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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.11.2001
Aktenzeichen: 14 A 122/00
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG § 3
1. Der Rechtsstreit um die Anforderung einer Vorauszahlung auf eine Zweitwohnungssteuer kann sich durch die nachfolgende Festsetzung der Steuer allenfalls dann erledigen, wenn die Festsetzung bestandskräftig geworden ist. Nach Eintritt der Bestandskraft hängt die Erledigung weiter davon ab, ob die angeforderte Leistung schon erbracht worden ist.

2. Ist die Zweitwohnung zur ganzjährigen Vermietung an eine Vermittlungsfirma abgegeben, scheitert die Erschütterung der Vermutung des Vorhaltens der Zweitwohnung für den persönlichen Lebensbedarf nicht allein an dem Fehlen eines ausdrücklichen Ausschlusses der Eigennutzung im Vermittlungsvertrag.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 14 A 122/00

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Zweitwohnungssteuer

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 14. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Riehl, den Richter am Verwaltungsgericht Schlenzka, die Richterin am Verwaltungsgericht Nordmann, sowie die ehrenamtlichen Richter Frau W.... und Herr W.... für Recht erkannt:

Tenor:

Der Veranlagungsbescheid vom 14.05.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 sowie der Vorauszahlungsbescheid vom 24.05.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2000 der Beklagten werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten und wendet sich gegen die Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer für das Erhebungsjahr 1999 und gegen die Anforderung einer Vorauszahlung auf die Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2000.

Mit Verfügung vom 14.05.1999 zog die Beklagte die Klägerin für das Jahr 1999 auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt Westerland zur Zweitwohnungssteuer in Höhe von 858,70 DM heran. Den dagegen am 24.05.1999 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie die Wohnung ausschließlich zum Zwecke der Vermietung innehabe und diese nicht dem eigenen persönlichen oder dem persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder diene. Darüber hinaus verwies die Klägerin auf eine gegenüber der Beklagten im Zusammenhang mit der Jahreskurabgabe abgegebene Versicherung an Eides statt vom 14.02.1999, wonach die fragliche Zweitwohnung in der Zeit vom 01.01. bis zum 31.12.1998 weder bewohnt noch betreten worden sei. Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 09.02.2000 vergeblich aufgefordert hatte, im einzelnen aufgeführte Nachweise für das Erhebungsjahr 1999 vorzulegen, wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2000 als unbegründet zurück, weil die Vermutung des Vorhaltens der Zweitwohnung für die persönliche Lebensführung nicht erschüttert worden sei.

Mit weiterer Verfügung vom 24.05.2000 forderte die Beklagte von der Klägerin eine Vorausleistung auf die für das Veranlagungsjahr 2000 zu erhebende Zweitwohnungssteuer in Höhe von 858,70 DM, gegen die am 22.06.2000 Widerspruch erhoben wurde. In Ergänzung des bisherigen Vortrages verwies die Klägerin darauf, dass die Wohnung über die Appartementvermietung B.... in Westerland an Feriengäste vermietet werde; ferner verwies sie auf eine weitere eidesstattliche Erklärung vom 01.02.2000 im Zusammenhang mit der Jahreskurabgabenerhebung, wonach die Wohnung im Jahre 1999 ausschließlich zur Gästevermietung als reine Kapitalanlage genutzt und von der Klägerin in den vermietungsfreien Zeiten nicht für den persönlichen Lebensbedarf genutzt bzw. vorgehalten worden sei. Aufenthalte zu Renovierungs- und/oder Unterhaltungsarbeiten o.ä. hätten nicht stattgefunden. Entsprechendes werde auch im Jahre 2000 gelten. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2000 als unbegründet zurück und verwies darauf, dass die Erhebung der Vorauszahlung auf der Basis der Zweitwohnungssteuer 1999 erfolge und sich nach der zu erwartenden Höhe der Jahressteuer bemesse, während die endgültige Festsetzung der Zweitwohnungssteuer zum Ende des Kalenderjahres aufgrund der zu erbringenden Nachweise über Art und Umfang der Nutzung der Wohnung erfolge.

Gegen die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer für das Jahr 1999 hat die Klägerin am 09.06.2000 (14 A 122/00) und gegen die Anforderung der Vorauszahlung für das Jahr 2000 am 31.07.2000 Klage erhoben (14 A 182/00). Beide Verfahren sind durch Beschluss vom 01.09.2000 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.

Am 20.01.2001 hat die Klägerin im Festsetzungsverfahren für den Erhebungszeitraum 2000 eine Erklärung zur Zweitwohnungssteuer nebst Versicherung an Eides statt abgegeben. Auf dem Vordruck wurde zwar nicht die Aussage "Ausschluss der Eigennutzungsmöglichkeit" angekreuzt, allerdings wurde die dazugehörige Erklärung "Schlüsselgewalt liegt bei der Agentur" unterstrichen und mit dem Zusatz versehen: "Eigennutzung theoretisch möglich, praktisch nein". Demgemäß gab die Klägerin weiter an, dass es keine Eigennutzungstage, dafür aber 158 Vermietungstage gegeben habe. Ferner reichte sie den Vermittlungsauftrag zwischen dem damaligen Eigentümer, dem Ehemann der Klägerin und der Appartementvermietung B.... vom 10.11.1995 (Gerichtsakte Blatt 81) nebst Belegungsnachweis für das Jahr 2000 ein, woraufhin die Beklagte die Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2000 endgültig in Höhe von 858,70 DM festgesetzt hat, ohne dabei erneut zur Zahlung aufzufordern. Den dagegen gerichteten Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2001 zurückgewiesen, wogegen sich die Klägerin durch eine gesonderte Klage im Verfahren 14 A 323/01 wendet.

Zur weiteren Begründung ihrer hier vorliegenden Klagen legt die Klägerin für das Jahr 1999 einen Belegungsnachweis durch die Appartementvermietung B.... vor, wonach in diesem Jahr 125 Vermietungstage (119 + 6) angefallen sind. Sie weist darauf hin, dass die Beklagte dem Widerspruch gegen die Zweitwohnungssteuer für das Jahr 1998 aufgrund der eidesstattlichen Versicherung vom 14.02.1999 abgeholfen und aufgrund der eidesstattlichen Versicherung vom 01.02.2000 für das Jahr 1999 zumindest auch von der Erhebung einer Jahreskurabgabe abgesehen habe.

Für das Jahr 2000 verweist sie ergänzend auf eine am 13.12.2000 abgegebene Versicherung an Eides statt im Zusammenhang mit der Jahrskurabgabe, wonach die Wohnung auch in dieser Zeit von ihr nicht für den persönlichen Lebensbedarf genutzt bzw. vorgehalten worden sei. Aufenthalte zum Zwecke von Renovierungs- und/oder Unterhaltungsarbeiten hätten nicht stattgefunden. Schließlich verweist sie auf ihre Versicherung an Eides statt vom 20.01.2001, wonach die Zweitwohnung auch im Jahre 2000 ausschließlich als reine Kapitalanlage zur Vermietung an Feriengäste und in den vermietungsfreien Zeiten weder von ihr noch von ihren Angehörigen für den persönlichen Lebensbedarf genutzt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Veranlagungsbescheid vom 14.05.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 sowie den Vorauszahlungsbescheid vom 24.05.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die zur Jahreskurabgabe erklärten eidesstattlichen Versicherungen für die Zweitwohnungssteuererhebung nicht ausreichend seien, und insbesondere auch ein etwaiges Vorhalten der Wohnung für die Angehörigen nicht ausschlössen. Trotz der klägerischen Ausführungen bleibe eine Eigennutzung der Wohnung theoretisch möglich. Der im Festsetzungsverfahren für das Jahr 2000 vorgelegte Vermittlungsauftrag schließe eine Eigennutzung nicht aus. Bei Auswertung anderer Steuererklärungen sei mehrfach festgestellt worden, dass andere Eigentümer mit der selben Agentur gleiche Vertragsformulierungen vereinbart hätten und ihre Wohnung sehr wohl für den persönlichen Lebensbedarf nutzen dürften und dies auch tatsächlich für Urlaubszwecke getan hätten. Im übrigen werde der Vorausleistungsbescheid für das Jahr 2000 nunmehr durch den entsprechenden Festsetzungsbescheid ersetzt bzw. vollständig abgelöst.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die beigezogene Gerichtsakte 14 A 323/01 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Vorauszahlungsanforderung für 2000 zur Seite, auch nachdem die Beklagte die Zweitwohnungssteuer für diesen Erhebungszeitraum noch während der Rechtshängigkeit der Klage endgültig festgesetzt hat. Eine Erledigung durch "Ersetzung" oder "Ablösung" des Vorauszahlungsbescheides durch den Festsetzungsbescheid ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bewirkt.

Nach § 6 Abs. 2 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in ... vom 20.01.2000 (ZwStS) i.V.m. § 3 KAG in der hier geltenden, gem. § 12 ZwStS rückwirkend zum 1.7.1995 in Kraft getretenen Fassung, ist, erhebt die Beklagte auf die zu erwartende Höhe der Jahressteuer Vorauszahlungen, die bei rückwirkender Festsetzung am Ende des Kalenderjahres auf den festzusetzenden Betrag angerechnet wird. Die beiden von der Behörde zu erlassenden Bescheide ergehen verfahrensrechtlich unabhängig voneinander, dienen verschiedenen Zwecken und ihre Rechtmäßigkeit richtet sich nach unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen. Der Vorauszahlungsbescheid enthält für den Pflichtigen neben der Festsetzung der konkreten Vorauszahlung "auf die zu erwartende Steuer" ein konkretes Leistungsgebot, welches für den Beginn der Vollstreckung Bedeutung hat. Ist die Leistung erbracht, ist sie später zu verrechnen. Das Verrechnungsgebot zeigt, dass die Vorauszahlung die eigentliche Steuerschuld und deren nachfolgende Festsetzung unberührt lässt und allein das von der Festsetzung zu trennende, aber im Festsetzungsbescheid zugleich aufzunehmende, endgültige Leistungsgebot um die Höhe der Vorauszahlung verringert bzw. - wie hier bei Deckungsgleichheit - entfallen lässt. Während der erste Bescheid mit der Bestimmung einer Vorauszahlung also nur den Rechtsgrund für ein vorläufiges Behaltendürfen enthält, findet sich im späteren Festsetzungsbescheid der Rechtsgrund für das endgültige Behaltendürfen, ohne dass es hier noch eines weiteren Leistungsgebotes bedarf. Dies zeigt, dass der Festsetzungsbescheid im Verhältnis zum Vorauszahlungsbescheid keinen Änderungsbescheid darstellen kann, sondern nur den Behaltensgrund für die Zukunft ablöst (so auch BFHE 172, S. 9, 13 ff und - für das Beitragsrecht - Habermann, Praxis der Kommunalverwaltung, KAG-Kommentar, § 8 KAG, Rd. 374 f sowie OVG Münster, NVwZ-RR 1994, 423).

Nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen kann die Erledigung des Rechtsstreits über einen angegriffenen Bescheid durch Aufhebung desselben eintreten, durch Zeitablauf oder dann, wenn dieser zwar noch existiert, von ihm aber keine Rechtswirkungen mehr ausgehen und den Adressaten nicht mehr beschweren, so dass seine Aufhebung keinen Sinn mehr macht (Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, § 113 Rd. 101 f). Entsprechendes gilt auch bei der Frage der Erledigung eines Vorauszahlungsbescheides, bei dem allerdings wegen der Ablösung nur für die Zukunft relevante Rechtswirkungen verbleiben können, die weiterhin eine Aufhebbarkeit gebieten (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Kommentar, § 113 Rd. 89; BVerwG DVBl 1998, 711 = NVwZ-RR 1998, 577 = KStZ 1999, 51).

Vorliegend ist eine ausdrückliche oder jedenfalls hinreichend klar gewollte Aufhebung in Form des Widerrufs oder der Rücknahme des Vorauszahlungsbescheides durch den Festsetzungsbescheid ex nunc oder ex tunc nicht gegeben. Selbst wenn Entsprechendes in der Absicht der Beklagten gelegen haben sollte, ist eine solche Aussage weder für die Adressatin noch für einen objektiven Betrachter erkennbar. Der Festsetzungsbescheid beschränkt sich vielmehr auf die Aussage, dass die angeforderte Vorauszahlung nunmehr in gleicher Höhe endgültig festgesetzt wird. Er äußert sich weder vom Tenor her noch in der Begründung (Erläuterungen auf der Rückseite) zum weiteren Schicksal des Vorauszahlungsbescheides. Für eine ausdrückliche oder konkludente Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides bestand in Anbetracht der dargestellten Rechtslage auch kein Anlass, wenn der Rechtsgrund für die Leistung "auf die zu erwartende Jahressteuer" bis zur Ablösung nicht wieder entfallen soll.

Besteht der Vorauszahlungsbescheid aber fort, kann seine Beschwer bei nachfolgender Festsetzung der Steuerpflicht durch "Ablösung des Behaltensgrundes für die Zukunft" nur dann vollständig entfallen (und damit eine Erledigung eintreten), wenn die Festsetzung bestandskräftig geworden ist (Eyermann, VwGO-Kommentar, § 113 Rd. 78; so offenbar auch BVerwG a.a.O.), weil der Festsetzungsbescheid bis zu seiner Bestandskraft auf einen Rechtsbehelf hin wieder aufgehoben werden könnte und dadurch auch die durch ihn bewirkte Ablösung wieder entfiele, so dass der Vorauszahlungsbescheid fortwirkte und wie zuvor - vorläufiger - Behaltensgrund wäre (vgl. Habermann a.a.O. Rd. 375a ff).

Ist die Leistung schon erfolgt und hat sich der Behaltensgrund endgültig im Festsetzungsbescheid manifestiert, kann der Vorauszahlungsbescheid für die Zukunft keine beschwerende Wirkung mehr entfalten. Auch eine nunmehrige Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides könnte jetzt nicht mehr zur Erstattung der erbrachten Leistung führen (BVerwG a.a.O.). Er stünde auch keinem Zinsanspruch entgegen, da ein solcher nur als Anspruch auf Prozesszinsen gem. § 11 KAG i.V.m. § 236 AO denkbar wäre und dieser die Herabsetzung einer festgesetzten Steuer oder eine Steuervergütung und infolgedessen eine behördliche Erstattungsleistung voraussetzt, die aber bei Ablösung des Behaltensgrundes und vollständiger Verrechnung einer Vorauszahlung gerade nicht erfolgt (vgl. Habermann a.a.O. Rd. 375, 375b).

Bei noch nicht erfolgter Leistung auf den Vorauszahlungsbescheid besteht nach Erlass eines bestandskräftigen Festsetzungsbescheides eine fortwirkende Rechtsbeschwer und es kann keine Erledigung des Rechtsstreits angenommen werden, wenn die Leistungspflicht des Vorauszahlungsbescheides bis dahin vollziehbar und nicht gestundet war. War der Pflichtige nämlich säumig, hat er auf jeden Fall Säumniszuschläge zu zahlen, da die spätere Ablösung des Behaltensgrundes durch den Festsetzungsbescheid nur für die Zukunft gilt und eine einmal begründete Zahlungspflicht auf Grund des Leistungsgebots im Vorauszahlungsbescheid nicht rückwirkend entfällt; im Übrigen wären diese Zuschläge selbst bei späterer Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides zu zahlen, da sie im Verhältnis zum Bescheid nicht akzessorisch sind (§ 11 KAG i.V.m. § 240 AO).

War der gesetzlich angeordnete Vollzug des Vorauszahlungsbescheides zu Gunsten des Pflichtigen ausgesetzt, besteht ebenfalls weiterhin eine Beschwer, da der Pflichtige bei endgültiger Erfolglosigkeit seiner Klage gem. § 11 KAG i.V.m. § 237 Abs. 1 AO ab Fälligkeit der Vorauszahlung Aussetzungszinsen schulden würde. Eine solche Erfolglosigkeit läge auch vor, wenn man auf Grund der bestandskräftigen Festsetzung eine Erledigung des Rechtsstreits über den Vorauszahlungsbescheid annehmen wollte (vgl. Tipke/Kruse, AO- und FGO-Kommentar, § 237 AO Rd. 9). Da aber - wie bereits dargelegt - die einmal begründete Vorauszahlungspflicht durch die eintretende Ablösung des Behaltensgrundes, nicht rückwirkend entfällt, muss der Pflichtige weiterhin die Möglichkeit haben, die Aufhebung des Vorauszahlungsbescheides zur Vermeidung der Aussetzungszinsen zu betreiben. Mit einer Umstellung der Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit wäre ihm nicht gedient, weil die Ausssetzungszinsen erst bei Aufhebung des Bescheides entfallen, nicht aber schon bei Feststellung der Rechtswidrigkeit. War die Leistung gestundet, gilt Entsprechendes wegen der anfallenden Stundungszinsen (Habermann a.a.O. Rd. 375c).

Eine Erledigung wegen vollständigem Wegfall der Beschwer kommt nach alledem nur in Frage, wenn der Bescheid während des Verfahrens mit rückwirkender Kraft von der Behörde freiwillig aufgehoben wird und seine Vollziehung bis dahin ausgesetzt oder die Schuld gestundet war.

Für den vorliegenden Fall kommt ein Fortfall des Rechtsschutzbedürfnisses an der Anfechtung des Vorauszahlungsbescheides schon deshalb nicht in Betracht, weil der Festsetzungsbescheid noch nicht bestandskräftig ist sondern zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch Gegenstand eines rechtshängigen Verfahrens ist, über das zeitgleich entschieden wird (14 A 323/01).

Die Klage ist auch begründet. Sowohl der angefochtene Zweitwohnungssteuerbescheid vom 14.05.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 als auch der Vorauszahlungsbescheid vom 24.05.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2000 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für den Steuerbescheid für das Erhebungsjahr 1999 und den Vorauszahlungsbescheid für 2000 sind §§ 2, 3 und 6 Abs. 2 ZwStS vom 20.01.2000, die sämtlichst rückwirkend zum 01.07.1995 in Kraft getreten sind und gemäß § 12 ZwStS nur für bestandskräftig gewordene Heranziehungsbescheide nicht gelten. Steuergegenstand ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet der Beklagten, wobei diese definiert ist als eine Wohnung, über die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken seines persönlichen Lebensbedarfs oder dem seiner Angehörigen verfügen kann (§ 2 Abs. 1 und 2 ZwStS). Steuerpflichtiger ist derjenige, der diese Wohnung innehat, § 3 Abs. 1 ZwStS. Nach § 6 Abs. 2 S. 2 und 3 ZwStS erhebt die Beklagte auf die zu erwartende Höhe der Jahressteuer Vorauszahlungen, die auf den später festgesetzten Jahressteuerbetrag angerechnet werden.

Die Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandssteuer im Sinne des Artikel 105 Abs. 2a GG. Sie erfasst den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfes hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung und besteuert die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Inhabers der Zweitwohnung, wobei es auf die Dauer des Innehabens generell nicht ankommt und auch der vorübergehende Gebrauch der Wohnung einen steuerpflichtigen Aufwand darstellen kann, wenn er der persönlichen Lebensführung dient. Der Zweitwohnungsinhaber betreibt einen besteuerbaren Aufwand, wenn er in seiner Person oder in der eines Angehörigen die Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung nutzt bzw. sie für diese Zwecke vorhält, so dass er sich zumindest die Möglichkeit der Eigennutzung offen hält (BVerfGE 65, 325; BVerwGE 99, 303 und in NordÖR 1998, 249; BVerwGE 109, 188 m.w.N.).

Auszuscheiden sind solche Wohnungen, die als reine Kapitalanlage gehalten werden, weil die Wohnung dann zu keinem Zeitpunkt der persönlichen Lebensführung dient und ihr Vorhalten keine Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Befriedigung eines über den allgemeinen Lebensbedarf hinausgehenden Aufwands darstellt, sondern allein der Einkommenserzielung dient (BVerwG a.a.O.). Umgekehrt ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, Wohnungen, die keine reine Kapitalanlage darstellen, der Zweitwohnungssteuer zu unterwerfen (BVerfG in NVwZ 1996, 57 m.w.N.). Bei der Abgrenzung zwischen einer besteuerbaren Zweitwohnung und der zweitwohnungssteuerfreien reinen Kapitalanlage sind die Umstände des Einzelfalles umfassend zu würdigen. Der gesamte objektive Sachverhalt muss darauf geprüft werden, ob sich aus ihm mit der gebotenen Sicherheit die subjektive Zweckbestimmung der Nutzung als Zweitwohnung entnehmen lässt. Um diese innere Tatsache beurteilen zu können, ist auf objektive, nach außen in Erscheinung tretende, verfestigte und von Dritten nachprüfbare Kriterien abzustellen, wobei auch Erkenntnisse und Erfahrungen aus den vorangegangenen Jahren eine Rolle spielen können.

Dabei darf die steuererhebende Gemeinde von der tatsächlichen Vermutung des Vorhaltens einer Zweitwohnung auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vorträgt, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Dies könnte etwa erfolgen aufgrund der Lage der Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebietes, bei Abschluss eines Dauermietvertrages, aufgrund der Übertragung der Vermietung an eine Agentur unter Ausschluss der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen (BVerwGE 99, 303 und in NordÖR 1998, 249; BVerfG NVwZ 1996, 57).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die angefochtene Steuerfestsetzung für das Erhebungsjahr 1999 rechtswidrig. Die gerichtliche Überprüfung des Vorbringens der Klägerin ergibt, dass von einer Nutzung der streitbefangenen Wohnung als reine Kapitalanlage auszugehen ist. Die Klägerin hat die gegen sie sprechende Vermutung des Vorhaltens für den persönlichen Lebensbedarf erschüttert mit der Folge, dass diese für eine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer nicht mehr zugrunde gelegt werden kann. Alles in allem hat sie im gerichtlichen Verfahren überzeugend vorgetragen, dass sie die Wohnung im Erhebungszeitraum nicht zum Zwecke der persönlichen Lebensführung genutzt hat, so dass von einer Steuerpflicht im Sinne des § 3 ZwStS nicht ausgegangen werden kann.

Dies ergibt sich unter Würdigung des gesamten, unwidersprochen gebliebenen und in sich schlüssigen klägerischen Vortrages, wonach die Wohnung seit Jahren als reine Kapitalanlage genutzt wird. Dem gemäß hatte die Beklagte aufgrund entsprechender eidesstattlicher Erklärungen schon für 1998 sowohl von der Erhebung einer Jahreskurabgabe als auch der Zweitwohnungssteuer abgesehen. Im Erhebungsjahr 1999 konnte die Wohnung über eine Agentur an insgesamt 125 Tagen vermietet werden. Nachdem die Klägerin eidesstattlich versichert hatte, die Wohnung ausschließlich zur Gästevermietung als reine Kapitalanlage zu nutzen und in den vermietungsfreien Zeiten nicht für den persönlichen Lebensbedarf vorzuhalten, ohne dass Aufenthalte zu Renovierungs- und/oder Unterhaltungsarbeiten o.ä. stattgefunden hätten, wurde erneut keine Jahreskurabgabe mehr erhoben. Die Aussagen der eidesstattlichen Erklärungen werden von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt, sondern offensichtlich als glaubhaft angesehen, so dass sich für die Kammer nicht erschließt, warum ohne sichtliche Änderungen für 1999 etwas anderes gelten sollte als für 1998. Bestätigt werden die klägerischen Angaben auch durch die Erklärungen für das Erhebungsjahr 2000; hier konnte eine Vermietung von 152 Tagen erreicht werden. Schließlich kann sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auch nicht auf den formalen Umstand zurückziehen, dass die Erklärungen zur Jahreskurabgabe für das Steuerverfahren keine Bedeutung haben könnten. Dass die Kammer diesen Erklärungen durchaus entscheidungserhebliche Bedeutung beimisst, ist ihr hinlänglich bekannt (vgl. Urteil im Verfahren 14 A 244/98 vom 04.10.1999 und gerichtliches Anschreiben vom 24.01.2001, GA Bl. 62). Ebenso wenig geht es in der Sache zu Lasten der Klägerin, dass die zur Erschütterung der Vermutung führenden Erklärungen und Angaben z.T. erst im Klageverfahren eingeführt wurden und der Beklagten bei Erlass der angefochtenen Bescheide noch nicht bekannt waren (vgl. Urteil des OVG Schleswig vom 18.10.2000 - 2 L 70/99 -).

Wird die Wohnung an eine professionelle Vermittlungsfirma zur ganzjährigen Vermietung abgegeben, bedarf es für die Annahme einer reinen Kapitalanlage entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zwingend eines ausdrücklichen Ausschlusses der Eigennutzung im Vermittlungsvertrag. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - der übrige Vortrag mit den entsprechenden Nachweisen in sich schlüssig ist und die Vermutung der Eigennutzung bereits zu widerlegen geeignet ist. Allein maßgeblich ist die subjektive Zweckbestimmung der Zweitwohnung als innere Tatsache, die sodann an Hand objektiver Kriterien zu belegen ist. Eine rein theoretische Möglichkeit der Eigennutzung, die nur durch das Fehlen bestimmter Formulierungen im Vertrag begründet ist und für deren praktische Wahrnehmung sonst keinerlei Anhaltspunkte bestehen, besagt über diese innere Tatsache noch nichts. Unter diesen Umständen wäre es daher verfehlt, die Vermutung der Eigennutzung auf nicht vorhandene Formulierungen im Vertrag zu stützen bzw. diese der Klägerin bei der sonst überzeugenden Widerlegung der Vermutung entgegenzuhalten. Zudem hat die Klägerin in ihrer Erklärung für das Erhebungsjahr 2000 nochmals hervorgehoben, dass die Schlüsselgewalt bei der Agentur liegt und eine Eigennutzung in der Praxis nicht erfolgt.

Der Einstufung der streitbefangenen Wohnung als reine Kapitalanlage steht schließlich auch nicht entgegen, dass sie im Jahre 1999 nur an 125 Tagen vermietet werden konnte, da diese Auslastung für norddeutsche Verhältnisse noch im Durchschnitt liegt. Abgesehen davon reicht es nach ständiger Rechtsprechung der Kammer zum Nachweis durchgehender Vermietungsbemühungen im Regelfall aus, wenn die Wohnung an eine professionelle Vermittlungsfirma zur ganzjährigen Vermietung abgegeben wird.

Der Klägerin ist es daher gelungen, die zunächst bestehende tatsächliche Vermutung des Vorhaltens der Wohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung zu erschüttern, so dass die Beklagte sie für 1999 zu Unrecht zur Zweitwohnungssteuer herangezogen hat und die entsprechenden Bescheide aufzuheben sind.

Hiervon ausgehend ist auch die Anforderung einer Vorauszahlung für 2000 gemäß § 6 Abs. 2 ZwStS rechtswidrig, da die Vorauszahlung auf der Basis der Jahresfestsetzung des Vorjahres erfolgt ( § 6 Abs. 2 S. 4 und § 11 ZwStS) und diese - wie soeben ausgeführt - wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben ist. Auf die Frage der Befugnis zur Steuererhebung schon zu Beginn des Veranlagungsjahres und die Vereinbarkeit der Satzungsregelung mit dem KAG kommt es daher nicht mehr an (dazu Kammerurteil vom 28.06.2001 im Verfahren 14 A 154/00).

Nach alledem ist der Klage vollumfänglich stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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