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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 06.08.2003
Aktenzeichen: 15 A 311/02
Rechtsgebiete: SGB IX


Vorschriften:

SGB IX § 85
Die im Arbeitsrecht anerkannten Grundsätze zu den Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung (3-Stufen-Lehre) sind im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Zustimmungsverfahrens nicht unmittelbar anwendbar, jedoch kommt es zu einer gewissen Überschneidung des Prüfungsprogramms, da die zugrundeliegenden Erwägungen in gleicher Weise sachgerecht sind.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 15 A 311/02

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Schwerbehindertenrecht-Zustimmung zur Kündigung

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 15. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 6. August 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ...... als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Tatbestand:

Der Kläger, der schwerbehindert ist (GdB 50 %), wendet sich gegen die Zustimmung des Integrationsamtes des Beklagten zu seiner ordentlichen Kündigung seitens der Beigeladenen.

Der am 25.05.1949 geborene Kläger ist seit dem 10.04.1971 bei der Beigeladenen beschäftigt, zuletzt seit dem 01.03.1985 als Disponent in der Betriebsstätte ...... Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit November 1997 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Am 10.09.1998 wurde ihm von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt, die zunächst befristet war. Am 19.09.2000 wurde dem Kläger von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte dann eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Dauer bewilligt. Zusätzlich bezieht der Kläger eine Rente der Bauwirtschaft; insgesamt beliefen sich die Renten Anfang 2002 auf rund 1400 EURO.

Am 26.01.2002 beantragte die Beigeladene bei der Fürsorgestelle bzw. dem Integrationsamt des Beklagten, der außerordentlichen, hilfsweise der ordentlichen Kündigung des Klägers zuzustimmen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei seit mehr als vier Jahren arbeitsunfähig und beziehe inzwischen eine Erwerbsunfähigkeitsrente der BfA. In mehrfachen Gesprächen sei versucht worden, das durch die jahrelange Arbeitsunfähigkeit obsolete Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden. Eine Wiedergesundung des Klägers sei nach Lage der Dinge völlig ausgeschlossen, das Arbeitsverhältnis sei durch den Wegfall der Geschäftsgrundlage seines Sinnes und Zweckes entleert. Diese Versuche seien jedoch vergeblich gewesen. Der Kläger beharre auf Fortführung des Arbeitsverhältnisses. Seinem Wunsch nach Beschäftigung auf DM 630,-- - Basis könne und müsse nicht entsprochen werden. Es gebe keinen Arbeitsplatz für eine solche Geringverdiener-Beschäftigung im Unternehmen.

Der Beklagte holte eine Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt ....., ein. In dieser Stellungnahme wurden Bedenken gegen die Zustimmung erhoben und zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, es sei mit Arbeitslosigkeit zu rechnen. Auf die ungünstige Arbeitsmarktlage besonders für schwerbehinderte Arbeitnehmer werde hingewiesen.

Der Beklagte holte - über den Beigeladenen - Stellungnahmen des Betriebsrates und des Schwerbehindertenvertreters ein. Der Schwerbehindertenvertreter teilte mit Schreiben vom 12.03.2002 mit, er stimme der Kündigung des Klägers zu. Die Struktur der Firma ..... habe sich in den letzten eineinhalb Jahren so geändert, dass eine weitere Beschäftigung des Herrn .... nicht mehr möglich sei. Der Betriebsrat teilt in einer Stellungnahme vom 02.04.2002, die nicht näher begründet wurde, mit, der Betriebsrat stimme einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Herr .... zu.

Der Kläger sprach sich im Rahmen seiner Anhörung gegen eine Kündigung aus. Die Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung würden nicht vorliegen. Die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit sei durchaus möglich und werde auch angestrebt, zumal sich der Kläger in einem regenerationsfähigen Lebensalter befindet. Der Kläger werde eine entsprechende ärztliche Stellungnahme beibringen. Der Kläger wolle eine Teilzeittätigkeit im Betrieb der Beigeladenen aufnehmen. Seinen Vorstellungen zufolge komme eine Aufgabe in der Poststelle sowie eine körperlich leichte Bürotätigkeit in Frage. Soweit der Arbeitgeber vortrage, ein solcher Arbeitsplatz sei nicht vorhanden, treffe dies nicht zu. Sowohl das reformierte Schwerbehindertenrecht als auch das neue Teilzeit- und Befristungsgesetz hätten Rechtsansprüche auf Teilzeitplätze geschaffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme des Klägers vom 05.02.2002 Bezug genommen.

Der Beklagte holte - nach entsprechender Schweigepflichtsentbindung -eine Stellungnahme des von dem Kläger benannten Arztes - .... - ein. Dr.... teilte mit Schreiben vom 12.03.2002 mit, dass der Kläger aus medizinischer Sicht in absehbarer Zeit nicht wieder arbeitsfähig sein werde.

Mit Bescheid vom 08.04.2002 lehnte der Beklagte die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung ab.

Mit einem weiteren Bescheid vom 08.04.2002 wurde die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung erteilt. Zur Begründung wurde ausgeführt, da ein Zusammenhang zwischen Kündigung und Schwerbehinderung bestehe, treffe die Fürsorgestelle die Entscheidung nach freiem und pflichtgemäßen Ermessen. Dr. .... habe mitgeteilt, dass der Kläger aus medizinischer Sicht in absehbarer Zeit nicht wieder arbeitsfähig sein werde. Die Fürsorgestelle verkenne nicht das Interesse des Schwerbehinderten am Erhalt seines Arbeitsplatzes und auch die Bedenken der Arbeitsverwaltung hätten Beachtung gefunden. Jedoch würden die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitsgebers überwiegen. Der Arbeitgeber habe angegeben, dass der Arbeitsplatz von Herrn .... aufgrund der langjährigen Arbeitsunfähigkeit und damit verbundenen mangelnden Dispositionsfähigkeit des Unternehmens ersatzlos durch Umstrukturierung entfallen sei. Dem Wunsch des Schwerbehinderten nach einer Teilzeitbeschäftigung könne der Arbeitgeber nicht nachkommen, da solche Arbeitsplätze nicht vorhanden seien. Da auch nach Aussage des Arztes der Kläger in absehbarer Zeit nicht wieder arbeitsfähig sein werde, sei dem Arbeitgeber eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Schwerbehinderten "durchzuschleppen", wenn dies jeder wirtschaftlichen Vernunft widerspreche.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 15.04.2002 Widerspruch ein, den er mit Schreiben vom 27.05.2002 begründete. Die Fürsorgestelle habe ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt Die Entscheidung der Fürsorgestelle basiere auf eine unzureichenden ärztlichen Stellungnahme, die wiederum ihre Ursache in einer undifferenzierten Anfrage finde. In diesem Zusammenhang habe die Fürsorgestelle keine sachlich begründeten Feststellungen zur unstreitigen Tatsache getroffen, dass der Schwerbehinderte der Arbeitgeberin seine Arbeitskraft auf Teilzeitbasis angeboten habe und damit seinen Rechtsanspruch aus § 81 Abs. 5 SGB XI verwirklichen wolle. Die Einlassungen der Arbeitgeberin im Anhörungsverfahren ließen erkennen, dass die "krankheitsbedingten Gründe" nur willkommener Anlass der Kündigung des Schwerbehinderten sein sollten, der tatsächliche Hintergrund aber ein betriebsbedingter sei, wie die Reduzierung der Belegschaft von im Jahre 2000 ehemals rund 600 Arbeitnehmern auf - so die Arbeitgeberin - im Jahre 2001/2002 nur noch 300 Mitarbeiter zeige. Zu diesen tatsächlichen betriebsbedingten Kündigungshintergründen habe die Fürsorgestelle überhaupt keine Feststellungen getroffen, so dass bereits aus diesem Grunde der Bescheid aufzuheben sei, da die Fürsorgestelle erkennbar zu diesem Antragsbegehren überhaupt kein Ermessen ausgeübt habe. Die Fürsorgestelle habe den Vortrag der Arbeitgeberin ohne erkennbare Prüfung kritiklos übernommen und als wahr unterstellt. Sie stütze sodann ihre Entscheidungen auf die aus einem Satz bestehende ärztliche Erklärung Dr. ... vom 12.03.2003. Diese Erklärung sei für die zutreffende Entscheidung aber weder ergiebig noch ausreichend, da der behandelnde Arzt offensichtlich zur Teilzeitproblematik und zur Problematik "Schon-Arbeitsplatz" nicht befragt worden sei. Dies sei aber in Anbetracht des konkreten Vortrages des Klägers im Verfahren geboten gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Widerspruchsbegründung vom 27.05.2002 Bezug genommen.

Am 24.04.2002 kündigte die Beigeladene das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2002; diesbezüglich ist eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht .... anhängig, über die noch nicht entschieden worden ist.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2002 wies der Widerspruchsausschuss beim ..... den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, vorliegend gehe es um eine personenbedingte Kündigung, die deshalb erfolgen solle, weil der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen, im Zusammenhang mit der Behinderung stehenden Gründen auf Dauer nicht mehr in der Lage sei, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Maßgebend sei eine Interessenabwägung, die die Fürsorgestelle in nicht zu beanstandender Weise vorgenommen habe. Personenbedingte Kündigungen seien u.a. dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht mehr in der Lage sei, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Ein solcher Fall sei hier gegeben, wie sich aus der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. .... vom 12.03.2002 ergebe. Der Kläger habe vortragen lassen, dass er einen Leichtarbeitsplatz, z. B. in der Poststelle, ausfüllen könne, das Vorhandensein entsprechender Arbeitsplätze werde jedoch ohne jeglichen realen Hintergrund behauptet, konkrete Hinweise auf einen solchen Arbeitsplatz, der im Betrieb vorhanden sei und besetzt werden könnte, würden nicht erbracht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Widerspruchsausschuss habe der Vertreter der Arbeitgeberin vorgetragen, dass der Kläger neben der Erwerbsunfähigkeitsrente eine Zusatzrente der Bauwirtschaft erhalte, die Gesamtrente belaufe sich mithin auf rund 1.400,-- Euro. Dem Widerspruchsausschuss erschließe sich nicht, aus welchem Grunde der sozial weitestgehend abgesicherte Arbeitnehmer derart vehement einen Arbeitsplatz als geringfügig Beschäftigter begehre, nachdem er durch schlüssiges Handeln - wie von der Arbeitgeberin überzeugend dargelegt worden sei - die aktive Phase seines Arbeits- und Berufslebens als beendet angesehen habe. Ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nach § 81 Abs. 5 SGB XI könne nur dann realisiert werden, wenn die Erfüllung dem Arbeitgeber zumutbar und nicht mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sei. Das sei hier der Fall, weil mit der Schaffung eines Teilzeitarbeitsplatzes für den Widerspruchsführer das personalwirtschaftliche Konzept, das den Fortbestand des Gesamtbetriebes sichern solle, nach der inzwischen erfolgten Reduzierung der Mitarbeiterzahl und Umstrukturierung des Betriebes konterkariert würde.

Die Weiterbeschäftigung des Klägers sei hier nur noch in seinem sinnentleerten Arbeitsverhältnis möglich und dies sei der Arbeitgeberin nicht zumutbar. Außergewöhnliche Umstände, die für die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses sprechen könnten, seien nicht erkennbar.

Am 23.09.2002 hat der Kläger Klage erhoben.

Der Kläger trägt vor:

Die nach § 85 SGB IX erforderliche Zustimmung zur Kündigung sei zu Unrecht erfolgt. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Beigeladenen im Rahmen ihres Direktionsrechtes eine Umorganisation und dadurch die Zuweisung eines behinderten-gerechten Teilzeitarbeitsplatzes möglich und zumutbar gewesen sei. Die Interessenabwägung sei mithin ermessensfehlerhaft und deshalb aufzuheben. Zwar sei die Beigeladene nach der Rechtsprechung nicht dazu verpflichtet, einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen oder einen anderen Arbeitnehmer zu entlassen; zuzumuten sei dem Arbeitgeber aber, den Schwerbehinderten nach Möglichkeit umzusetzen, d. h. der vorhandenen Arbeitsplätze einen geeigneten anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, wobei das Bemühen um einen anderen Arbeitsplatz von fürsorgerischem Denken und Gefühlen getragen sein müsse. Dies sei hier nicht berücksichtigt worden. Es möge noch zutreffend sein, dass die vom Kläger zuletzt ausgeübte Funktion eines Disponenten in der Betriebsstätte .... mittlerweile durch Umorganisation entfallen sei. Dieser Umstand rechtfertige aber nicht die kritiklose Übernahme der Angaben der Beigeladenen. Der Kläger sei seit Beginn seiner Unternehmenszugehörigkeit in zahlreichen Betriebsstätten eingesetzt worden und sei flexibel einsetzbar. Der Anstellungsvertrag sehe einen Einsatz als "Angestellter" vor und vereinbare zugleich einen unternehmensweiten Einsatz. Es könne dem Kläger nun nicht abverlangt werden, dass er die organisatorischen Gegebenheiten in jeder Betriebsstätte der Beigeladenen aus eigener Anschauung kenne und folglich konkrete Einsatzwünsche äußern könne. In einem großen Unternehmen mit zahlreichen Betriebsstätten sei es vielmehr Sache der Beigeladenen, den Vortrag des Klägers dadurch zu widerlegen, dass substantiiert entgegnet werde. Dies sei nicht im Ansatz geschehen. Die Entscheidung der Beklagten basiere des Weiteren auf einer unzureichenden ärztlichen Stellungnahme, die wiederum ihre Ursache in einer undifferenzierten Anfrage finde. In diesem Zusammenhang habe die Beklagte keine sachlich begründeten Feststellungen zur unstreitigen Tatsache getroffen, dass der Kläger der Beigeladenen seine Arbeitskraft auf Teilzeitbasis angeboten habe und damit seinen Rechtsanspruch aus § 81 Abs. 5 SGB IX verwirklichen wolle. In Wirklichkeit gehe es hier um eine betriebsbedingte Kündigung, wie die Reduzierung der Belegschaft zeige. Hierzu habe die Beklagte aber überhaupt keine Feststellungen getroffen, so dass ihre Entscheidung schon deshalb ermessensfehlerhaft sei.

Die ärztliche Bescheinigung des Dr.... vom 12.03.2002 sei unzureichend und dies beruhe darauf, dass der behandelnde Arzt überhaupt nicht zur Teilzeitproblematik und zur Problematik eines "Schon-Arbeitsplatzes" befragt worden sei. Im Ergebnis sei festzustellen, dass die Ermessensentscheidung der Beklagten im Zusammenhang mit der personenbedingten Kündigung fehlerhaft sei.

Daneben seien Verfahrensfehler zu bemängeln. Zu beanstanden sei zunächst, dass der Beklagte nicht selbst die Stellungnahme des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung eingeholt habe, sondern insoweit die Beigeladene gebeten habe, die Hergabe der Stellungnahmen zu veranlassen. Es sei aufgrund dieser Verfahrensweise nicht ersichtlich, von welchem Sachverhalt der Betriebsrat bzw. der Schwerbehindertenvertreter bei der Zustimmung zur Kündigung ausgegangen sei.

Zu bemängeln sei vorliegend auch, dass hier lediglich eine Stellungnahme des für den Wohnort des Klägers zuständigen Arbeitsamtes eingeholt worden sei. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei der Zuständigkeit zweier Arbeitsämter (für den Wohnsitz des Beschäftigten und den Betriebssitz des Arbeitgebers) beide Arbeitsämter anzuhören seien (BVerwG, Urteil vom 11.1.1999, 5 C 23.99). Vorliegend sei der Betriebssitz des Arbeitgebers in ...., wie sich aus der Erklärung des Arbeitgebers vom 22.02.2002 (Bl. 55 ff. der Akten) ergebe und deshalb hätte das Arbeitsamt .... angehört werden müssen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Fürsorgestelle vom 08.04.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des ... vom 27.08.2002 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Begründung der Bescheide.

Die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, trägt vor:

In Wirklichkeit gehe es dem Kläger um eine Abfindung, die er in dem laufenden arbeitsgerichtlichen Verfahren durchsetzen wolle. Die Beigeladene stehe auf dem Standpunkt, dass es hier aufgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers um ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis gehe, das die Beigeladene nicht fortsetzen müsse. Es sei nicht hinnehmbar, dass Beschäftigte in der Unternehmensstatistik geführt würden, obwohl es in der Realität auf Dauer gar keinen Leistungsausschuss mehr gebe. Dies verfälsche die Statistik des Unternehmens. Dies wirke sich u.a. dahingehend aus, dass bei Entscheidungen, die von der Mitarbeiterzahl abhängen, von falschen Daten ausgegangen werde. Dies spiele z. B. eine Rolle, wenn bei der Frage von Kurzarbeit es darauf ankomme, dass ein Drittel der Belegschaft in Kurzarbeit gehe.

Was die Beteiligung des Arbeitsamtes angehe, sei zutreffender Weise das Arbeitsamt beteiligt worden, da dieses Arbeitsamt für die Betriebsstätte in .... allein zuständig sei. Das Arbeitsamt in .... habe sich in der Vergangenheit stets als unzuständig betrachtet. Es handele sich hier um eine im Handelsregister eingetragene Betriebsstätte in .... mit Leitung vor Ort. Die Personalverwaltung sei allerdings in der Zentrale in .... konzentriert.

Die Kammer hat den Rechtsstreit gemäß § 6 VwGO zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

Die Anfechtungsklage des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 08.04.2002 (Zustimmung zur ordentlichen Kündigung) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des .... vom 27.08.2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die gemäß § 85 SGB IX erforderliche Zustimmung zu der ordentlichen Kündigung des Klägers ist in formeller und materieller Hinsicht nicht zu beanstanden, vielmehr legt zur Überzeugung des Gerichts hier eine einwandfreie Ermessensentscheidung vor.

Gemäß § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Die Entscheidung über Erteilung der Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung ist eine Ermessensentscheidung, bei der die Interessen des betroffenen Arbeitgebers und die Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abzuwägen sind. Bei dieser Abwägung muss das Integrationsamt berücksichtigen, ob und inwieweit die Kündigung die besondere, durch sein körperliches Leiden bedingte Stellung des einzelnen Schwerbehinderten im Wirtschaftsleben berührt. Dagegen ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Integrationsamtes, bei der Entschließung die allgemeinen sozialen Interessen des einzelnen Schwerbehinderten als Arbeitnehmer zu wahren. Der besondere Schutz des § 85 SGB XI ist dem Schwerbehinderten nämlich zusätzlich zum allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutz gegeben. Das bedeutet, dass der Schwerbehinderte, wenn das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat, noch den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes in Anspruch nehmen und eine arbeitsgerichtliche Nachprüfung herbeiführen kann, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne dieses Gesetzes ist. Deshalb hat das Integrationsamt nicht - parallel zum Arbeitsgericht - über die Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu entscheiden. Bei der Entscheidung, ob die Zustimmung erteilt oder versagt werden soll, können vielmehr nur Erwägungen eine Rolle spielen, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 02.07.1992, 5 C 51.90; DVBl 1992, S. 1490 ff.). Dabei ist von besonderer Bedeutung, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind in einem solchen Fall an die im Rahmen der interessen-abwägenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigende Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber besonders hohe Anforderungen zu stellen, um auch den im Schwerbehindertenrecht zum Ausdruck kommenden Schutzgedanken der Rehabilitation verwirklichen zu können (BVerwG, Beschuss vom 16.06.1990, BVerwG 5 B 127.89; Urteil vom 19.10.1995, BVerwG 5 C 24.93). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Arbeitgeber bei behinderungsbedingten Problemen in Ausnahmefällen sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten Arbeitnehmer "durchzuschleppen", während andererseits die im Interesse der Schwerbehindertenfürsorge gebotene Sicherung des Arbeitsplatzes auf jeden Fall dort ihre Grenze findet, wo eine Weiterbeschäftigung des Schwerbehinderten allen Gesetzen wirtschaftlicher Vernunft widersprechen, insbesondere dem Arbeitgeber einseitig die Lohnzahlungspflicht auferlegen würde. In das Abwägungsmaterial ist dementsprechend - wenn die Kündigung auf behinderungsbedingte Leistungsdefizite gestützt werden soll - auch und vor allem einzustellen, welchen Umfang und welche Auswirkungen die Leistungsdefizite haben.

Das .... hat im Rahmen der Widerspruchsentscheidung eine derartige Abwägungsentscheidung getroffen, wobei von einer zutreffenden Tatsachenlage ausgegangen wurde und sachgerechte Erwägungen angestellt wurden. Die hier streitige Ermessensentscheidung, die nur im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Es liegen auch keine Verfahrensfehler vor, die zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide führen müssten.

Ohne Erfolg bemängelt der Kläger die Verfahrensweise bei der Einholung der Stellungnahmen der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrates. Gemäß § 87 Abs. 2 holt das Integrationsamt u. a. eine Stellungnahme des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung ein. Das ist hier geschehen, die entsprechenden Stellungnahmen des Schwerbehindertenvertreters und des Betriebsrates befinden sich bei den Akten. Der Umstand, dass das Integrationsamt hier im Interesse der Verfahrensvereinfachung nicht den Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung selbst angeschrieben hat, sondern der Beigeladenen aufgegeben hat, die entsprechenden Stellungnahmen beizubringen, ist rechtlich nicht zu beanstanden, da § 87 SGB XI eine solche praktische Handhabung der Einholung von Stellungnahmen nicht verbietet. Die Art und Weise, wie derartige Stellungnahmen eingeholt werden, überlässt das Gesetz vielmehr dem Integrationsamt. Vorliegend haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Stellungnahmen des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung, auf Manipulationen, Täuschung oder Irrtümern beruhen könnten bzw. dass diesen Gremien die Begründung für das Kündigungsbegehren nicht oder nicht vollständig zugänglich gemacht wurde. Anhaltspunkte für eine solche Annahme hat auch der Kläger nicht benannt. Dementsprechend besteht kein Anlass, die Art und Weise, wie die Stellungnahmen eingeholt wurden, zu beanstanden. In der Kommentarliteratur ist allerdings umstritten, ob die Einholung von Stellungnahmen im Zustimmungsverfahren dann entbehrlich ist, wenn der Arbeitgeber Stellungnahmen der Arbeitnehmervertretungen schon außerhalb des Verfahrens eingeholt und mit dem Antrag eingereicht hat, um das Verfahren zu beschleunigen (vgl. zum Streitstand hierzu Hauck/Noftz, SGB IX, § 87, Rd. 17). Bedenken werden hiergegen unter dem Gesichtspunkt erhoben, es bestünde weder Gelegenheit, auf neue innerbetriebliche Entwicklungen hinzuweisen, noch sei gewährleistet, dass der den Stellungnahmen der Arbeitnehmervertretungen zugrundeliegende Kenntnisstand mit der Begründung des Zustimmungsantrages des Arbeitgebers übereinstimme. In dem vorliegenden Fall wurden die in Rede stehenden Stellungnahmen von der Beigeladenen nicht bereits mit dem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung eingereicht, sondern die Initiative geht hier auf das Integrationsamt zurück, wobei die Beigeladene lediglich als Bote des Integrationsamtes eingeschaltet wurde. Gegen eine solche Verfahrensweise bestehen jedenfalls dann keine Bedenken - wie hier - keinerlei Anhaltspunkte für Manipulationen etc. bestehen.

Das erkennende Gericht folgt dem Kläger auch nicht in dessen Auffassung, ein Verfahrensfehler sei darin zu sehen, dass vorliegend keine Stellungnahme des für den Sitz der Beigeladenen in .... zuständigen Arbeitsamtes .... eingeholt worden sei. Vom Ausgangspunkt zutreffend verweist der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die Hauptfürsorgestelle bzw. jetzt das Integrationsamt in Fällen, in denen für den Sitz des Betriebes und den Wohnort des Schwerbehinderten verschiedene Arbeitsämter zuständig seien, von beiden Arbeitsämtern eine Stellungnahme einzuholen sei (vgl. hierzu BVerwGE 99, 262 ff.). Im vorliegenden Fall war indes nur das Arbeitsamt .... zu beteiligen, das für den Wohnsitz des Klägers und zugleich den Standort der hier in Rede stehenden Betriebsstelle in .... zuständig war. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich bei der "Betriebsstätte ...., wo zum Zeitpunkt der Kündigung 22 Beschäftigte tätig waren, um einen Betriebsteil handelt, der als selbständiger Betrieb gilt. Hinsichtlich des Betriebsbegriffs verweist § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IX auf das Betriebsverfassungsgesetz. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 gelten Betriebsteile als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz erfüllen (mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer, von denen drei wählbar sind) und durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind. Aufgrund der Erläuterungen, die der Vertreter der Beigeladenen hierzu in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei der Betriebsstätte .... um einen nach Aufgabenbereich und Organisation eigenständigen Betriebsteil handelt, der als selbständiger Betrieb gilt. Der Beigeladenenvertreter hat hierzu vorgetragen, es handele sich um eine im Handelsregister eingetragene Betriebsstätte mit Leitung vor Ort. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Auf diese Leitungsstruktur kommt es entscheidend an, denn ob mehrere räumlich getrennte arbeitstechnische Organisationseinheiten jeweils für sich und in ihrer Gesamtheit betriebsverfassungsrechtlich als Betrieb anzusehen sind, entscheidet sich nach der Beschaffenheit der Leitungsstruktur (BAG, Beschluss vom 14.05.1997, 7 ABR 52/96). Dass die Personalverwaltung hauptsächlich im Hauptsitz in .... angesiedelt ist, steht dieser Einschätzung nicht entgegen, denn es ist für einen Betriebsteil gerade typisch, dass er in die Organisation des Hauptbetriebes eingegliedert ist und nicht in jeder Hinsicht autark ist. Die Besonderheit eines Betriebsteils besteht gerade darin, dass er räumlich und organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt ist, dabei aber auf den Zweck des Hauptbetriebes ausgerichtet ist (BAG, Beschluss vom 09.12.1992, 7 ABR 15/92). Da wesentliche Funktionen des Direktionsrechtes hier vor Ort in .... ausgeübt werden, handelt es sich um einen eigenständigen Betriebsteil in dem vorstehend genannten Sinne. Für diese Einschätzung spricht im Übrigen auch der Umstand, dass für diesen Betriebsteil konsequenterweise auch ein eigener Betriebsrat gebildet wurde, was nicht erforderlich wäre, wenn es sich hier um einen unselbständigen Betriebsteil handeln würde. Soweit der Kläger zur Begründung seines Standpunktes auf das Antragsschreiben der Beigeladenen vom 22.02.2002 verweist, lassen sich aus diesem Schreiben keine zuverlässigen Schlussfolgerungen im Sinne des Klägers ziehen. In der Rubrik "Anschrift der Hauptverwaltung bei rechtlich nicht selbständigen Betriebsstellen oder Nebenbetrieben" wird zwar der Betriebssitz in .... angeführt, direkt danach wird aber auch der Werk- und Lagerplatz .... angeführt. Als Zahl der Beschäftigten wird in diesem Zusammenhang auch nur die Anzahl der in .... beschäftigten Personen - nämlich 22 Mitarbeiter - aufgeführt.

Im Übrigen hätte ein solcher Verfahrensfehler -wenn man ihn annähme- die Entscheidung offensichtlich nicht in der Sache beinflusst, so dass ein solcher Fehler gemäß § 42 SGB X unbeachtlich wäre. Auf die negativen Prognose bezüglich des Arbeitsmarktes hatte bereits das Arbeitsamt .... hingewiesen und die Richtigkeit dieser Einschätzung ist im Rahmen der Entscheidung nicht in Abrede gestellt worden; ein zusätzliches Gewicht hätte eine gleichlautende Stellungnahme des Arbeitsamtes .... daher nicht erlangt. Im Übrigen besteht hier die Besonderheit, dass der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig ist, eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht und deshalb dem Arbeitsmarkt gar nicht zur Verfügung stehen wird. Die Angaben des Arbeitsamtes haben deshalb hier ohnehin keinerlei Gewicht.

Auch soweit der Kläger die getroffene Ermessensentscheidung in der Sache bemängelt, folgt ihm das erkennende Gericht nicht, denn Ermessensfehler im Sinne des § 114 VwGO liegen nicht vor.

Das .... hat - wie zuvor bereits das Integrationsamt .... - das insoweit bestehende Ermessen und die für die Ermessensausübung maßgebenden Kriterien erkannt und hat eine auf zutreffende Erwägungen gestützte Entscheidung getroffen, die nicht zu beanstanden ist.

Der Widerspruchsausschuss des .... hat erkannt, dass es hier um eine personenbedingte Kündigung geht, bei der ein Zusammenhang zwischen Kündigung und Behinderung besteht, weil es hier um eine behinderungsbedingte dauernde Arbeitsunfähigkeit geht. Diesem Umstand wurde im Rahmen der Abwägung angemessen Rechnung getragen. Bei der Beurteilung einer personenbedingten Kündigung aufgrund einer Erkrankung/Arbeitsunfähigkeit ist es im Arbeitsrecht anerkannt, dass für diesen Regelungsbereich eine Prüfung in drei Stufen durchzuführen ist. Danach ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Anlass einer Langzeiterkrankung erst dann sozial gerechtfertigt, wenn eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegt - 1. Stufe - , eine darauf beruhende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen festzustellen ist - 2. Stufe - und eine Interessenabwägung ergibt, dass die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billiger Weise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen - 3. Stufe - (BAG Urteil vom 21.02.1992, 2 AZR 399/91). Dabei ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass im Falle einer krankheitsbedingten dauerhaften Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, Besonderheiten gelten. In den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Februar 1985 (2 AZR 72/84), vom 10. Dezember 1987 (2 AZR 515/87 und 28.02.1990 (2 AZR 401/89) wird ausgeführt, die krankheitsbedingte dauernde Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, berechtige den Arbeitgeber zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hierbei handele es sich nicht um eine Kündigung wegen Leistungsminderung infolge Krankheit, sondern um eine Kündigung wegen dauernder Unmöglichkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Sei das Arbeitsverhältnis als Austauschverhältnis auf Dauer erheblich gestört, weil mit immer neuen beträchtlichen Fehlzeiten und entsprechenden Lohnfortzahlungen zu rechnen sei, könne eine Kündigung sozialgerechtfertigt sein, weil dann die wirtschaftlichen Belastungen unter dem Gesichtspunkt einer ganz erheblichen Störung des Austauschverhältnisses von nicht absehbarer Dauer die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen könnten. Bei einem Arbeitsverhältnis, bei dem feststehe, dass der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen könne, sei schon aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis auf Dauer ganz erheblich gestört; die auf das jeweilige Arbeitsverhältnis bezogene unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung bestehe darin, dass der Arbeitgeber damit rechnen müsse, der Arbeitnehmer sei auf Dauer außerstande, die von ihm geschuldete Leistung zu erbringen. Vom Fehlen einer betrieblichen Beeinträchtigung könne nur ausgegangen werden, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers überhaupt keinen Wert hätte; einen solchen ungewöhnlichen Ausnahmetatbestand, der voraussetzen würde, der Arbeitgeber beschäftige überflüssige Arbeitnehmer, müsse der Arbeitgeber vortragen. Bei dauernder Unfähigkeit des Arbeitnehmers, die geschuldet Arbeitsleistung zu erbringen, liege die erhebliche betriebliche Beeinträchtigung auf der Hand.

Dieser im Arbeitsrecht anerkannte Grundsatz ist zwar in dem vorliegenden Fall, in dem es um den öffentlich-rechtlichen Schutz des Schwerbehinderten geht, nicht unmittelbar anwendbar, jedoch sind die dem zugrundeliegenden Erwägungen in Streitigkeiten der vorliegenden Art in gleicher Weise sachgerecht. Da es zum Teil auf ähnliche Erwägungen ankommt, kommt es gerade bei der Problematik der personenbedingten Kündigung wegen Krankheit/Arbeitsunfähigkeit zu einer gewissen Überschneidung des Prüfungsprogrammes. In der Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt die obergerichtliche Rechtsprechung dem Grunde nach die diesbezüglich entwickelten arbeitsrechtlichen Grundsätze und befasst sich ergänzend mit der Frage, ob aufgrund der spezifischen Belange des Behinderten ein weitergehender Schutz geboten ist (vgl. z. B. Hessischer VGH, Urteil vom 09.07.1991, 9 OE 2725/88 zur 3-Stufen-Prüfung; OVG NRW, Urteil vom 21.03.1990, 13 A 1605/90), während das Bundesarbeitsgericht andererseits bei der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Interessenabwägung auch die Schwerbehinderung berücksichtigt sehen will (BAG, Urteil vom 20.01.2000, 2a ZR 378/99). Wenn dabei stets der rechtliche Kontext berücksichtigt wird, in dem die diesbezüglichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, ist gegen eine derartige Vorgehensweise nichts einzuwenden. Dementsprechend ist es auch nicht zu beanstanden, dass sich die Zustimmungsentscheidung hier ausweislich der Begründung der Bescheide auch an der diesbezüglichen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung orientiert hat, die in den Bescheiden zwar knapp, aber zutreffend dargestellt wird. Die nach der ersten Stufe festzustellende negative Prognose ergibt sich hier aus dem Umstand, dass der Kläger seit Jahren arbeitsunfähig ist und eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Nach dem hier maßgebenden Zeitpunkt der Kündigung (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.01.1993, 5 B 80/92) bestand bereits eine jahrelange Arbeitsunfähigkeit und eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit war unabsehbar. Der behandelnde Arzt Dr. ...., den der Kläger insoweit selbst benannt hatte, hat hier unmissverständlich mit seiner Stellungnahme vom 12.03.2002 mitgeteilt, dass der Kläger aus medizinischer Sicht in absehbarer Zeit nicht wieder arbeitsfähig sein werde. An der Richtigkeit dieser Einschätzung besteht kein Zweifel, zumal die Indizwirkung der jahrelangen Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu berücksichtigen ist. Aus der Stellungnahme ergibt sich auch eindeutig, dass es hier um eine unabsehbare Arbeitsunfähigkeit geht, so dass der Hinweis des Klägers auf den Unterschied zwischen Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit nicht verfängt. Mit der genannten Stellungnahme wird die Anfrage des Integrationsamtes vom 15.02.2002 zwar sehr knapp, aber vollumfänglich, klar und unmissverständlich beantwortet. Die ärztliche Stellungnahme lässt auch keinerlei Raum für die Annahme, der Kläger könne teilweise arbeitsfähig sein bzw. arbeitsfähig im Rahmen eines Schonarbeitsplatzes, denn in diesem Falle wäre anzunehmen, dass der Arzt hierzu auch ohne gesonderte Nachfrage entsprechend differenziert hätte. Der Kläger ist auf diesen Gesichtspunkt mit gerichtlicher Verfügung vom 18.02.2003 hingewiesen worden und ihm ist anheim gestellt worden eine entsprechende Korrektur durch Dr. .... selbst einzuholen und vorzulegen. Ein entsprechendes Attest ist jedoch nicht vorgelegt worden, so dass das Gericht keinen Anlass hat, die Belastbarkeit der Stellungnahme des Dr. .... in Abrede zu stellen.

Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Kläger keinen Erfolg mit seinem Vorbringen betreffend Zuweisung einer geringfügigen Beschäftigung haben kann. Diesem Begehren musste die Beigeladene bereits deshalb nicht entsprechen, weil hier von einer dauernden vollständigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers auszugehen war (und ist) und dementsprechend eine Beschäftigung in Teilzeit oder auf einem Schonarbeitsplatz gar nicht in Frage kam. Im Übrigen hat auch hierzu der Beigeladene überzeugend vorgetragen, dass es zu dem maßgebenden Zeitpunkt gar keinen in Betracht kommenden Teilzeitarbeitsplatz in der Poststelle oder dergleichen gab. Es ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass sich aus der gebotenen Schwerbehindertenfürsorge keine Pflicht des Arbeitgebers herleiten lässt, einen neuen Arbeitsplatz für den Schwerbehinderten zu schaffen; erwartet werden kann vielmehr nur, dass im Rahmen der vorhandenen Arbeitsplätze ein geeigneter Arbeitsplatz zugewiesen wird, wobei das Bemühen um einen anderen geeigneten Arbeitsplatz von fürsorgerischem Denken und Fühlen getragen sein muss (BVerwG, Beschluss vom 11. September 1990, 5 B 63/90). Da hier kein konkreter Anlass für die Annahme besteht, dass die Beigeladene wahrheitswidrig das Vorhandensein entsprechender Arbeitsplätze verschwiegen hat bzw. in Abrede gestellt hat, wäre es Sache es Klägers gewesen, seinerseits konkrete Vorschläge für seine individuell behinderungsgerechte Weiterbeschäftigung bei seinem Arbeitgeber zu machen. Dazu reicht der bloße Vortrag, es müsse bei einem so großen Unternehmen der Baubranche einen behinderungsgerechten Arbeitsplatz geben, nicht aus (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 23.07.2003, 13 A 1605/89). Dies gilt gerade hier angesichts des Umstandes, dass sowohl der Schwerbehindertenvertreter als auch der Betriebsrat der Kündigung des Klägers in Kenntnis der diesbezüglichen Argumentation des Arbeitgebers zugestimmt haben und nicht etwa Zweifel angemeldet haben.

Ist dementsprechend von einer dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers auszugehen, der auch nicht durch eine Umsetzung innerhalb des Betriebes Rechnung getragen werden kann, so ist hier aufgrund des gestörten Austauschverhältnisses ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen (auf der 2. Stufe der Prüfung) auszugehen, da dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, ein derart sinnentleertes Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten. Im Rahmen der Güterabwägung (auf der 3. Stufe) ist es nicht zu beanstanden, dass hier die Abwägung zu Ungunsten des Klägers ausgegangen ist. Die Erwägungen, mit denen eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als zumutbar angesehen werden, sind zutreffend. Die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber wurde in diesem Zusammenhang nicht fehlerhaft bestimmt. Wie bereits ausgeführt worden ist, sind an die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber im Rahmen der abwägenden Ermessensentscheidung dann besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn die Kündigung behinderungsbedingt ist, um dem im Schwerbehindertenrecht zum Ausdruck kommenden Schutzgedanken der Rehabilitation verwirklichen zu können. Ob der Rehabilitationsgedanke im Rahmen der Abwägung letztlich ausschlaggebend ist, ist jedoch eine Frage der Umstände des Einzelfalles. Soweit das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, "in Ausnahmefällen" könne der Arbeitgeber sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten Arbeitnehmer "durchzuschleppen", bietet der vorliegende Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass hier ein solcher Ausnahmefall vorliegt. Es fällt zwar einerseits die jahrzehntelange Betriebszugehörigkeit des Klägers ins Gewicht, dieser Gesichtspunkt sowie generell der Gedanke der Rehabilitation wird jedoch deutlich überwogen durch den Umstand, dass der Kläger dauerhaft aus der aktiven Phase seines Arbeitslebens ausgeschieden ist und bis zur Erreichung der Altersgrenze von der Erwerbsunfähigkeitsrente leben wird. Vor diesem Hintergrund ist ein erhebliches Interesse des Klägers an der Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses, dass seit Jahren nicht mehr von einem Austausch von Leistung und Gegenleistung geprägt ist und dies auch in Zukunft nicht sein wird, nicht ersichtlich. In dieser Situation kann von dem Arbeitgeber nicht erwartet werden, den Schwerbehinderten "durchzuschleppen". Würde man im Hinblick auf die Schwerbehinderung in einem solchen Fall erwarten, dass das Arbeitsverhältnis "auf dem Papier" fortgesetzt wird, würde dies dem Rehabilitationsgedanken des Gesetzes für die Teilhabe und Integration behinderter Menschen eher schaden, denn die Bereitschaft der Arbeitgeber, Schwerbehinderte einzustellen, würde sinken, wenn man aufgrund der Schwerbehinderteneigenschaft quasi eine Unkündbarkeit auch in solchen Fällen herleiten würde, in denen es keinen nachvollziehbaren Grund für einen solchen spezifischen, über die allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzmechanismen hinausgehenden Schutz gibt.

Auch die übrigen vom Kläger vorgetragen Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Soweit der Kläger darauf verweist, es handele sich hier in Wirklichkeit um eine betriebsbedingte Kündigung, kann dahinstehen, ob hier die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung vorgelegen hätten. Tatsache ist, dass die Zustimmung des Integrationsamtes im Hinblick auf eine personenbezogene Kündigung beantragt wurde und hierüber nach den dafür maßgebenden Kriterien entschieden worden ist. Eine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung bedurfte es nicht, da - wie ausgeführt - in nicht zu beanstandender Weise eine Zustimmung zu der personenbedingten Kündigung erteilt werden konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es bestand kein Anlass die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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