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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 11 L 2/01
Rechtsgebiete: BPersVG, BPersVWO, BGB


Vorschriften:

BPersVG § 25
BPersVG § 12 Abs. 1
BPersVG § 6 Abs. 3
BPersVWO § 4 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 242
Die Glaubhaftmachung, Wahlrechtsgrundsätze im Vorabstimmungsverfahren über die personalvertretungsrechtliche Verselbstständigung einer Teil-Dienststelle ist kein Selbstzweck, sondern erforderlich, soweit der Wahlvorstand Zweifel hat. Sofern zeitlich noch möglich, ist Gelegenheit zu geben, diese durch Glaubhaftmachung auszuräumen.

Werden nachträgliche Auflagen des Wahlvorstandes umgehend erfüllt, verbieten Treu und Glauben, dem dann noch entgegenzuhaltenen, die Frist zur Glaubhaftmachung sei bereits verstrichen.


11 L 2/01

Beschluss

In der Personalvertretungssache

wegen

Anfechtung der Personalratswahl

hat der 11. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Personalvertretungssachen/Bund am 25. Juni 2001 in Kiel unter Mitwirkung von Präsident des Oberverwaltungsgerichts ..., ehrenamtliche Richterin ..., ehrenamtliche Richterin ..., ehrenamtlicher Richter ..., ehrenamtlicher Richter ... beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen/Bund - vom 28. November 2000 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I

Die Beschwerde des zu 2) beteiligten Leiters des Kreiswehrersatzamts ... richtet sich gegen den im Tenor genannten, der Wahlanfechtung der antragstellenden Gewerkschaft stattgebenden Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen/Bund -. Anlass der Wahlanfechtung ist die unterbliebene Berücksichtigung des Vorabstimmungsbeschlusses der Beschäftigten des Berufsförderungsdienstes ... des Kreiswehrersatzamts ..., eine personalvertretungsrechtlich selbstständige Dienststelle zu bilden (Verselbstständigungsbeschluss), bei der Personalratswahl am 10./11.05.2000.

Unter dem 21.01.2000 (ausgehängt am 24.01.2000) gab der örtliche Wahlvorstand beim Kreiswehrersatzamt ... seine Mitglieder und Ersatzmitglieder mit dem Hinweis bekannt:

"Etwaige Vorabstimmungen. . . über die Verselbstständigung von Nebenstellen oder Teilen der Dienststelle gemäß § 6 Abs 3 BPersVG können nur berücksichtigt werden, wenn ihr Ergebnis dem örtlichen Wahlvorstand bis zum 31.01.2000 vorliegt (§ 4 BPersVWO). . . ."

Am 31.01.2000 übermittelte ein "Wahlvorstand (gemeint: Abstimmungsvorstand) Kreiswehr-ersatzamt ... Berufsförderungsdienst ..." dem örtlichen Wahlvorstand beim Kreiswehrersatzamt ... per Fax (Sendeprotokollzeit: 08.58 Uhr)

"Betreff: Personalratswahlen Mai 2000

hier: Verselbstständigung von Nebenstellen oder Teilen der Dienststellen gem § 6 Abs 3 BPersVG

Der Berufsförderungsdienst ... hat sich in geheimer Abstimmung mit Mehrheit der wahlberechtigten Beschäftigten für die Verselbstständigung entschieden.

Der Wahlvorstand

Unterschrift 1 (unleserlich) Unterschrift 2 (U. Rabe) Unterschrift 3 (unleserlich)"

Dass der Berufsförderungsdienst ... eine weit entfernte Neben- oder Teil-Dienststelle des Kreiswehrersatzamts ... bildet, ist durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.1991 (- 6 P 14/89 -) rechtskräftig bestätigt.

Am 09.02.2000 bat das Mitglied K... des örtlichen Wahlvorstands in ... das Abstimmungsvorstandsmitglied R..., ..., die Niederschrift über die nach § 6 Abs 3 BPersVG erfolgte Abstimmung zu übersenden.

Dem kam Frau R... sofort nach (Fax-Sendeprotokollzeit: 09.02.00 14.13 Uhr).

Unter dem 11.02.2000 teilte der Wahlvorstand beim Kreiswehrersatzamt ... dem Abstimmungsvorstand Berufsförderungsdienst ... mit:

". . . . Diese Vorabstimmung kann nicht berücksichtigt werden, da in der Mitteilung an uns das Abstimmungsergebnis nicht glaubhaft dargestellt wurde (gemäß § 4 Rdnr 8 Kommentierung der Wahlordnung der Wahlordnung zum BPersVG). Damit darf der Wahlvorstand die Vorabstimmung nicht berücksichtigen. Darauf erfolgt die Wahl zu einem gemeinsamen örtlichen Personalrat.

Das Fax mit dem genauen Abstimmungsergebnis vom 09.02.00 um 14.00 Uhr konnte keine Berücksichtigung mehr finden, da es nicht fristgerecht eingegangen ist."

Unter dem 07.04.2000 (ausgehängt ab 17.04.2000) machte der (örtliche) Wahlvorstand beim Kreiswehrersatzamt ... die "gültigen Wahlvorschläge für die Wahl des Personalrats. . . am 10. und 11.05." bekannt.

Am 12.05.2000 gab er das Wahlergebnis bekannt.

Am 29.05.2000 hat die Antragstellerin als in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft die Wahl beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht - Fachkammer für Personalvertretungssachen/Bund - angefochten und vorgetragen, die Vorabstimmung über die personalvertretungsrechtliche Verselbstständigung des Berufsförderungsdienstes ... sei zu Unrecht unberücksichtigt geblieben.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Personalratswahl vom 10. und 11.05.2000 für ungültig zu erklären.

Der zu 2) beteiligte Leiter des Kreiswehrersatzamts ... hat beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er hat erwidert, wesentliche Details einer wirksamen Vorabstimmung zur personalvertretungsrechtlichen Verselbständigung seien hier nicht rechtzeitig glaubhaft gemacht gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat der Wahlanfechtung stattgegeben und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 4 Abs 1 Nr 3 BPersVWO würden Vorabstimmungen über die Geltung von Nebenstellen oder Teilen einer Dienststelle als selbstständige Dienststelle nur berücksichtigt, wenn ihr Ergebnis im Wahlvorstand binnen sechs Arbeitstagen seit der Bekanntgabe nach § 1 Abs 3 BPersVWO vorliege und dem Wahlvorstand glaubhaft gemacht werde, dass das Ergebnis unter Leitung eines aus mindestens drei wahlberechtigten Beschäftigen bestehenden Abstimmungsvorstandes im geheimen Abstimmungen zu Stande gekommen sei. Diese Voraussetzungen erfülle das vom Abstimmungsvorstand dem Wahlvorstand fristgerecht übersandte Schreiben vom 31.01.2000. Die Glaubhaftmachung beziehe sich nach dem Inhalt des Gesetzes auf das Ergebnis der Abstimmung, welches unter Leitung eines aus mindestens drei wahlberechtigten Beschäftigten zu Stande gekommen sein müsse und auf die geheime Durchführung der Abstimmung. Aus dem Schreiben vom 31.01.2000 gehe nach Auffassung der Kammer eindeutig hervor, dass sämtliche Kriterien erfüllt seien, nämlich dass die Abstimmung mit Mehrheit der wahlberechtigten Beschäftigten zu Stande gekommen sei und eine geheime Abstimmung stattgefunden habe. Dass die Leitung in einem aus drei wahlberechtigten bestehenden Abstimmungsvorstand bestanden habe, ergebe sich aus der Unterzeichnung des Schreibens durch die drei Mitglieder des Abstimmungsvorstandes. Diese hätten sich zwar fälschlich als Wahlvorstand bezeichnet. Das Gericht sehe diesen Fehler jedoch nicht als wesentlich an, weil sich hieraus entgegen der Meinung des zu 2) beteiligten Leiters des Kreiswehrersatzamts nicht ableiten lassen, dass möglicherweise gegen wesentliche Grundsätze einer demokratischen Wahl verstoßen worden sei. Auch aus dem fehlenden Datum der durchgeführten Abstimmung ließen sich keine negativen Schlussfolgerungen ziehen. Als Betreff sei die Personalratswahl Mai 2000 angegeben worden. Das Schreiben stamme vom 31.01.2000. Damit ergebe sich eindeutig, dass es sich um eine Vorabstimmung zur Personalratswahl Mai 2000 handele. Das Schreiben genüge auch den Anforderungen einer Glaubhaftmachung. Denn Glaubhaftmachung bedeute nicht Nachweis der Richtigkeit. Es genüge, wenn die Wahrscheinlichkeit dargetan werde. Dies sei im vorliegenden Fall dadurch geschehen, dass das Schreiben vom gesamten Abstimmungsvorstand unterzeichnet worden sei. Irgendwelche Zweifel dahin, dass die Vorabstimmung nicht dem Gesetz entsprochen oder nicht nach demokratischen Grundsätzen durchgeführt worden sei, ließen sich aus dem Schreiben nicht ableiten. Wie die Glaubhaftmachung zu erfolgen habe, schreibe das Gesetz nicht vor. Das Gericht verkenne nicht, dass eine Glaubhaftmachung noch deutlicher und besser hätten erfolgen können, zum Beispiel durch die Übersendung des Abstimmungsprotokolls. Da eine derartige Glaubhaftmachung durch das Gesetz aber nicht gefordert werde, sei sie auch in anderer Weise möglich. Die Kammer vertrete die Auffassung, dass das Schreiben vom 31.01.2000 den gesetzlichen Anforderungen gerade noch genüge. Das Gericht könne auch dem Argument des zu 2) beteiligen Leiters des Kreiswehrersatzamts, aus der fälschlichen Titulierung des Abstimmungsvorstands als Wahlvorstand hätten sich Zweifel ergeben, ob der Abstimmungsvorstand von den Beschäftigen gewählt worden sei, nicht folgen. Dieses Argument sei nicht nachzuvollziehen, da weder die Bezeichnung Wahlvorstand noch die Bezeichnung Abstimmungsvorstand Rückschlüsse auf das Zustandekommen des Vorstandes zuließen.

Gegen diesen - ihm am 11.12.2000 zugestellten - Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28.11.2000 richtet sich die am 10.01.2001 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Beschwerde des zu 2) beteiligten Leiters des Kreiswehrersatzamts ... mit der am 05.02.2001 eingegangenen Begründung:

Ein ordnungsgemäßer Beschluss über die Verselbstständigung des Berufsförderungsdienstes ... des Kreiswehrersatzamts ... sei nicht rechtzeitig glaubhaft gemacht worden. Dem stehe unter anderem und vorrangig entgegen, dass sich der ... Abstimmungsvorstand verfehlt als Wahlvorstand bezeichnet habe. Im Übrigen habe das Fax-Schreiben vom 31.01.2000 keinerlei Tatsachen wiedergegeben, sondern nur Folgerungen und zudem nicht ersehen lassen, ob denn überhaupt der Abstimmungsvorstand ordnungsgemäß besetzt gewesen sei. Nicht einmal dessen Mitglieder seien als Unterzeichnende lesbar zu identifizieren gewesen.

Der zur 2) beteiligte Leiter des Kreiswehrersatzamts ... beantragt,

den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen/Bund - vom 28. November 2000 zu ändern und den Wahlanfechtungsantrag der Antragstellerin abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II

Die Beschwerde des zu 2) beteiligten Leiters des Kreiswehrersatzamts ... ist zulässig (§§ 83 Abs 2 BPersVG, 87 Abs 1/Abs 2, 89, 66 Abs 1 ArbGG),

aber unbegründet.

Mit der Fachkammer hält der Fachsenat die Wahlanfechtung der antragstellenden, in der Dienststelle des zu 2) beteiligten Leiters des Kreiswehrersatzamts ... vertretenen Gewerkschaft für zulässig und für begründet (§ 25 BPersVG). Der nach § 25 BPersVG dafür maßgebende Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren liegt hier darin, dass der örtliche Wahlvorstand beim Kreiswehrersatzamt ... den Verselbstständigungsbeschluss des Berufsförderungsdienstes ... missachtet und damit die Wahl eines örtlichen Personalrats dort verhindert hat, und zwar entgegen §§ 12 Abs 1, 6 Abs 3 BPersVG.

Entgegen der Auffassung des örtlichen Wahrvorstands des Kreiswehrersatzamts ... war jener Verselbstständigungsbeschluss des Berufsförderungsdienstes ... nicht nach § 4 Abs 1 S 1 Nr 3 BPersVWO unbeachtlich. Hiernach werden solche Vorabstimmungen nur berücksichtigt, wenn ihr Ergebnis im Wahlvorstand binnen sechs Arbeitstagen seit der Bekanntgabe nach § 1 Abs 3 (hier durch Ausgang am 24.01.2000 erfolgt) vorliegt und dem Wahlvorstand glaubhaft gemacht wird, dass das Ergebnis unter der Leitung eines aus mindestens drei wahlberechtigten Beschäftigten bestehenden Abstimmungsvorstands in geheimen. . . Abstimmungen zu Stande gekommen ist. Diese Umstände ließ das Fax-Schreiben des Abstimmungsvorstands an den Wahlvorstand vom 31.01.2000 sämtlich erkennen, wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt.

Ob das Fax-Schreiben darüber hinaus den Anforderungen an die Glaubhaftmachung solcher Tatsachen "gerade noch genügt", wie die Fachkammer des Verwaltungsgerichts gemeint hat, bedarf nach Auffassung des Fachsenats keiner Entscheidung. Denn das Erfordernis der Glaubhaftmachung ist kein Selbstzweck. Es setzt auf Seiten des Wahlvorstands logisch voraus, dass dieser - dem ihm anvertrauten Amt gemäß - die Mitteilung des Abstimmungsvorstands prüft und für den Fall von Zweifeln - verfahrensfair -Gelegenheit gibt, diese durch Glaubhaftmachung auszuräumen, sofern noch möglich.

Im vorliegenden Fall wäre dies möglich gewesen. Denn die Frist von sechs Arbeitstagen ab dem 24.01.2000 lief hier erst am Dienstag, dem 01.02.2000 ab (§§ 52 BPersVWO, 187 Abs 1 BGB), und das Fax-Schreiben des Abstimmungsvorstands war dem Wahlvorstand am 31.01.2000 um 08.58 Uhr zugegangen. Auch nach der irrtümlichen Fristberechnung des Wahlvorstands (Fristende: 31.01.2000) hätte die Zeit gereicht, um die Zweifel des Wahlvorstands am Abstimmungsergebnis durch Fax-Versand des Abstimmungsprotokolls auszuräumen, wie auf die Anforderung des Wahlvorstands vom 09.02.2000 um 14.13 Uhr desselben Tages erfolgt.

Da die Nachricht des Abstimmungsvorstands vom 31.01.2000 die nach § 4 Abs 1 S 1 Nr 3 BPersVWO erforderlichen Tatsachen enthielt und der Wahlvorstand vor Fristablauf keine Nachfrage stellte, bedürfte es keiner weiteren Glaubhaftmachung.

Vor diesem Hintergrund hielt der Wahlvorstand dem Abstimmungsvorstand durch die Mitteilung vom 11.02.2000 im Übrigen grob treuwidrig entgegen, das erst am 09.02.2000 angeforderte Abstimmungsprotokoll sei am 09.02.2000 nicht fristgerecht eingegangen. Darauf konnte sich der Wahlvorstand nicht wirksam berufen. Treu und Glauben (§ 242 BGB) bilden einen allgemeinen Rechtsgrundsatz. Gründe, das Personalvertretungsrecht davon auszunehmen, gibt es nicht.

Die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht kein Anlass (§§ 92 Abs 1, 72 Abs 2 ArbGG). Insbesondere fehlt der Rechtssache die grundsätzliche Bedeutung (§ 72 Abs 2 Nr 1 ArbGG) im Hinblick darauf, dass sich die Antworten auf die Fallfragen nach Auffassung des Fachsenats von selbst verstehen sollten.

Ende der Entscheidung

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