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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.05.2004
Aktenzeichen: 9 WF 57/04
Rechtsgebiete: ZPO, FGG


Vorschriften:

ZPO § 620 f Abs. 1 S. 1
ZPO § 620 f Abs. 1 S. 2
ZPO § 793
ZPO § 890
ZPO § 890 Abs. 2
FGG § 64 b IV
FGG § 33
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 WF 57/04

In der Familiensache

wegen Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz

hier: Beschwerde gegen Zwangsgeldfestsetzung

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Sandhöfer als Einzelrichterin

am 25. Mai 2004

beschlossen:

Tenor:

I.

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - in Merzig vom 7. Januar 2004 - 20 F 995/02 GewSchG - der Antrag der Antragstellerin vom 10. April 2003 zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Antragstellerin.

III.

Beschwerdewert: bis 300 EUR.

IV.

Dem Antragsgegner wird mit Wirkung vom 23. Januar 2004 für das Beschwerdeverfahren unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwalt, ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.

Gründe:

I.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht gegen den Antragsgegner ein Zwangsgeld von 500 EUR, ersatzweise Zwangshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt.

Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Beschwerde.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist als sofortige Beschwerde i.S.d. § 793 ZPO zu behandeln, da im hier vorliegenden Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz die Zwangsvollstreckung aus gerichtlichen Vergleichen und einstweiligen Anordnungen gemäß § 64 b IV FGG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 885, 890, 891, 892 a ZPO) stattfindet und demnach - entgegen der Handhabung des Familiengerichts - § 33 FGG als Rechtsgrundlage nicht herangezogen werden kann.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, nachdem das Rechtsmittel des Antragsgegners, dem der angefochtene Beschluss am 12. Januar 2004 zugestellt wurde, am 23. Januar 2004 beim Familiengericht in Merzig eingegangen ist (§§ 569, 793 ZPO).

Auch in der Sache hat die sofortige Beschwerde Erfolg und führt in Abänderung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückweisung des Antrags der Antragstellerin auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Antragsgegner.

Insoweit kommt es nicht darauf an, dass bei der gegebenen Sachlage - abweichend vom Familiengericht, aber wie von der Antragstellerin beantragt - allenfalls die Festsetzung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft in Betracht zu ziehen gewesen wäre, da vorliegend nicht Zwangsmaßnahmen zur Erfüllung einer nicht vertretbaren Handlung (§ 888 ZPO), sondern Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen, nach § 890 ZPO in Rede stehen.

Denn auch für die Anordnung von Zwangsmaßnahmen nach § 890 ZPO sind die Voraussetzungen nicht gegeben.

Die einstweilige Anordnung des Familiengerichts vom 31. Oktober 2002 scheidet als Vollstreckungsgrundlage aus.

Der Senat teilt die Auffassung des Antragsgegners, dass durch den zwischen den Parteien am 6. November 2002 geschlossenen Vergleich die einstweilige Anordnung außer Kraft getreten ist (§ 620 f Abs. 1 S. 1 ZPO).

Der Auffassung des Familiengerichts, dieser Vergleich beinhalte keine anderweitige Regelung i.S.d. § 620 f Abs. 1 S. 1 ZPO, sondern stelle lediglich eine ergänzende Regelung zu der einstweiligen Anordnung dar, vermag der Senat nicht beizutreten.

Hierfür finden sich bereits keinerlei Anhaltspunkte im Sitzungsprotokoll vom 6. November 2002.

Im Vergleich selbst ist die einstweilige Anordnung vom 31. Oktober 2002 noch nicht einmal erwähnt, geschweige denn, dass dort eine ergänzende Inbezugnahme der einstweiligen Anordnung erfolgt ist.

Darüber hinaus beinhaltet der Vergleich teils übereinstimmende, teils modifizierende Regelungen zum Regelungsgegenstand der einstweiligen Anordnung, so dass auch insoweit für eine Weitergeltung der einstweiligen Anordnung keine Anhaltspunkte bestehen. Auf die subjektiven Vorstellungen der Parteien kommt es insoweit nicht an.

Hinzu kommt, dass nach dem aktenkundigen Verfahrensablauf auch das Familiengericht - zunächst jedenfalls - dem Vergleich vom 6. November 2002 verfahrensabschließende Bedeutung beigemessen hat, zumal sich die Parteien in diesem Vergleich auch über die Kosten des Rechtsstreits geeinigt haben.

Dass, nachdem es zu weiteren Schwierigkeiten zwischen den Parteien gekommen war, am 12. März 2003 - im bereits abgeschlossenen Verfahren - eine weitere, den ersten Vergleich ergänzende Parteienvereinbarung geschlossen wurde, spricht weiterhin - unbeschadet der gegen diese Verfahrensweise bestehenden rechtlichen Bedenken - gegen eine auch nur teilweise Fortgeltung der einstweiligen Anordnung. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut im Sitzungsprotokoll vom 12. März 2003 sollte durch diese weitere Vereinbarung nämlich nicht die einstweilige Anordnung, sondern der Vergleich vom 6. November 2002 ergänzt werden. Zudem wurden in der Vereinbarung im Wesentlichen Regelungen zu Punkten getroffen, die ebenfalls bereits Gegenstand der einstweiligen Anordnung waren, wobei die dortigen Regelungen teilweise sogar weitergehend waren.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin rechtfertigt der Umstand, dass der Antragsgegner bislang nicht beantragt hat, durch Beschluss auszusprechen, dass die einstweilige Anordnung infolge Vergleichsabschlusses außer Kraft getreten ist (§ 620 f Abs. 1 S. 2 ZPO) keine andere Sicht. Diese Folge ergibt sich nämlich ohne Weiteres aus § 620 f Abs. 1 S. 1 ZPO. Eine konstitutive Wirkung hat ein Beschluss nach § 620 f Abs. 1 S. 2 ZPO nicht.

Die Voraussetzungen für die Verhängung von Zwangsmaßnahmen nach § 890 ZPO auf der Grundlage der zwischen den Parteien geschlossenen Vergleiche sind ebenfalls - jedenfalls derzeit - nicht gegeben.

Insoweit kann dahinstehen, ob der Antragsgegner gegen die ihn nach den Vergleichen treffenden Verpflichtungen verstoßen hat, was zwischen den Parteien streitig ist.

Denn jedenfalls fehlt es für die Festsetzung an der gemäß § 890 Abs. 2 ZPO erforderlichen Androhung durch das Familiengericht.

Bei der in Ziffer 3 der Vereinbarung vom 12. März 2003 aufgenommenen Androhung handelt es sich um einen Bestandteil einer Parteivereinbarung, die die gerichtliche Androhung nicht zu ersetzen vermag.

Danach ist der angefochtene Beschluss antragsgemäß abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 3 ZPO.

Dem Antragsgegner ist Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO zu bewilligen, da seine Beschwerde - wie vorstehend ausgeführt - Erfolg hat.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nicht gegeben sind (§ 574 ZPO).

Ende der Entscheidung

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