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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.05.2005
Aktenzeichen: 9 UF 46/05
Rechtsgebiete: VAHRG, ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

VAHRG § 1 Abs. 3
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 93 a Abs. 1
ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 621 Nr. 6
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 6
Bedient sich ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger im Sinne des § 1 Abs. 3 VAHRG - hier die HZV - zur (teilweisen) Erfüllung der dem Arbeitnehmer zugesagten Versorgung einer selbstständigen Pensionskasse, die in privat-rechtlicher Rechtsform betrieben wird - hier der Höchster Pensionskasse, einem Versicherungsschein auf Gegenseitigkeit -, so ist insoweit nicht die HZV, sondern die Pensionskasse Versicherungsträger, sodass mangels öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger-Eigenschaft insoweit ein Ausgleich durch analoges Quasisplitting ausscheidet.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 UF 46/05

In der Familiensache

wegen Ehescheidung

hier: abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch die Richterinnen am Oberlandesgericht Sandhöfer und Cronberger sowie den Richter am Oberlandesgericht Neuerburg

am 23. Mai 2005

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Lebach vom 4. März 2005 - 2 F 303/04 VA - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto Nr. des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt werden auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin Nr. bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 167,82 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2004, übertragen. Der Monatsbetrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zu Lasten der Anwartschaften des Antragsgegners auf Zusatzrente bei der Landesversicherungsanstalt, Abt. Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung (Versicherungsnummer.:), werden auf dem Versicherungskonto Nr. der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften von monatlich 37,39 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2004, begründet. Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zusätzlich werden von dem Versicherungskonto Nr. des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt auf das Versicherungskonto Nr. der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 8,02 EUR, bezogen auf den 30. Juni 2004, übertragen. Der Monatsbetrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

II. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

III. Beschwerdewert: 2.000 EUR.

IV. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren mit Wirkung vom 6. April 2005 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin, , bewilligt.

Gründe:

I.

Die am September 1967 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der am März 1961 geborene Ehemann (Antragsgegner) haben am 25. September 1987 die Ehe geschlossen, aus welcher die Söhne K., geboren am April 1989, und D., geboren am März 1991, hervorgegangen sind. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 2. Juli 2004 zugestellt.

Während der Ehezeit (1. September 1987 bis 30. Juni 2004, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, die sich nach der erstinstanzlich erteilten Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA - weitere Beteiligte zu 1) für die Ehefrau auf 86,11 EUR und nach den erstinstanzlich erteilten Auskünften der Landesversicherungsanstalt (LVA - weitere Beteiligte zu 2) für den Ehemann auf 421,75 EUR belaufen haben, jeweils monatlich und bezogen auf den 30. Juni 2004.

Zusätzlich hat der Ehemann bei der Landesversicherungsanstalt Abt. Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung (HZV - weitere Beteiligte zu 3) Anwartschaften auf eine (bis 31. Dezember 2002 umlagefinanzierte) Zusatzrente von 74,77 EUR sowie (in der Zeit ab 1. Januar 2003 nach Umstellung der bis dahin umlagefinanzierten HZV auf eine kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung, mit deren Durchführung die HZV eine Pensionskasse beauftragt hat) bei der Höchster Pensionskasse VVaG eine volldynamische Anwartschaft der betrieblichen Altersversorgung von 16,05 EUR, jeweils monatlich und bezogen auf den 30. Juni 2004, erworben.

Das Familiengericht hat die Ehe der Parteien vorab (rechtskräftig seit dem 29. September 2004) geschieden. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat es den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass es - jeweils monatlich und bezogen auf den 30. Juni 2004 - von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der LVA zum Ausgleich der von beiden Parteien erworbenen Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung Anwartschaften von 167,82 EUR und zum Ausgleich der vom Ehemann erworbenen Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung weitere Anwartschaften von 4,86 EUR auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA übertragen sowie zu Lasten der für den Ehemann bei der HZV bestehenden Anwartschaften auf eine Zusatzrente auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften von 37,39 EUR begründet sowie die Umrechnung der zu übertragenden bzw. zu begründenden Anwartschaften in Entgeltpunkte angeordnet hat.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Ehefrau, mit der sie unter Bezugnahme auf einen entsprechenden Hinweis der HZV rügt, dass es sich bei den von der Höchster Pensionskasse VVaG erstinstanzlich mitgeteilten Anwartschaften des Ehemannes von monatlich 16,05 EUR bereits um den Ehezeitanteil handele, weshalb der vom Familiengericht rechnerisch mit monatlich 9,71 EUR ermittelte Ehezeitanteil unzutreffend sei.

Der Ehemann und die weiteren Beteiligten haben sich zur Beschwerde nicht geäußert.

II.

Die gemäß §§ 621e Abs. 1, Abs. 3, 621 Nr. 6, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde der Ehefrau führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang.

Zu Recht beanstandet die Ehefrau, dass das Familiengericht in die Versorgungsausgleichsberechnung auf Seiten des Ehemannes ehezeitliche Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung bei der Höchster Pensionskasse VVaG von lediglich 9,71 EUR monatlich einbezogen hat.

Nach der erstinstanzlich erteilten Auskunft der Höchster Pensionskasse VVaG vom 17. November 2004 in Verbindung mit dem Schreiben der HZV vom 22. März 2005 handelt es sich nämlich bei den von der Höchster Pensionskasse VVaG für den Ehemann mitgeteilten Anwartschaften von 16,05 EUR monatlich und bezogen auf den 30. Juni 2004 um den Ehezeitanteil, da die entsprechenden Beiträge für den Ehemann gemäß dem HZvG (Gesetz zur Neuregelung der Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung im Saarland, Hüttenknappschaftliches Zusatzversicherungs-Gesetz, BGBl. I 2002, S. 2167) an die Pensionskasse erst ab dem 1. Januar 2003 entrichtet wurden, nachdem die bis dahin umlagefinanzierte HZV gemäß dem HZvG für den Ehemann auf eine kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung umgestellt und mit deren Durchführung die Höchster Pensionskasse VvaG beauftragt worden war. Einer gesonderten - vom Familiengericht unter Berücksichtigung der von der Pensionskasse mitgeteilten Betriebszugehörigkeit vorgenommenen - Ermittlung des Ehezeitanteils bedurfte es somit nicht mehr.

Danach und nach den im Übrigen unangegriffenen und keinen Anlass zu Bedenken bietenden Ermittlungen des Familiengerichts stehen auf Seiten des Ehemannes Anwartschaften in Höhe von insgesamt (421,75 EUR + 74,77 EUR + 16,05 EUR =) 512,57 EUR Anwartschaften der Ehefrau von 86,11 EUR gegenüber. Der Ehemann ist in Höhe der Hälfte der sich daraus ergebenden Wertdifferenz (§ 1587a Abs. 1 BGB) von 426,46 EUR, mithin in Höhe von 213,23 EUR ausgleichspflichtig.

Hiervon sind entsprechend der - was die Ausgleichsformen betrifft, im Ergebnis nicht zu beanstandenden - Handhabung des Familiengerichts 167,82 EUR (= <Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung des Ehemannes: 421,75 EUR - Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung der Ehefrau: 86,11 EUR > : 2) im Wege des Splittings gemäß § 1587b Abs. 1 BGB, weitere 37,39 EUR (= Anwartschaften des Ehemannes bei der HZV: 74,77 EUR : 2) im Wege des analogen Quasi-Splittings gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG i. V. mit § 1587 b Abs. 2 BGB sowie 8,02 EUR (= Anwartschaften des Ehemannes bei der Höchster Pensionskasse VVaG: 16,05 EUR : 2) zwecks Vermeidung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durch Übertragung weiterer Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen, wobei der Grenzbetrag im Sinne der letztgenannten Vorschrift (von 48,30 EUR) nicht erreicht ist.

Insbesondere ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Familiengericht den Ausgleich hinsichtlich der vom Ehemann bei der Höchster Pensionskasse VVaG erworbenen Anwartschaften in Form des erweiterten Splittings gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durchgeführt hat. Bedient sich nämlich ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger im Sinne des § 1 Abs. 3 VAHRG - wie hier die HZV - zur (teilweisen) Erfüllung der dem Arbeitnehmer zugesagten Versorgung - wie hier dem Ehemann - einer selbständigen Pensionskasse, die in privat-rechtlicher Rechtsform betrieben wird - wie hier der Höchster Pensionskasse, einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, soweit es die vom Ehemann in der Zeit ab dem 1. Januar 2003 erworbenen Anwartschaften angeht (§§ 1 Abs. 1, 10, 12, 33 HZvG) -, so ist insoweit nicht die HZV, sondern die Pensionskasse Versicherungsträger, sodass mangels öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger-Eigenschaft insoweit ein Ausgleich durch analoges Quasisplitting ausscheidet (BGH, FamRZ 1987, 52, 53f; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1 VAHRG, Rz. 29).

Nach alldem war die angefochtene Entscheidung in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang abzuändern.

Die Anordnung der Umrechnung der Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 21 GKG, 93 a Abs. 1 ZPO sowie 49 GKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 621e Abs. 2 i. V. mit 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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