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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.10.2002
Aktenzeichen: 14 A 184/00
Rechtsgebiete: LWG, LVwG, VVKO, POG


Vorschriften:

LWG § 83 Abs. 1
LWG § 110
LVwG § 168 Abs. 1 Nr. 3
LVwG § 219 Abs. 1
LVwG § 219 Abs. 2 S. 1
LVwG § 230
LVwG § 238
LVwG § 249
VVKO § 17 Abs. 1 Nr. 8
POG § 13 Abs. 3
1. Soweit die Polizei unaufschiebbare Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung selbst veranlassen darf, ist sie auch Vollzugsbehörde.

2. Die bei einer solchen polizeilichen Ersatzvornahme angefallenen, grundsätzlich von der Vollzugsbehörde festzusetzenden Kosten werden von den Kostenträgern derjenigen Verwaltungsbehörden getragen und als eigene Auslagen geltend gemacht, die neben der Polizei für die betreffende Maßnahme sachlich und örtlich zuständig sind. Die Grundregeln der Amtshilfe gelten insoweit nicht.

3. Als Eigentümer einer Bundeswasserstraße kann der Bund wie jeder andere private Eigentümer im Wege der Zustandshaftung zur Gefahrenbeseitigung bzw. zu den Kosten einer Ersatzvornahme herangezogen werden.

4. Hat der Eigentümer einer oder verschiedenen anderen Personen Nutzungsrechte an den betroffenen Gewässerflächen eingeräumt und üben diese insoweit die tatsächliche Gewalt darüber aus, sind diese Nutzungsberechtigten jedenfalls bei der Entscheidung über die Kostentragung als weitere Zustandsstörer in das behördliche Auswahlermessen einzubeziehen.

5. Bei der Kostenverteilung unter mehreren Kostenpflichtigen ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine möglichst gerechte Lastenverteilung nach nachvollziehbaren Kriterien anzustreben. Dies kann auch dazu führen, die Kosten zu quoteln und die Zustandsverantwortlichen nach bestehenden "Sachherrschaftsanteilen" an der betroffenen Wasserfläche heranzuziehen.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 14 A 184/00

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Wasserrecht, Kosten der Ersatzvornahme

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 14. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Riehl, den Richter am Verwaltungsgericht Bleckmann, die Richterin am Verwaltungsgericht Nordmann, sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Wehner und Witt für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid des beklagten Amtes vom 09.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2000 wird aufgehoben.

Das beklagte Amt und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Dem beklagten Amt und der Beigeladenen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Kosten der Beseitigung einer Gewässerverunreinigung im Wege einer Ersatzvornahme in der Nord-Ost Marina bzw. im P...hafen im ... Bereich. Die Häfen liegen am Ende eines Altarms der T..., der gemeinsam mit einem anderen Altarm die T...insel umschließt. Das Gewässer steht im Eigentum der Klägerin. Die Beigeladene unterhält im P...hafen einen Altölentsorgungsbetrieb; ihm gegenüber liegt ein Sportboothafen (Nord-Ost Marina).

Mit Vertrag vom 18.05.82 (Nr. 293) überließ die Klägerin der beigeladenen Firma die Nutzung einer Wasserfläche von insgesamt 1400 m² in der Gemarkung ..., Flur 10, um dort eine Anlegebrücke mit Schiffsliegeplatz zu betreiben. Der Vertrag begann am 01.01.83 und wurde ab dem 01.01.99 durch einen neuen Nutzungsvertrag 293 abgelöst. Die genaue Lage der Wasserfläche ist jeweils in Anlagen zum Vertrag eingezeichnet (insoweit wird auf Bl. 151 bzw. 129 der Gerichtsakte verwiesen). Nach § 5 Abs. 1 bis 3 des Vertrages a.F. und nach § 8 Abs. 2 und 3 n.F. war bzw. ist der Nutzer für die überlassene Wasserfläche unterhaltungs- und verkehrssicherungspflichtig. Mitarbeiter und Beauftragte der Klägerin sind befugt, die überlassene Fläche und Anlagen zu Erfüllung ihrer Aufgaben zu betreten (§ 10 a.F. und § 15 n.F.).

Mit einem ähnlichen Vertrag vom 07.04.89 (Nr. 1259), der ab dem 01.01.89 in Kraft trat und einvernehmlich ab dem 01.01.99 gleichlautend wie der Vertrag mit der Beigeladenen erneuert wurde, überließ die Klägerin der Nord - Ost Service - Handels GmbH & Co. KG Yachthafen die Nutzung einer Wasserfläche von insgesamt 8700 bzw. 8334 m² in der Gemarkung ..., Flur 10, Flurstück ..., um dort eine Sportbootanlage zu betreiben (eingezeichnet in den Anlagen, Bl. 162, 139 f der Gerichtsakte). Auch hier wurden die Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten der Nutzerin übertragen. Mitarbeiter und Beauftragte der Klägerin waren zunächst nach § 8 a.F. befugt, die überlassene Fläche und Anlagen zu Erfüllung ihrer Aufgaben zu betreten.

Am 26.06.98 um 18.50 Uhr erhielt die Wasserschutzpolizei ... (WSP) telefonisch Nachricht, dass es im P...hafen / Bereich Nord-Ost Marina zu einer Ölverunreinigung gekommen sei. Die WSP stellte daraufhin im Bereich der Nord-Ost Marina und des gegenüber liegenden Betriebsgeländes der Beigeladenen einen teerölartigen Geruch und auf dem Gewässer eine starke Ölverschmutzung fest. Die Ölfläche habe zwischen großen Bereichen von 200 - 500 m² und einzelnen, quadratmetergroßen Flächen, z.T. aus dickflüssigen, schweren Ölplacken geschwankt. Der gesamte Bereich des Sportboothafens sei von einem Ölfilm durchzogen gewesen. Auch die vorgelagerte freie Wasserfläche habe starke Verschmutzungen aufgewiesen. Das auf der Wasserfläche treibende Öl habe "auch aus Schweröl / Motorenöl od. Sludge" bestanden. Es sei eine zähe Konsistenz in deutlich schwarzer Färbung sichtbar gewesen, die nicht von einem dieselbetriebenen Sportboot stamme. Mit Schweröl betriebene Fahrzeuge hätten sich nicht in diesem Bereich befunden. Ein Herantreiben der Ölverschmutzung aus anderen Hafenbereichen sei in Anbetracht der Wetter- und Strömungsverhältnisse unwahrscheinlich.

Die Entfernung zwischen der Nord-Ost Marina und dem Betrieb der Beigeladenen beträgt über die Wasserfläche nicht mehr als 20 m. Lt. WSP-Vermerk übernimmt die Beigeladene dort regelmäßig Schweröl- und Motorenölreste, Sludge und Bilgenwasser von entsprechenden Schiffen in ein Tankschiff und pumpt dieses von dort in einen Landungstank um, der sich in einem im Wasser liegenden Ponton befindet. Von dort wird das Altöl weiter an Land entsorgt. Das Tankschiff "B... III" und der Ponton seien von der WSP gründlich untersucht worden. Ablaufspuren von Altöl hätten sich weder an den Bordwänden noch an Bord des Schiffs oder im Deckbereich des Pontons gefunden. Das in der Auffangwanne der Pumpe befindliche Altöl könne von dort nicht austreten.

Die WSP beauftragte die Fa. Possehl, das Öl abzusaugen. Die Beigeladene wurde ebenfalls mit Ölbekämpfungsmitteln eingesetzt und zog zwei Ölsperren, um vorerst ein Verdriften zu verhindern. Ein Abteilungsleiter des beklagten Amtes wurde telefonisch vom MUNF verständigt, weil die WSP die aktuelle Handynummer nicht finden konnte. Der zuständige Mitarbeiter des beklagten Amtes erhielt so erst um 21.40 Uhr Nachricht. Er ließ sich von der WSP über den Stand unterrichten und setzte sich sodann mit der Fa. Possehl in Verbindung, um sich über die Durchführung der notwendigen Sicherungsarbeiten und Beseitigung der Gewässerverunreinigung abzustimmen. Es wurde vereinbart, die weiteren Arbeiten durch die Beigeladene durchführen zu lassen. Anschließend informierte er die Verkehrszentrale T... des Wasserschifffahrtsamtes ... (WSA), eine Behörde der Klägerin, und forderte sie auf, die erforderlichen Arbeiten durchzuführen. Das WSA teilte mit, dass es hierzu nicht in der Lage sei und bat darum, dass die Wasserbehörde die entsprechenden Aufträge vergebe.

Am 27.06.98 traf der zuständige Mitarbeiter des beklagten Amtes um 6.20 Uhr an der Schadensstelle ein und stellte im hinteren Teil des T...armteils einen ca. 1,5 ha großen geschlossenen Ölfilm (Schweröl) in dunkelbrauner bis schwarzer Farbe fest. Neben den Anlagen und Schiffen der Beigeladenen sei auch ein Sportboothafen mit ca. 15 Booten betroffen. Es wurde ein Saugwagen eingesetzt und die dickeren Ölschichten mit Hilfe der ausgelegten Sperren und einem Arbeitsboot ans Ufer gebracht und dort abgesaugt. Zwischen Ufer und Bootsstegen wurden Sorbenttuchrollen verlegt. Der Einsatz war gegen 16.30 Uhr beendet.

Die Fa. Possehl übersandte dem beklagten Amt eine Rechnung über 3.079,70 DM wegen ihres Einsatzes am 26.06.98 und die Beigeladene übersandte Rechnungen über zunächst 27.862,62 DM und später über 4.506,60 DM wegen ihrer Einsätze am 26., 27. und 30.06. sowie 08.07.98. Vor einer Inanspruchnahme eines etwaigen Verantwortlichen sollten jedoch die Ermittlungsergebnisse abgewartet werden.

Die WSP hatte aus dem Yachthafen, dem Tankschiff und dem Landungstank Proben genommen und vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) analysieren lassen. Dieses kam in seinem Bericht vom 24.07.98 zu dem Ergebnis, dass eine sichere Ermittlung des Verursachers allein nach der chemischen Analyse nicht möglich sei, es allerdings insgesamt sehr wahrscheinlich sei, dass die Verschmutzung von der Beigeladenen stamme.

Die wasserpolizeiliche Beschuldigtenvernehmung des für die Beigeladene tätigen Schiffsreinigers M. K. ergab, dass dieser den Inhalt der Tanks des Entsorgungsschiffs "B... III" am 26.06.98 ab 8 Uhr in den Landungstank der Beigeladenen umgepumpt hatte. Die dafür einzusetzende Saugpumpe verfüge lt. Beschuldigtem über eine Auffangwanne und befinde sich ebenso wie der Schlauch auf dem Landungstank. Der Schlauch müsse über eine Strecke von 4 m zum Schiff gezogen und in den geöffneten Tank geschoben werden. Da er sehr schwer sei, müsse ihm beim Transport jemand helfen. Wer dies gewesen sei, wisse er nicht mehr. Bis 13 Uhr habe er ca. 50 m³ umgepumpt. Nach Beendigung des Pumpvorgangs werde der Schlauch aus dem Öl gezogen, bis die Pumpe Luft ziehe. Dann werde die Pumpe ausgestellt und das Ventil geschlossen. Der Schlauch könne dann noch in den Tank abtropfen. Der Beschuldigte schloss aus, dass beim Anschließen des Schlauchs Öl ins Wasser gelangt ist. Er habe keine Erklärung für das Schweröl im Hafen.

Weitere Ermittlungen ergaben, dass sich am 26.06.98 außer dem Beschuldigten noch der Disponent der Beigeladenen bis 8.30 Uhr auf dem Betriebsgelände befand. Dieser gab an, dem Beschuldigten möglicherweise beim Rüberziehen des Schlauches zum Schiff geholfen zu haben, nicht aber beim Rücktransport gegen 13.00 Uhr.

Am 10.12.98 erhob die StA L... gegen den beschuldigten Mitarbeiter der Beigeladenen Anklage wg. fahrlässiger Gewässerverunreinigung beim AG L.... In der Anklageschrift wurde u.a. ausgeführt, dass beim Umpumpen am 26.06.98 "auf ungeklärte Art und Weise, jedoch vom Angeschuldigten verschuldet und bemerkt" eine erhebliche Menge Dieselabfälle in das Gewässer des P...hafens gelaufen sei und sich insbesondere im Bereich des Sportboothafens ausgebreitet habe. "Die Ölverschmutzung aufgrund anderer Ursache als des Umpumpvorgangs scheidet aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und des eingeholten Vergleichsgutachtens gezogener Proben aus. ... Es ist daher davon auszugehen, daß eine Schlauchverbindung durch Verschulden des Angeschuldigten fehlerhaft war".

Das Amtsgericht lehnte die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss vom 11.03.99 ab, weil nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen kein hinreichender Tatverdacht vorliege. Weder die Zeugenaussagen noch das Gutachten des BSH ließen den zwingenden Schluss zu, dass der Angeschuldigte entgegen seiner eigenen Einlassung Altöl in den P...hafen habe gelangen lassen. Die Ermittlungen der WSP endeten vielmehr mit der Feststellung, dass das Schiff und der Ponton gründlich untersucht wurden, dabei jedoch keine frischen Spuren festgestellt werden konnten. Die Anklage stütze sich auf Spekulationen, die durch nichts belegbar seien. Es sei unerfindlich, wie einerseits davon ausgegangen werden könne, dass eine erhebliche Menge Dieselabfälle auf ungeklärte Art und Weise in das Gewässer gelangt sein soll, andererseits dann jedoch unterstellt werde, dies sei vom Angeschuldigten bemerkt und verschuldet.

Die StA verzichtete "nur im Hinblick auf die offensichtlich erforderliche Erläuterung des Gutachtens und die mögl. Tatzeit (evtl. früher oder später)" auf ein Rechtsmittel.

Mit Schreiben vom 01.11.99 übersandte das beklagte Amt dem WSA die bei ihm eingegangenen drei Rechnungen in Höhe von insgesamt 35.448,92 DM mit der Bitte um Erstattung und kündigte erforderlichenfalls den Erlass eines Kostenbescheides zwecks Inanspruchnahme der Klägerin als Zustandsstörerin an. Das WSA gab die Angelegenheit an die Wasserschutzdirektion Nord (WSD) ab, welche den Erstattungsanspruch mit Schreiben vom 3.2.2000 zurückwies. Als Pflichtige kämen vorrangig Handlungsstörer in Betracht (der angeschuldigte Mitarbeiter der Beigeladenen und die Beigeladene selbst nach § 218 Abs. 3 LVwG); der Grundsatz "in dubio pro reo" gelte im Verwaltungsrecht nicht. Das Amtsgericht habe übersehen, dass der Angeschuldigte zwischen 13 Uhr und 18.30 Uhr ausreichend Zeit gehabt habe, das Schiff und den Ponton wieder zu reinigen. Bei der Störerauswahl sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nur sehr beschränkte Einwirkungsmöglichkeiten auf die in ihrem Eigentum stehende Bundeswasserstraße habe.

Mit Bescheid v. 09.03.2000 nahm das beklagte Amt die Klägerin als Zustandsstörerin für die nach der Gewässerverunreinigung vom 26.06.98 entstandenen Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme in Höhe von 35.448,92 DM in Anspruch, weil die Klägerin selbst keine Maßnahmen veranlasst habe. Das WSA sei fernmündlich über den Sachverhalt informiert und aufgefordert worden, als Eigentümerin den Schaden zu beseitigen. Es habe darum gebeten, dass die Wasserbehörde die entsprechenden Aufträge vergebe. Ein Verursacher habe nicht ermittelt werden können. In Anlehnung an den Beschluss des Amtsgerichts wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der Reinigung des Schiffes bis zum Eintreffen der Polizei die Verursachung durch den angeschuldigten Mitarbeiter nicht begründen könne.

Den dagegen am 24.03.2000 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen mit den bereits dargelegten Gründen. Ergänzend wies sie darauf hin, dass die Verkehrszentrale T... (des WSA) am 26.06.98 erst um 22.40 Uhr vom beklagten Amt verständigt worden sei, als die Arbeiten der Fa. Possehl nahezu beendet gewesen seien. Darüber hinaus dürften etwaige Ermittlungsfehler (hier der WSP bei der Entnahme der Proben) nicht zu Lasten der Zustandsstörerin gehen. Das BSH habe trotz nicht DIN-entsprechender Probenentnahme eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür festgestellt, dass die Verschmutzung von der Firma der Beigeladenen ausgegangen sei. Hinzu kämen weitere Indizien, die insgesamt die Anforderungen an den Nachweis der Handlungsverursachung erfüllten.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2000 als unbegründet zurückgewiesen, weil die aufgeführten bzw. vorhandenen Indizien auch zum Nachweis einer ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit nicht ausreichten und das Ziehen nicht gerichtsverwertbarer Proben hier unbeachtlich sei. Effektive weitere Ermittlungen seien nicht durchführbar.

Am 31.07.2000 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme nicht vorgelegen hätten. Ermessensgerecht wäre es gewesen, vor der Klägerin die Beigeladene und ihren Mitarbeiter als Verhaltensverantwortliche zur Störungsbeseitigung bzw. später zu den Kosten heranzuziehen, da sich deren Verursachungsbeitrag nach der gegebenen Sachlage geradezu aufgedrängt habe und es hier nicht um den Nachweis schuldhaften Verhaltens im zivil- oder strafrechtlichen Sinne gehe. Dennoch habe das beklagte Amt die Inanspruchnahme der Beigeladenen nicht einmal versucht. Das Schadensbild entspreche exakt dem üblichen Betriebsablauf der beigeladenen Firma. Es dränge sich geradezu auf, dass sich die beim Umpumpen von Schwerölen bestehende latente Gefahr als typischer Handlungsschaden einer mit Öl / Sludge handelnden Firma realisiert habe. Von Anfang an sei klar gewesen, dass der Ölfilm aus Schweröl bestand und die Schlauchverbindung vom Sammelschiff zum Pontonsammeltank nicht ordnungsgemäß hergestellt worden sein könne. Die Verunreinigung müsse durch ein Lösen des Schlauchs oder eine nicht ausreichend gesetzte Verbindung verursacht worden sein. Wahrscheinlich habe der Mitarbeiter der Beigeladenen entgegen seiner eigenen Einlassung den Umpumpvorgang während seiner Frühstückspause unkontrolliert weiterlaufen lassen und den gesamten Umpumpvorgang allein ausführen müssen. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass er seine Frühstückspause eigenmächtig ausdehnte. Die Beigeladene könne keinen glaubwürdigen Beweis nach den Vorschriften zur notwendigen Eigenüberwachungsprüfung über einen sicheren Betriebsablauf führen. Für eine mit den Gefahrenmomenten vertraute Firma sei es schon polizeiwidrig gewesen, den Umpumpvorgang ohne eine zuverlässige Überwachung zu beginnen. Durch die unzureichende Sicherung des Umpumpvorgangs gegen Auslaufen habe die Beigeladene bestimmte Gefahrengrenzen gesetzt und überschritten. Dass die WSP später keine Spuren gefunden habe, spreche nicht gegen diese Annahme, weil bis zu deren Eintreffen genügend Zeit gewesen sei, das Schiff und den Ponton wieder zu reinigen.

Andere Ursachen wären als wenig wahrscheinlich auszuschließen gewesen. Es verkehrten in dem Altarm sonst nur Sportboote, die mit Diesel betrieben werden. Die Einfahrt zum Hafen habe einen Tiefgang von lediglich 2 m. Ein Herantreiben der Ölfläche aus anderen Hafenbereichen vor dem Altarm sei wegen der ruhigen Wetterverhältnisse und der geringen Strömung auszuschließen, zumal der Altarm dann in seiner ganzen Länge Verschmutzungen hätte aufweisen müssen.

Auch die Ermittlungsfehler der Bediensteten des beklagten Amtes (WSP) seien als Ermessensfehler bei der Störerauswahl zu werten. Das beklagte Amt hätte zudem schon zwecks Prüfung der Zuverlässigkeit der beigeladenen Firma tiefergehend ermitteln müssen. Drängten sich - wie hier - durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit des strafprozessualen Ausgangs auf, hätten die Ermittlungsergebnisse bzw. die amtsgerichtlichen Wertungen nicht ungeprüft übernommen werden dürfen.

Zusammenfassend meint die Klägerin, dass in Anbetracht ihrer Ausführungen eine unwiderlegbare Vermutung dafür spreche, dass die Beigeladene und ihr Mitarbeiter die unmittelbaren Verursacher der Gewässerverunreinigung gewesen seien und dass das beklagte Amt deren Inanspruchnahme zumindest hätte versuchen müssen.

Die Klägerin beantragt,

den Kostenbescheid vom 09.03.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2000 aufzuheben.

Das beklagte Amt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Heranziehung zu den Kosten nach der Ersatzvornahme vorlägen, da die behördlichen Maßnahmen rechtmäßig erfolgt seien. Die Arbeiten am 26.06.98 seien durch die WSP in Auftrag gegeben worden, um zunächst die Schadensstelle zu sichern. Mit den weiteren Bekämpfungsmaßnahmen sei die Firma der Beigeladenen am nächsten Tag vom beklagten Amt beauftragt worden. Ein Mitarbeiter des WSA habe sich vor Ort informiert, sei aber auf Grund der am Vorabend schon abgelehnten eigenen Tätigkeit nicht noch einmal zur Schadensbeseitigung aufgefordert worden. Die Klägerin sei solchen Aufforderungen in der Vergangenheit auch sonst noch nie nachgekommen. Die Ausführungen der Klägerin zur Verursachung des Gewässerschadens seien rein spekulativ und nicht beweisbar. Um eine ordnungsrechtliche Verantwortung nach § 218 LVwG zu begründen, reiche nicht irgendeine Ursache oder eine allgemeine Lebenserfahrung, sondern es müsse ein Verhalten festgestellt werden, welches selbst unmittelbar die Gefahr gesetzt habe. Der Beigeladenen sei aber weder ein missglückter Umpumpversuch noch eine Aufsichtspflichtverletzung nachzuweisen. Sie sei selbst im Bereich der Ölwehr zur Bekämpfung von Gewässerverunreinigungen tätig und als zuverlässig im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen bekannt.

Schon die Tatzeit sei nicht hinreichend bekannt. Wäre der Eintrag tatsächlich schon, wie von der StA angenommen, am frühen Morgen erfolgt, hätte ein starker Ölgeruch wahrgenommen werden müssen. Auch die fehlenden Spuren am Schiff und auf dem Ponton seien nicht geeignet, eine Verursachung während der Arbeitszeit des Mitarbeiters der Beigeladenen zu begründen. Die diesbezüglichen polizeilichen Feststellungen sprächen zunächst vielmehr gegen die behauptete Ursächlichkeit. Mangels Verhaltensstörer habe deshalb auch kein Auswahlermessen bestanden. Bei der Ermittlung des Verhaltensstörers könnten keine höheren Anforderungen gestellt werden als im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Zu weitergehenden Ermittlungen durch das beklagte Amt habe keine Veranlassung bestanden. Bei der WSP handele es sich im Übrigen nicht um Bedienstete der Wasserbehörde. Von den bestehenden Nutzungsverträgen habe das beklagte Amt erst im Laufe des Prozesses erfahren.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Ihr Betrieb sei im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen höchst sensibilisiert, weil sie selbst mit der schnellen Bekämpfung von Gewässerverunreinigungen befasst sei. Dies gelte auch für den im Strafverfahren angeschuldigten Mitarbeiter, der seit mehr als 10 Jahren für sie tätig sei. Für den Fall einer dennoch eintretenden Gewässerverunreinigung bestehe eine Haftpflichtversicherung. Es bestehe also kein Anlass, eine etwaige Verantwortung abzustreiten. Die hier in Rede stehende Gewässerverunreinigung könne schon deshalb nicht von der Beigeladenen verursacht worden sein, weil das Altöl nicht mit einer Druckpumpe vom Tankschiff zum Ponton gepumpt, sondern mittels einer Saugpumpe vom Ponton aus angesaugt werde. Beim Lösen des Schlauchs am Schiff - so, wie es die Klägerin annehme - hätte die Pumpe folglich Luft gesaugt, aber es wäre kein Altöl in das Gewässer gepumpt worden. Auf dem Ponton befänden sich sowohl die Pumpe als auch die Schlauchanschlussstellen in einer Auffangwanne, so dass Ölreste direkt in den Ponton liefen. Weiterhin belegten auch die Ölanalysen nicht die Annahme der Klägerin, dass das in das Gewässer gelangte Altöl vom Tankschiff stamme, denn eine Ähnlichkeit der Proben bestehe lediglich zwischen der Ölprobe aus dem Ponton und einer Wasserprobe, nicht aber zwischen der Ölprobe aus dem Tankschiff und den Wasserproben. Eine Beseitigung von Ablaufspuren, wie sie die Klägerin unterstelle, könne nicht angenommen werden, weil dies dazu geführt hätte, dass an den Ablaufstellen auch die Wasserlinien am Schiff bzw. am Ponton gereinigt worden wären. Dies wäre der WSP aber sicher ebenso aufgefallen wie eine Rundum-Reinigung. Ebenso wie das beklagte Amt hält die Beigeladene den von der Klägerin behaupteten zeitliche Verlauf für unwahrscheinlich, da der 26.06.98 ein Freitag gewesen sei, so dass spätestens ab der Mittagszeit die in der Marina liegenden Boote gut besetzt gewesen sein dürften. In Anbetracht der geringen Entfernung zum Ponton der Beigeladenen - der nächste Steg liege nur 10 m entfernt - hätte den Bootseignern ein um 8.30 Uhr schon vorhandener Schaden eher auffallen müssen.

Schließlich verweist die Beigeladene darauf, dass auch andere Ursachen denkbar seien. Ihr Betrieb liege unmittelbar am Ende eines toten T...arms. Das alte Fahrwasser sei zugeschüttet und mit einer Straße versehen worden. Das Regenwasser von der oberhalb liegenden Straßenüberfahrt werde über ein Abflussrohr am Ende des Altarms unmittelbar neben dem Anleger der Beigeladenen geführt. Neben dem Abflussrohr lägen zudem seit den 60'er Jahren zwei uralte Schiffe von ca. 30 m Länge, die nach Kenntnis der Beigeladenen niemals entsorgt worden seien. Möglicherweise seien die Behälter durchgerostet. Im Übrigen sammelten sich alle im Arm befindlichen Öle und schwimmenden Abfälle am Ende dort. Die Verunreinigung könne auch von der weiter südlich gelegenen Werft stammen, in der alte Boote abgewrackt würden und an deren Stegen noch alte Kähne lägen, die nicht mehr seetüchtig seien. Sowohl auf bzw. in den Wracks als auch den Kähnen befinde sich Alt - und Billigöl in ausreichender Menge, um eine Verschmutzung wie die hier vorgefundene zu verursachen. Es sei in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass die Beigeladene wegen einer Ölverschmutzung dorthin gerufen worden sei. Eine solche Verschmutzung könne auch bei ruhigem Wetter bis ans Ende des Arms getrieben werden, wenn sich am südlichen Fähranleger die großen Schiffe mittels Bugstrahl zum An- oder Ablegen in Position bringen und dadurch eine entsprechende Strömung verursachen. Ferner sei nicht ausgeschlossen, dass es sich bei der Verunreinigung um Altlasten handele. An der Stelle der Werft habe sich früher tatsächlich ein P...hafen befunden und daneben ein sog. T..., von dem aus die Schiffe mit Treibstoff versorgt worden seien und wo ein Teerölumschlag stattgefunden habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des beklagten Amtes und die Ermittlungsakte ... verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. Sie kann mit diesen Bescheiden nicht in rechtmäßiger Weise verpflichtet werden, dem beklagten Amt die Kosten zu erstatten, die ihm im Rahmen der Gefahrenabwehrmaßnahmen wegen der erfolgten Gewässerverunreinigungen im P...hafen bzw. dem gegenüberliegenden Sportboothafen entstanden sind.

Die rechtliche Grundlage für die Inanspruchnahme für die hier geltend gemachten Kosten findet sich in der landesgesetzlich geregelten Verantwortlichkeit des Eigentümers bzw. des Inhabers der tatsächlichen Gewalt für seine Sachen, aus der sog. Zustandsstörerhaftung. Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Forderung sind die §§ 238, 230, 219, 249 LVwG iVm §§ 1 Nr. 2, 17 Abs. 1 Nr. 8 VVKO für eine Maßnahme im Rahmen der Gewässeraufsicht gemäß §§ 83 Abs. 1, 110 LWG.

Das beklagte Amt war gem. § 105 Nr. 3, § 108 Nr. 1a) i.V.m. § 110 Abs. 1 LWG für die getroffenen Gefahrenabwehrmaßnahmen zuständig. Die T... ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BWStrG i.V.m. der Anlage zu § 1 einschließlich ihrer beiden Altarme an der T...insel eine Bundeswasserstraße und damit gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1a) und Nr. 1c) LWG i.V.m. der Anlage zum LWG ein Gewässer 1. Ordnung. Eine binnen- oder seeschifffahrtspolizeiliche Zuständigkeit des Bundes kam daneben oder statt dessen nicht in Betracht, da die durch die Ölverunreinigungen verursachten Gefahren nicht mehr in den für eine Zuständigkeitsbegründung erforderlichen Zusammenhang mit den Anforderungen gestellt werden konnten, die ihrerseits an die Schiffe und deren Betrieb auf der Bundeswasserstraße zur Verhütung von Gefahren für die Reinheit des Wassers zu stellen sind. Ebenso wenig kam die ordnungsbehördliche Zuständigkeit einer Hafenbehörde im Sinne der Landesverordnung für die Häfen in Schleswig-Holstein (HafenVO) in Frage. Deren Aufgabe ist es gem. § 3 Abs. 2 HafenVO - a.F. - bzw. § 4 Abs. 2 HafenVO - n.F. -, die Benutzung des Hafens und des Verkehrs im Hafen zu überwachen und zu regeln und Gefahren abwehren, die der Allgemeinheit oder dem Einzelnen aus dem Zustand, der Benutzung oder dem Betrieb des Hafens oder einzelner Hafenanlagen drohen. Die Zuständigkeit knüpft ausdrücklich an Gefahren an, die dem Hafenbetrieb zuzurechnen sind. Eine bestehende Ölverunreinigung des Gewässers erfordert hingegen keine Regelungen bezüglich des Hafenbetriebs (vgl. Urteil der Kammer vom 15.10.2001 - 14 A 359/99 - und Urteil des Schl.-Holst. OVG vom 31.01.2002 - 4 L 107/01 - beide m.w.N.).

Gemäß § 110 Abs. 1 LWG treffen die unteren Wasserbehörden nach pflichtgemäßen Ermessen die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen der Gewässeraufsicht und zur Abwehr von Gefahren für die Gewässer, wobei ergänzend die Verfahrensvorschriften des LVwG heranzuziehen sind. Dies gilt auch im Bereich von Bundeswasserstraßen und selbst dann, wenn der Bund auf dieser Grundlage als zustandsverantwortlicher Eigentümer der Seewasserstraße herangezogen wird, da seine hoheitlichen Aufgaben und Pflichten als Träger öffentlicher Verwaltung im Bereich der Bundeswasserstraßen hiervon unberührt bleiben (vgl. Urteil der Kammer a.a.O.; Schl.-Holst. OVG a.a.O.).

Die materiellen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches liegen vor. Gemäß §§ 230, 238 LVwG ist der sofortige Vollzug im Wege der Ersatzvornahme zulässig, wenn eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit - und noch viel mehr eine bereits eingetretene Störung - auf andere Weise nicht abgewehrt bzw. beseitigt werden kann und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnis handelt. Die vorgefundenen Ölverunreinigungen stellten eine bereits eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit dar, weil von ihnen schädliche Wirkungen auf die Beschaffenheit des Wassers und Gefahren für die Gewässer und die Umwelt ausgingen. Auf andere Weise als durch die erfolgte vorläufige Sicherung, Aufnahme der Ölverunreinigungen und deren ordnungsgemäße Entsorgung ließ sich diese Störung nicht wirksam beseitigen. Maßnahmen gegen Pflichtige waren nicht bzw. nicht rechtzeitig möglich. Insbesondere eine Inanspruchnahme der Klägerin als Ordnungspflichtige war angesichts der gebotenen Eile nicht möglich bzw. auch nicht ausreichend, nachdem sie noch am Abend des 26.06.98 mitteilte, zur Vornahme der gebotenen Maßnahmen nicht in der Lage zu sein und dem beklagten Amt die entsprechende Veranlassung überließ - wie sie es lt. beklagtem Amt auch bei anderen Fällen von Gewässerverschmutzungen auf Bundeswasserstraßen wiederholt getan hat. Eine sinnvolle und wirksame Störungsbeseitigung durch Erlass eines Verwaltungsaktes und Setzung einer Frist kam folglich nicht in Frage. Ein anderer, zur Störungsbeseitigung fähiger Verantwortlicher war zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns des behördlichen Handelns nicht bekannt.

Die beteiligten Behörden handelten auch sonst im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse. Obwohl das beklagte Amt, wie bereits ausgeführt, eigentlich sachlich zuständige Wasserbehörde war, durfte die zunächst am Ort anwesende WSP, die einem anderen Verwaltungsträger angehört und eine nachgeordnete Dienststelle der Wasserschutzpolizeidirektion Schleswig-Holstein ist und damit dem Innenministerium untersteht (§§ 1, 6 Polizeiorganisationsgesetz - POG -) die von ihr noch am 26.06.98 in Auftrag gegebenen Arbeiten auch als Ersatzvornahme veranlassen, da das beklagte Amt unstreitig nicht rechtzeitig erreicht werden konnte - es war ein Freitag Abend nach 18 Uhr. In Fällen, in denen die Polizei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung nach pflichtgemäßem Ermessen für unaufschiebbar hält, darf sie diese gem. § 168 Abs. 1 Nr. 3 LVwG ausnahmsweise selbst veranlassen. Insofern lag es in der Zuständigkeit der zuerst verständigten und vor Ort eingetroffenen WSP, im Wege des Sofortvollzuges die Fa. Possehl und die beigeladenen Firma mit den vorerst dringend notwendigen Sicherungsmaßnahmen zu beauftragen.

Trotz der damit festgestellten Zuständigkeit zweier Behörden verschiedener Verwaltungsträger ist weiter nicht zu beanstanden, dass das beklagte Amt sämtliche Rechnungsbeträge erstattete und sodann als eigene Auslagen geltend macht. Die bei der Ersatzvornahme angefallenen Kosten, zu denen gem. § 249 Abs. 1 S. 2 LVwG auch Auslagen i.S.d. § 17 Abs. 1 Nr. 8 VVKO gehören, werden von der Vollzugsbehörde nach § 22 Abs. 1 VVKO schriftlich festgesetzt. Vollzugsbehörden sind hier nach § 230 Abs. 3 i.V.m. § 231 LVwG sowohl die WSP als auch das beklagte Amt. Die der Polizei durch Maßnahmen nach § 168 LVwG entstandenen Kosten einschließlich der erforderlichen Ermittlungs- und Vollzugskosten fallen nach § 13 Abs. 3 POG allerdings nicht in die Kostenlast des Landes als Träger der Polizei, sondern werden von den Kostenträgern derjenigen Verwaltungsbehörden getragen, die nach den Gesetzen für die betreffenden Maßnahmen neben der Polizei sachlich und örtlich zuständig sind. Dies ist im vorliegenden Fall das Land als Verwaltungsträger des beklagten Amtes, so dass letzteres auch befugt sein muss, die Kosten gegenüber dem Pflichtigen geltend zu machen. Die Grundregeln der Amtshilfe gelten insoweit nicht (Mann in: Praxis der Kommunalverwaltung, LVwG - Kommentar, § 168 Erl. 7).

Als Eigentümerin der Bundeswasserstraße T..., zu der auch der hier in Rede stehende Altarm gehört (dazu Art. 89 Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen vom 21.05.1951, BGBl. S. 352), ist die Klägerin Zustandsstörerin im Sinne des § 219 Abs. 1 LVwG und damit zugleich nach § 249 Abs. 2 LVwG kostenpflichtig.

Wie die Kammer bereits mehrfach unter Heranziehung bundes- und oberverwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ausgeführt hat, geben die das privatrechtliche Eigentum der Klägerin überlagernden öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine Veranlassung für eine Einschränkung dieser ordnungsrechtlichen Verantwortung, da diese allein an die formale Eigentümerstellung anknüpft und in Schleswig-Holstein keine gesetzliche Bestimmung existiert, nach der insbesondere dem öffentlichen Verkehr gewidmete Wasserstraßen von der allgemeinen ordnungsrechtlichen Zustandsverantwortlichkeit ausgenommen wären. Die Zustandsverantwortlichkeit der Klägerin ist auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit restriktiv auszulegen. Als juristische Person des öffentlichen Rechts kann sich die Klägerin auf diese aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG abgeleiteten Grundsätze nicht berufen. Schließlich ist eine Wasserbehörde auch nicht deshalb an der Durchführung der Ersatzvornahme im Wege des Sofortvollzuges gehindert, weil es sich bei der Klägerin um einen Träger öffentlicher Verwaltung handelt, gegen den gemäß §§ 230 Abs. 3, 234 LVwG der (Sofort-) Vollzug nur zulässig ist, soweit er durch Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen ist. Diese Einschränkung gilt nur, wenn die Wirkungen der Verfügung zu einer Kompetenznegation des anderen Hoheitsträgers führten und dadurch die Erfüllung dessen hoheitlicher Aufgaben beeinträchtigt würde. Ein solcher Eingriff in hoheitliche Kompetenzen liegt hier gerade nicht vor, da die Klägerin "nur" wie jeder andere Eigentümer in Anspruch genommen wird, ohne dass ihre schifffahrtspolizeilichen Kompetenzen tangiert würden (vgl. zu alldem Urteile der Kammer vom 02.04.2001 - 14 A 267/99 -. und vom 15.10.2001 - 14 A 359/99 - m.w.N.).

Weiterhin hat die Kammer bereits entschieden, dass die ordnungsrechtliche Verantwortung der Klägerin für das betroffene Gewässer auch nicht deshalb entfällt, weil sie einer anderen Person die Nutzungsrechte daran eingeräumt sowie die insoweit bestehenden Verkehrssicherungs- und wasserrechtlichen Unterhaltungspflichten übertragen hat. Die wasserrechtlichen Unterhaltungspflichten (§§ 7, 8 BWaStrG und § 28 Abs. 1 WHG) enthalten keine ausschließlichen Regelungen in dem Sinne, dass dadurch die allgemeinere Pflicht zur Erhaltung eines störungsfreien Zustands des Wassereigentums ausgeschlossen wäre (BVerwG, Urteil vom 29.10.1982 - 4 C 4.80 - NVwZ 1983, S. 474 f m.w.N.). Eine Übertragung dieser Unterhaltungspflichten auf Dritte kann folglich auch nicht zu einer Befreiung von diesen allgemeinen Pflichten führen. Entsprechendes gilt für die Verkehrssicherungspflichten, die zunächst nur im Privatverkehr gelten und allein nicht geeignet sind, ordnungsrechtliche Verantwortlichkeiten zu begründen; ihre Übertragung vermag daher ordnungsrechtlich auch keine befreiende Wirkung zu entfalten (vgl. wiederum Urteil der Kammer vom 15.10.2001 - 14 A 359/99 -).

Zutreffend erscheint der Kammer weiter, dass nach dem bestehenden Ermittlungsstand weder ein Mitarbeiter der Beigeladenen (§ 218 Abs. 1 LVwG) noch die Beigeladene selbst (§ 218 Abs. 3 LVwG) als Handlungsstörer herangezogen werden könnten. Als solcher gilt nur, wer bei wertender Betrachtungsweise aller wesentlichen Ursachen durch sein individuelles Verhalten die polizeiliche Gefahrenschwelle überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat. Unverzichtbares Kriterium ist dabei, dass die Verantwortlichkeit jedenfalls dem Grunde nach unzweifelhaft und einwandfrei feststeht; eine bloße Möglichkeit der Verursachung reicht insoweit nicht. Den Nachteil, dass ein exakter Nachweis der Verursachung nicht geführt werden kann, trägt die Behörde (std. Rspr. des Schl.-Holst. OVG, vgl. Beschluss vom 14.07.1995 - 2 M 7/95 - in ZfW 1997, 56 = NUR 1996, 162 = Die Gemeinde 1996, 54; Beschluss vom 11.04.2001 - 4 M 1/01 -; Urteil vom 29.05.2001 - 4 L 2/01 - m.w.N.). Insofern weisen das beklagte Amt und die Beigeladene zu Recht darauf hin, dass die Annahme einer Verursachung durch das Umpumpen des Altöls am Vormittag des 26.06.98 letztlich nicht einwandfrei begründet und bewiesen werden kann, sondern nur auf Vermutungen und mehr oder weniger wahrscheinliche Geschehensabläufe gestützt wird. Auch die von der StA und der Klägerin vorgenommene Reduzierung des Sachverhalts auf diese eine denkbare Ursache überzeugt in Anbetracht der von der Beigeladenen vorgetragenen anderen möglichen Ursachen nicht.

Zu Recht weist die Klägerin aber darauf hin, dass die im Prozess eingeführten Nutzungsverträge mit der Beigeladenen einerseits und mit der Nord - Ost Service - Handels GmbH & Co. KG Yachthafen andererseits, die in ihrer früheren Fassung mit Geltung bis zum 31.12.98 auch zum hier maßgeblichen Zeitpunkt bestanden, den Vertragspartnerinnen ein partielles Nutzungs- und Besitzrecht an der hier betroffenen Wasserfläche verschafft und diese deshalb neben der Klägerin gem. § 219 Abs. 2 S. 1 LVwG als weitere Zustandsstörerinnen in Betracht zu ziehen gewesen wären. Ihnen wurde mit dem vertraglich begründeten Besitzrecht und den Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten die Befugnis eingeräumt, die tatsächliche Gewalt über einen Teil der betroffenen Wasserfläche auszuüben, ohne dass die Eigentümerin ihrerseits ihre Rechte daran aufgegeben hätte. Insoweit wären sie rein rechtlich ebenso wie die Klägerin in der Lage gewesen, die zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen; insoweit könnten sie statt oder neben der Klägerin auch zu den Kosten der durchgeführten Störungsbeseitigung herangezogen werden.

Das beklagte Amt hätte deshalb vor Erlass des angefochtenen Bescheides ermitteln müssen, ob weitere Zustandsstörer in Betracht zu ziehen sind und sodann eine Auswahl zwischen der Klägerin, der Beigeladenen und der Nord - Ost Service - Handels GmbH & Co. KG Yachthafen treffen oder eine Quotelung der Kosten entsprechend der jeweils zuzuordnenden Wasserflächen prüfen müssen. Dass ihm solche Ermittlungen nicht möglich gewesen wären, ist weder ersichtlich noch geltend gemacht. Entsprechend hätte das diesbezügliche Ermessen nach Maßgabe des § 109 Abs. 1 LVwG sodann schriftlich begründet werden müssen. Stattdessen hat das beklagte Amt allein die Klägerin als mögliche Verantwortliche betrachtet und diese ohne Betätigung eines Auswahlermessens herangezogen. Wird die gebotene Abwägung nicht vorgenommen, weil die Behörde sich des Ermessens nicht bewusst war oder hat sie aus anderen Gründen keine Ermessenserwägungen angestellt, liegt ein Ermessensausfall vor, der gem. § 114 S. 1 VwGO zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt.

Dieser Verfahrensfehler kann auch nicht als unerheblich angesehen werden, weil auch nach Ausübung des Auswahlermessens im Ergebnis keine andere Entscheidung als die hier vorliegende hätte getroffen werden können. Dies würde eine festzustellende Ermessensreduzierung auf eine allein als rechtmäßig erscheinende Inanspruchnahme der Klägerin voraussetzen, die hier nicht vorliegt. Allein die Tatsache, dass die neben der Klägerin in Betracht zu ziehenden Nutzerinnen jede für sich keine Sachherrschaft über die gesamte betroffene Wasserfläche ausübten, lässt die Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme für die Kosten nicht von vorneherein entfallen. Ganz im Gegenteil gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, im Rahmen der Kostenverteilung unter mehreren Kostenpflichtigen eine möglichst gerechte Lastenverteilung nach nachvollziehbaren Kriterien anzustreben. Dabei können auch solche Gesichtspunkte herangezogen werden, die u.U. bei der primären Gefahrenabwehr nicht hätten berücksichtigt werden dürfen oder können; d.h. die Gefahrenabwehr-Verantwortung und Kostenverantwortung müssen nicht notwendig zusammenfallen (Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. M Rd. 26 f; Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, § 9 Rd. 254 ff; Schl.-Holst. VG, Urteil v. 15.06.1993 - 3 A 51/92 - m.w.N.). Vorliegend wäre also insbesondere zu prüfen gewesen, ob die Zustandsverantwortlichen nach bestehenden "Sachherrschaftsanteilen" an der betroffenen Wasserfläche heranzuziehen sind. Im Übrigen werden regelmäßig Fragen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Durchsetzbarkeit der Forderung gegenüber den dann noch in Betracht zu ziehenden Pflichtigen eine Rolle spielen (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urteil v. 23.02.1995 - 4 L 137/93 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene steht auf der Seite des unterliegenden Teils. Sie hat sich durch Stellung des Klagabweisungsantrages diesem Kostenrisiko ausgesetzt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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