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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.08.2007
Aktenzeichen: 9 UF 105/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1613 Abs. 1 S. 1
Das bloße Auskunftsverlangen des geschiedenen Ehegatten entfaltet hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts keine verzugsbegründende Wirkung, da § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB auf den nachehelichen Ehegattenunterhalt nicht anwendbar ist.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes URTEIL

9 UF 105/06

Verkündet am 10. August 2007

In der Familiensache

wegen Unterhaltsabänderung

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. August 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Kockler und die Richterinnen am Oberlandesgericht Sandhöfer und Cronberger

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis vom 14. Juli 2006 - 21 F 645/05 UE - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 10. Januar 2006 bis einschließlich Juli 2007 über die im Anerkenntnisurteil des Amtsgericht - Familiengericht - in Saarlouis vom 6. Mai 2004 - 21 F 80/04 UE - titulierte Unterhaltsrente hinaus weiteren nachehelichen Unterhalt von insgesamt 6.783,81 EUR zu zahlen.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin ab August 2007 in Abänderung des Anerkenntnisurteils des Amtsgericht - Familiengericht - in Saarlouis vom 6. Mai 2004 - 21 F 80/04 UE - nachehelichen Unterhalt von 743,85 EUR monatlich zu zahlen.

Die Abänderungsklage im Übrigen wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin zu 35 % und dem Beklagten zu 65 % auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

und

Entscheidungsgründe:

I.

Die Parteien, die im Mai 1968 die Ehe geschlossen haben, aus der die im Dezember 1969 geborene wirtschaftlich unabhängige Tochter S. hervorgegangen ist, sind nach vorausgegangener Trennung im April 1996 seit 5. September 1997 rechtskräftig geschieden. Im Verbund mit der Scheidung wurde der öffentlich rechtliche Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass zu Gunsten der Klägerin im Wege des Splittings ehezeitliche Anwartschaften von monatlich 766,02 DM übertragen und im Wege des erweiterten Quasi-Splittings weitere Rentenanwartschaften von monatlich 63,21 DM begründet worden sind.

In einem im Rahmen des Scheidungsverfahrens - 21 F 204/96 - beim Amtsgericht - Familiengericht in Saarlouis am 23. Juli 1997 geschlossenen Vergleich hat sich der Beklagte (dortiger Antragsgegner), der damals noch Ortsvorsteher der Gemeinde F. mit einer entsprechenden Dienstaufwandsentschädigung war, verpflichtet, an die Klägerin (dortige Antragstellerin) ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt von 1.300 DM monatlich zu zahlen (Ziffer 1.). Hierbei waren sich die Parteien einig, dass beim Wegfall der Tätigkeit des Beklagten als Ortsvorsteher der Unterhalt der Klägerin auf der Grundlage der durch den Wegfall bedingten Minderung der Einkünfte neu berechnet werden sollte (Ziffer 2.).

Nachdem das Amt des Beklagten als Ortsvorsteher Anfang Juli 1999 endete, hat der Beklagte (dortiger Kläger) mit einer am 11. November 1999 beim Familiengericht in Saarlouis eingereichten Klage Abänderung des vorgenannten Vergleichs dahingehend begehrt, dass er der Klägerin (dortigen Beklagten) nur noch monatlichen Unterhalt von 564 DM von Juni bis einschließlich September 1999 und von 626,20 DM ab Oktober 1999 schuldet.

Durch Urteil vom 10. Oktober 2000 hat das Familiengericht den im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich der Parteien unter Abweisung der weitergehenden Abänderungsklage dahingehend abgeändert, dass der Beklagte an die Klägerin nur noch nachehelichen Unterhalt von monatlich 507 DM von Oktober 1999 bis April 2000 und von monatlich 881 DM ab Mai 2000 zu zahlen hat. Seine hiergegen gerichtete Berufung, hat der Beklagte am 16. Januar 2002 zurückgenommen.

Auf einen der Klägerin am 26. Februar 2004 zugestellten Antrag des Beklagten (dortigen Klägers) vom 16. Februar 2004 wurde ein weiteres Abänderungsverfahren vom Amtsgericht - Familiengericht - in Saarlouis - 21 F 80/04 UE - eingeleitet, in dem der Beklagte zuletzt Abänderung des vorgenannten Urteils vom 10. November 2000 dahingehend begehrte, dass er der Klägerin (dortigen Beklagten) für Februar und März 2004 keinen höheren nachehelichen Unterhalt als 394 EUR monatlich und ab April 2004 keinen höheren nachehelichen Unterhalt als 386 EUR monatlich schuldet. Nachdem die Klägerin den Klageanspruch anerkannt hatte, hat das Familiengericht durch Anerkenntnisurteil vom 6. Mai 2004 - 21 F 80/04 UE - das Urteil vom 10. November 2000 antragsgemäß abgeändert.

Die Parteien streiten zweitinstanzlich, ob der Beklagte der Klägerin in Abänderung vorgenannten Anerkenntnisurteils für die Zeit ab Juli 2005 weiteren Unterhalt von monatlich 407,85 EUR schuldet.

Die am . März 1945 geborene Klägerin leidet seit 1983 an einer psychischen Erkrankung. Seit der Geburt der gemeinsamen Tochter ist sie keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit mehr nachgegangen. Nach einer Auskunft der DRV Bund vom 30. Mai 2006 wird sich ihre Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres auf monatlich 574,97 EUR belaufen. Ein vom Senat im vorausgegangenen Abänderungsverfahren - 9 UF 160/00; 21 F 373/99 - eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Dr. med S., S., vom 4. September 2001 kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin erwerbsunfähig ist und keine günstige Prognose abgegeben werden kann. Sie bewohnt nach wie vor die vormals eheliche, im Erdgeschoß gelegene Wohnung in dem in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Hausanwesen.

Der am . September 1942 geborene Beklagte ist seit 1998 wiederverheiratet. Er ist von Beruf Kraftfahrer und war als Berufskraftfahrer bei den K.- V. S. AG beschäftigt. Seit Mitte August 1999 leidet er an cerebralen Krampfleiden mit rezidivierenden Anfällen, was zum Erlöschen seiner Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung führte. Auf seinen im September 1999 gestellten Rentenantrag wurde ihm von der DRV Knappschaft-Bahn-See (damaligen Bundesknappschaft) rückwirkend ab September 1999 und längstens bis zum Beginn der Regelaltersrente Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt, wobei er im Hinblick auf § 5 VAHRG die ungekürzte Rente erhielt und erhält. Weiterhin bezieht er seit November 1999 eine - ebenfalls ungekürzte - Zusatzrente von der RZVK, die seit Juli 2005 monatlich 458,71 EUR beträgt. Seit März 2004 erhält er von der DRV Knappschaft-Bahn-See Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 263a SGB VI, die sich seit Juli 2005 auf monatlich 1.285,14 EUR beläuft.

Die Parteien waren hälftige Miteigentümer des vormals ehelichen Hausanwesens, bei dem es sich um ein Zweifamilienhaus handelt. Während eine der Wohnungen nach wie vor von der Klägerin bewohnt wird, sind die weitere Wohnung und eine Garage vermietet. Mit notariellem Vertrag vom 16. Juli 1997 hat der Beklagte seinen hälftigen Miteigentumsanteil für 155.000 DM an die Mutter der Klägerin verkauft. Aus der Vermögensauseinandersetzung im Übrigen sind ihm weitere Beträge zugeflossen.

Mit ihrer am 19. Dezember 2005 eingereichten, dem Beklagten am 10. Januar 2006 zugegangenen Stufenklage hat die Klägerin den Beklagten zuletzt auf weiteren Unterhalt von 4.486,35 EUR für die Zeit von Juli 2005 bis Mai 2006 und in Abänderung des Anerkenntnisurteils vom 6. Mai 2004 für die Zeit ab Juni 2006 auf weiteren nachehelichen Unterhalt von monatlich 407,85 EUR in Anspruch genommen.

Der Beklagte hat um Abweisung der Abänderungsklage gebeten.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Familiengericht der Abänderungsklage in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung weiteren nachehelichen Unterhalts verurteilt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag auf Abweisung der Abänderungsklage in vollem Umfang weiterverfolgt.

Die Klägerin bittet unter Verteidigung des angefochtenen Urteils um Zurückweisung der Berufung.

Die beigezogenen Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis 21 F 204/96, 21 F 205/96, 21 F 373/99 und 21 F 80/04 UE waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, während die weitergehende Berufung ohne Erfolg bleibt und daher zurückzuweisen ist.

Im hier gegebenen Fall, dass es sich bei dem Ursprungstitel zwar um einen Vergleich handelt, dieser aber bereits durch ein Urteil abgeändert worden ist, greift im Fall der weiteren Abänderung § 323 Abs. 1 - 3 ZPO unmittelbar ein (BGH, FamRZ 1992, 162).

Zutreffend ist das Familiengericht danach von der Zulässigkeit der Abänderungsklage ausgegangen.

Zu Recht hat das Familiengericht auch eine wesentliche Veränderung der für den abzuändernden Titel maßgebenden Umstände nach § 323 Abs. 1 ZPO bejaht, nachdem sich das Renteneinkommen des Beklagten von damals zuletzt insgesamt 1.281,38 EUR durch den Bezug der Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf monatlich insgesamt 1.743,85 EUR ab Juli 2005 erhöht hat, so dass nunmehr die erhöhte Rente in die Bedarfsbemessung einzustellen ist.

Vergeblich begehrt der Beklagte, dass nunmehr auf Seiten der Klägerin in die Bedarfsbemessung ein Vorteil des mietfreien Wohnens einzubeziehen ist, da sie nach wie vor in der vormals ehelichen Wohnung, die sich in dem in ihrem hälftigen Miteigentum stehenden Hausanwesen befindet, mietfrei wohnt, so dass auch dahin stehen kann, ob der objektive Mietwert dieser Wohnung - wie der Beklagte meint - auf mindestens monatlich 700 EUR zu veranschlagen ist.

Insoweit kommt es letztlich nicht darauf an, ob Geschäftsgrundlage des Ursprungsvergleichs war, dass weder Nutzungsvorteile der Klägerin noch (erzielbare) Kapitalerträge des Beklagten in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden sollten, wofür allerdings Einiges im Hinblick auf den von der Klägerin angesprochenen Sachvortrag der Parteien im Parallelverfahren betreffend den Trennungsunterhalt spricht, was aber zwischen den Parteien streitig ist. Denn abzuändernder Titel ist vorliegend nicht der Ursprungsvergleich, sondern das Anerkenntnisurteil des Familiengerichts vom 6. Mai 2004.

Demnach sind aber für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die vom Beklagten begehrte Abänderung vorliegen, die Grundlagen des Anerkenntnisurteils maßgebend (vgl. BGH, FamRZ 2007, 793), wobei vorliegend, da das Urteil weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthält (§ 313 b ZPO), für die Bestimmung der Grundlagen auch der Titel heranzuziehen ist, der durch das Anerkenntnisurteil teilweise abgeändert worden ist, demnach das Urteil des Familiengerichts vom 10. November 2000.

Das Abänderungsverfahren ermöglicht nämlich weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben. Vielmehr besteht die Abänderungsentscheidung in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhaltstitels an veränderte Verhältnisse. Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser Grundlage hat der Richter im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben (BGH, FamRZ 2003, 848).

Die in § 323 Abs. 2 ZPO für den Kläger eines Abänderungsverfahrens angeordnete Präklusion von Abänderungsgründen gilt allerdings nicht uneingeschränkt auch für den Beklagten dieses Verfahrens. Vielmehr kann der Beklagte zur Verteidigung des Ersturteils gegen das Abänderungsbegehren der Klägerin auch solche Tatsachen in den Prozess einführen, die bereits während des Vorprozesses vorgelegen haben, dort aber nicht vorgetragen wurden und infolgedessen unberücksichtigt geblieben sind (BGH, FamRz 2007 a.a.O.; FamRz 2001, 1364).

Unter Beachtung vorstehender grundsätzlicher Erwägungen ist der Ansatz eines Wohnvorteils auf Seiten der Klägerin aber unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt.

Denn, ob auf Seiten der Klägerin ein Wohnvorteil bzw./und Mieteinnahmen in die Bedarfsbemessung einzustellen sind, war bereits in allen vorausgegangenen Abänderungsverfahren streitgegenständlich. So hatte der Beklagte seine Abänderungsklage im Verfahren des Familiengerichts in Saarlouis - 21 F 373/99 - ausdrücklich auch - auf im Wege der Differenzberechnung einzustellende - Mieteinnahmen der Klägerin gestützt und eine Anrechnung des mietfreien Wohnens ausdrücklich vorbehalten. Dem hatte die Klägerin entgegengehalten, dass mietfreies Wohnen nicht zu berücksichtigen sei, weil dies auch beim damaligen Unterhaltsvergleich nicht berücksichtigt worden sei, obwohl sie auch schon damals in dem Haus gewohnt hatte. Auch hatte sie in jenem Verfahren - vom Beklagten unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt des Vergleichs beide Parteien gewusst hätten, dass die Möglichkeit der Anrechnung des Wohnvorteils, allerdings auch die Berücksichtigung von Zinseinnahmen aus Vermögen bestand, und sie trotz bzw. gerade deswegen nur das Erwerbseinkommen zugrunde gelegt hätten. Der Beklagte selbst hat zudem im vorgenannten Verfahren eingeräumt, dass der Wohnvorteil immer, auch schon im Trennungsunterhaltsverfahren, streitgegenständlich gewesen sei.

In dem durch das Anerkenntnisurteil abgeänderten Urteil vom 10. November 2000 hat das Familiengericht diesen Streitpunkt der Parteien zudem ausdrücklich dahingehend entschieden, dass weder ein Wohnvorteil der Klägerin noch Zinseinkünfte auf Seiten des Beklagten berücksichtigt werden können. Dies hat das Familiengericht damit begründet, dass einer Berücksichtigung die Bindung des Vergleichs entgegenstünde (vgl. BGH, FamRZ 1990, 269), in dem weder ein Wohnvorteil noch Zinseinkünfte berücksichtigt worden sind. Diese Feststellungen sind auch in Rechtskraft erwachsen, nachdem der Beklagte seine gegen das Urteil gerichtete Berufung, mit der er im Übrigen insbesondere auch den Ansatz eines Wohnvorteils auf Seiten der Klägerin begehrt hatte, zurückgenommen hat.

Entsprechend hat der Beklagte in dem durch das hier in Rede stehende Anerkenntnisurteil abgeschlossenen Abänderungsverfahren des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis - 21 F 80/04 UE - auch nicht die Berücksichtigung von Nutzungsvorteilen auf Seiten der Klägerin begehrt, sondern sein Abänderungsbegehren ausschließlich auf die zwischenzeitliche Erhöhung seines Selbstbehalts auf monatlich 895 EUR sowie für die Zeit ab April 2004 zusätzlich auf eine - geringfügige - Verminderung seiner Renteneinkünfte infolge - geringfügiger - Erhöhung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gestützt.

Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt vorliegend eine Berücksichtigung von Nutzungsvorteilen auf Seiten der Klägerin auch nicht deshalb in Betracht, weil sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Behandlung von Nutzungsvorteilen und Kapitalerträgen nach Auseinandersetzung eines im hälftigen Miteigentums von Ehegatten stehenden, während des Zusammenlebens von ihnen bewohnten Hausanwesens geändert hat.

Zwar ist anerkannt, dass sich eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse auch aus einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof ergeben kann (BGH, FamRZ 2003 a.a.O.).

Eine derartige Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof, die vorliegend den Ansatz eines Wohnvorteils auf Seiten der Klägerin rechtfertigen könnte, ist jedoch seit Erlass des abzuändernden Urteils nicht erfolgt.

Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in der vom Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung (BGH, FamRZ 2005, 1129) ausdrücklich seine ständige Rechtsprechung (BGH, FuR 2001, 306, 313; FamRZ 2001, 1140; FamRZ 2002, 88) bestätigt und die von etlichen Instanzengerichten - so auch dem Senat - vertretene Auffassung abgelehnt, wonach die beiderseitigen Vorteile aus der Auseinandersetzung des vormals ehelichen Hausanwesens unterhaltsrechtlich außer Betracht bleiben und die Ehegatten so behandelt werden sollten, als hätten sie das Haus an einen Dritten verkauft, den Erlös geteilt und dadurch für beide gleiche - sich deshalb nivellierende - Verhältnisse geschaffen.

Auf eine - zudem vorübergehende - Änderung der Rechtsprechung von Instanzengerichten kann aber eine Abänderung nicht mit Erfolg gestützt werden. Bei dieser Sachlage bedarf keiner Vertiefung, ob die Klägerin - wie der Beklagte meint und was das Familiengericht zugunsten des Beklagten im angefochtenen Urteil unterstellt hat - eine Garagenmiete von monatlich 60 EUR erzielt, da hierdurch im Hinblick auf die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Beklagten das Ergebnis nicht beeinflusst wird, worauf die Klägerin zutreffend hinweist. Allerdings bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Behauptung, nachdem die Klägerin einen entsprechenden Mietvertrag zwischen ihrer Mutter und dem Garagenmieter vorgelegt hat und der Beklagte zudem auch schon im vorangegangenen Verfahren - 21 F 373/99 - behauptet hatte, dass die Klägerin die Garagenmiete vereinnahme, dies jedoch im Rahmen der vom Senat insoweit im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme durch die Angaben der als Zeugin vernommenen Mutter der Klägerin nicht bestätigt wurde, worauf der Beklagte auf die Vernehmung des im Termin anwesenden Mieters als Zeugen verzichtet hatte.

Ohne Erfolg begehrt der Beklagte, dass der Klägerin fiktive Renteneinkünfte zugerechnet werden, wobei dem Beklagte die Geltendmachung dieses Einwandes im Abänderungsverfahren nicht verwehrt ist, da als frühest möglicher Zeitpunkt für die Inanspruchnahme einer Rente durch die Klägerin hier der 1. April 2005 in Betracht kommt.

Nach der von der Klägerin erstinstanzlich vorgelegten Auskunft der DRV Bund sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Seiten der Klägerin nicht erfüllt, da im Versicherungsverlauf der Klägerin in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt sind, so dass es auf den Grad der Behinderung nicht ankommt.

Die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente hätte einen dauerhaften Abschlag von 18 % zur Folge.

Die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf Seiten der Klägerin würde - selbst wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt wären - zu einer Minderung der Rente um 10,8 % führen, da die für diese Altersrente erforderlichen Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung nicht erfüllt sind. Dies hinzunehmen, ist aber - wovon das Familiengericht zutreffend ausgeht - für die Klägerin im Hinblick auf die Höhe ihrer voraussichtlichen Altersrente unzumutbar. Entgegen der Annahme des Familiengerichts und der Auffassung des Beklagten kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin eine Altersrente von insgesamt 1.000 EUR zu erwarten hat.

Vergeblich macht der Beklagte Verspätung geltend, soweit die Klägerin die zu erwartende Altersrente mit insgesamt 574 EUR beziffert, ohne dass es darauf ankommt, dass diese Rüge vorliegend auch im Hinblick auf § 621 d ZPO nicht durchgreifen würde.

Denn bereits aus der erstinstanzlich vorgelegten Auskunft der DRV Bund ergab sich eindeutig, dass die Altersrente der Klägerin unter Einbeziehung der im Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften voraussichtlich insgesamt 574,97 EUR betragen werde. Entsprechend ist die Berechnung auch unter Berücksichtigung des rechtskräftig durchgeführten Versorgungsausgleichs erfolgt, was sich zweifelsfrei aus der beigefügten Berechnung der Monatsrente ergibt. Im Übrigen entfällt danach auch nur ein Betrag von rund 111 EUR auf von der Klägerin selbst erworbene Anwartschaften, während der Restbetrag von rund 464 EUR auf den im Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften beruht. Im Fall des Rentenbezugs der Klägerin würden aber die Rentenbezüge des Beklagten um die im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften gekürzt, was der Beklagte ersichtlich nicht bedacht hat.

Ein Teilerfolg ist der Berufung des Beklagten allerdings insoweit nicht zu versagen, als er sich auf einen ihm gegenüber der Klägerin zuzubilligenden höheren Selbstbehalt beruft, als vom Familiengericht mit 950 EUR monatlich angenommen.

Denn nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung (FamRZ 2006, 683), der sich die Familiensenate des Saarländischen Oberlandesgerichts angeschlossen haben (vgl. etwa Senatsurteil vom 6. Juni 2007 - 9 UF 119/06 - m.w.N.; 6. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 28. November 2006 - 6 WF 88/06 -, m. w. N.), sind die Selbstbehaltssätze gegenüber Ehegatten grundsätzlich höher anzusetzen als gegenüber minderjährigen Kindern. Insoweit erachtet es der Senat für angemessen, im Regelfall von dem Betrag auszugehen, der in der Mitte zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt liegt (vgl. 6. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts, a. a. O., m. w. N.), so dass sich unter Heranziehung der jeweils aktuellen Leitlinien des Saarländischen Oberlandesgerichts Selbstbehaltsätze von 995 EUR bis einschließlich Juni 2007 und von 1.000 EUR ab Juli 2007 ergeben.

Unter Wahrung des Selbstbehalts des Beklagten belaufen sich die Unterhaltsansprüche der Klägerin demnach auf monatlich 748,85 EUR bis einschließlich Juni 2007 und auf monatlich 743,85 EUR ab Juli 2007.

Allerdings kann hier - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert und abweichend von der Beurteilung des Familiengerichts - eine Abänderung des Anerkenntnisurteils nicht bereits ab Juli 2005 erfolgen, was der Berufung des Beklagten zu einem weiteren Teilerfolg verhilft.

Vielmehr ist vorliegend eine Abänderung des Anerkenntnisurteils nach § 323 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 1585 b Abs. 2 BGB erst ab 10. Januar 2006 zulässig.

Denn erst ab diesem Zeitpunkt befindet sich der Beklagte mit den von der Klägerin geforderten höheren Unterhaltsrenten in Verzug.

Zwar hat die Klägerin den Beklagten unstreitig bereits mit Schreiben vom 22. Juli 2005, vom 1. September 2005 und vom 27. Oktober 2005 zur Auskunft über sein Renteneinkommen ab Juli 2005 aufgefordert. Das bloße Auskunftsverlangen des geschiedenen Ehegatten begründet aber nach h.M., der der Senat folgt, nicht auch schon hinsichtlich des Zahlungsanspruchs Verzug. Denn § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB ist auch nicht analog auf den nachehelichen Ehegattenunterhalt anwendbar. Vielmehr erfolgte Inverzugsetzung des Beklagten hier erst mit Zugang der vorliegenden Stufenklage, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, FamRZ 2007, 453, m.w.N.) - ebenso wie eine vorgerichtliche Stufenmahnung - den Schuldner auch wegen des noch unbezifferten Zahlungsanspruchs in Verzug setzt. Da die Stufenklage dem Beklagten - wie von ihm in seinem Schriftsatz vom 12. Januar 2006 dargelegt - am 10. Januar 2006 zugegangen ist, ist die von der Klägerin begehrte Abänderung des Anerkenntnisurteils auch erst ab diesem Tag (§ 1585 b Abs. 2 BGB) möglich (vgl. BGH, FamRZ 2007, 453; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 323, Rz. 35; Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rzn. 5013, 5016, 5020, 5353; Hoppenz/Hülsmann, Familiensachen, 8. Aufl., § 1585 b BGB, Rz. 3; § 323 ZPO, Rz. 73; Göppinger/Wax/Kodal Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rz. 1137; vgl aber a.A. Göppinger/Wax/Vogel, Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rz. 2418; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rz. 220; Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1585 b, Rz. 1).

Nach alledem schuldet der Beklagte der Klägerin demnach für die Zeit vom 10. Januar 2006 bis 31. Juli 2007 über die im Anerkenntnisurteil vom 6. Mai 2004 titulierten Unterhaltsrenten von 386 EUR monatlich hinaus weiteren Unterhalt von insgesamt 6.783,81 EUR [362,85 : 31 x 22 = 257,51 EUR + <17 x 362,85 => 6.168,45 EUR + 357,85 EUR]. Ab 1. August 2007 ist er in Abänderung des vorgenannten Anerkenntnisurteils verpflichtet, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt von monatlich 743,85 EUR zu zahlen.

Entsprechend ist das angefochtene Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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