist wegen Arbeitsüberlastung (...) um einen Monat zu verlängern". Dieser Schriftsatz ist vom Familiengericht an das Saarländische Oberlandesgericht weitergeleitet worden und am 16. Juli 2003 beim Senat eingegangen. Nach rechtlichem Hinweis des Vorsitzenden vom 17. Juli 2003 haben die Antragsteller mit Eingang am 31. Juli 2003 die Beschwerde begründet und um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist gebeten.

Das Jugendamt hält die Beschwerde in der Sache für unbegründet und hat erklärt, bezüglich "des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" nicht die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig zu beantragen. Der Verfahrenspfleger bittet um "Zurückweisung" des Wiedereinsetzungsantrages und der Beschwerde.

II.

Die gemäß §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und fristgerecht eingelegte (§§ 621 e Abs. 3, 517 ZPO) Beschwerde der Antragsteller ist unzulässig, weil die Rechtsmittelbegründungsfrist aus §§ 621 e Abs. 3, 520 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten ist. Danach beträgt die Frist für die Begründung der Beschwerde zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten anzufechtenden Beschlusses. Der angefochtene Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses am 15. Mai 2003 zugestellt worden. Die hierdurch in Gang gesetzte zweimonatige Beschwerdebegründungsfrist ist am 15. Juli 2003 - einem Dienstag - abgelaufen. Dem gegenüber ist die Beschwerdebegründung der Antragsteller erst am 31. Juli 2003 beim Senat eingegangen und somit verspätet. Eine Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist war - unbeschadet der Frage, ob das nicht an das Beschwerdegericht gerichtete und in der Formulierung zumindest nicht eindeutige Gesuch der Antragsteller vom 15. Juli 2003 hier überhaupt als wirksamer Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist zu werten ist - schon deswegen nicht zu gewähren, weil der Schriftsatz erst nach Fristablauf, nämlich am 16. Juli 2003, beim Senat eingegangen ist und eine Fristverlängerung daher schon begrifflich nicht mehr möglich war (BGH, NJW 1992, 842).

Diese - von Amts wegen zu prüfende und zu beachtende - Fristversäumung hat die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig zur Folge (§§ 621 e Abs. 3, 522 Abs. 1 ZPO).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233 ff ZPO) kann nicht entsprochen werden. Nach §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO darf den Antragstellern Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn ihre Verfahrensbevollmächtigten an der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kein Verschulden trifft. Das ist hier nicht der Fall. Der Verfahrensbevollmächtigte einer Partei trägt die persönliche Verantwortung dafür, dass eine fristwahrende Prozesshandlung vor dem zuständigen Gericht wahrgenommen wird (BGH, NJW 1996, 997, 998). Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller haben ihre Pflichten hier jedenfalls dadurch verletzt, dass sie den Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist nicht auf die richtige Adressierung hin überprüft und entsprechend berichtigt haben; insbesondere musste ihnen auffallen, dass der Fristverlängerungsantrag an das Gericht gerichtet war, dessen Entscheidung angefochten werden sollte (BGH, a.a.O.; NJW 2000, 2511; NJW-RR 1996, 443). Dass die zuständige anwaltliche Sachbearbeiterin die falsche Adressierung des Schriftsatzes unter Umständen in Folge zeitweiliger Überlastung auf Grund der Vorbereitung ihres für den darauffolgenden Tag geplanten kanzleiinternen "Umzuges" übersehen hat, räumt den Verschuldensvorwurf nicht aus, zumal nicht dargetan oder sonst ersichtlich ist, dass einer etwaigen Überbeanspruchung durch dieses - nicht überraschende - Ereignis nicht durch rechtzeitige organisatorische Maßnahmen, wie zum Beispiel eine vorübergehende Umverteilung der Geschäfte innerhalb der Kanzlei, Rechnung getragen werden konnte (dazu BGH, NJW 1996, 997, 998). Der - nach dem aufgedruckten Sendevermerk am 15. Juli 2003 um 13.41 Uhr per Telefax übermittelte - Schriftsatz ist vom Familiengericht im Übrigen auch im ordnungsgemäßen Geschäftsgang weitergeleitet worden und am darauffolgenden Tag beim Senat eingegangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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