Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.10.2004
Aktenzeichen: 1 LA 105/04
Rechtsgebiete: AuslG, GFK, VwGO


Vorschriften:

AuslG § 51 Abs. 1
GFK Art. 1 A Nr. 2
VwGO § 86 Abs. 1
1. Das Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 AuslG knüpft an Gefahren im Herkunftsland des Betroffenen an; dies ist das Land, dessen Staatsangehörigkeit er innehat oder in dem er - im Falle der Staatenlosigkeit - seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

2. Das Gericht braucht etwaige Gefahren in Bezug auf einen Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene nicht besitzt, nicht (von Amts wegen) zu prüfen, wenn keine Anhaltspunkte für eine Staatenlosigkeit und einen gewöhnlichen Aufenthalt dort vorliegen.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 1 LA 105/04

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Asylanerkennung, Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 25. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 30. April 2004 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert wird für das Antragsverfahren auf 3.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger bezieht sich auf die in § 78 Abs. 3 Nr. 1 - 3 AsylVfG genannten Zulassungsgründe.

1. Eine grundsätzliche Bedeutung zur Frage der "Prüfungsreichweite im Bereich des § 51 AuslG" besteht nicht. Das Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 AuslG knüpft an Gefahren im Herkunftsland des Betroffenen an; dies ist das Land, dessen Staatsangehörigkeit er innehat oder in dem er - im Falle der Staatenlosigkeit - seinen (letzten) gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Ein grundsätzlich bedeutsamer Klärungsbedarf dazu wird nicht aufgezeigt; er besteht i. ü. auch nicht (vgl. Art. 1 A Nr. 2 der Genfer Konvention - GK - vom 28.07.1951, BGBl. II 1953, Seite 559; BVerwG, Urt. v. 18.10.1983, 9 C 158.80, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 14). Der Kläger selbst hat behauptet, die aserbaidschanische Staatsangehörigkeit zu besitzen (S. 6 des erstinstanzl. Schriftsatzes vom 08.03.2002) und die russische Staatsangehörigkeit nicht erworben zu haben (a.a.O., S. 24), danach konnte i. Z. m. § 51 AuslG an Aserbaidschan angeknüpft werden.

2. Eine Divergenz i. S. d. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG liegt schon deshalb nicht vor, weil das Verwaltungsgericht in seinem Urteil keinen allgemeinen Rechtssatz aufgestellt hat, der von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.12.2001 - 1 C 11.01 - (BVerwGE 115, 267 ff. = NVwZ 2002, 855) abweichen könnte.

3. Die gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs ist nicht schlüssig dargelegt.

Schon der Ausgangspunkt der Antragsschrift, das vorliegend zu entscheidende "Schutzersuchen" i. S. d. § 51 AuslG sei nicht im Hinblick auf die Republik Aserbaidschan, sondern auf die Russische Föderation gestellt worden und "unbeschieden" geblieben, ist unzutreffend: Dem Klagantrag und auch dem Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren ist Derartiges nicht zu entnehmen. Nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 11.02.2002, auf den das Verwaltungsgericht in seinem Urteil gem. § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen hat, ging es - was den Abschiebezielstaat (Ziff. 4) und auch die Begründung des Bescheides anbetrifft (S. 4, vorletzter Absatz, S. 5, 3. Absatz) anbetrifft - um Armenien. Lediglich ergänzend hat sich der Bescheid auch mit dem "behaupteten Heimatland Aserbaidschan" auseinandergesetzt.

Vor dem genannten Hintergrund ist nicht einmal ein Ansatzpunkt dafür erkennbar, der eine Auseinandersetzung mit einem "Schutzbegehren wegen Gefahren in und vor der Russischen Föderation" oder eine in diese Richtung erforderliche Gehörsgewährung hätte begründen können. Dies wird - zusätzlich - unterstrichen durch die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge des Klägers, die sich auf Berg-Karabach - folglich gerade nicht auf die Russische Föderation - bezogen.

Eine Bezugnahme auf etwaige Gefahren in der Russischen Föderation konnte sich dem Verwaltungsgericht auch nicht aufdrängen, nachdem der Kläger selbst angenommen hat (s. o. zu 1), deren Staatsangehörigkeit nicht zu besitzen. Seine im Zulassungsantrag vorgetragene Annahme, seine "legale Übersiedlung nach Russland habe den gewöhnlichen Aufenthalt in Aserbaidschan aufgehoben", wäre evtl. relevant, wenn er keine aserbaischanische Staatsangehörigkeit besäße; vom Gegenteil ist er selbst bisher ausgegangen. Er hat erstinstanzlich ausdrücklich vorgetragen, in Russland keinen "anderweitigen Aufenthalt" begründet zu haben (Schriftsatz vom 08.03.2002, S. 8).

4. Eine Gehörsverletzung aus dem Grund, dass "Person und Qualifikation des Behördengutachters nicht erkennbar" seien (s. Bl. 43-48 der Beiakte A), liegt nicht vor. Unabhängig von der Relevanz dieses Punktes hätte der Kläger sich insoweit in der mündlichen Verhandlung auch ohne Weiteres Gehör verschaffen können.

5. Auf die - i. ü. nur pauschal vorgetragene - Wertung, dass für den Kläger in der Russischen Föderation kein menschenwürdiges Dasein möglich sei, braucht danach nicht mehr eingegangen zu werden.

Weitere Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, hat der Kläger nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 S. 4 AsylVfG). Die dafür zur Verfügung stehende zweiwöchige Frist (§ 78 Abs. 4 S. 1 AsylVfG) nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils ist inzwischen verstrichen.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 83 b Abs. 2 AsylVfG.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Ende der Entscheidung

Zurück