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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.04.2002
Aktenzeichen: 14 A 21/02
Rechtsgebiete: AsylVf


Vorschriften:

AsylVfG § 6 Abs. 2 S. 1
AsylVfG § 6 Abs. 2 S. 3
AsylVfG § 31 Abs. 1 S. 2
AsylVfG § 71 Abs. 1 S. 1
1. Hat sich der BbfA am konkreten BAFl-Verfahren nicht durch eigene Erklärung beteiligt und lässt sich auch die Abgabe einer Generalbeteiligungserklärung gegenüber dem BAFl nicht feststellen, besteht für eine Zustellung des Asylbescheides an den BbfA mangels Beteiligung keine gesetzliche Veranlassung. Eine dennoch erfolgte Zustellung an den BbfA löst keine eigene Klagefrist nach § 74 Abs. 1 S. 1 AsylVfG aus.

2. Meldet sich der BbfA erstmals durch Klageerhebung zu einem Asylverfahren und ist der von ihm angefochtene Bescheid des BAFl zum Zeitpunkt seiner Klageerhebung für die am Verfahren beteiligten Asylbewerber schon unanfechtbar, besteht eine Beteiligungsbefugnis des BbfA nicht mehr.

3. Fehlt es danach an einer Beteiligungsbefugnis, kann auch das Klagerecht des BbfA aus § 6 Abs. 2 S. 3 AsylVfG nicht mehr wahrgenommen werden.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 14 A 21/02

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 14. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt: Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Beigeladenen in gleicher Höhe Sicherheit geleistet haben.

Tatbestand:

Der Beigeladene zu 1) ist am ...1978 in Baku geboren und nach eigenen Angaben armenischer Volkszugehöriger. Die Beigeladene zu 2) ist am ...1975 in Ali-Bajramly geboren und aserbaidschanischer Volkszugehörigkeit. Sie sind seit dem 1.11.2000 miteinander verheiratet und beide aserbaidschanische Staatsangehörige. Gemeinsam verließen sie ihr Heimatland am 1.1.2001 und reisten von der Türkei kommend getrennt in verschiedenen LKW in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Der Beigeladene zu 1) reiste am 9.1.2001 ein und stellte am 11.1.2001 einen Asylantrag. Die Beigeladene zu 2) reiste am 16.2.2001 ein und stellte am 18.2.2001 einen Asylantrag. Beide waren im Bundesamtsverfahren bereits anwaltlich vertreten. Ihre Anträge wurden im Bescheid vom 21.12.2001 zusammengefasst. Unter Ablehnung des Asylbegehrens wurde ihnen Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Aserbaidschans gewährt. Während die Ausländerbehörde den Bescheid per "Einwurf-Einschreiben" erhielt, wurde er an den Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen per "Einschreiben" am 21.12.2001 zur Post gegeben und der Eintritt der Bestandskraft gem. § 4 Abs. 1 VwZG für den 08.01.2002 errechnet. An den Kläger wurde der Bescheid am 21.12.2001 zur Post gegeben; ausweislich seines Empfangsbekenntnisses erhielt er den Bescheid am 03.01.2002.

Am 15.01.2002 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Zulässigkeit seiner Klage führt er aus:

Seine ihm durch Gesetz eingeräumte Stellung gehe erkennbar über eine allgemeine Beteiligtenstellung hinaus; seine Klagebefugnis sei in § 6 Abs. 2 S. 3 AsylVfG ausdrücklich und unabhängig von der Beteiligungsmöglichkeit geregelt. Hieraus folge, dass die Klage unabhängig von einer vorherigen Beteiligung erhoben werden könne und sich die Klagefrist für den Kläger nur nach der an ihn erfolgenden Zustellung richte (VG Braunschweig, Urteil v. 11.01.1996 -6 A 61055/95-). Eine vorab eintretende Bestandskraft mit einer die Klagebefugnis des Klägers ausschließenden Wirkung gebe es nicht. Es liege in der Zulieferungspraxis des Bundesamtes gegenüber dem Kläger bedingt, dass ihm die Bescheide in der Regel später zugingen als den Asylbewerbern oder der Ausländerbehörde. Nach Erhalt des Bescheides hefte der Kläger sein Empfangsbekenntnis mit dem Eingangsdatum in die Bundesamtsakte und sende diese zurück. Von den anderen Zustelldaten habe er grundsätzlich keine Kenntnis. Die für den Kläger geltende Klagefrist könne auch deshalb nur anhand der Zustellung an ihn errechnet werden, weil seine Klagemöglichkeit ansonsten vom Zufall abhinge. Das Bundesamt erteile auch erst dann eine Bestandskraftmitteilung, wenn die letzte Rechtmittelfrist abgelaufen sei.

Hiervon ausgehend sei die Klage rechtzeitig erhoben. Zudem gelte für den Kläger nur die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO, weil die Rechtsbehelfsbelehrung dem unterschriebenen Bescheid nur nachgeheftet und nicht extra unterschrieben sei. Unterstellt, die Klagefrist richte sich für den Kläger bei einer bisher fehlenden Beteiligung im Bundesamtsverfahren allein nach der Zustellung an die Asylsuchenden, sei die Rechtsbehelfsbelehrung ihm gegenüber hinsichtlich der Fristberechnung unzutreffend bzw. irreführend, weil sie darauf nicht in der gebotenen Weise hinweise. Statt dessen enthalte sie nur die allgemeine und uneingeschränkte Aussage, Klage könne "... innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung ..." erhoben werden.

Zugunsten des Klägers sei davon auszugehen, dass er bereits während des Bundesamtsverfahrens Beteiligter gewesen sei, weil er nicht nur bei den Verwaltungsgerichten, sondern auch beim Bundesamt eine Generalbeteiligungserklärung gem. § 6 AsylVfG abgegeben habe. Die Bestandskraft des angefochtenen Bescheides könne auch deshalb erst nach Ablauf derjenigen Rechtsmittelfrist eintreten, die durch die beim Kläger zu bewirkende Zustellung ausgelöst worden sei.

Auch wenn eine solche Generalbeteiligungserklärung gegenüber dem Bundesamt nicht ausdrücklich erteilt und auch nicht schriftlich abgefasst worden sei, so sei jedenfalls von ihrer konkludenten Erteilung auszugehen. Seitens des BVerwG (Urteil v. 27.06.1995 -9 C 7.95-, BVerwGE 99, 38 m.w.N.) bestünden gegen die konkludente Abgabe der Generalbeteiligungserklärung keine Bedenken. Dass sie konkludent erteilt worden sei, zeige die Tatsache, dass dem Kläger auf sein Betreiben hin gemäß der schriftlichen Arbeitsanleitung für die Geschäftstellen (AVS) beim Bundesamt seit Anbeginn an alle Anerkennungsbescheide - und seit Beschluss des BVerfG vom 19.12.2000 <2 BvR 143/98> auch die Ablehnungsbescheide - zugestellt würden. Die Zuleitung sämtlicher erlassener Bescheide durch das Bundesamt wäre wohl entbehrlich, unzweckmäßig oder sogar rechtswidrig, wenn sich der Kläger nicht generell an jedem Verfahren beteiligt hätte.

Nach Auffassung des BVerwG (Beschluss vom 16.05.2001 -1 B 171.01-) ergäben sich die Zulässigkeitsanforderungen für die dem Kläger eingeräumten Rechtsmittelbefugnisse in erster Linie aus dem einfachen Recht. Dem o.g. Beschluss des BVerfG lasse sich keine Aussage über eine in bestimmten Fallgruppen von Verfassungs wegen anzunehmende Unzulässigkeit klägerischer Rechtsmittel entnehmen. Auch nach Auffassung des OVG Koblenz (Beschluss vom 23.05.2001 -7 A 10755/01.OVG-) werde dem Kläger vom BVerfG nicht das Klagerecht abgesprochen. Schließlich unterliege seine Klagebefugnis auch nicht der Verwirkung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.03.1996 -3 L 1061/96-).

In der Sache ist der Kläger der Auffassung, dass den Beigeladenen in Berg-Karabach eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stünde und für sie folglich nicht landesweit eine ausweglose Lage bestehe.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes vom 21.12.2001 aufzuheben, soweit es Ziffer 2 betrifft.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Die mit Beschluss vom 16.01.2002 Beigeladenen beantragen,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht am Verfahren beteiligt war und zu diesem Zeitpunkt auch mehr befugt war, sich durch Klageerhebung am Verfahren zu beteiligen.

Nach § 6 Abs. 2 S. 1 AsylVfG kann sich der Kläger an den Asylverfahren vor dem Bundesamt und an Klageverfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit beteiligen. Nach ständiger Rechtssprechung des BVerwG besitzt er damit eine dem Vertreter des öffentlichen Interesses vergleichbare Stellung und kann sich durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung in jeder Lage des (Gerichts-) Verfahrens beteiligen - auch nach Verkündung oder Zustellung eines Urteils und allein zwecks Einlegung eines Rechtsmittels. Auf eine Beteiligung in der Vorinstanz kommt es dabei nicht an; auch wäre es bloßer Formalismus, in diesen Fällen vor der Einlegung des Rechtsmittels eine gesonderte Beteiligungserklärung zu verlangen. Bei Einlegung eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung besteht die Beteiligungsbefugnis jedenfalls solange, als den anderen Beteiligten gegenüber die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen ist (BVerwG, Urteil vom 11.03.1983 -9 B 2597/82- BVerwGE 67, 64 ff; BVerwG, Urteil vom 28.09.1983 -9 B 3112/82- Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 3 - beide nach Juris). Ergänzend hat der VGH Baden-Württemberg insoweit festgestellt, dass die Rechtsmittelbefugnis aber auf den Zeitpunkt der Rechtskraft beschränkt werden muss (Beschluss v. 12.10.1987 - A 12 S 1010/87 - in VBlBW 1988, 266; Schenk in Hailbronner, AuslR, § 6 AsylVfG, Rd. 11).

Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn sich der Kläger erstmals durch Klageerhebung zum Verfahren meldet und der von ihm angefochtene Bescheid zum Zeitpunkt der Klageerhebung für die anderen Beteiligten schon unanfechtbar und somit bestandskräftig ist. Hat er sich bis dahin noch nicht am Bundesamtsverfahren beteiligt, obwohl § 6 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. AsylVfG ihm diese Möglichkeit einräumt, besteht eine Beteiligungsbefugnis nicht mehr (Schenk a.a.O.; in diese Richtung deutend: BVerfG, Beschluss vom 19.12.2000 -2 BvR 143/98-, NVwZ 2001, Beilage 3 S. 28 = InfAuslR 2001, 150 = DVBl 2001, 456 m.w.N.).

Der durch Klage vom 15.01.2002 angegriffene Bescheid wurde bereits am 08.01.2002 bestandkräftig. Ausweislich der Verfahrensakte wurde er an den Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen am 21.12.2001 mit Einschreiben zur Post gegeben. Dabei wurde ein "Übergabe"-Einschreiben verwendet, welches seit 1997 von der Post-AG angeboten wird und das herkömmliche Einschreiben i.S.d. §§ 2 Abs.1, 4 Abs. 1 VwZG ersetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 -9 C 7/00- BVerwGE 112, 78 = DVBl. 2001, 477 = DÖV 2001, 473). Die Zustellung an die Beigeladenen war vom Einzelentscheider des Bundesamtes per PZU bzw. "ÜEBf" verfügt, während die Ausländerbehörde den Bescheid ausdrücklich mit "Einwurf"-Einschreiben erhielt. Wird über die Post mittels eingeschriebenen Briefs zugestellt, gilt dieser gem. § 4 Abs. 1 VwZG mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Da keine Anhaltspunkt für einen abweichenden Zugang bestehen, ist gemäß der gesetzlichen Fiktion von einem Zugang am Montag, den 24.12.2001 auszugehen, so dass die Klagefrist des § 74 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 S. 2 AsylVfG für die Beteiligten am 07.01.2002 ablief.

Bei der Fristberechnung nach § 74 Abs. 1 S. 1 AsylVfG kann im vorliegenden Fall nicht auf die Zustellung an den Kläger abgestellt werden, weil für eine Zustellung an ihn mangels Beteiligung keine gesetzliche Veranlassung bestand. Nach § 31 Abs. 1 S. 2 AsylVfG ist die Entscheidung des Bundesamtes schriftlich zu begründen und den Beteiligten zuzustellen. Beteiligt ist zunächst der asylsuchende Antragsteller (§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. VwVfG i.V.m. §§ 1, 13, 14 AsylVfG). Die Beteiligung des Klägers ist demgegenüber nur fakultativ: Nach § 6 Abs. 2 S. 1 AsylVfG kann er sich an den Asylverfahren vor dem Bundesamt (und an Klageverfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit) beteiligen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 13.09.1988 - 20 A 280/85 -, InfAuslR 1988, 342 f; BVerwG, Urteil vom 27.06.1995 - 9 C 7/95 - BVerwGE 99, 38 - nach Juris; Marx, AsylVfG, 4. Aufl. § 6 Rd. 6). Eine Beteiligung des Klägers schon vor dem Bundesamt erfolgt aber in der Regel gerade nicht (so Marx a.a.O. Rd. 10 und Schenk a.a.O. Rd. 6 a.E.).

Auch im vorliegenden Bundesamtsverfahren war zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bzw. der Klageerhebung eine Beteiligung des Klägers weder konkret noch generell erklärt. Eine Erklärung zum konkreten Verfahren ist unstreitig nicht erfolgt. Die Beteiligung lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Kläger vor dem Bundesamt eine Generalbeteiligungserklärung abgegeben habe. Eine ausdrückliche schriftliche Generalbeteiligungserklärung existiert nach seinem eigenen Vortrag bis heute nicht. Der Kläger meint aber, dass vom früheren Behördenleiter einmal eine mündliche Generalbeteiligungserklärung abgegeben worden sein müsse, weil die Praxis des Bundesamtes sonst keinen Sinn hätte und z.T. sogar rechtswidrig sei. Ob das Bundesamt sich an die eigenen Dienstanweisungen hält oder ob es recht- und zweckmäßig ist, dem Kläger in jedem Verfahren eine Bescheidausfertigung zuzustellen, ist vorliegend aber nicht von Belang. Für die hier allein zu klärende Frage, ob der Kläger tatsächlich einmal eine mündliche Generalbeteiligungserklärung abgeben hat und ob diese den gesetzlichen (Form-) Anforderungen des § 6 Abs. 2 S. 1 AsylVfG genügt, geben diese Ausführungen, auch wenn sie in der Sache zutreffend sein mögen, nichts her.

Das BVerwG hat sich in seinem Urteil vom 27.06.1995 (a.a.O.) mit der Frage auseinandergesetzt ob eine Generalbeteiligungserklärung für anhängige und zukünftig anhängige Prozesse überhaupt zulässig ist und dies bejaht. Es verlangt aber, "daß sie um der gebotenen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit willen die erforderliche Bestimmtheit aufweisen und damit für das Gericht und für die Beteiligten nach Inhalt und Umfang eindeutig erkennbar sind". Selbst wenn man also eine Generalbeteiligungserklärung - für die gerichtlichen Verfahren - zulässt (ablehnend Gau, DÖV 1995, 325 ff), müssen zumindest die vom BVerwG formulierten - und entsprechend für das Bundesamtsverfahren geltenden - Anforderungen erfüllt sein. Der bisherige klägerische Vortrag enthält hingegen nur Anhaltspunkte, die eine Generalbeteiligungserklärung vermuten lassen, ohne die erforderliche Bestimmtheit feststellen zu können. Die Beklagte als potenzielle Adressatin einer solchen Erklärung hat sich trotz gerichtlicher Nachfrage hierzu erst gar nicht geäußert. Davon abgesehen scheint das Bundesamt eine Beteiligung auch nur nach ausdrücklicher Anzeige anzunehmen, da es den Kläger weder vorliegend noch sonst in seinen Bescheiden als Beteiligten aufführt (so auch Schenk a.a.O. Rd. 7).

Weiter meint der Kläger, dass in Anbetracht der beim Bundesamt gemäß Dienstanweisung bestehenden Praxis zur Zustellung der Asylbescheide konkludent von einer solchen Erklärung auszugehen sei. Diese Rechtsauffassung verkennt, dass eine Dienstanweisung als behördeninterne Maßnahme keinesfalls dazu geeignet sein kann, auf den rechtsverbindlichen Willen einer anderen juristischen Person bzw. beteiligungsfähigen Behörde schließen zu lassen. Auch das vorgetragene Hinwirken des Klägers auf diese Dienstanweisung ist nicht geeignet, eine konkludente Generalbeteiligungserklärung anzunehmen. An ihre wirksame Abgabe wären vielmehr diejenigen Anforderungen bezüglich Inhalt, Bestimmtheit und Bindungswillen zu stellen, die auch sonst für Verfahrenshandlungen gelten. Von daher vermag letztlich auch der Verweis auf das Urteil des BVerwG v. 27.06.1995 (a.a.O.) die Annahme einer konkludenten Erklärung nicht zu begründen. Gegenstand der Entscheidung war dort eine Beteiligungserklärung zu einem konkreten Verfahren, die - gemäß der eingangs zitierten Rechtsprechung - konkludent mit der Abgabe einer anderen verfahrensbezogenen Erklärung (Einlegung der Berufung) erfolgen kann.

Ist der Kläger nicht am Verfahren beteiligt, müssen ihm die behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen nicht zugestellt werden und es beginnt für ihn auch keine eigene Rechtsmittelfrist zu laufen (Schenk a.a.O. Rd. 11). Die Beteiligung kann nur so lange erklärt werden, wie die Frist für wenigstens einen Beteiligten noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt für die Beteiligungsbefugnis des Klägers bei Einlegung eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung einhellig (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.03.1983 und 28.09.1983 a.a.O.; VG Berlin a.a.O.; Marx a.a.O. Rd. 11), weil die Beteiligung an einem gerichtlichen Verfahren nicht mehr in Frage kommt, wenn die Sache dort nicht mehr anhängig ist; auch die VwGO kennt insoweit kein von der Beteiligung unabhängiges Recht zur Einlegung eines Rechtsmittels (vgl. zum VöI: Kopp/Schenke a.a.O. § 36 Rd. 3 und 5; § 63 VwGO Rd. 5 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg a.a.O.). Entsprechendes muss auch für die Beteiligung des Klägers durch Erhebung einer Klage gegen einen Bundesamtsbescheid gemäß § 6 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. AsylVfG gelten (Schenk a.a.O. Rd. 11). Ist die Beteiligung danach nicht rechtzeitig erfolgt, hat der Kläger also keine Frist versäumt, sondern nur den letzten Zeitpunkt verpasst, bis zu dem er seine Beteiligung hätte erklären können (Gau, a.a.O., 328 f). Die Verneinung der Beteiligungsbefugnis hat deshalb auch nichts zu tun mit der Frage einer etwaigen Verwirkung prozessualer Rechte oder mit sonstigen Zulässigkeitsfragen im Zusammenhang mit der Klagebefugnis, wie es die Hinweise des Klägers auf verschiedene gerichtliche Entscheidungen vermuten lassen könnten.

Allerdings ergibt sich nach Auffassung des VG Braunschweig (Urteil vom 11.01.1996 - 6 A 61055/95 -) aus § 6 Abs. 2 S. 3 AsylVfG, dass das Klagerecht "im Gegensatz zu der Befugnis ein Rechtsmittel einzulegen... nicht daran gebunden ist", dass sich der Kläger "zuvor am Verwaltungsverfahren beteiligt hatte". Da das Klagerecht nicht Folge einer bestehenden oder zugleich begründeten Beteiligteneigenschaft sei, könne die Zulässigkeit der Klage auch nicht mit dem Argument verneint werden, dass die Beteiligteneigenschaft nach Eintritt der Unanfechtbarkeit für die Beigeladenen nicht mehr durch Klageerhebung begründet werden könne. Diese Differenzierung überbewertet den Regelungsgehalt des § 6 Abs. 2 S. 3 AsylVfG und äußert sich vor allem nicht zu der sich dann aufdrängenden Frage, wie lange oder unter welchen Voraussetzungen der Kläger nach Eintritt der Bestandskraft noch klagen können sollte. Auch wenn das Rechtmittel des Klägers mangels Zustellung an ihn keiner eigenen Frist unterliegt, kann dies nicht bedeuten, dass er zeitlich unbegrenzt Rechtsmittel soll einlegen können, weil dies den Interessen der Hauptbeteiligten an endgültiger rechtlicher Klärung und damit dem öffentlichen Interesse an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit widerspräche (VGH Baden-Württemberg a.a.O.).

Richtig ist allerdings, dass § 78 Abs. 2 S. 1 AsylVfG anders formuliert ist als § 6 Abs. 2 S. 3 AsylVfG und die Befugnis zur Berufung nur für Beteiligte vorsieht. Dennoch kann - wie bereits ausgeführt - die hier erforderliche Beteiligung zeitgleich und konkludent mit Einlegung eines Rechtsmittels gegen die erstinstanzliche Entscheidung - und damit durch einen bis dahin Unbeteiligten - erklärt werden (BVerwG, Urteile vom 11.03.1983 und 28.09.1983 a.a.O.). In vergleichbarer Weise enthält die Klage i.S.d. § 6 Abs. 2 S. 3 AsylVfG zugleich eine Beteiligungserklärung, wenn diese zuvor noch nicht abgegeben wurde (Schenk a.a.O. Rd. 10). Dies ergibt sich zwangsläufig daraus, dass ein Kläger nicht eine Klage anhängig machen kann, ohne zugleich Beteiligter des entsprechenden Verfahrens zu werden. Daran ändert auch die in der Praxis übliche und vom BVerwG (Urteil v. 27.06.1995 a.a.O.) als zulässig erachtete Abgabe einer Generalbeteiligungserklärung gegenüber den Verwaltungsgerichten nichts, die vorab und unabhängig von einer später tatsächlich wahrgenommenen Beteiligung erfolgt. Diese Praxis wurde vom Gesetzgeber jedenfalls nicht vorausgesetzt und ist zudem nicht unumstritten (s.o., Gau a.a.O.; dazu Marx a.a.O. Rd. 8; Schenk a.a.O. Rd. 12 m.w.N.).

Darüber hinaus besteht hier das gleiche Bedürfnis nach Rechtssicherheit und -klarheit für die bis dahin Beteiligten wie nach Ergehen eines Urteils: Für den Fall, dass sich der Kläger im Verwaltungsverfahren noch nicht beteiligt hatte, müssen die Beteiligten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit auf den Bestand des Asylbescheides vertrauen können. Die Anfechtung einer verfahrensbeendenden Entscheidung zu einem Zeitpunkt, zu dem dies für die Beteiligten nicht mehr möglich wäre, kann für einen bisher Unbeteiligten nicht noch zulässig sein. Dies muss jedenfalls für den Kläger wie auch für andere Vertreter öffentlicher Interessen gelten, denen das Klage- und Beteiligungsrecht aufgrund Gesetzes zusteht, ohne dass sie eine eigene Rechtsverletzung geltend machen müssten. In beiden Fällen bedarf es keiner materiellen oder formellen Beschwer (Schenk a.a.O. Rd. 10).

Die vom Kläger aufgezeigten Bedenken, dass seine Beteiligungsbefugnis dann von Zufälligkeiten in der Postlaufzeit bzw. allein von der Arbeitsweise des Bundesamtes abhinge, zeigen, dass es ihm letztlich nur darum geht, durch Erlangung der Beteiligtenstellung zu erreichen, dass ihm die Entscheidungen des Bundesamtes bzw. des Gerichtes zuzustellen sind und für ihn eigene Rechtsmittelfristen in Gang gesetzt werden. Der Kläger hat es durch entsprechende Verfahrensweisen zunächst selbst in der Hand, dass Fallgestaltungen wie die vorliegende nicht vorkommen. Wäre die Beteiligung vor Erlass der verfahrensabschließenden Entscheidung erklärt, liefe auch für den Kläger eine "eigene" Klagefrist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.1995 a.a.O.). Darüber hinaus ließe sich das klägerische Ziel auch anderweit und mit vertretbarem Aufwand erreichen, ohne dass eine vorsorgliche Beteiligungserklärung für alle (künftigen) Verfahren abgegeben werden müsste (dazu Gau a.a.O. S. 329). Schließlich könnten auch die Verfahrensabläufe beim insoweit weisungsgebundenen Bundesamt im Sinne des klägerischen Anliegens geändert werden.

Sollte es nach alledem tatsächlich noch einmal zu einer verspäteten Beteiligungserklärung kommen, wäre dies im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen. Eine Herleitung abweichender Fristenregelungen für Klagen des Klägers kommt ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht in Betracht, da prozessuale Fristen gerade der Rechtssicherheit dienen, die ihrerseits ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit und damit eines Konstitutionsprinzips des Grundgesetzes ist (Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG, vgl. BVerfGE 60, 253, 267, 269 f m.w.N.). Ob in Anbetracht der aufgezeigten Möglichkeiten Anlass für eine Gesetzesänderung besteht, ist hier nicht zu entscheiden, erscheint aber auch nicht geboten (Gau a.a.O. S. 329).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Sie ist gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Ende der Entscheidung

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