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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.10.2002
Aktenzeichen: 9 U 633/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 430
BGB § 328
BGB § 742
BGB §§ 741 ff.
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

9 U 633/01

Verkündet am 23. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 9. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Kockler und die Richterinnen am Oberlandesgericht Sandhöfer und Cronberger

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts in Saarbrücken vom 25. Juli 2001 - 14 O 227/99 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

I.

Die Parteien, aus deren im Dezember 1971 geschlossener Ehe die Kinder M, geboren am - 1972, und C, geboren am - 1986, hervorgegangen sind, leben - nach vorausgegangener Trennung in der vormals ehelichen Wohnung - seit 1. Oktober 1998 auch räumlich getrennt.

Bei der Kreissparkasse - existiert ein Sparkonto lautend auf R. und Frau I, Konto-Nr., das zum 1. April 1998 ein Guthaben von 15.481,52 DM aufwies. Von diesem hat der Beklagte am 6., 16. und 29. April 1998 einen Betrag von insgesamt 15.450 DM abgehoben.

Zweitinstanzlich streiten die Parteien, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch in Höhe des hälftigen vom Beklagten abgehobenen Betrages, mithin 7.725 DM zusteht.

Mit ihrer am 30. Juni 1999 eingereichten Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von 10.525 DM in Anspruch genommen, wobei sie - irrtümlich - davon ausging, dass sich das vorgenannte gemeinsame Sparguthaben der Parteien zum Trennungszeitpunkt Anfang April 1998 auf 21.050 DM belaufen hat.

Der Beklagte hat auf Klageabweisung angetragen.

Er hat behauptet, er habe von dem abgehobenen Betrag in Absprache mit der Klägerin zunächst 3.900 DM auf ein Sparbuch des gemeinsamen Sohnes eingezahlt, da die Klägerin diesen Betrag vom Sparbuch des Sohnes in der Vergangenheit abgehoben hatte. Einen weiteren Teilbetrag von 5.640 DM habe er selbst am 14. Juli 1998 wieder auf das gemeinsame Konto eingezahlt und der Klägerin sodann das Sparguthaben zum Zwecke der Vermögensauseinandersetzung angeboten, was diese allerdings abgelehnt habe. Im Übrigen hätten sich die Parteien aber auch am 3. Oktober 1998 über die Aufteilung des Hausrates und des Bargeldes abschließend geeinigt, wobei die Klägerin einen Betrag von 5.000 DM erhalten habe. Die Klägerin war dem entgegengetreten und hatte behauptet, die Abhebungen des Beklagten vom gemeinsamen Sparkonto seien ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen erfolgt. Auch habe es keine Absprache gegeben, dass auf das Sparbuch des Sohnes 3.900 DM eingezahlt werden sollten. Richtig sei, dass sie seit 1988 Abhebungen vom Sparkonto des gemeinsamen Sohnes vorgenommen habe. Diese habe sie im Einvernehmen mit dem Beklagten für den Lebensunterhalt der Familie eingesetzt. Es treffe zwar zu, dass sich die Parteien - und zwar am 21. September, nicht am 3. Oktober 1998 - über den Hausrat geeinigt hätten, hingegen sei weder eine Auseinandersetzung des Sparguthabens noch des Bargeldes erfolgt. Den Bargeldbetrag von 5.000 DM habe sie zum Ausgleich der dem Beklagten überlassenen Einbauküche erhalten.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sohnes Markus der Parteien als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27. Juni 2001 Bezug genommen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das verwiesen wird, hat das Landgericht den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 7.725 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiterverfolgt.

Die Klägerin bittet unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils um Zurückweisung der Berufung.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die Berufungsangriffe bleiben ohne Erfolg.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des erstinstanzlich titulierten Betrages zu, weil der Beklagte ihr gegenüber in Höhe der Hälfte des von ihm im April 1998 vom gemeinsamen Sparguthaben abgehobenen Gesamtbetrages von 15.450 DM ausgleichspflichtig ist.

Insoweit kommt es nicht darauf an, ob das Landgericht den Anspruch der Klägerin zutreffend auf § 430 BGB gestützt hat oder ob §§ 741 ff BGB als Anspruchsgrundlage heranzuziehen sind. Letzteres wäre der Fall, wenn das hier in Rede stehende Sparkonto der Parteien - wie diese übereinstimmend angegeben haben - als "Und-Konto" geführt worden ist. Dann wären die Parteien nämlich nicht Gesamtgläubiger, sondern Mitgläubiger der Forderung (vgl. BGH, NJW 1991, 420). Denn im Rahmen beider Anspruchsgrundlagen sind für die Frage, wem intern welcher Anteil an dem auf einem Gemeinschaftskonto befindlichen Guthaben zusteht, gleichermaßen die Befugnisse der Ehegatten im Außenverhältnis zur Bank ohne Bedeutung. Maßgebend ist vielmehr das Innenverhältnis der Ehegatten, für das § 430 BGB und § 742 BGB übereinstimmende Auslegungsregeln beinhalten. Nach beiden Normen sind die Ehegatten am jeweiligen Kontostand eines Gemeinschaftskontos regelmäßig zu gleichen Teilen berechtigt. Ohne entscheidungserhebliche Bedeutung ist insoweit, ob die Abhebungen - wie der Beklagte zunächst zweitinstanzlich behauptet hat - kurz vor der Trennung der Parteien oder aber kurz nach der Trennung der Parteien erfolgt sind. Denn grundsätzlich kommen auch für Kontoverfügungen, die den Hälfteanteil überschreiten und die während des Zusammenlebens der Ehegatten getroffen worden sind, Ausgleichsansprüche in Betracht. Allerdings liegt während intakter Ehe meist eine anderweitige Bestimmung im Sinne eines konkludenten Verzichts auf Ausgleichsansprüche vor. Jedoch geht der konkludente Verzicht auf Ausgleich während intakter Ehe nur so weit, als es sich um Kontoverfügungen zu ehedienlichen, der gemeinschaftlichen Lebensplanung entsprechenden Zwecken handelt (BGH, FamRZ 1993, 413). Der Verzicht erfasst hingegen nicht mit dem Zweck des Kontos unvereinbare missbräuchliche Verfügungen wie Geldentnahmen zur Finanzierung eigennütziger, von der einverständlichen ehelichen Lebensgestaltung nicht gedeckter Vorhaben (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 2. Aufl., Rz. 536 m.w.N.). Vor allem erfasst er auch nicht den Zugriff auf das Konto unmittelbar vor der Trennung, der deren Finanzierung oder der Bildung einer Rücklage dienen soll, soweit das Vorgehen nicht im Einzelfall als vom mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten gedeckt angesehen werden kann (vgl. Wever, a.a.O.). Letzteres kann bei der gegebenen Sachlage nicht angenommen werden, selbst wenn der vom Beklagten zunächst zweitinstanzlich angegebene Trennungszeitpunkt Juni 1998 zutreffend gewesen wäre. Nachdem die Entnahme des Beklagten vom gemeinsame Sparkonto unstreitig ist, steht der Klägerin aber nach der Auslegungsregel der §§ 430, 742 BGB ein Anspruch auf die Hälfte des vom Beklagten vom Sparkonto der Parteien abgehobenen Betrages von 15.450 DM zu.

Für eine andere als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung oder einen Ausschluss der Ausgleichspflicht ist der Beklagte, der als in Anspruch Genommener eine abweichende Gestaltung des Innenverhältnisses darzulegen und zu beweisen hat (BGH, FamRZ 1993, 413), beweisfällig geblieben.

Zwar hat der Beklagte behauptet, es habe bereits anlässlich der räumlichen Trennung der Parteien eine abschließende Hausrat- und Bargeldauseinandersetzung zwischen den Parteien stattgefunden, die auch eventuelle Ausgleichsansprüche der Klägerin betreffend das gemeinsame Sparguthaben umfasst habe. Die Klägerin hat jedoch entschieden bestritten, dass auch eine Auseinandersetzung bezüglich des Sparguthabens erfolgt sei und behauptet, es bestehe keine Verbindung zwischen dem in der vorgelegten Liste unter Ziffer 16 aufgeführte Bargeldbetrag von 5.000 DM und der Auseinandersetzung des gemeinsamen Sparguthabens. Sie habe das Bargeld vielmehr dafür erhalten, dass sie dem Beklagten, der nach der Trennung in der vormals ehelichen Wohnung verblieben sei, die dort befindliche Einbauküche verkauft habe.

Das vom Beklagten für die von ihm behauptete abschließende Vermögensauseinandersetzung - die dem vorliegend von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruch entgegen stehen würde - angebotene Beweismittel, ein vom 3. Oktober 1998 datierendes Schriftstück ist als Nachweis nicht geeignet. Unabhängig davon, ob das dort angegebene Datum zutreffend oder wie die Klägerin behauptet, vom Beklagten nachträglich eingefügt ist und ob die Klägerin das Schriftstück unterzeichnet hat - was zwischen den Parteien streitig ist - lässt sich diesem bereits nicht entnehmen, dass es sich hierbei - wie vom Beklagten behauptet - um eine Vereinbarung zwischen den Parteien handelt. Weder ist das Schriftstück als Vereinbarung bezeichnet, noch ist es von beiden Parteien unterschrieben. Vielmehr beinhaltet es lediglich eine Liste der Gegenstände und des Bargeldes, die bzw. das die Klägerin bei ihrem Auszug aus der vormals ehelichen Wohnung mitgenommen hat und deren bzw. dessen Mitnahme durch eine Unterschrift bestätigt ist. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass hiermit eine abschließende Vermögensauseinandersetzung zwischen den Parteien erfolgen sollte, finden sich dort nicht, zumal die Liste auch keinerlei Bezug zu dem hier streitgegenständlichen gemeinsamen Sparguthaben der Parteien aufweist.

Auch der Umstand, dass in dem Schriftstück ein von der Klägerin mitgenommener Bargeldbetrag aufgelistet ist, vermag bei der gegebenen Sachlage den Sachvortrag des Beklagten zur behaupteten Vermögensauseinandersetzung nicht zu stützen. Denn nach der von der Klägerin insoweit vorgelegten, vom gemeinsamen Sohn unterzeichneten Quittung und den Angaben des Sohnes hierzu bei seiner erstinstanzlichen Zeugenvernehmung ist davon auszugehen, dass die Klägerin diesen Betrag - wie von ihr behauptet - für den Verkauf der Einbauküche an den Beklagten erhalten hat.

Weiteren Beweis hat der Beklagte nicht angeboten.

Die Auffassung des Beklagten, selbst wenn das Bargeld von 5.000 DM eine Gegenleistung für den Verbleib der Einbauküche bei ihm gewesen wäre, wäre diese Zahlung jedenfalls vor Ermittlung des Ausgleichsbetrages von dem von ihm abgehobenen Sparguthaben abzuziehen, findet im Rechtlichen keine Stütze. Ebenfalls vergeblich macht der Beklagte geltend, vor Ermittlung des der Klägerin zustehenden Ausgleichsbetrages sei jedenfalls der Betrag von 3.900 DM in Abzug zu bringen, den er auf das Sparbuch des gemeinsamen Sohnes überwiesen hat.

Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei dem von den Parteien für den gemeinsamen Sohn und auf dessen Namen angelegten Sparbuch um einen Vertrag zugunsten Dritter gehandelt hat mit der Folge, dass der Sohn gemäß § 328 BGB Gläubiger der Sparforderung wurde, wogegen allerdings spricht, dass die Parteien unstreitig Besitz an diesem Sparbuch behalten hatten (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 328, Rz. 9 a m.w.N.; BGH, FamRZ 1994, 625). Auch kommt es nicht darauf an, dass das Landgericht - wie der Beklagte zu Recht rügt - angenommen hat, der Beklagte habe den Beweis, dass die Klägerin einen Betrag in dieser Höhe vom Sparkonto des Sohnes entnommen habe, nicht geführt, nachdem dies zwischen den Parteien - auch erstinstanzlich - unstreitig und demnach nicht beweisbedürftig war. Denn selbst wenn ein Erstattungsanspruch des Sohnes wegen der erfolgten Abhebungen gegen die Klägerin unterstellt wird, ist keine rechtliche Grundlage ersichtlich, aufgrund derer der Beklagte das gemeinsame Sparguthaben zur Begleichung dieser Forderung mit der Folge der Verminderung des Ausgleichsanspruchs der Klägerin hätte einsetzen dürfen. Dass dies mit Einverständnis der Klägerin geschehen sei, hat der Beklagte selbst - jedenfalls zweitinstanzlich - nicht mehr behauptet. Hinzukommt, dass auch der Zeitpunkt, zu dem sich der Beklagte zur Begleichung des von ihm behaupteten Rückforderungsanspruchs entschlossen hat, wenig verständlich ist, nachdem die letzte Abhebung der Klägerin vom Sparbuch des Sohnes Anfang des Jahres 1991 erfolgt war und Rückforderungsansprüche vom Sohn - nach dem insoweit unwidersprochenen Sachvortrag der Klägerin - bislang nicht geltend gemacht worden sind.

Weitere Umstände, aus denen sich eine von der hälftigen Berechtigung abweichende Teilhabe der Parteien an dem hier in Rede stehende Sparguthaben ergeben könnten, sind vom Beklagten nicht behauptet und auch nicht ersichtlich, so dass das Landgericht zu Recht eine Ausgleichspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin in Höhe der Hälfte des von ihm vom gemeinsamen Sparguthaben abgehobenen Betrages bejaht hat.

Die Berufung des Beklagten ist daher zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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