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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.02.2005
Aktenzeichen: 1 LA 128/04
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 233 Abs. 2 S. 3
BauGB § 215 a Abs. 1 S. 2
1. Ein nicht ordnungsgemäß ausgefertigter Bebauungsplan entfaltet bis zur Behebung des Ausfertigungsmangels - unbefristet - keine Wirkungen.

2. Die Ausfertigung eines Bebauungsplans durch den Bürgermeister hat zu bestätigen, dass die Satzung - mit ihrem letztlich maßgeblichen Inhalt - an einem bestimmten Tag von der Gemeindevertretung beschlossen worden und die ausgefertigte Satzung (Planzeichnung und Text) mit dem beschlossenen Inhalt der Satzung identisch ist (Authentizität; vgl. Urt. des Senats v. 23.10.1997, 1 L 69/97, Die Gemeinde 1998, 109 f.).

3. Es genügt nicht, wenn die Verfahrensvermerke auf der Planzeichnung des Bebauungsplans nur einzelne Elemente des Normsetzungsverfahrens betreffen und die Bestätigung fehlt, dass (und wann) der - bekanntzumachende - Satzungsinhalt (Zeichnung, Text) insgesamt von der Gemeindevertretung gebilligt worden ist.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 1 LA 128/04

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Bauvoranfrage - Verlängerung -

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 03. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 8. Kammer - vom 27. Juli 2004 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert beträgt 32.000,-- Euro.

Gründe:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Sie bezieht sich auf den in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genannten Zulassungsgrund. Dieser ist nicht gegeben; aus den Darlegungen der Kläger sind keine Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils abzuleiten.

Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Mängel der Ausfertigung des Bebauungsplans Nr. 9 H - 1. Änderung - sind entgegen der Ansicht der Kläger nicht nach §§ 214, 215 BauGB nach sieben Jahren "verfristet". Ein nicht ordnungsgemäß ausgefertigter Bebauungsplan entfaltet bis zur Behebung des Ausfertigungsmangels - unbefristet - keine Wirkungen (§ 215a Abs. 1 S. 2 BauGB a. F. i. V. m. § 233 Abs. 2 S. 3 BauGB i. d. F. v. 23.09.2004, BGBl. I. S. 2414); eine Behebung des Ausfertigungsmangels ist nicht erfolgt.

Die Annahme der Kläger, die "Veröffentlichung" des o. g. Bebauungsplans sei wirksam erfolgt, ist unzutreffend. Die Kläger beziehen sich insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Ausfertigung des Bebauungsplans durch den Bürgermeister der Gemeinde (S. 6 des Urt.-Abdr.); das Zulassungsvorbringen vermag nicht zu darzutun, dass diese Ausfertigung fehlerfrei und (folglich) wirksamkeitsbegründend erfolgt ist.

Die Ausfertigung eines Bebauungsplans durch den Bürgermeister hat zu bestätigen, dass die Satzung - mit ihrem letztlich maßgeblichen Inhalt - an einem bestimmten Tag von der Gemeindevertretung beschlossen worden und die ausgefertigte Satzung (Planzeichnung und Text) mit dem beschlossenen Inhalt der Satzung identisch ist (Authentizität; vgl. Urt. des Senats v. 23.10.1997, 1 L 69/97, Die Gemeinde 1998, 109 f.). Im vorliegenden Fall fehlt in den (letzten) Vermerken des Bürgermeisters vom 13.02.1973 die Angabe, dass und wann die letztmaßgebliche Fassung des Bebauungsplans von der Gemeindevertretung beschlossen worden ist. Damit fehlt die erforderliche Ausfertigung, die einzelnen Verfahrensvermerke des Bürgermeisters betreffen nur einzelne Elemente des Normsetzungsverfahrens, enthalten aber nicht die Bestätigung, dass (und wann) der - bekanntzumachende - Satzungsinhalt (Zeichnung oder Text) insgesamt von der Gemeindevertretung gebilligt worden ist. Ob - darüber hinaus - auch der im Urteil des Verwaltungsgerichts genannte Aspekt, wonach sich der Vermerk des Bürgermeisters vom 13.02.1973 "nur auf Ergänzungen bzw. Änderungen zu diesem Bebauungsplan, nicht jedoch auf den ursprünglichen Satzungsbeschluss ... und das diesem vorausgegangene Verfahren" (S. 6 oben des Urt.-Abdr.) beziehe, zutrifft, kann danach offen bleiben. Gleiches gilt für den - im Widerspruchsbescheid des Beklagten (S. 2) genannten - Gesichtspunkt, dass die Ausfertigung nicht (zeitlich) vor der Bekanntmachung der 1. Änderung des Bebauungsplans erfolgt ist (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 27.01.1999, 4 B 129.98, BRS 62 Nr. 29). Im Zulassungsantrag ist weder dazu noch zu den sonstigen Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Ausfertigung etwas dargelegt worden; es wird nur - ungenau - die "Veröffentlichung" angesprochen.

Die von den Klägern angesprochene "Ursprungsfassung" kann als wirksame Rechtsgrundlage für eine Entscheidung über das Begehren zur Verlängerung der Voranfrage von vornherein nicht in Betracht kommen, so dass die Rüge, das Verwaltungsgericht habe diesen "Umstand" übersehen, rechtlich ins Leere geht. Dabei kann offen bleiben, was die Kläger mit "Ursprungsfassung" meinen: Einerlei, ob die Fassung des Entwurfs der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 9 H vor deren "Ergänzung" durch Auflagen der Aufsichtsbehörde oder ob die Ursprungsfassung des Bebauungsplans vor dessen erster Änderung angesprochen werden soll, ist dies für die rechtliche Beurteilung des Verlängerungsantrags gem. § 72 Abs. 1 S. 3 LBO unerheblich. Im ersten Fall mangelt es - wie ausgeführt - an einer wirksamen Ausfertigung. Im zweiten Fall kann dem unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils entnommen werden, dass die Ursprungsfassung des Bebauungsplans für das Grundstück der Kläger die Festsetzung "Grünfläche" enthielt; im Zulassungsantrag wird nichts dargelegt, was insoweit zu einer gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil abweichenden Beurteilung führen könnte.

Das erstinstanzliche Urteil ist - schließlich - auch unter dem Gesichtspunkt einer Befreiung bzw. Ausnahmeregelung keinen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt. Eine Befreiung von der im Bebauungsplans Nr. 9 H (in seiner Ursprungsfassung, vor der 1. Änderung) festgesetzten Grünfläche kann nicht beansprucht werden, weil dafür die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB fehlen. Soweit im Zulassungsantrag angeführt wird, dass dem Vorhaben keine öffentliche Interessen "entgegenstehen", wird die in dem Beschluss der Gemeinde zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 43 dokumentierte Planungsabsicht übergangen, die wiederum auf eine "Grünfläche" gerichtet ist. Es ist nichts dafür dargelegt, dass diese Planungsabsicht aufgegeben werden und das Aufstellungsverfahren zum Bebauungsplan Nr. 43 abgebrochen werden soll. Es bleibt der - letztlich vorzunehmenden - planerischen Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) vorbehalten, ob die beabsichtigte "Grünfläche" verbindlich ausgewiesen wird.

Weitere Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, haben die Kläger nicht dargelegt.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 27. Juli 2004 wird zugleich rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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