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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 26.09.2001
Aktenzeichen: 16 B 66/01
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 52 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 16 B 66/01

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO -Versetzung-

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 16. Kammer - am 26. September 2001 beschlossen:

Tenor:

Das Verwaltungsgericht Schleswig erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Cottbus.

Gründe:

Die Verweisung beruht auf den §§ 83 S. 1 VwGO, 17 a Abs. 2 S. 1 GVG. Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Cottbus ergibt sich aus § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO.

Gemäß § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO ist für alle Klagen gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Der dienstliche Wohnsitz beurteilt sich nach der in § 15 Abs. 1 S. 1 Bundesbesoldungsgesetz - BBesG - enthaltenen Legaldefinition nach dem Sitz der Behörde oder nach dem Sitz der ständigen Dienststelle. Die Antragstellerin ist im vorliegenden Falle durch Versetzungsverfügung vom 9.8.2001 mit Wirkung vom 1.8.2001 zum BGSP Ost, BGS-Amt Frankfurt/Oder, BGSI Forst versetzt worden. Als Reisetag zuzüglich Dienstantritt ist der 27.8.2001 festgelegt worden. Da Widerspruch und Klage gegen eine Versetzungsverfügung gem. § 126 Abs. 3 Ziff. 3 BRRG keine aufschiebende Wirkung entfalten, ist zum Zeitpunkt des Einganges des vorliegenden Antrages bei Gericht (13.9.2001) der dienstliche Wohnsitz in Forst begründet gewesen.

Das Gericht folgt nicht der in der Rechtsprechung zu den Fällen der Versetzung in den Ruhestand, Abordnung und Versetzung vertretenen Gegenmeinung, wonach im Falle des Sofortvollzuges derartiger Verfügungen auf den bisherigen dienstlichen Wohnsitz abzustellen ist (VG Göttingen, Beschluss vom 4.7.1996 - 3 B 3196/96 -, NVwZ - RR 1996, 678; VG Darmstadt, Beschluss vom 14.7.1995 - 5 G 1063/95 -, NVwZ - RR 1996, 162, Bay. VGH, Beschluss vom 20.11.1984 - Nr. 3 CS 84 A 2389 - ZBR 1985, 210; letztlich offengelassen im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.5.1979 - 2 ER 401.79 - 310 Buchholz § 83 Nr. 11). Wortlaut, Zweck und Gesetzgebungsgeschichte des Gesetzes lassen keinen Zweifel daran, dass dasjenige Gericht für den Beamten oder Soldaten örtlich zuständig sein soll, das für ihn tatsächlich leicht erreichbar ist. Dieser Zielrichtung kommt es am nächsten, wenn auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse abgestellt wird, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. zum Zeitpunkt des Antrages bei Gericht herrschen (vgl. BT-Drs. 1094 S. 6). Anderenfalls wäre der rechtssuchende Beamte ggf. darauf angewiesen, seinen Antrag bei einem örtlich zuständigen Gericht zu stellen, in dessen Nähe er sich tatsächlich nicht mehr aufhält, weil die Versetzung sofort vollziehbar ist und er dieser als gesetzestreuer Beamter nachkommt. Das von der Gegenmeinung angeführte Argument, durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines statusverändernden Verwaltungsaktes könnte der Dienstherr die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmen und so den Schutzzweck des § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO zum Nachteil des rechtsschutzsuchenden Beamten unterlaufen, kann im vorliegenden Falle bereits deshalb keine Anwendung finden, weil es - wie ausgeführt - der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgrund der Regelung des § 126 Abs. 3 Ziff. 3 BRRG nicht bedarf. Darüber hinaus verkennt die Gegenmeinung, dass auch Beamte im Falle einer Anordnung der sofortigen Vollziehung einer sie betreffenden Regelung zunächst uneingeschränkt Folge zu leisten haben. Im Sinne des § 15 BBesG findet daher ein Wechsel des Dienstortes rechtlich statt. Die Gegenmeinung gelangt zu dem mit Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck nicht zu vereinbarenden Ergebnis, dass der Beamte bei dem für seinen früheren Dienstort zuständigen Gericht vorläufigen Rechtsschutz suchen und ggf. Klage erheben muss, wenn er gesetzestreu der mit Sofortvollzug ausgestatteten Versetzung Rechnung trägt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht - wie die Antragsgegnerin meint - aus der Regelung des § 52 Nr. 4 S. 2 VwGO. S. 2 der genannten Vorschrift enthält eine Ausnahme von der in § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO aufgestellten Regel insofern, als der Sitz der Behörde innerhalb des Gerichtsbezirks maßgebend sein soll in Fällen, in denen der Kläger (Antragsteller) keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde hat. Die Regel greift dann, wenn nicht die Ausnahme zutrifft. Die Ausnahme wiederum greift erst dann ein, wenn der Kläger (Antragsteller) keine der beiden Formen des Wohnsitzes im Zuständigkeitsbereich der Behörde hat (BVerwGE 58, 225, 229). Dies bedeutet mit anderen Worten, dass dann, wenn auch nur der private Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich der Behörde liegt, die Zuständigkeit des Gerichts in Anwendung des § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO und nicht in Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 52 Nr. 4 S. 2 VwGO zu bestimmen ist. So liegt es auch hier. Die Antragstellerin hat ihren privaten Wohnsitz in Lübeck und damit im Zuständigkeitsbereich des Grenzschutzpräsidium Nord. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der neue dienstliche Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich der den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassenden Behörde liegt oder nicht. Vielmehr ist nach der allein maßgeblichen Regelung des § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO darauf abzustellen, dass der dienstliche Wohnsitz der Antragstellerin im Bezirk des Verwaltungsgerichts Cottbus liegt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 S. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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