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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 01.04.2004
Aktenzeichen: 1 LB 75/03
Rechtsgebiete: AGBauGB SH, BauGB, BauNVO, LBO SH, LVwG SH, VwGO


Vorschriften:

AGBauGB SH Art. 1 Abs. 2
BauGB § 34 Abs. 1
BauNVO § 11 Abs. 3
LBO SH § 72 Abs. 2
LVwG SH § 116 Abs. 1
VwGO § 124 a Abs. 3 S. 4
VwGO § 124 a Abs. 6 S. 3
VwGO § 75 Abs. 11
1) Ist nach dem Berufungszulassungsantrag und der Berufungsbegründung das Berufungsziel deutlich, kann die genaue Formulierung des Berufungsantrags noch während des Berufungsverfahrens - auch nach Ablauf der Begründungsfrist gem. § 124 Abs. 6 S. 1 VwGO erfolgen.

2) Auch ein fingierter Verwaltungsakt (Bauvorbescheid) kann zurückgenommen werden.

3) Bis zu einer Verkaufsfläche von "nicht wesentlich mehr" als 700 qm liegt noch kein großflächiger Enzelhandelsbetrieb vor. Es besteht derzeit kein Anlass, diese Obergrenze im Hinblick auf Strukturveränderungen im Lebensmitteleinzelhandel zu verschieben.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 1 LB 75/03

verkündet am 01.04.2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 17. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes in ..., der auf dem Grundstück ... (Flurstücke 128, 129 der Flur 4, Gemarkung ...) entstehen soll.

Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen weist dort ein Mischgebiet aus. Ein Bebauungsplan existiert nicht.

Das Baugrundstück ist derzeit mit zwei Gebäuden bebaut, die (bisher) als Möbelgeschäft bzw. als Textilfachmarkt mit einer genehmigten Nutzfläche von 833 qm bzw. von 1.114 qm ("Büro- und Lagergebäude") genutzt wurden. Das Grundstück ist an drei Seiten von Straßen eingegrenzt: Im Nordosten verläuft die B ..., im Nordwesten eine Zufahrtsstraße zur B ... und im Südwesten die ... Straße. Nordöstlich der B ... befindet sich ein Baugebiet, in dem überwiegend Wohngebäude errichtet worden sind. Entsprechendes gilt auch für die Bauflächen an der - dem Grundstück des Klägers gegenüberliegenden - südlichen Seite der ... Straße bzw. an der Nordseite der Zufahrtsstraße zur B ... bzw. der Nordostseite der ... Straße.

Am 15. August 2001 beantragte der Kläger die Erteilung eines Vorbescheides für die Errichtung eines Verbrauchermarktes auf seinem Grundstück; der Markt sollte eine Bruttogeschossfläche von 1.200 qm haben. Dem Antrag war ein Lageplan beigefügt. Mit Schreiben vom 27.08.2001 konkretisierte der Kläger das Vorhaben als "Lebensmittelmarkt". Der Antrag ging am 23. August 2001, die Konkretisierung am 30. August 2001 beim Beklagten ein.

Die Beigeladene verweigerte am 20. September 2001 ihr gemeindliches Einvernehmen, da das Vorhaben im Hinblick auf eine vorgesehene Verkaufsfläche von mehr als 700 qm als großflächig anzusehen sei und es nach Art, Lage und Umfang zu bodenrechtlichen Spannungen - im Hinblick auf den Ziel- und Quellverkehr und zur umliegenden Wohnbebauung - komme.

Mit Bescheid vom 26. November 2001 nahm der Beklagte einen durch Fristablauf fiktiv erteilten positiven Bauvorbescheid gemäß § 116 LVwG zurück; der "Antrag" vom 27. August 2001 wurde abgelehnt. In der Begründung wurde auf die Fläche des vorgesehenen Marktes und das fehlende Einvernehmen der Beigeladenen abgestellt.

Am 30. November 2001 erhob der Kläger dagegen Widerspruch.

Die Beklagte beschloss zuvor - am 18. Oktober 2001 - die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 52 für das Gebiet zwischen der B ... und der ... Straße. Für das hier betroffene Grundstück ist darin die Gebietsart "Mischgebiet" (MI II GRZ 0,2 o) vorgesehen. Zugleich wurde eine Satzung über die Veränderungssperre für das Plangebiet erlassen und bekannt gemacht. Der Bebauungsplan befindet sich z. Z. noch im Aufstellungsverfahren.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2001 beantragte die Beigeladene beim Beklagten die Zurückstellung der Bauvoranfrage des Klägers gemäß § 15 BauGB.

Den Widerspruch des Klägers gegen den Rücknahmebescheid vom 26. November 2001 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Januar 2002 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, die Rücknahme des fiktiven Vorbescheides sei gemäß § 116 Abs. 1 LVwG rechtmäßig, da die Beigeladene ihr Einvernehmen zur Bauvoranfrage nicht erteilt habe. Das Einvernehmen sei nicht rechtswidrig versagt worden. Das beabsichtigte Vorhaben betreffe einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, der im unbeplanten Innenbereich nicht zulässig sei.

Die dagegen erhobene Klage ist am 30. Januar 2002 beim Verwaltungsgericht eingegangen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe Anspruch auf den beantragten Vorbescheid. Der vorgesehene Markt sei nicht "großflächig". Der Zurückstellungsantrag der Beigeladenen sei verspätet gestellt worden. Die Umgebung des Baugrundstücks werde bereits jetzt durch ein (anderes) großflächiges Einzelhandelsgeschäft geprägt.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2001 nebst Widerspruchsbescheid vom 08. Januar 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Eintritt der Genehmigungsfiktion gemäß §§ 72 Abs. 2, 75 Abs. 11 Satz 2 LBO schriftlich zu bestätigen;

hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung der genannten Bescheide zur Erteilung eines Bauvorbescheides zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf seinem Grundstück zu verpflichten;

hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet gewesen ist, die Bauvoranfrage bis zum Eingang des Zurückstellungsantrages der Beigeladenen vom 10.12.2001 am 18.12.2001 positiv zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, der Vorbescheidsantrag sei mit Schreiben vom 27.08.2001 modifiziert worden. Die Verkaufsfläche liege nach statistischen Erhebungen um 20 bis 25% unter der Geschossfläche, weshalb hier von 900 qm Verkaufsfläche auszugehen sei. Diese sei "großflächig". Durch Zuliefer- und Kundenverkehr sei das beantragte Vorhaben rücksichtslos im Sinne von § 15 BauNVO.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, im Bescheid vom 26.11.2001 sei auch eine Versagung der Bauvoranfrage enthalten gewesen, über einen diesbezüglichen Widerspruch des Klägers sei noch nicht entschieden worden. Untätigkeitsklage sei nicht erhoben worden. Eine Fiktionswirkung hinsichtlich der Bauvoranfrage sei noch nicht eingetreten, weshalb die Fortsetzungsfeststellungsklage ins Leere gehe.

Mit Urteil vom 17. Juni 2003 hat das Verwaltungsgericht - 8. Kammer - die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Hauptantrag des Klägers gehe ins Leere, weil ein fiktiver Vorbescheid für einen Lebensmittelmarkt mit 1.200 qm Bruttogeschossfläche nie existiert habe. Eine Voranfrage unter dem 15.08.2001 sei nach den Bauakten nicht nachweisbar. Der Kläger sei insoweit darlegungspflichtig. Die für die Fiktion maßgebliche Drei-Monats-Frist habe frühestens am 30. August 2001 begonnen. Sie sei damit am 26. November 2001 - bei Erteilung des Ablehnungsbescheides - noch nicht abgelaufen gewesen. Die Hilfsanträge seien ebenfalls unbegründet. Einen Bauvorbescheid könne der Kläger wegen der am 06. Juni 2002 in Kraft getretenen - wirksamen - Veränderungssperre, die bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 52 gelte, nicht beanspruchen. Gleiches gelte für die begehrte Feststellung der Verpflichtung zur Bescheidung der Voranfrage. Bis zum Eingang des Zurückstellungsantrages der Beigeladenen habe ein solcher Anspruch nicht bestanden. Der Vorbescheidsantrag sei auch zu unbestimmt. Unklar sei, ob ein Einzel- oder ein Großhandel vorgesehen sei. Die zur Beurteilung der Gebietsverträglichkeit erforderliche Angabe der Verkaufsfläche fehle im Antrag. Die nähere Umgebung stelle sich als reines Wohngebiet dar, wobei die B ... im Norden eine markante Zäsur bilde, so dass die jenseits der B ... vorhandene Bebauung die Bebauungssituation für das Grundstück des Klägers nicht mehr präge. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks auf "dieser" Seite der B ... seien sämtliche Grundstücke mit Ein- und Mehrfamilienhäusern bzw. Nebengebäuden bebaut. Es sei keine andere Nutzung als Wohnnutzung dort vorhanden. Die beiden vorhandenen großflächigen Baukörper auf dem Grundstück des Klägers entfalteten keine prägende Wirkung mehr, weil diese nach dem mit der Voranfrage verfolgten Vorhaben abgerissen werden sollten.

Gegen dieses (ihm am 25. Juni 2003 zugestellte) Urteil hat der Kläger am 24. Juli 2003 die Zulassung der Berufung beantragt. Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 27. Oktober 2003 entsprochen.

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte habe sein Rücknahmeermessen überhaupt nicht betätigt, sondern sich lediglich die fehlerhafte Auffassung der Beigeladenen zu Eigen gemacht. Das Vorhaben füge sich in die maßgebliche und prägende Umgebung ein. Ansatzpunkte dafür, dass ein Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft mit 1.200 qm Geschossfläche städtebaulich negative Auswirkungen haben könne, die nicht schon jetzt durch die Nutzung des Baugrundstücks als Möbel- und Textilfachmarkt mit einer Geschossfläche von über 2.000 qm zu verzeichnen seien, bestünden nicht. Die Rücknahme des Vorbescheides könne nicht auf die fehlerhafte bauplanungsrechtliche Einordnung des beantragten Vorhabens als großflächiger Einzelhandelsbetrieb gestützt werden.

Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil zu ändern und den Rücknahmebescheid des Beklagten vom 26.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger gem. § 72 Abs. 2, § 75 Abs. 11 S. 2 LBO den Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bestätigen;

hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, den Bauvorbescheid zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem ... in ... zu erteilen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die Bauvoranfrage bis zum Eingang des Zurückstellungsantrags am 10.12.2001 am 18.12.2001, spätestens jedoch bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre, positiv zu bescheiden.

Der Beklagte stellt keinen Antrag.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung für unzulässig, weil ein Berufungsantrag fehle. Bereits der erstinstanzliche Klageantrag sei unklar gewesen. Wegen der zwischenzeitlich erlassenen und nach wie vor geltenden Veränderungssperre könne der Verpflichtungsantrag keinen Erfolg haben. Ein fiktiver Vorbescheid existiere nicht, denn die Drei-Monats-Frist sei erst mit Eingang des Nachtrags zur Bauvoranfrage am 28.08.2001 in Gang gesetzt worden; zuvor sei der Ablehnungsbescheid vom 26. November 2001 ergangen. Der Bescheid über die Rücknahme eines fiktiven Vorbescheides sei somit inhaltsleer. Die Klage habe sich zudem gegen den Ablehnungsbescheid zur Bauvoranfrage und nicht gegen den Rücknahmebescheid gerichtet. Im erstinstanzlichen Urteil sei - zutreffend - die mangelnde Bestimmtheit der Voranfrage bemängelt worden. Eine - erforderliche - Konkretisierung der Voranfrage zur Verkaufsfläche sei unterblieben. Die städtebaulich negativen Auswirkungen eines Lebensmitteleinzelhandelsgeschäftes mit 1.200 qm Bruttogeschossfläche seien mit denjenigen eines Möbel- bzw. Textilfachmarktes nicht zu vergleichen. Das Möbelhaus sei inzwischen geschlossen. Unter Zugrundelegung der Neupositionierung des Ortszentrums auf der Basis eines Einzelhandelsstrukturgutachtens vom 22. Januar 2002 würden durch die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes städtebauliche Ziele unterlaufen werden. Das angrenzende Wohngebiet werde durch zusätzliche Verkehrsbelastungen nachhaltig beeinträchtigt werden. Der südliche Bereich der ... Landstraße sei als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen. Bei Realisierung des Marktes in der vorgesehenen Größe wäre eine anderweitige Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters im Ortszentrum geradezu ausgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze (nebst Anlagen) sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, ferner auf die von der Beigeladenen vorgelegten Verfahrensakten zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 52 sowie auf das Protokoll und die Fotoaufnahmen im Ortstermin am 26. März 2004 Bezug genommen. Alle genannten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung ist unbegründet. Den gegen die Zulässigkeit der Berufung gerichteten Rügen der Beigeladenen ist nicht zu folgen (unten 1.). Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Kläger kann weder - im Sinne seines Hauptantrages - eine schriftliche Bestätigung der Genehmigungsfiktion i. S. d. § 72 Abs. 2, § 75 Abs. 11 S. 2 LBO beanspruchen (unten 2.) noch kann er - im Sinne der Hilfsanträge - eine Verpflichtung zur Vorbescheidserteilung oder zur Feststellung einer Pflicht zur positiven Bescheidung seiner Voranfrage bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre beanspruchen (unten 3. - 5.).

1) Die Berufung erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 124 a Abs. 3 S. 4, Abs. 6 S. 3 VwGO.

Der Beigeladenen ist zwar zuzustimmen, dass im Berufungsbegründungsschriftsatz des Klägers vom 24.11.2003 - ausdrücklich - kein Berufungsantrag formuliert wird. Auch der Zulassungsantrag enthält keinen solchen Antrag. Allein daraus ist aber nicht die Unzulässigkeit der Berufung abzuleiten, denn ein ausdrücklicher (Berufungs-) Antrag ist entbehrlich, wenn das Rechtsschutzziel des Berufungsführers eindeutig feststeht.

Dem in § 124 a Abs. 3 S. 4 VwGO zum Ausdruck kommenden Gebot der Klarheit der Berufungsbegründung wird im Verwaltungsprozess entsprochen, wenn aus dem Berufungszulassungsantrag und dessen Begründung und - anschließend - aus der fristgerechten Berufungsbegründung abzulesen ist, dass und in welchem Umfang das Urteil des Verwaltungsgerichts angegriffen wird und inwieweit an den erstinstanzlich (erfolglos gebliebenen) Anträgen festgehalten wird. Die Berufungsbegründung tritt hier an die Stelle der ansonsten erforderlichen Berufungseinlegung (§ 124a Abs. 5 S. 5 VwGO). Das Ziel der Berufung muss - mit anderen Worten - deutlich werden. Dies wäre etwa dann nicht oder nur unzureichend der Fall, wenn - ohne Bezug zu einem bestimmten Begehren - lediglich (angebliche) Rechtsfehler einer Entscheidung aufgezeigt werden, eine pauschale "Teilanfechtung" erfolgt, ohne dass ersichtlich ist, welcher "Teil" gemeint ist oder wenn - bei verschiedenen Ansprüchen - unklar bleibt, welcher Anspruch weiter verfolgt werden soll (vgl. dazu auch Zöller, ZPO, 2004, § 520 Rn. 36-37). Wird dagegen die erstinstanzliche Entscheidung insgesamt angegriffen und dargelegt, dass dem dort verfolgten Begehren zu Unrecht nicht entsprochen worden sei, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt werden. Weitergehende - strengere - Anforderungen bestehen nicht (vgl. Bader u. a., VwGO, Komm., 2002, § 124 a Rn. 36).

Ist - auf der vorstehend umrissenen Grundlage - das Berufungsziel deutlich, so kann die genaue Formulierung eines Berufungsantrags noch während des Berufungsverfahrens - auch nach Ablauf der Begründungsfrist gem. § 124 a Abs. 6 S. 1 VwGO erfolgen. Dies kann gem. §§ 125 Abs. 1, 82 Abs. 2, 86 Abs. 3 VwGO auch mit Hilfe des Vorsitzenden geschehen (vgl. BO.-Ladwig, in: Schoch u. a., VwGO, Lbl. Stand Sept. 2003, § 124 a Rn. 105).

Im vorliegenden Fall besteht (schon) nach dem Inhalt der Begründung des Zulassungsantrages, aber auch nach dem Inhalt der Berufungsbegründung vom 24.11.2003 kein Zweifel daran, dass im Berufungsverfahren die erstinstanzlichen Anträge des Klägers uneingeschränkt weiter verfolgt werden sollten. Die erstinstanzlichen Anträge sind - auch hinsichtlich der Verknüpfung der Hilfsanträge zum Hauptantrag - hinreichend bestimmt (§ 82 Abs. 1 S. 2 VwGO). Damit wird den prozessrechtlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 S. 3, Abs. 3 S. 4 VwGO entsprochen; die - erst im Schriftsatz vom 30.03.2004 (S. 7) erfolgte - Formulierung des - anschließend protokollierten - Berufungsantrages ist für die Zulässigkeit der Berufung unschädlich.

2) Die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 26.11.2001 und vom 08.01.2002 sind rechtlich nicht zu beanstanden; eine "schriftliche Bestätigung" der Genehmigungsfiktion gem. §§ 72 Abs. 1, 75 Abs. 11 S. 2 LBO kann der Kläger nicht beanspruchen.

Nach den vorstehenden Bestimmungen galt zu Gunsten des Klägers der beantragte Vorbescheid nach Ablauf von drei Monaten nach Eingang seiner Voranfrage - zwar - als erteilt (unten a), der danach gegebene fiktive Vorbescheid ist jedoch durch eine - rechtlich nicht zu beanstandende - Rücknahmeentscheidung des Beklagten gem. § 116 Abs. 1 LVwG aufgehoben worden (unten b).

a) Die Voranfrage des Klägers datiert vom 15.08.2001 und ist am 23.08.2001 beim Beklagten eingegangen; an diesem Tag begann die Frist gem. § 72 Abs. 2, § 75 Abs. 8 S. 1, Abs. 11 LBO. Die Genehmigungsfiktion war damit bereits eingetreten, als der Beklagte seinen (auch auf das weitere Schreiben des Klägers vom 27.08.2001 Bezug nehmenden) "Versagungsbescheid" vom 26.11.2001 erließ.

Das Schreiben vom 27.08.2001 enthält weder eine neue ("zweite") Voranfrage noch verschiebt es den Beginn der bereits mit der Voranfrage vom 15.08.2001 in Lauf gesetzten Frist. Im Schreiben von 27.08.2001 wird das Vorhaben des Klägers mit "Lebensmittelmarkt" nur gegenständlich genauer beschrieben als es zuvor der Fall war ("Verbrauchermarkt"). Der Begriff des "Verbrauchermarktes" ist - soweit er als Rechtsbegriff gelten kann - als Oberbegriff zum Begriff des Lebensmittelmarktes zu verstehen; als "Verbrauchermarkt" wäre auch ein ("non-food"-) Fachmarkt anzusehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2003, 4 C 5.02, NVwZ 2003, 1387 f.). Unabhängig davon hätte das (konkretisierende) Schreiben vom 27.08.2001 keine neue (zweite) Drei-Monats-Frist in Lauf gesetzt, denn dieses Schreiben enthielt keine andere (geänderte) Voranfrage, sondern bezog sich auf das auch schon im Antrag vom 15.08.2001 enthaltene Vorhaben.

Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, nach Sinn und Zweck der Genehmigungsfiktion könne die Drei-Monats-Frist erst nach einer die "wesentlichen Fragen des Genehmigungsantrages" klärenden Konkretisierung zu laufen beginnen, ist dem - jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation - nicht zu folgen. Zwar beginnen die Genehmigungsfristen, wenn unvollständige Bauvorlagen eingereicht werden, erst nach Eingang der noch einzureichenden Bauvorlagen (Möller/E., LBO, 2001, § 75 Rn. 36; vgl. dazu auch OVG Greifswald, Beschl. v. 04.08.2000, 3 L 241/99, NVwZ-RR 2001, 578). Ein Fall der Unvollständigkeit ist vorliegend aber nicht gegeben. Die Schreiben des Klägers vom 15.08. bzw. vom 27.08.2001 sind - bis auf die Bezeichnung des Vorhabens als "Verbrauchermarkt" bzw. als "Lebensmittelmarkt" - wortgleich; ihnen waren eine Flurkarte, einen Lageplan und Angaben zur Grundflächenzahl und zur Zahl der vorgesehenen Stellplätze beigefügt; dies ist ausreichend (vgl. Möller/E., aaO., § 72 LBO, Rn. 52 f.). Allein die fehlende Angabe zur vorgesehenen Verkaufsfläche vermag den Beginn der Drei-Monats-Frist nicht zu verschieben; im Einzelfall kann die Baubehörde einem diesbezüglich verbleibenden (zeitintensiven) Klärungsbedarf durch eine Fristverlängerung gem. §§ 72 Abs. 2, 75 Abs. 10 LBO abhelfen (was hier nicht geschehen ist).

b) Den - somit - fiktiv erteilten Vorbescheid konnte der Beklagte zurücknehmen, denn der Vorbescheid war rechtswidrig (aa) und die übrigen Rücknahmevoraussetzungen gem. § 116 Abs. 1 LVwG liegen vor (bb). Die Rücknahmevorschriften gelten auch für fingierte Verwaltungsakte, denen keine andere oder "stärkere" Bestandskraft zukommt als den von einer Behörde tatsächlich erlassenen Bescheiden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 2003, § 48 Rn. 6).

(aa) Der fingierte Vorbescheid war rechtswidrig.

Dies ergibt sich - zwar - nicht bereits aus dem formellen Gesichtspunkt unvollständiger Antragsunterlagen (s. o); auf derartige Erwägungen hat der Beklagte seine Rücknahmeentscheidung auch nicht gestützt. Die Rechtswidrigkeit des Vorbescheids folgt vielmehr daraus, dass er mit dem materiellen Bau(planungs)recht nicht im Einklang steht.

Das Vorhaben des Klägers soll im nicht überplanten Innenbereich entstehen; seine Zulässigkeit wäre damit gem. § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Bei der Zulassung großflächiger Einzelhandelsbetriebe i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO ist die genannte Bestimmung allerdings gem. Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des BauGB und der LBO vom 21.10.1998 (GVOBl. SH S. 303; - AGBauGB -) nicht anzuwenden (§ 246 Abs. 7 BauGB). Derartige Einrichtungen sind demzufolge allein in planungsrechtlich festgesetzten Kern- und Sondergebieten zulässig (§ 11 Abs. 3 S. 1 BauNVO).

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung demgegenüber angeführt hat, das Vorhaben solle auf einer planerischen "Insel" entstehen, so dass § 34 Abs. 2 BauGB anzuwenden, folglich Art. 1 Abs. 2 AGBauGB nicht einschlägig sei, ist dem nicht zu folgen. Die planungsrechtliche Beurteilung ist auf den räumlichen Bereich zu erstrecken, auf den sich das Vorhaben auswirken kann (Söfker, in Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, Lbl. Stand 2004, § 34 Rn. 36). Dieser Bereich ist nicht auf die durch Straßen (in üblicher Breite) gebildete "Insellage" des Baugrundstücks beschränkt.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens ist - somit - entscheidend davon abhängig, ob es sich dabei um einen "großflächigen Einzelhandelsbetrieb handelt. Dies ist - dem Standpunkt des Beklagten folgend - zu bejahen.

Die "Großflächigkeit" eines Einzelhandelsbetriebes i. S. d. § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO ist ausgehend von der - ab einer Geschossfläche von 1.200 qm eingreifenden - Regelvermutung zu bestimmen (§ 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO; vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 09.07.2002, 4 B 14.02, ZfBR 2002, 805). Dabei ist aber weiter zu differenzieren: Da die gesamte Konzeption der in § 11 Abs. 3 BauNVO getroffenen Regelung darauf abzielt, Immissions-, Infrastruktur- und Umweltauswirkungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe zu erfassen, muss auf die wesentliche "Quelle" solcher Auswirkungen abgestellt werden. Das ist die Verkaufsfläche (ohne Lager, Garagen, andere Nutzflächen; vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, Komm., 10. Aufl., § 11 Rn. 19.7), die den Einzugsbereich, die Menge und die Frequenz des Ziel- und Quellverkehrs entscheidend bestimmt. Die "großflächigen" Markte i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO unterscheiden sich durch ihre Verkaufsfläche wesentlich von den Märkten, die in Wohn- oder Mischgebieten die Bevölkerung wohnungsnah versorgen (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2, § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BauNVO).

Hinsichtlich der Verkaufsfläche lässt sich für die "Großflächigkeit" kein bestimmter Schwellenwert angeben. Eine "Rückrechnung" von der (Brutto-) Geschossfläche auf die Verkaufsfläche (nach der von den Beteiligten diskutierten Relation von 3 : 2) vermittelt Anhaltswerte. Aus § 11 Abs. 3 S. 4 BauNVO ist zu entnehmen, dass negative Auswirkungen eines Marktes auch bei weniger als 1.200 qm Geschossfläche vorliegen können. Das Verhältnis zwischen Verkaufs- und Nebenflächen kann je nach Konzeption und Sortiment des Marktes stark differieren.

Als Orientierungsregel gilt, dass die "Großflächigkeit" eines Marktes dort beginnt, wo der Rahmen wohnungsnaher Versorgung verlassen wird. Die Lage, der Zuschnitt und die Größe der Verkaufsfläche eines Marktes bestimmen den "Radius", innerhalb dessen nach der Konzeption des Marktes voraussichtlich Kunden angesprochen werden (vgl. dazu Urt. d. Senats v. 15.03.2001, 1 L 107/97, NordÖR 2002, 155 [zu 1 b]). Soweit diese bei realistischer Betrachtungsweise den Markt mit einem Pkw. aufsuchen (sollen), belegt dies einen weiträumigeren, also nicht mehr wohnungsnahen Einzugsbereich.

Im Sinne einer - für die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Nutzungen gebotenen - typisierenden Betrachtungsweise hat das Bundesverwaltungsgericht die Obergrenze, von der ab keine wohnungsnahe Versorgung mehr vorliegt, mit einer Verkaufsfläche von "nicht wesentlich" mehr als 700 qm als gegeben angegeben (BVerwG, Urt. v. 22.05.1987, 4 C 19.85, NVwZ 1987, 1076). Der Senat ist dem gefolgt (vgl. Beschl. v. 04.11.2002, 1 M 27/02); der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, davon abzuweichen.

Es mag sein, dass Strukturveränderungen im Lebensmitteleinzelhandel eine Erhöhung der genannten Flächengrenze begründen könnten (vgl. dazu Berghäuser u. a., BauR 2002, 31/34 f.; Haaß, BauR 2002, 1795/1797). Solche Strukturänderungen können aber nicht die rechtliche Unterscheidung zwischen "wohnungsnaher" Versorgung und "großflächiger", wohngebietsübergreifender Versorgung durch Einzelhandelsmärkte beiseite schieben. Für wohnungsnahe Einzelhandelsgeschäfte ("Nachbarschaftsläden") wird eine übliche Größenordnung von (früher) 400 qm, jetzt bis zu 600 qm angenommen (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 4 BauNVO Tz. 5.2). Ausgehend davon stellt die vom Bundesverwaltungsgericht für derartige Betriebe angesetzte Flächengrenze von 700 qm eine Obergrenze dar (so auch Thies, Einzelhandelsbetriebe im Städtebaurecht, 1992, S. 35, Rn. 70). Diese Obergrenze kann nicht mit dem pauschalen Hinweis auf eine - i. ü. alle Marktsegmente erfassende - "Strukturveränderung" weiter nach "oben" verschoben werden, zumal auch Strukturentwicklungen zurück zu kleineren Verkaufsflächen anzutreffen sind. Die - bisher angewandte - Verkaufsflächengrenze von 700 qm bleibt daher weiter maßgeblich (ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.04.2001, 1 MB 1190/91, BauR 2001, 1239/1240 sowie Beschl. v. 15.11.2002, 1 ME 151/02, ZfBR 2003, 165/166; vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 05.09.1997, 7 A 2902/93, BauR 1998, 309/311 sowie Beschl. v. 19.08.2003, 7 B 1040/03, NVwZ-RR 2004, 245).

Das Vorhaben des Klägers überschreitet diese Grenze. Zwar werden in der schriftlichen Voranfrage nur Angaben zur vorgesehenen (Brutto-) Geschossfläche (1.200 qm), nicht auch zur Verkaufsfläche, mitgeteilt. Die Geschossfläche wird nach den Außenmaßen des Gebäudes berechnet (§ 20 Abs. 3 S. 1 BauNVO). Unter Zugrundelegung der in der Literatur angegebenen Relation zwischen Geschoss- und Verkaufsfläche lässt sich - im Sinne eines Anhaltswertes - auf Letztere zurückrechnen: Nimmt die Bruttogeschossfläche (BGF) das 1,5-fache der Verkaufsfläche ein, ergibt sich bei 1.200 qm BGF eine Verkaufsfläche von 800 qm. (zu dem genannten Rechenwert s. Fickert/Fieseler, aaO., § 11 BauNVO Rn. 19.2). Wird bei der Beurteilung - zusätzlich - berücksichtigt, dass ein Trend zur weiteren Reduzierung von sog. "Nebenflächen" besteht (Fickert/Fieseler, aaO., Rn. 19.9, S. 827 Mitte), ergibt sich eine noch größere Verkaufsfläche. Diese umfasst auch Bereiche, die von Kunden aus Gründen der Hygiene oder Sicherheit nicht betreten werden dürfen, ohne zum Lager zu rechnen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2002, aaO., Ls. 2).

Die Beigeladene nimmt abweichend von den vorstehenden, allgemein bekannten rechnerischen Relationen zwischen Geschoss- und Verkaufsfläche einen Anteil von 75 % Verkaufsfläche an der (Brutto-) Geschossfläche an; daraus ergäbe sich hier eine Verkaufsfläche von 900 qm. Der Kläger hat seinerseits keine Angaben vorgetragen, die zu kleineren Verkaufsflächen (im Bereich von etwa 700 qm oder darunter) führen. Seine mündliche Erklärung, er komme nicht mit weniger als 800 qm Verkaufsfläche aus, bestätigt die o. g. Berechnungen jedenfalls in ihrer Grundaussage, dass das Vorhaben den "Bereich" von 700 qm nicht nur unwesentlich überschreiten wird. Damit wird die (o. g.) "Schwelle" der Großflächigkeit deutlich überschritten.

In der mündlichen Verhandlung ist erörtert worden, ob aus der im Landesraumordnungsplan (Amtsbl. Schl.-H. 1998, 493) angegebenen Grenze zur "Großflächigkeit" (Textziff. 7.5, 2. Absatz) von mehr als 800 qm eine andere Beurteilung abgeleitet werden kann. Dies ist indes nicht der Fall. Der Begriffsinhalt ist bundesrechtlich und - dort - bauplanungsrechtlich zu bestimmen; das Raumordnungsrecht bleibt für die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Einzelvorhaben der vorliegenden Art ohne Relevanz. Abgesehen davon hat der Beklagte mitgeteilt, dass er in seiner Genehmigungspraxis bislang "unter" einer 800 qm - Grenze geblieben sei.

Bei einer Verwirklichung des klägerischen Vorhabens ist mit negativen Auswirkungen auf die Immissionsbelastung im Baugebiet und auf den Verkehr zu rechnen (§ 11 Abs. 3 S. 2 und 3 BauNVO). Zwar überschreitet das Vorhaben noch nicht die Grenze von 1200 qm Geschossfläche, die die Regelannahme nach § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO auslöst. Doch können nach § 11 Abs. 3 S. 4 BauNVO auch unterhalb dieser Grenze negative Auswirkungen i. S. dieser Vorschrift vorliegen. Das ist hier der Fall:

Ein Lebensmittelmarkt der vom Kläger geplanten Größenordnung hat negative Auswirkungen auf das Baugebiet an der "... Straße". Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass dieses Gebiet durch die als "Zäsur" wirkende B ... von dem nordöstlich gelegenen Baugebiet an der Straße "..." getrennt wird. Bei einer auf die "diesseits" der B ... gelegenen Bauflächen begrenzten Beurteilung ergibt sich die Zuordnung zu einem Allgemeinen Wohngebiet. Die Feststellungen im Ortstermin haben dies bestätigt. Das Vorhaben des Klägers lässt erhebliche Geräuschimmissionen mit Wirkung auf die Wohngrundstücke an der ... Straße erwarten. Auf der mit der Voranfrage vorgelegten Skizze sind ca. 110 Kundenparkplätze dargestellt, daraus sowie aus Warenanlieferungen und der Abfallentsorgung werden erhebliche negative Folgewirkungen entstehen. Diese werden in dem von der Beigeladenen vorgelegten schalltechnischen Gutachten vom 05.08.2003 (nachträglich) als "nicht unkritisch" bewertet (S. 14). Die angesprochenen Folgewirkungen des klägerischen Vorhabens sind im Rahmen des § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO auch dann schon beachtlich, wenn sie noch unterhalb der Schwelle nach § 3 Abs. 1 BImSchG bleiben (Fickert/Fieseler, aaO., § 11 BauNVO Tz. 25.1). Der Kunden- und Lieferantenverkehr wird auf der ... Straße zu zusätzlichen Belastungen führen. Zwar wäre - wie im Ortstermin erwogen - eine Zufahrt zu dem Baugrundstück auch von der Verbindungsstraße zur B ... ("Rampe") aus möglich, doch kann der Kläger eine derartige Erschließung nicht beanspruchen; die Beurteilung nach § 11 Abs. 3 S. 2 BauNVO bleibt davon somit unberührt.

Das - erst im Berufungsverfahren eingeführte - "Einzelhandelsstrukturgutachten" der Beigeladenen vom 22.01.2002 ("Prisma"; vgl. auch Ziff. 1.9.2 der Begründung zum Entwurf des Bebauungsplans Nr. 52) wird von der Beigeladenen - darüber hinaus - als Beleg dafür angeführt, dass das Vorhaben des Klägers auch die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde negativ beeinflusst. Ob dies der Fall ist, bedarf nach den vorstehenden Ausführungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf das Baugebiet an der Alten Segeberger Straße keiner abschließenden Entscheidung mehr.

Der fiktive Vorbescheid ist nach alledem wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 3 BauNVO rechtswidrig.

(bb) Die Rücknahme steht gem. § 116 Abs. 1 LVwG im Ermessen des Beklagten. Dies findet im Ausgangsbescheid vom 26.11.2001 (noch) keinen Niederschlag, wohl aber - wenn auch knapp - im Widerspruchsbescheid vom 08.01.2002 (S. 2/3). Der Beklagte hat - ersichtlich - keine Gesichtspunkte übersehen, die für ein Absehen von der Rücknahme des rechtswidrigen fiktiven Vorbescheids hätten sprechen können. Den zu Gunsten des Klägers in das Rücknahmeermessen einzustellenden Gesichtspunkten kann nur ein geringes Gewicht zukommen, da er noch kein gefestigtes (betätigtes) Vertrauen in den Bestand des fiktiven Vorbescheides entwickelt hat bzw. entwickeln konnte. Zum Zeitpunkt der Rücknahme war die für den Eintritt der Fiktion gem. § 72 Abs. 2, § 75 Abs. 8, Abs. 11 LBO maßgebliche Drei-Monats-Frist (nur) um wenige Tage überschritten. Dispositionen des Klägers im Vertrauen auf den Bestand des Fiktiv-Vorbescheids oder Ansatzpunkte dafür, dass der Kläger einen (Vertrauens) Schaden erleiden würde, sind somit nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage durfte der Beklagte im Rahmen seines Ermessens der - vor Erlass des Widerspruchsbescheides erklärten - Position der Beigeladenen, die in der Verweigerung des Einvernehmens (20.09.2001) sowie im Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 52 (18.10.2001) ihren Ausdruck gefunden hat, ein ausschlaggebendes Gewicht einräumen. Im Hinblick darauf ist die Ermessensentscheidung des Beklagten als rechtmäßig anzuerkennen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ermessensgründe im gerichtlichen Verfahren nach Maßgabe des § 114 S. 2 VwGO noch der Ergänzung bedurften.

Die Rücknahme ist nach alledem rechtmäßig.

3) Soweit mit dem Hauptantrag auch die - im Bescheid vom 26.11.2001 enthaltene - Versagung der Erteilung eines positiven Bauvorbescheides angefochten wird, bleibt dies aus den o. g. Gründen ("Großflächigkeit") ebenfalls ohne Erfolg.

4) Die mit dem ersten Hilfsantrag erhobene Verpflichtungsklage mit dem Ziel, den beantragen Bauvorbescheid zu erteilen, bleibt - ebenfalls - erfolglos. Ihr steht die zum 06.06.2002 in Kraft getretene Veränderungssperre entgegen (§§ 14 Abs. 1, 16 BauGB i. V. m. § 2 der Satzung der Beigeladenen über die Veränderungssperre vom 28.05.2002). Zweifel an der Wirksamkeit der Veränderungssperre bestehen nicht.

Der Bebauungsplan Nr. 52 ist noch nicht in Kraft getreten; das Aufstellungsverfahren befindet sich im Stadium nach §§ 3, 4 BauGB.

5) Der (weiter hilfsweise gestellte) Antrag festzustellen, dass die Voranfrage bis zum Eingang des Zurückstellungsantrages vom 10.12.2001 am 18.12.2001 positiv zu bescheiden war, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Gründe zu oben 4) gelten hier entsprechend.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO sowie aus § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i. S. d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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