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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: 1 KN 30/03
Rechtsgebiete: 16. BImSchV, BImSchG, BauGB, BauNVO, VwGO


Vorschriften:

16. BImSchV § 1 Abs. 1
16. BImSchV § 1 Abs. 2 Nr. 2
BImSchG § 42
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 215 a Abs. 1
BauNVO § 10
BauNVO § 16 Abs. 2
BauNVO § 8
VwGO § 47 Abs. 5 S. 4
1. Festsetzungen im Bebauungsplan, die nach dem Willen der Gemeinde nicht verwirklicht werden sollen, sind niemals zulässig. Solche Festsetzungen sind nicht erforderlich und abwägungsfehlerhaft.

2. Eine Planung, die zu einer Lärmimmissionssteigerung für ein bereits stark belastetes Wohngebiet führt, erfordert, dass die Gemeinde sich zunächst Klarheit über die bisherigen Belastungen der Anwohner verschafft und diese mit der voraussichtlich zukünftigen Situation nach Realisierung des Bebauungsplans vergleicht.

3. Die Herrichtung einer Einmündung in eine stark belastete Straße zur Erschließung eines neuen Gewerbegebiets stellt einen erheblichen baulichen Eingriff im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 16 BImSchV dar.

4. Erhebliche Planungsfehler in einem großen und zentralen Bereich des Plangebiets führen zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans.

5. Die Erforderlichkeit im Sinne von " 1 Abs. 3 BauGB ist eine zwingende Planungsvoraussetzung, deren Fehlen nicht nachgeholt und geheilt werden kann.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 1 KN 30/03

verkündet am 11.12.2003

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Frau ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 der Antragsgegnerin wird für nichtig erklärt.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene je zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wehrt sich gegen die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 der Antragsgegnerin.

Das am südöstlichen Stadtrand (Ortsteil ...) liegende Plangebiet grenzt im Nordosten an die A 23 und im Norden an die die A 23 kreuzende (Anschlussstelle ...Stadt-Süd) stark frequentierte zweispurige ... Straße. Das Gebiet der Antragstellerin liegt östlich der A 23. Westlich des Plangebiets ist Wohnbebauung vorhanden, die durch den Bebauungsplan Nr. 111 als allgemeines Wohngebiet überplant ist. Mit Ausnahme eines Teilbereichs im Nordosten war das Plangebiet im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses des Ursprungsplanes vom 16. Februar 2000 unbebaut. Der Nutzung nach war das Plangebiet von Osten nach Westen im ursprünglichen Bebauungsplan wie folgt gegliedert: Östlicher Bereich unmittelbar an der Autobahn: Mischgebiet; mittlerer Bereich durchgehend von der ... Straße im Norden bis zur südlichen Grenze des Plangebiets: eingeschränktes Gewerbegebiet; südöstlicher Teil: Allgemeines Wohngebiet.

Der ursprünglichen Planung lagen verschiedene Gutachten, u.a. eine Verkehrsuntersuchung der Ing.-Gemeinschaft ... und Partner (in Zukunft: ...) vom Juni 1999 sowie eine schalltechnische Begutachtung des Beratungsbüros für Akustik und Thermische Bauphysik ... GmbH (in Zukunft: ... und ...) vom 02. Februar 1999 zugrunde. Die Verkehrsuntersuchung, die im Hinblick auf den Anschluss eines weiteren Wohngebiets (...) mit ca. 600 Wohneinheiten und das hier maßgebliche Plangebiet eingeholt worden war, prognostizierte für die ... Straße für das Jahr 2010 eine Verkehrsbelastung von 25.000 Kfz/24 h und wies darauf hin, dass damit die Leistungsfähigkeitsgrenze einer zweistreifigen Straße überschritten sei. Zum Anschluss der Planstraße ... an die ... Straße heißt es, dass wegen der Nähe zum Autobahnanschluss ...Stadt-Süd ein Linksabbiegestreifen unverzichtbar sei, um Rückstaus in diesem Bereich zu vermeiden. Auch eine Signalisierung des Knotenpunktes werde erforderlich. Die überprüfte Lichtsignalanlagensteuerung erweise sich dabei als grundsätzlich leistungsfähige Lösung. Deer Knotenpunkt erreiche einen Auslastungsgrad von 77%. Auch werde jedoch deutlich, dass die Stärke des Verkehrs auf der ... Straße, der sich auf 70 m zurückstaue, problematisch sei.

Die schalltechnische Begutachtung bezog sich ausdrücklich nur auf das Plangebiet. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. Dezember 1999 erläuterten die Gutachter jedoch, dass die für das neu auszuweisende allgemeine Wohngebiet gewonnen Erkenntnisse auf die Wohnbebauung an der ... Straße (jetzt überplant durch Bebauungsplan Nr. 111) übertragen werden könnten. Dies beziehe sich jedoch nur auf die gewerblichen Immissionen, nicht aber auf die von der ... Straße ausgehenden Verkehrsimmissionen.

Mit Urteil vom 21. März 2002 - 1 K 19/00 - stellte der Senat fest, dass der Ursprungsplan unter - heilbaren - beachtlichen Abwägungsfehlern leide und dass der Bebauungsplan bis zur Heilung dieser Fehler nicht wirksam sei. Der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die Beeinträchtigung der Anwohner des vorhandenen Wohngebiets durch zusätzliche Verkehrsimmissionen, die durch den Anschluss des Plangebiets an die ... Straße zu erwarten seien, nicht in die Abwägung einbezogen habe. Aus dem Verkehrsgutachten ergebe sich, dass durch die Planstraße eine neue Einmündung in die ... Straße entstehe, die über eine Lichtsignalanlage gesteuert werden müsse. Die dadurch verursachten Halte- und Anfahrvorgänge führten jedenfalls für das Eckgrundstück ... Straße/... zu einer abwägungsbeachtlichen Änderung der Lärmsituation. Die Antragsgegnerin hätte ermitteln müssen, wie sich der Anschluss der Planstraße an die ... Straße hinsichtlich der Verkehrsimmissionen für das angrenzende Wohngebiet, insbesondere das Eckgrundstück auswirke, und erwägen müssen, ob die neu entstehenden Verkehrsimmissionen den Anwohnern zuzumuten seien und ob sie durch sinnvolle planerische Änderungen vermindert werden könnten. Ein weiterer Abwägungsfehler liege darin, dass die Antragsgegnerin die städtebaulichen Konsequenzen von Vergnügungsstätten, die gemäß § 8 Abs. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig seien, und von Autowaschanlagen, die im Gewerbegebiet allgemein zulässig seien, nicht abgewogen habe, obwohl nach der konkreten Situation Anlass dafür bestanden hätte. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das oben genannte Urteil des Senats vom 21. März 2002 Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin betrieb anschließend in getrennten Verfahren weitgehend zeitgleich die Heilung des Bebauungsplans Nr. 102 und die 1. Änderung dieses Bebauungsplans. Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung machte die Antragsgegnerin am 20. Juli 2002 zugleich bekannt, dass mit der Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 102 der durch Gerichtsurteil für nicht wirksam erklärte Bebauungsplan geheilt werden solle und dass für den Bereich des Bebauungsplans Nr. 102, 1. Änderung, Planungsziel die Umwandlung von Teilen der bisherigen "Gewerbegebietsfläche" in ein "Sondergebiet für Einzelhandel und Gewerbe" sei.

Im Laufe der Planungsverfahren wurden auf Veranlassung der Antragsgegnerin mehrere Verkehrsuntersuchungen der Ing.-Gemeinschaft ..., mehrere schalltechnische Begutachtungen des Beratungsbüros ... und ... sowie eine gutachterliche Stellungnahme der Gesellschaft für Handels-, Standort- und Immobilienberatung mbH - ... (in Zukunft: gesa) eingeholt. Die zunächst eingeholten Verkehrsgutachten kamen zu dem Ergebnis, dass die Ansiedlung eines Einzelhandelsunternehmens am vorgesehenen Standort nicht zu empfehlen sei (Gutachten Februar 2001). Wegen starker Grundbelastung der ... Straße seien auch bei einem Ausbau des Knotenpunktes ... Straße/... nicht akzeptable Wartezeiten und Rückstaulängen zu erwarten (Gutachten März 2001). In einer weiteren Untersuchung vom Dezember 2001, die auf Grund einer Mikrosimulation mit verkehrsabhängig gesteuerten Signalanlagen erfolgte, kamen die Gutachter zu dem Schluss, dass der Knotenpunkt ... Straße/... über eine ausreichende Kapazität verfüge. Im Schallgutachten vom 03. September 2002, das für das Heilungsverfahren eingeholt worden war, errechneten die Gutachter aus der Belastung durch den Verkehr auf der ... Straße und der A 23 für das Eckgrundstück ... Straße/... einen Beurteilungspegel von 69 dB(A) tags und 61 dB(A) nachts (Variante 1). In einer Variante 3 errechneten sie aus der Belastung durch die ... Straße, die A 23 und die Erschließungsstraße ... für dieses Grundstück Beurteilungspegel von 72 dB(A) tags und 64 dB(A) nachts. In diesen Untersuchungen wurde bereits der für das Plangebiet erwartete Verkehr mit berücksichtigt. In einem weiteren Schallgutachten vom 12. September 2002, das für die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 eingeholt worden war, errechneten die Gutachter aus den Verkehrsbelastungen insgesamt einen Beurteilungspegel von 73 dB(A) tags und 62 dB(A) nachts für dieses Grundstück. Auf Veranlassung der Antragsgegnerin legten sie für die Straße ... eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h sowie eine nächtliche Ampelabschaltung im Eckbereich ... Straße/... zugrunde. Das gesa-Gutachten erläuterte, dass die Marktrahmendaten tragfähig genug seien, um das im Sondergebiet vorgesehene Projekt neben dem neugegründeten großflächigen Einzelhandelsbetrieb "Marktkauf" in ... im Großen und Ganzen verträglich platzieren zu können. Die gesa prognostizierte darüber hinaus auch das durch den vorgesehenen großflächigen Einzelhandelsbetrieb zu erwartende Verkehrsaufkommen und kam zu dem Schluss, dass deutlich mehr Verkehr verursacht werde als es von den Verkehrsgutachtern prognostiziert wurde.

Neben der Antragstellerin erhoben auch die Eigentümer des Eckgrundstücks ... Straße/..., die den "Heilungsplan" und die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 in Parallelverfahren (1 KN 23/03 "Heilungsplan" und 1 KN 25.03 1. Änderung) ebenfalls angreifen, Bedenken gegen die vorgesehene Heilung durch den neu aufgestellten Bebauungsplan Nr. 102 und die 1. Änderung dieses Bebauungsplans. Die Antragstellerin wies darauf hin, dass durch den befürchteten zusätzlichen Verkehr Rückstaus bis in ihre Gemeinde zu erwarten seien und dass ein unzumutbar hoher Anteil der ... Kaufkraft abgezogen werde. Die Antragsteller der Parallelverfahren erhoben insbesondere Bedenken gegen zu erwartende zusätzliche Verkehrsimmissionen. Durch Satzungsbeschluss vom 18. Dezember 2002 beschloss die Ratsversammlung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 102 ("Heilungsplan") erneut. Der Bereich östlich der Erschließungsstraße ... ist darin weiterhin durchgehend als eingeschränktes Gewerbegebiet ausgewiesen. Gemäß 1.1 der textlichen Festsetzungen sind im eingeschränkten Gewerbegebiet Tankstellen, Autowaschanlagen und Vergnügungsstätten ausgeschlossen. Gemäß 1.5 sind im Mischgebiet Tankstellen, Einzelhandelsbetriebe und Vergnügungsstätten nicht zulässig. Anders als in der ursprünglichen Fassung des Bebauungsplans wurde im "Heilungsplan" auch der Einmündungsbereich der Straße ... in die ... Straße in das Plangebiet aufgenommen. Die Antragsgegnerin änderte im "Heilungsplan" auch einzelne Festsetzungen, die in keinem Zusammenhang zu der Heilungsabsicht stehen (z.B. Regelungen zur Ausnutzung der Grundstücksflächen im allgemeinen Wohngebiet).

Mit Satzungsbeschluss vom 05. Februar 2003 beschloss die Ratsversammlung der Antragsgegnerin die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102. Darin ist für das im mittleren Teil des Plangebiets liegende Flurstück 85/93, das bisher als Gewerbegebiet ausgewiesen war, ein Sondergebiet "Einzelhandel und Gewerbe" vorgesehen. Bereits am 05. März 2003 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen auf Grund des § 33 BauGB einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes (Bruttogeschossfläche max. 7.000 qm; Verkaufsfläche max. 5.000 qm). Die Antragstellerin legte dagegen Widerspruch ein und beantragte diesbezüglich beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz (2 B 30/03 - noch anhängig). Die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 wurde am 24. Juli 2003 bekannt gemacht und trat am 25. Juli 2003 in Kraft.

Mit Ausnahme der von der 1. Änderung betroffenen Fläche ist das Plangebiet bereits zum Teil bebaut. Auch die Erschließungsstraße ... ist bereits hergestellt.

Die Antragstellerin hat gegen die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 am 6. Oktober 2003 einen Normenkontrollantrag gestellt. Sie hält die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 für nichtig und trägt zur Begründung u.a. vor: Die 1. Änderung sei bereits deshalb nichtig, weil die Ursprungsfassung des Bebauungsplans nichtig sei. Bei Unwirksamkeit der Ursprungsfassung könne die 1. Änderung kein isoliertes Eigenleben führen. Der Ursprungsplan, in der Fassung nach Durchführung des Heilungsverfahrens, sei im Zeitpunkt der Abwägung und des Satzungsbeschlusses und der Inkraftsetzung nichtig, weil die dort getroffenen Regelungen nicht mehr erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB gewesen seien. Dies ergebe sich daraus, dass die Antragsgegnerin parallel zum Heilungsverfahren die 1. Änderung, die auf andere städtebauliche Ziele gerichtet gewesen sei, betrieben habe. Dies zeige, dass es an einer städtebaulichen Konzeption fehle. Die Antragsgegnerin habe zwei sich völlig widersprechende Planungen mit dem erkennbaren Ziel betrieben, wenigstens eine dieser Konzeptionen durchsetzen zu können. Dies sei keine geordnete Städtebaupolitik. Die 1. Änderung sei auch aus weiteren Gründen rechtswidrig: Die Antragsgegnerin habe gegen das Gebot der interkommunalen Rücksichtnahme verstoßen. Die Verwirklichung der Planung führe zu Rückstaus bis in das Zentrum des Gebiets der Antragstellerin; die Verkehrszunahme werde dort zu erheblichen Verkehrsproblemen führen und die Verwirklichung der Ziele des für diesen Bereich neu geschaffenen Bebauungsplans Nr. 37 erschweren. Der vorgesehene großflächige Einzelhandelsbetrieb werde auch zu nicht hinnehmbaren Umsatzrückgängen im Gebiet der Antragstellerin führen. Die Antragstellerin begründet dies ausführlich. Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 der Antragsgegnerin nichtig ist,

hilfsweise gemäß den Beweisanträgen Nr. 1 und 2, wegen deren Inhalt auf die Anlage zur Verhandlungsniederschrift verwiesen wird, Beweis zu erheben.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin hält den Normenkontrollantrag für unbegründet: Die im "Heilungsplan" geregelten Festsetzungen seien im Zeitpunkt der Heilung noch erforderlich gewesen. Die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs im Bebauungsplangebiet Nr. 102 müsse gemeinsam mit der Errichtung eines Fleischwerkes an der "..." betrachtet werden, die seit langem in der Diskussion zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen sei. Es hätten über Jahre diverse Arbeitsgespräche und Ausschusssitzungen in diesem Zusammenhang stattgefunden. Es sei eine "Paketlösung" angestrebt worden. Am 24. Januar 2002 habe die Ratsversammlung der Antragsgegnerin beschlossen, das Verfahren zur Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs fortzusetzen. Bereits zuvor seien im Plangebiet, auch im ausgewiesenen Wohngebietsbereich, Vorhaben in Angriff genommen worden. Durch eine zwischenzeitliche Insolvenz der dort tätigen Wohnungsbaugesellschaft habe sich die Erschließung des gesamten Wohngebiets erheblich verzögert. Um angesichts der unsicheren gesamtwirtschaftlichen Lage das neu geplante Wohngebiet nicht zu einer "städtebaulichen Bauruine" verkommen zu lassen, sei es darum gegangen, die vom Senat festgestellten Fehler schnellstens zu beheben und im Hinblick auf die Bauwünsche des neuen Investors einige Änderungen vorzunehmen. Deshalb sei am 28. Mai 2002 ein Planänderungsverfahren hinsichtlich der Heilung eingeleitet worden. Die Angelegenheit "Veräußerung von Grundstücksflächen im Gewerbegebiet ... und Gewerbegebiet ... sowie ergänzende erschließungsvertragliche Regelungen" sei dagegen vertagt worden. Um die städtebauliche Entwicklung des Ursprungsgebietes des Bebauungsplans Nr. 102 einschließlich der Wohnbauflächen abzusichern und davon unabhängig die weitere Planung des Sondergebietes später verfolgen zu können, sei der ursprüngliche Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 102, 1. Änderung, sodann auf die Sondergebietsfläche/ehemalige Teilgebietsfläche des Gewerbegebiets verkleinert worden. Das Heilungsverfahren sei weiter vordringlich betrieben worden, weil ein Teil des Gewerbebestandes damals bereits realisiert gewesen sei und die Wohnungsbauprojekte auf keinen Fall in einem bebauungsplanlosen Zustand weiter betrieben werden sollten. Nur vor dem Hintergrund dieser Entwicklung habe die Antragsgegnerin einige anfängliche Verfahrensschritte (Entwurfs- und Auslegungsbeschluss, öffentliche Auslegung) zeitgleich durchgeführt, der "Verhandlungsdurchbruch" mit der Beigeladenen hinsichtlich des Sondergebiets sei jedoch erst nach dem Satzungsbeschluss zum "Heilungsplan" Nr. 102 erfolgt. Die Heilung des Bebauungsplans Nr. 102 sei bereits vor dem Hintergrund der Entscheidung des Senats vom 21. März 2002 erforderlich gewesen, da angesichts der fortschreitenden Wohnungs- und Gewerbeansiedlungen der satzungslose Zustand beendet und die ursprünglich verfolgte planerische Konzeption auf legalisierter Grundlage schnellstmöglich fortgeführt werden sollte. Selbst wenn einer der drei Gewerbegebietsausweisungen des "Heilungsplanes", nämlich derjenigen der späteren Sondergebietsfläche des Flurstücks 85/93, zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 102 die Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB gefehlt hätte, so wäre diese Festsetzung durch die spätere Beschlussfassung über die 1. Änderung zum Bebauungsplan Nr. 102 geheilt worden. Es sei in diesem Zusammenhang schließlich darauf hinzuweisen, dass das "Edeka-Projekt" mit der Sondergebietsfestsetzung gerichtlich mehrfach angefochten worden sei und dass die Verwirklichung der 1. Änderungsplanung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses der Ratsversammlung am 18. Dezember 2002 unsicher gewesen sei.

Die Planung verstoße auch nicht gegen das Gebot der interkommunalen Rücksichtnahme. Die Antragsgegnerin führt dies im Einzelnen aus.

Die Beigeladene hält den angefochtenen Bebauungsplan für wirksam.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist begründet.

Die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 ist bereits deshalb nichtig, weil dieser Änderung die Grundlage fehlt, denn der Bebauungsplan Nr. 102 war bereits vor Erlass der 1. Änderung nichtig (1). Unabhängig davon bestehen auch weitere Bedenken gegen die Wirksamkeit der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 (2).

1) Die Antragsgegnerin hat die am 25. August 2000 in Kraft getretene Fassung des Bebauungsplans Nr. 102 (Ursprungsfassung), die der Senat durch Urteil v. 21. März 2002 für unwirksam erklärt hat, durch den "Heilungsplan" vollständig ersetzt. Sie hat das Bebauungsplanverfahren von Anfang an neu betrieben und auch Änderungen vorgenommen, die mit der Fehlerheilung nicht im Zusammenhang stehen. Von einer völligen Ersetzung des Ursprungsplanes geht offenbar auch die Antragsgegnerin aus, die in der Bekanntmachung nicht auf eine Heilung oder eine Änderung der ursprünglichen Fassung hinweist, sondern schlicht den von der Ratsversammlung am 18. Dezember 2002 beschlossenen Bebauungsplan veröffentlicht. Bei einer solchen Verfahrensweise kann der Senat sich nicht auf eine Überprüfung einzelner Heilungsmaßnahmen beschränken; der neue Bebauungsplan ist vielmehr einer vollständigen Überprüfung zu unterziehen.

Der am 18. Dezember 2002 beschlossene Bebauungsplan ("Heilungsplan") ist materiell-rechtlich fehlerhaft, denn die Festsetzung "eingeschränktes Gewerbegebiet" für das Flurstück 85/93 war nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Jedenfalls im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und der Bekanntmachung entsprach diese bauliche Nutzung nicht mehr der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin. Den Planungsvorgängen lässt sich vielmehr eindeutig entnehmen, dass die Antragsgegnerin dort nicht (mehr) die Ansiedelung von Gewerbebetrieben im Sinne von § 8 BauNVO, sondern die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO beabsichtigte. Festsetzungen, deren Verwirklichung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht mehr gewollt sind und deshalb nicht der Konzeption der Gemeinde entsprechen, sind aber nicht erforderlich und dürfen nicht festgesetzt werden. Sofern eine Gemeinde im Laufe des Planungsverfahrens ihre planerische Konzeption ändert, muss sie dieser Änderung im laufenden Verfahren durch entsprechende Korrekturen der Entwürfe Rechnung tragen (§ 3 Abs. 3 BauGB) und darf nicht die tatsächlich nicht mehr gewollten Festsetzungen beschließen.

Hier fehlte es bereits an der Erforderlichkeit, als die Antragsgegnerin am 20. Juli 2002 gleichzeitig die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 102 und dessen 1. Änderung bekannt gegeben hat. Aus dieser Bekanntgabe wird deutlich, dass nicht das im neu aufgestellten Bebauungsplan vorgesehene eingeschränkte Gewerbegebiet, sondern das in der 1. Änderung vorgesehene Sondergebiet verwirklicht werden sollte. Zwar mag sich die Willensbildung der maßgeblichen Ausschüsse über die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung im Laufe des Planungsverfahrens vorübergehend geändert haben. Darauf deuten die Hinweise der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 21. November 2003 hin, mit denen sie ausgeführt hat, dass der Ausschuss für Stadtentwicklung am 28. Mai 2002 entschieden habe, die Angelegenheit "Veräußerung von Grundstücksflächen im Gewerbegebiet ... und Gewerbegebiet ... sowie ergänzende erschließungsvertragliche Regelungen" hinsichtlich des Änderungsverfahrens zu vertagen. Spätestens mit der Beschlussfassung der zuständigen Fachausschüsse über die öffentliche Auslegung der Änderungsfassung (Bekanntmachung 12. Oktober 2002) hat die Antragsgegnerin aber deutlich gemacht, dass auf dem Flurstück 85/93 ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb angesiedelt werden sollte. Ihre im Rechtsstreit aufgestellte Behauptung, dass die Verwirklichung der 1. Änderung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch unsicher gewesen sei und dass der "Verhandlungsdurchbruch" mit der Beigeladenen und damit auch der Meinungswandel bei der Antragsgegnerin erst nach dem 18. Dezember 2002 erfolgt sein soll, trifft nicht zu. Hierfür ergeben sich aus der Planungsakte keinerlei Anhaltspunkte. Die zügige und ohne Unterbrechungen weitere Durchführung des Änderungsverfahrens (erneute Auslegung vom 02. Januar bis zum 16. Januar 2003 des Entwurfs der 1. Änderung wegen textlicher Änderungen; Änderung der Begründung: Stand vom 23. Dezember 2002; Satzungsbeschluss vom 05. Februar 2003) lässt sich mit dem behaupteten "Meinungswandel" nach dem 18. Dezember 2003 nicht vereinbaren. Gegen die Behauptung der Antragsgegnerin, dass der Meinungswandel erst nach dem Satzungsbeschluss vom 18. Dezember 2002 stattgefunden habe, spricht schließlich auch die Abwägung zur Art der Nutzung. Ausweislich der Akten hat die Antragsgegnerin für das Flurstück 85/93 ausschließlich eine "normale" gewerbliche Nutzung vorgesehen. Eine Festsetzung als Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ist auch nicht ansatzweise erwogen worden. Dies lässt sich nur damit erklären, dass die Ratsversammlung eine Verwirklichung der festgesetzten gewerblichen Nutzung nicht beabsichtigt, sondern bereits die Festsetzungen der 1. Änderung im Blick gehabt hat. Angesichts der erheblichen kommunalpolitischen Bedeutung der Ansiedelung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes im Gebiet Gehrstücken und der damit verknüpften Problematik der Ansiedelung eines Fleischwerks in einem anderen Teil des Gebiets der Antragsgegnerin hätte es sich zwingend aufgedrängt, die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets zu problematisieren, wenn die Realisierung dieser Festsetzung tatsächlich gewollt gewesen wäre.

Die Ausweisung einer Festsetzung, die nach dem Willen der Gemeinde nicht verwirklicht werden soll, lässt sich auch nicht ausnahmsweise damit rechtfertigen, dass die Antragsgegnerin den durch das Urteil des Senats v. 21. März 2002 geschaffenen "Schwebezustand" möglichst schnell beseitigen und für die von der 1. Änderung nicht betroffenen Gebietsteile, insbesondere das Wohngebiet, Rechtssicherheit schaffen wollte, denn die Regelung von Nutzungen, die tatsächlich nicht bezweckt werden, ist niemals zulässig. Dies folgt zwingend aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Regelung tatsächlich nicht gewollter Festsetzungen zu nicht hinnehmbaren Irrtümern der betroffenen Grundeigentümer über die zukünftigen Nutzungen führt. Zwar kannten die Beteiligten dieses Verfahrens die wahren Planungsabsichten der Antragsgegnerin. Bürger, die mit den Planungsabsichten der Antragsgegnerin nicht vertraut sind, insbesondere solche, die sich in dem ausgewiesenen Wohngebiet ansiedeln und sich über die vorgesehenen baulichen Nutzungen im Plangebiet informieren wollen, können durch die Ausweisung tatsächlich nicht gewollter Nutzungen erhebliche Irrtümer über die Entwicklung der Umgebung erleiden.

Unabhängig davon, dass die Ausweisung nicht erforderlicher Festsetzungen schlechthin unzulässig ist, weist der Senat darauf hin, dass er die von der Antragsgegnerin behauptete zeitliche Bedrängnis auch nicht nachvollziehen kann. Dagegen spricht bereits, dass die Verfahrensschritte für die Bebauungspläne weitgehend parallel erfolgt sind und dass der Satzungsbeschluss über die 1. Änderung (05. Februar 2003) nur wenige Wochen nach dem Satzungsbeschluss vom 18. Dezember 2002 erfolgt ist. Auch mögliche eigene Zweifel der Antragsgegnerin an der Rechtmäßigkeit der Sondergebietsausweisung und die mögliche Überlegung, dass nach eventueller Nichtigerklärung der 1. Änderung jedenfalls die Ausweisungen des Heilungsplanes Bestand hätten, rechtfertigen die Gewerbegebietsfestsetzung nicht, denn derartige "Hilfsfestsetzungen" sind aus den o.g. Gründen nicht zulässig und im Recht der Bauleitplanung nicht vorgesehen.

Der Mangel der fehlenden Erforderlichkeit ist auch erheblich. Die Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB ist kein Gesichtspunkt der Abwägung, sondern eine zwingende materielle Planungsvoraussetzung, so dass § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen ist.

Unabhängig von der fehlenden Erforderlichkeit ist der Bebauungsplan auch abwägungsfehlerhaft. So hat die Antragsgegnerin ein mögliches öffentliches Interesse und auch das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an der Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes nicht in die Abwägung einbezogen. Auch wenn die Beigeladene im Satzungsverfahren keine Anregungen und Bedenken geltend gemacht hat, so musste es sich auf Grund des parallel betriebenen Änderungsverfahrens aufdrängen, bereits im "Heilungsplan" für das Flurstück 85/93 eine Ausweisung als Sondergebiet zu erwägen. Die Antragsgegnerin hat aber insoweit keinerlei Erwägungen angestellt, sondern ist nach Aktenlage wie selbstverständlich ausschließlich von einer Nutzung als eingeschränktes Gewerbegebiet ausgegangen.

Der "Heilungsplan" ist auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die Beeinträchtigung der Anwohner des vorhandenen Wohngebiets durch zusätzliche Verkehrsimmissionen, die durch den Anschluss des Plangebiets an die ... Straße zu erwarten sind, nicht ausreichend in die Abwägung einbezogen und die vom Senat im Urteil v. 21. März 2002 festgestellten Fehler nicht geheilt hat. Der Senat hat dazu in diesem Urteil ausgeführt:

Der Bebauungsplan ist aber deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die Beeinträchtigung der Anwohner des vorhandenen Wohngebiets durch zusätzliche Verkehrsimmissionen, die durch den Anschluss des Plangebiets an die ... Straße zu erwarten sind, nicht in die Abwägung einbezogen hat. Dies wäre aber gemäß § 1 Abs. 6 BauGB erforderlich gewesen, denn der private Belang - insbesondere der Antragsteller zu 1) -, von diesen zusätzlichen Verkehrsimmissionen verschont zu bleiben, ist nicht derart geringwertig, dass er nicht in die Abwägung einzustellen gewesen wäre (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, E 107, 215, Beschl. v. 26.02.1999 - 4 CN 6.98 -, ZUR 1999, 275; Beschl. v. 19.02.1992 - 4 NB 11.91 -, NJW 1992, 2844; Senat Beschl. v. 13.12.2001 - 1 M 57/01 - zu geringfügiger Verkehrszunahme auf einer Landstraße durch Anschluss eines kleinen Wohngebiets). Ob der zu erwartende zusätzliche Verkehr für sich allein abwägungsbeachtlich ist, mag zweifelhaft sein, denn angesichts der sehr hohen Verkehrsbelastung der ... Straße dürfte allein die Verkehrszunahme nicht wahrnehmbar sein und sich auch rechnerisch nur geringfügig auswirken. Entscheidend ist hier, dass durch die Planstraße eine neue Einmündung in die ... Straße entsteht, die über eine Lichtsignalanlage gesteuert werden muss (vgl. Verkehrsgutachten vom Juni 1999, S. 26, Beiakte D, Bl. 71). Die dadurch verursachten Halte- und Anfahrvorgänge führen jedenfalls für das Grundstück der Antragsteller zu 1) zu einer abwägungsbeachtlichen Änderung der Lärmsituation. Die Antragsgegnerin hätte ermitteln müssen, wie sich der Anschluss der Planstraße an die ... Straße hinsichtlich der Verkehrsimmissionen für das angrenzende Wohngebiet, insbesondere das Grundstück der Antragsteller zu 1), auswirkt, und erwägen müssen, ob die neu entstehenden Verkehrsimmissionen den Anwohnern zuzumuten sind und ob sie durch sinnvolle planerische Änderungen vermindert werden können. Dies ist hier nicht geschehen.

Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin auch jetzt nicht gerecht geworden. Insbesondere im Hinblick auf die Stellungnahme der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren weist der Senat darauf hin, dass in der Abwägung nicht nur darauf abzustellen ist, ob die jeweils geltenden Immissionsrichtwerte oder Immissionsgrenzwerte bei Verwirklichung der Planung überschritten werden. Im Grundsatz ist jede nicht nur geringfügige planbedingte Zunahme des Verkehrslärms (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.11.2000 - 4 BN 44.00 -, BRS 63 Nr. 21 unter Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Söfker, BauGB, Kommentar, Loseblatt, Stand: 01. Mai 2002, § 1 Rn 246) in die Abwägung einzustellen. Eine solche Abwägung setzt jedenfalls bei einer sehr hohen Vorbelastung, wie sie hier unzweifelhaft vorliegt, voraus, dass die Gemeinde sich zunächst Klarheit über die bisherigen Belastungen der Anwohner verschafft und diese mit der voraussichtlich zukünftigen Situation nach Realisierung des Bebauungsplans vergleicht. Auch in diesem Zusammenhang wird die Sinnwidrigkeit der Planung eines nicht erforderlichen Gewerbegebiets auf dem Flurstück 85/93 deutlich, denn die Ermittlung des durch das tatsächlich nicht gewollte eingeschränkte Gewerbegebiet entstehenden Verkehrs und der dadurch bedingten Immissionen verursacht unnötige Planungskosten und ist im Hinblick auf die tatsächlich angestrebte Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit den damit verbundenen verkehrlichen Konsequenzen praktisch bedeutungslos. Nur bei Planung des tatsächlich Gewollten (hier großflächiger Einzelhandel) ist eine sinnvolle Abwägung möglich.

Aber selbst wenn unterstellt wird, dass die Antragsgegnerin die Realisierung eines eingeschränkten Gewerbegebiets beabsichtigt hätte und deshalb die Verkehrsimmissionen nach Verwirklichung dieser Planung mit der bisherigen Situation (vor Planverwirklichung) zu vergleichen und zu bewerten gewesen wären, erwiese sich die Abwägung als fehlerhaft. Zum einen hat die Antragsgegnerin die bisherige Situation (sogenannter Prognosenullfall) nicht untersucht. Auch die im Gutachten vom 03. September 2002 zu Grunde gelegte Variante 1, die die Verkehrsbelastung durch die ... Straße und die A 23 untersucht, geht bereits von der Verwirklichung des angefochtenen Bebauungsplans aus, so dass ein Vergleich der bisherigen Belastungen mit den planbedingten Belastungen nicht möglich ist. Die Antragsgegnerin hat auch verkannt, dass die Verwirklichung der Planung am Knotenpunkt ... zu einer wesentlichen Änderung der ... Straße im Sinne von § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 16. BImSchV und zur Entschädigungspflicht gemäß § 42 BImSchG führt. Die Herrichtung der Einmündung der neu gebauten Straße Gehrstücken in die ... Straße stellt einen erheblichen baulichen Eingriff im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 16. BImSchV dar, denn diese Maßnahme greift in die bauliche Substanz und die Funktion der ... Straße als Verkehrsweg ein und zielt auf die Steigerung der verkehrlichen Leistungsfähigkeit der Straße ab (zu diesen Gesichtspunkten: Strick, Lärmschutz an Straßen, 1998, S. 45). Auch das Immissionsgutachten vom 03. September 2002, auf das die Antragsgegnerin sich stützt, geht davon aus, dass der Bau von Anschlussstellen einen erheblichen baulichen Eingriff im Sinne dieser Vorschrift darstellt. Hätte die Antragsgegnerin die Situation vor Planverwirklichung (also auch ohne Erschließungsstraße ...) mit der Situation nach Planverwirklichung verglichen, so hätte sie auch nach den Maßstäben ihrer Gutachter wegen der planbedingten Schaffung der Einmündung einen erheblichen baulichen Eingriff bejaht. Stattdessen hat die Antragsgegnerin bei der Prüfung des erheblichen baulichen Eingriffs die Straße ... als vorhanden vorausgesetzt und lediglich auf die Ummarkierungen und die Lichtzeichenanlage abgestellt. Schließlich ist bei Verwirklichung der Planung auch die Erhöhung der in § 1 Abs. 2 Nr. 2 BImSchV genannten Beurteilungspegel zu erwarten. Auch ohne Ermittlung des Prognosenullfalls lässt sich aus dem Vergleich zwischen der Variante 1 und der Variante 3, die zusätzlich die Immissionen, die von der neu gebauten Straße ... ausgehen, untersucht, entnehmen, dass der Beurteilungspegel nach Planverwirklichung mindestens um 3 dB(A) ansteigt (Variante 1: 69 dB(A) tags, 61 dB(A) nachts; Variante 3: 72 dB( A) tags, 64 dB(A) nachts). Würde bei Variante 1 der planbedingte Verkehr nicht berücksichtigt, dürfte sich eine noch größere Differenz ergeben. Die zu erwartenden Beurteilungspegel überschreiten auch die in § 1 Abs. 2 Nr. 2 BImSchV genannten Grenzwerte (70 dB(A) tags; 60 dB(A) nachts).

Die oben genannten Abwägungsfehler sind auch erheblich, denn sie sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Dies ergibt sich für die fehlerhafte Abwägung hinsichtlich der Art der Nutzung für das Flurstück 85/93 aus den Planungsvorgängen der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102. Hinsichtlich der Erheblichkeit der fehlerhaften Abwägung der Beeinträchtigungen durch zusätzlichen Verkehrslärm nimmt der Senat auf die im Urteil vom 21. März 2002 genannten Gründe Bezug.

Die fehlende Erforderlichkeit der Festsetzungen zur Art der Nutzung und die oben genannten Abwägungsfehler führen zur Unwirksamkeit des gesamten "Heilungsplans". Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt die Fehlerhaftigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans nur dann nicht zur gesamten Unwirksamkeit des Plans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck kommenden Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Beschl. v. 29.03.1993 - 4 NB 10/91 -, BRS 55 Nr. 30 unter Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung). Hier rechtfertigt bereits die fehlerhafte Regelung der Art der Nutzung für das Flurstück 85/93 die Annahme der gesamten Unwirksamkeit, denn dieses Flurstück stellt einen großen Teil des Plangebiets dar und liegt zudem im zentralen Bereich, der allseitig von anderen Teilen des Plangebiets umgeben ist. Eine Planung, die einen solchen großen, zentralen und unbebauten Teil nicht in den Bebauungsplan aufnähme, sondern einer ungeplanten Entwicklung nach § 34 BauGB oder § 35 BauGB überließe, wäre mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB nicht vereinbar. Dass eine geordnete städtebauliche Entwicklung durch eine spätere Überplanung möglich wäre, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Für die Frage, ob die nicht fehlerhaft ausgewiesenen Teilbereiche eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken, darf nur auf den vorhandenen Planungsstand abgestellt werden (BVerwG, Beschl. v. 29.03.1993, a.a.O. am Ende). Es spricht auch alles dagegen, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan ohne den hier beanstandeten zentralen Bereich ausgewiesen hätte, und zwar bereits deshalb, weil eine solche Planung keine geordnete städtebauliche Entwicklung gewährleistet (s.o.). Auch die Art und Weise des Planungsverfahrens und die Argumentation im Prozess zeigen, dass die Antragsgegnerin das Gebiet nicht in verschiedene Teilgebiete aufteilen wollte. Angesichts des von der Antragsgegnerin beschriebenen Planungsdrucks wegen der bei Erlass des Senatsurteils vom 21. März 2002 bereits begonnenen Vorhaben in den anderen Teilen des Plangebiets hätte es nahegelegen, diese Bereiche abzutrennen, wenn die Antragsgegnerin die Teilung für rechtlich möglich und planerisch sinnvoll angesehen hätte. Unabhängig von den oben genannten Erwägungen folgt die gesamte Unwirksamkeit auch daraus, dass die Antragsgegnerin die durch die Schaffung des Knotenpunktes ... Straße/... auf das Plangebiet Nr. 111 zusätzlich einwirkenden Immissionen nicht ausreichend in die Abwägung eingestellt hat, denn dieser Abwägungsfehler betrifft die Erschließung des gesamten Gebiets. Aus diesem Grunde hatte der Senat auch bereits in dem Verfahren 1 K 19/00 angenommen, dass der gesamte ursprüngliche Plan unwirksam war.

Der "Heilungsplan" ist nicht lediglich schwebend unwirksam im Sinne von § 215 a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 47 Abs. 5 S. 4 VwGO, sondern unheilbar nichtig, denn die fehlende Erforderlichkeit der Gewerbegebietsfestsetzung für das Flurstück 85/93 stellt keinen Form- oder Verfahrensfehler und auch keinen Abwägungsfehler im Sinne von § 215 a BauGB dar (s.o). Die Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB ist vielmehr eine zwingende Planungsvoraussetzung, deren Fehlen nicht nachgeholt und geheilt werden kann. Weil sich dieser Fehler auf das gesamte Plangebiet auswirkt (s.o.), ist der "Heilungsplan" insgesamt nichtig. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die festgestellten Abwägungsfehler ebenfalls zur Nichtigkeit oder lediglich zu einer - heilbaren - Unwirksamkeit (§ 215 a Abs. 1 BauGB) führen würden. Auch die 1.Änderung des Bebauungsplans Nr. 102 ist nichtig, denn diese beruht auf dem "Heilungsplan". Ohne diese Grundlage ist die 1. Änderung nicht existenzfähig. Die 1. Änderung kann auch nicht etwa auf den ursprünglichen Bebauungsplan gestützt werden, denn dieser Bebauungsplan ist durch den "Heilungsplan" ersetzt worden und deshalb nicht mehr vorhanden. Selbst wenn der ursprüngliche Bebauungsplan noch fortbestände, wäre dieser keine geeignete Grundlage für die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 102, denn dieser Bebauungsplan bliebe wegen der fehlgeschlagenen Heilung unwirksam.

2) Angesichts der oben festgestellten Fehler, die die Entscheidung für sich allein tragen, sieht der Senat davon ab, die weiteren Rügen der Antragstellerin abschließend auf andere Fehler des angefochtenen Bebauungsplans zu überprüfen. Im Hinblick auf eine möglicherweise erneut beabsichtigte Überplanung weist der Senat lediglich auf einige weitere Gesichtspunkte, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, hin, die geeignet sind, weitere Zweifel an der Rechtmäßigkeit der 1. Änderung zu begründen:

Die Regelungen über die Art der baulichen Nutzung begründen Zweifel hinsichtlich der Bestimmtheit. So weist die Gebietsbezeichnung Sondergebiet (Einzelhandel und Gewerbe) darauf hin, dass Einzelhandel und Gewerbe gleichrangig zulässig sein sollen. Für eine gleichrangige Zulassung von Gewerbebetrieben spricht auch der Ausschluss von Tankstellen etc., der überflüssig wäre, wenn ausschließlich die in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen aufgezählten ausnahmsweise zulässigen Gewerbebetriebe zulässig sein sollten. Unter Berücksichtigung der Begründung des Bebauungsplans neigt der Senat zwar dazu, diese Vorschriften im Zusammenhang dahingehend auszulegen, dass Gewerbe und Einzelhandel nicht gleichrangig zuzulassen sind und dass ausschließlich die in Nr. 1.1 aufgezählten Gewerbebetriebe zulässig sein sollen. Zur Klarstellung sollten diese Vorschriften jedoch bei einer eventuellen Neuregelung eindeutiger abgefasst werden.

Auch die Regelungen über die Verkaufsflächenbegrenzung weisen Auslegungsprobleme auf: Es ist zwar unbedenklich, dass die Antragsgegnerin die Verkaufsflächenbegrenzung in Nr. 2.1 der textlichen Festsetzungen unter der Rubrik "Maß der baulichen Nutzung" geregelt und diese auf § 16 Abs. 2 BauNVO gestützt hat, obwohl es sich hierbei sachlich nicht um eine Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung handelt, denn das Maß der baulichen Nutzung darf nur durch die in § 16 Abs. 2 BauNVO geregelten Parameter geregelt werden. Es handelt sich vielmehr um eine Bestimmung der Art der baulichen Nutzung und ist als solche auch zulässig (BVerwG, Urt. v. 27.04.1990 - 4 C 36/87 -, BRS 50 Nr. 68) und zutreffend zusätzlich in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen geregelt. Bedenklich ist aber, dass nicht hinreichend deutlich wird, ob, wie die Antragsgegnerin es in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Verkaufsflächenbegrenzung sich auch auf die ausnahmsweise zugelassenen Gewerbebetriebe bezieht. Diese Auslegung erscheint problematisch, weil diese Betriebe zum Teil keine "Verkaufsfläche" haben. Ob diese Unklarheiten sich letztlich auswirken oder auf Grund der weiteren Restriktionen der baulichen Ausnutzung des Grundstücks (insbesondere Bruttogeschossfläche, Baugrenzen) die Nutzfläche praktisch auf 5.000 qm begrenzt ist, kann hier dahingestellt bleiben. Zur Klarstellung sollten diese Vorschriften jedoch bei einer eventuellen Neuregelung ebenfalls eindeutiger abgefasst werden.

Der Senat hat auch Zweifel, ob die Antragsgegnerin die verkehrlichen Probleme und damit zusammenhängend auch die Immissionsprobleme richtig in die Abwägung eingestellt hat. Bedenken bestehen insbesondere, ob die Antragsgegnerin die zukünftigen Verkehrsmengen und die daraus resultierenden Verkehrs- und Immissionsprobleme richtig erkannt hat. Dabei ist der Senat den von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragen zum Prognosezeitraum und der Berücksichtigung der Westumgehung nicht nachgegangen. Er merkt jedoch in diesem Zusammenhang an, dass eine durch die Westumgehung bewirkte Entlastung der ... Straße nur dann berücksichtigt werden darf, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Straße im Prognosezeitraum auch tatsächlich fertiggestellt werden wird. Unabhängig hiervon erscheint insbesondere zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin die nach Realisierung der 1. Änderung zu erwartenden Verkehrsbelastungen, die aus dem Zu- und Abfahrtsverkehr zu dem geplanten großflächigen Einzelhandelbetrieb entstehen werden, richtig eingeschätzt hat. Die Antragsgegnerin hat sich insoweit ausschließlich auf die Gutachten der Gutachter ... gestützt. Diese haben im Gutachten vom Februar 2001 für das gesamte Plangebiet im Zielverkehr 2.068 MIV-Fahrten/Tag (MIV = Motorisierter Individual-Verkehr), davon für das Sondergebiet im Kundenverkehr 1.554 MIV-Fahrten/Tag, ermittelt. Grundlage ihrer Berechnung ist die Bruttogeschossfläche. Das gesa-Gutachten geht dagegen von ca. 3.050 MIV-Fahrten (an Spitzentagen 3.500 MIV-Fahrten) aus. Da die Straße ... eine Sackgasse ist, müssen die Kunden zwangsläufig denselben Weg zurücknehmen, so dass nach dem Gutachten ... von insgesamt ca. 3.100 Fahrten täglich auszugehen ist und nach dem gesa-Gutachten von 6.100 bis 7.000 Fahrten. Angesichts der unzweifelhaft keineswegs unproblematischen Verkehrssituation und der ebenso bekannten Immissionsproblematik hält der Senat es für bedenklich, dass die Antragsgegnerin ohne nähere Sachaufklärung ohne weiteres die von den Gutachtern ... genannten Zahlen zu Grunde gelegt hat, zumal die von der gesa ermittelten Zahlen plausibel begründet worden sind (Zielumsatz, prognostizierte Anzahl der Kassenbons).

Aber selbst bei Berücksichtigung der von den Gutachtern ... ermittelten Verkehrsfrequenzen kann der Senat die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin nicht nachvollziehen. Angesichts der Hinweise der Gutachter, dass die ... Straße bereits überbelastet sei (Gutachten vom Juni 1999), dass die Ansiedlung eines Einzelhandelsunternehmens nicht zu empfehlen sei (Gutachten vom Februar 2001) und dass wegen der starken Grundbelastung der ... Straße auch bei Ausbau der Knotenpunkte nicht akzeptable Wartezeiten und Rückstaulängen entstünden (Gutachten vom März 2001), kann jedenfalls der Senat nicht nachvollziehen, weshalb das Gutachten vom Dezember 2001 zu einer grundlegend anderen Einschätzung gelangt. Dieses Gutachten legt - soweit ersichtlich - keine anderen Verkehrsmengen zu Grunde als die bisherigen Gutachten. Auch die früheren Gutachten haben insbesondere bereits die geplante Westumgehung berücksichtigt. Der Senat kann auch die Argumentation der Antragsgegnerin nicht nachvollziehen, dass es sich bei diesen Gutachten nur um vorbereitende Entwürfe gehandelt habe. Nach Inhalt und Begründung sind die Gutachten vom Juni 1999, vom Februar 2001 und vom März 2001 jeweils vollständige und abschließende Stellungnahmen zu den vorliegenden Planentwürfen. Allein der Hinweis auf eine andere Methode macht das Ergebnis des Gutachtens vom Dezember 2001 für den Senat nicht plausibel. Die zur Abwägung berufene Ratsversammlung der Antragsgegnerin dürfte keine weitergehenden Erkenntnisse gehabt haben.

Die oben erwähnten Unklarheiten hinsichtlich des durch das Sondergebiet zu erwartenden zusätzlichen Verkehrs wirken sich auch auf das Schallgutachten vom 12. September 2002 aus, denn das Schallgutachten hat die von den Gutachtern ... ermittelten Verkehrsfrequenzen zu Grunde gelegt. Zweifel an der Richtigkeit des Schallgutachtens ergeben sich auch daraus, dass die Antragsgegnerin von einer Temporeduzierung auf Tempo 30 in der Straße ... ausgegangen ist. Nach Mitteilung der Straßenverkehrsbehörde kommt eine Verkehrsbeschränkung auf 30 km/h nicht in Betracht. Die Auffassung der Antragsgegnerin, dass auf der Straße ... eine höhere Geschwindigkeit als 30 km/h nicht realistisch sei, weil die ... Vorfahrt habe, überzeugt nicht. Zum einen können derartige verkehrsrechtliche Regelungen jederzeit geändert werden. Zum anderen erscheint es angesichts der erheblich höheren Verkehrsfrequenzen auf der Straße ... auch lebensfremd, die ...straße als Vorfahrtstraße auszuweisen. Dies ist auch nicht geschehen. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekundet, dass die Straße ... tatsächlich Vorfahrt vor der ...straße habe.

Angesichts der fehlenden Entscheidungserheblichkeit sieht der Senat davon ab, auf die von der Antragsstellerin hauptsächlich vorgetragenen Gesichtspunkte (im Wesentlichen Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots und Konsequenzen der vertraglichen Regelungen mit der Beigeladenen für die Beurteilung der Abwägungsentscheidung) einzugehen; diese Gesichtspunkte, zu denen ergänzend erst am Abend vor der mündlichen Verhandlung umfänglich schriftsätzlich vorgetragen worden ist, sind auch in der mündlichen Verhandlung nicht erörtert worden. Mangels Entscheidungserheblichkeit bedurfte es auch nicht der von der Antragstellerin hilfsweise beantragten Beweiserhebung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,-- Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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