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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.11.2001
Aktenzeichen: 11 A 5/00
Rechtsgebiete: BhV, LVwG


Vorschriften:

BhV § 17 Abs. 9
LVwG § 90
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 11 A 5/00

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Beihilfe

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 11. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2001 durch den Richter am Verwaltungsgericht .......................... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn dicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Versagung von Beihilfeleistungen.

Der Kläger steht als Polizeihauptmeister im Dienste des Landes Schleswig-Holstein.

Mit Datum vom 05.10.1998 beantragte er eine Beihilfe zu Aufwendungen für die stationäre Behandlung seiner Ehefrau aus dem Jahre 1998 sowie für die Kosten einer Brille für seinen Sohn. Dem Antrag waren ein Schreiben mit Datum vom 07.10.1998 sowie in Kopie sieben Rechnungen aus dem Zeitraum 13.09. bis 31.12.1997 über die hier in Rede stehenden Aufwendungen beigefügt. Der Kläger wies darauf hin, dass diese Rechnungen von dem Beklagten noch nicht abgerechnet, eine Beihilfe bei ihm noch nicht eingegangen sei. Er bitte um Überprüfung.

Unter dem 14.10.1998 ergänzte der zuständige Sachbearbeiter des Beklagten den Antrag des Klägers auf Beihilfe vom 5.10.1998 um die in den o.g. Rechnungen enthaltenen Beträge.

Durch Bescheid vom 14.10.1998 wurde dem Kläger eine Beihilfe zu den von ihm geltend gemachten Aufwendungen für die stationäre Behandlung seiner Ehefrau aus dem Jahre 1998 sowie bezüglich der von ihm mit Rechnungen vom 31.12.1997 geltend gemachten Aufwendungen gewährt. Soweit er eine Beihilfe zu Aufwendungen für die stationäre Behandlung seiner Ehefrau vom August bis September 1997 begehrt hatte, lehnte der Beklagte eine Erstattung unter Hinweis darauf ab, dass Beihilfeanträge innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung eingegangen sein müssten. Nach Ablauf der Frist erlösche der Anspruch (§ 17 Abs. 9 BhV). Die fraglichen Aufwendungen hätten wegen Ablaufs der Einreichungsfrist nicht berücksichtigt werden können.

Mit Telefax vom 11.11.1998 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 14.10.1998 insoweit Widerspruch als dort eine Erstattung der Rechnungsbeträge abgelehnt worden war. Er trug vor, dass kein Verschulden seinerseits an einer nicht termingerechten Bearbeitung vorliege. Eine nähere Begründung folge. In einem weiteren Schreiben vom 31.12.1998 wies der Kläger darauf hin, dass die Rechnungen fristgerecht am 11.08.1998 eingereicht worden seien. Aus dem beigefügten Schreiben seiner Krankenversicherung sei ersichtlich, dass er Kopien von Abrechnungen angefordert habe und diese nach Erhalt am 10.08.1998 am 11.08.1998 bei dem Beklagten eingereicht habe.

Nachdem der Beklagte eine Neuberechnung durchgeführt und bezüglich einer Rechnung vom 31.01.1998 über 1.142,24 DM, die in dem Bescheid vom 14.10.1998 noch wegen Ablaufs der Jahresfrist als nicht erstattungsfähig angesehen wurde, mit Bescheid vom 04.02.1998 eine Beihilfe gewährt hatte, forderte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 09.07.1999 auf, Nachweise darüber einzureichen, dass die Unterlagen aus 1997 zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt an das Landesbesoldungsamt abgegangen seien. Mit Telefax vom 13.10.1999 teilte der Kläger mit, dass es bei normalen Briefsendungen keinen Einlieferungsnachweis wie bei Einschreibesendungen gebe. Er könne sich an das Absenden der Unterlagen aber genau erinnern, weil er sich zu jener Zeit mit seinen Kindern in Damp bzw. in Eckerförde aufgehalten habe. Zusammen mit einem Bekannten sei er in die Poststelle in Eckernförde gegangen, habe dort die Unterlagen kopiert und den Umschlag mit den Rechnungen am Schalter abgegeben.

Mit Bescheid vom 24.11.1999 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BhV Beihilfen auf schriftlichen Antrag gewährt würden. Entsprechend § 17 Abs. 9 Satz 1 BhV werde eine Beihilfe aber nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt werde. Bei dieser Frist handele es sich um eine Ausschlussfrist. Der Beihilfeberechtigte könne nach Ablauf dieser Jahresfrist einen nach materiellen Beihilferecht weiterhin bestehenden Anspruch nicht mehr geltend machen. Der Formularantrag des Klägers vom 05.10.1998 bzw. das Schreiben vom 07.10.1998 seien zusammen mit den Rechnungen vom 29.08., 05.10., 13. und 15.09.1997 über Aufwendungen von 16.019,46 DM nach dem Posteingangsstempel am 12.10.1998 bei ihm eingegangen. Die Jahresfrist habe aber bereits am 15.09.1998 geendet, so dass sie bezüglich in Rede stehenden Rechnungen überschritten gewesen sei. Eine Beihilfegewährung komme deshalb nicht in Betracht. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Frage, weil Wiedereinsetzungsgründe nicht ersichtlich seien. Dem Vortrag des Klägers, wonach die Rechnungen bereits vorher dem Landesbesoldungsamt zugegangen seien, könne nicht gefolgt werden. Wären die Rechnungen ohne Formularantrag eingereicht worden, hätte der zuständige Beihilfesachbearbeiter die Rechnungen nebst einem Antragsformular unter Hinweis auf die Jahresfrist dem Kläger mit der Bitte um ordnungsgemäße Antragsstellung zurückgeschickt. Eine entsprechende Verfügung wäre beim Sachbearbeiter verblieben. Eine solche existiere jedoch nicht. Von daher könne nur davon ausgegangen werden, dass die strittigen Aufwendungen erstmals mit Beihilfeantrag vom 05.10.1998 geltend gemacht worden seien.

Der Kläger hat am 11.01.2000 Klage erhoben.

Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Ergänzend bzw. klarstellend weist er darauf hin, dass seine Ehefrau die in Rede stehenden Rechnungen in Kopie in einem braunen Umschlag im Postamt in Eckernförde eingelegt, diesen ordnungsgemäß verschlossen und ihn am Schalter abgegeben habe. Seine Ehefrau hätte die Originalrechnungen versehentlich zunächst an die Krankenversicherung gesandt und nicht beim Beklagten eingereicht. Als sie ihr Versehen bemerkt habe, habe sie diese Rechnungen von der Krankenversicherung zurückerbeten. Da die Rechnungen aber inzwischen verfilmt worden seien, habe sie von der Versicherung Kopien übermittelt bekommen. Das Schreiben der Versicherung habe er dann mit Anschreiben vom 31.12.1998 an den Beklagten geschickt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die am 11.08.1998 versandten (kopierten) Rechnungen den Beklagten auch tatsächlich erreicht hätten. Dafür spreche auch, dass die Verlustquote der Deutschen Post AG außerordentlich gering sei. Es müsse auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die von seiner Ehefrau versandte Postsendung innerhalb des Landesbesoldungsamtes abhanden gekommen sei bzw. nicht habe zugeordnet werden können. Auch der Umstand, dass er zunächst den Antragsvordruck bzw. das richtige Formular nicht verwendet habe, könne nicht dazu führen, dass eine Beihilfe nicht gewährt werde. Die Pflicht zur Verwendung eines bestimmten Antragsformulars sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern lediglich eine nachholbare Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrages im Verwaltungsverfahren.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Rechnungen bzw. das Anschreiben vom 11.08.1998 den Beklagten nicht erreicht hätten, hätte ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden müssen. Mit seinem Schreiben vom 07.10.1998 habe er einen "vorsorglichen" Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Aus diesem Schreiben ergebe sich, dass er der Auffassung gewesen sei, "irgend etwa müsse schief gelaufen sein". Auch die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen seien innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist für den Beklagten erkennbar geworden. Unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht habe der Beklagte begründete Veranlassung gehabt, ihn - den Kläger - aufgrund des Schreibens vom 07.10.1998 auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung hinzuweisen. Das Unterlassen eines solchen Hinweises stelle einen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht dar.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verpflichten unter Aufhebung der Bescheide vom 14.10.1998 und 24.11.1999, ihm eine Beihilfe zu Behandlungskosten seines Sohnes Florian in Höhe von 379,50 DM und seiner Ehefrau in Höhe von 16.018,00 DM zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt seines Widerspruchsbescheides vom 24.11.1999.

Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter durch Beschluss vom 17.10.2001 zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses insoweit unzulässig, als mit ihr eine Beihilfe zu Aufwendungen für die Brillenkosten des Sohnes des Klägers in Höhe von 369,50 DM begehrt wird. Denn insoweit ist der Bescheid vom 14.10.1998 bestandskräftig geworden. Wie sich aus dem gesamten Schriftwechsel und insbesondere der auf Anforderung des Beklagten vom Kläger eingereichten Rechnungen (Blatt 50 bis 68 der Verwaltungsakte) ergibt, waren (nur) im Streit die Aufwendungen, die anlässlich der stationären Behandlung der Ehegattin des Klägers im Zeitraum 29.08. bis 15.09.1997 entstanden waren. Zwar hat der Kläger (pauschal) Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.10.1998 eingelegt, sein Begehren hat der Kläger aber dann konkretisiert. In der Folgezeit stritten die Beteiligten nur darum, ob die Jahresfrist des § 17 Abs. 9 Beihilfevorschriften (BhV) abgelaufen war. Die Aufwendungen für die Brille des Sohnes Florian waren von dieser Frage nicht betroffen. Wie sich dem Bescheid vom 14.10.1998 entnehmen lässt, erfolgte eine Erstattung dieser Kosten nicht, weil die eingereichte Brillenrechnung nicht ausreichend aufgeschlüsselt war. Den bei dieser Position verwendeten Hinweisnummern in dem Bescheid lässt sich des Weiteren entnehmen, dass eine Nichterstattung ihren Grund nicht in dem Ablauf der Jahresfrist des § 17 Abs. 9 BhV hatte, sondern der Beklagte lediglich um Beachtung dieser Frist bezüglich der Geltendmachung einer Beihilfe für die Aufwendungen für die Brille bat. Durch das Schreiben vom 29.02.1999 (Blatt 34 der Verwaltungsakte) und den beigefügten Rechnungen hat der Kläger selbst klargestellt, dass sich der Widerspruch (nur) auf die oben genannten Rechnungen seiner Ehegattin bezog.

Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Beihilfe.

Der Kläger hat die für Beihilfeanträge maßgebliche Jahresfrist versäumt. Gemäß § 17 Abs. 9 BhV wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Für die Feststellung der Einhaltung der einjährigen Antragsfrist kommt es auf das Datum des Eingangs des Beihilfeantrages bei der Feststellungsstelle an (Mildenberger, Beihilfevorschriften, § 17 Anmerkung 1 zu Absatz 9). Der Antrag auf Gewährung von Beihilfe einschließlich der diesen zugrundeliegenden Rechnungen, ging (in Kopie) erst am 12.10.1998 - und damit nach Ablauf der einjährigen Antragsfrist für die streitgegenständlichen Rechnungen vom August bis September 1997 - bei dem Beklagten ein.

Zwar hat der Kläger behauptet, dass er bzw. seine Ehefrau die streitbefindlichen Rechnungen am 11.08.1998 zur Post gegeben hätten. Er hat jedoch nicht vorgetragen (und auch insoweit nicht unter Beweis gestellt), dass diese Rechnungen zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Jahresfrist bei dem Beklagten eingegangen sind. Der Beklagte hat den Eingang dieser Rechnungen innerhalb der Jahresfrist ausdrücklich in Abrede gestellt und näher dargelegt, warum nicht davon ausgegangen werden kann, dass die streitigen Rechnungen rechtzeitig bei ihm eingegangen sind. Der Sachverhalt ist mithin offen. Da das Gericht keinen Ansatzpunkt sieht, von Amts wegen den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären, traf die sogenannte materielle Beweislast, d.h. die Notwendigkeit, die trotz aller (vorprozessualen und gerichtlichen) Bemühungen gegebenenfalls verbleibende Unerweislichkeit von Tatsachen zu Lasten eines der Beteiligten gehen zu lassen, den Kläger. Grundsätzlich geht die Unerweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (vgl. Kopp/Schenke VwGO, § 108 Rn 11, 13; Pietzner in: Schoch/Schmidt/Aßmann/Pietzner VwGO, § 132 Rn 91). Die verbleibende Unaufklärbarkeit der Tatsache, dass die Rechnungen des Klägers vom August bzw. September 1997 innerhalb der Jahresfrist beim Beklagten eingegangen sind, geht nach diesen Grundsätzen zu seinen Lasten. Denn er leitet aus dieser Behauptung eine für ihn günstige Rechtsfolge her (vgl. auch Kopp/Schenke aaO, Rn 18, wonach die Tatsache, dass ein Schreiben mit der Post versandt wurde, nicht als prima-facie-Beweis für den Zugang bei der Behörde anzusehen ist).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist kommt nicht in Betracht. Nach Nr. 1 der Hinweise zu § 17 Abs. 9 BhV ist bei Versäumung der Antragsfrist für Beihilfen Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, sofern die Voraussetzungen des § 90 Landesverwaltungsgesetz (- LVwG -) vorliegen. Voraussetzung ist danach, dass jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kannWiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 90 Abs. 2 LVwG).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Ob dem Kläger ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Jahresfrist letztlich vorzuwerfen wäre, kann dahingestellt bleiben. Denn die weiteren Voraussetzungen der Wiedereinsetzung liegen nicht vor. Das Hindernis iSd § 90 Abs. 2 LVwG war mit Erhalt des Bescheides vom 14.10.1998, welcher am 16.10.1998 abgesandt wurde und demnach spätestens am 19.10.1998 dem Kläger zugegangen sein musste (vgl. § 110 Abs. 2 LVwG) weggefallen. Als Hinderungsgrund kommt in Betracht die Unkenntnis von Umständen, die für den Lauf der Frist erheblich sind sowie die Unkenntnis darüber, dass eine Frist zu laufen begonnen hat (vgl. Obermeyer VwVfG, Rn 19 zu dem insoweit mi § 90 LVwG vergleichbaren § 32 VwVfG). Diese Unkenntnis wurde durch den Inhalt des Bescheides, insbesondere aufgrund der Erläuterungen im Hinweis Nr. 635 für den Kläger beseitigt. Dort ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die in Rede stehenden Aufwendungen nach Ablauf der Einreichungsfrist nicht berücksichtigt werden konnten. In dem Hinweis wird außerdem ausdrücklich auf § 17 Abs. 9 BhV und die dortige Jahresfrist hingewiesen. Der Kläger wusste daher, dass die von ihm mit Schreiben vom 07.10.1998 eingereichten Rechnungen den Beklagten zu spät erreicht hatten. Demzufolge hätte der Kläger alles für eine Wiedereinsetzung unternehmen müssen. Das hat er nicht getan. In der Folgezeit hat der Kläger zum einen einen Wiedereinsetzungsantrag (ausdrücklich) nicht gestellt. Ob ein solcher (konkludenter) Antrag in dem Anschreiben vom 07.10.1998 gesehen werden kann, erscheint äußerst zweifelhaft, zumal dieser Antrag dann - wie der Kläger nochmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat - als in rechtlich bedenklicher Weise "vorsorglich" gestellt anzusehen wäre. Gleiches gilt für den Widerspruch vom 11.11.1998. Ob dieser - wenigstens sinngemäß - als Antrag auf Wiedereinsetzung auszulegen ist, begegnet ebenfalls Bedenken.

Letztlich kann diese Frage jedoch offen bleiben. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers als juristischem Laien und (offenbar) mit den verwaltungsrechtlichen Vorschriften nicht besonders vertrauter Person unterstellt, dass entweder das Schreiben vom 07.10.1998 oder der Widerspruch vom 11.11.1998 (auch) - sinngemäß - einen Antrag auf Wiedereinsetzung enthalten, fehlt es aber an der weiteren Voraussetzung der rechtzeitigen Geltendmachung der zur Begründung erforderlichen Tatsachen für die Wiedereinsetzung. Die Begründung des Wiedereinsetzungsantrages muß nämlich durch Angabe von Tatsachen erfolgen, die den Hinderungsgrund und das Fehlen eines eigenen oder eines zuzurechnenden Verschuldens darlegen. Nur wenn die Tatsachen offenkundig oder amtskundig sind, bedarf es keiner weiteren Angaben. Der maßgebliche Zeitpunkt, zu dem die Begründung vorliegen muß, wird durch den Ablauf der Antragsfrist nach Satz 1 bestimmt. So braucht die Begründung zwar nicht gleichzeitig mit der Antragstellung zu erfolgen, sie muss aber bis zum Ende der Antragsfrist im Wesentlichen abgegeben sein. Nur unerhebliche Ergänzungen und Klarstellungen können noch nach Ablauf der Antragsschrift nachgeschoben werden (vgl. BVerwG NJW 76, 75; Obermeyer aaO Rn 73; Knack VwVfG § 32 Anm. 7 und 7.11, jeweils mit Nachweisen; Kopp/Schenke § 32 Rn 35). Der Kläger hätte daher - zumindest laienhaft - innerhalb von zwei Wochen die genaueren Umstände der Zur-Postgabe der hier in Rede stehenden Rechnungen. darlegen müssen. Insbesondere wäre ein Vortrag erforderlich gewesen, dem entnommen werden konnte, dass der Kläger alles getan hat, damit die Sendung den Beklagten rechtzeitig erreichte.

Dies hat der Kläger jedoch innerhalb der Antragsfrist nicht getan. In seinem Schreiben vom 07.10.1998 weist er lediglich darauf hin, dass die Rechnungen noch nicht abgerechnet und der entsprechende Beihilfebeitrag noch nicht bei ihm eingegangen seien. Auch in seinem Widerspruch vom 11.11.1998 heißt es lediglich, dass ein Verschulden seinerseits an der nichttermingerechten Bearbeitung nicht vorliege. Eine nähere Begründung wird erst angekündigt. Auch die folgenden Schreiben des Klägers lassen eine genauere diesbezügliche Darlegung vermissen. Erst mit Fax vom 13.10.1999 und damit weit außerhalb der insoweit auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung (19.10.1998) bezogenen zweiwöchigen Antragsfrist des § 90 Abs. 2 LVwG, hat der Kläger die Anstrengungen bzw. die Umstände näher dargelegt, die im Zusammenhang mit der Aufgabe der Rechnungen zur Post standen. Erst aufgrund dieses Schreibens konnte dem Beklagten bekannt und auch deutlich werden, dass der Kläger - wenigstens sinngemäß - Wiedereinsetzung begehrte. Da die Tatsachen zur Begründung des Antrages auch nicht offenkundig oder amtskundig waren, hat der Kläger die in § 90 Abs. 2 Satz 2 LVwG geregelte Geltendmachungs- bzw.Darlegungsfrist versäumt.

Auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen § 90 Abs. 2 Satz 4 LVwG kommt nicht in Betracht. Denn Voraussetzung ist, dass der Beklagte von den die unverschuldete Hinderung begründenden Tatsachen bis zum Ablauf der zweiwöchigen Antragsfrist Kenntnis erlangt (vgl. Obermeyer aaO Rn 72). Dies ist aber - wie ausgeführt - nicht geschehen. Eine Wiedereinsetzung hinsichtlich der Versäumung der Frist gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 LVwG für den Antrag auf Wiedereinsetzung (Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzung) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen fehlt es (ebenfalls) an einem entsprechenden Antrag, zum anderen ist vom Kläger nichts dargelegt worden, was insoweit eine Wiedereinsetzung rechtfertigen würde.

Ob der Beklagte schuldhaft nicht auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung hingewiesen hat, kann dahinstehen. Denn ein solches Verhalten könnte allenfalls Schadenersatzansprüche auslösen. Diese sind jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; sie ist gemäß §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.



Ende der Entscheidung

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