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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.10.2001
Aktenzeichen: 2 L 29/00
Rechtsgebiete: KAG, LVwG, GO


Vorschriften:

KAG § 6 Abs 2 S 1
LVwG § 108 Abs 3
LVwG § 11
GO § 7
1. Ein Gebührenbescheid muss die erlassene Behörde erkennen lassen. Stadtwerke sind keine kommunale Behörde.

2. Die mehrperiodische Verrechnung von Gewinnen und Verlusten ist regelmäßig unzulässig.


Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Verkündet am: 24. Oktober 2001

Aktenzeichen: 2 L 29/00

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Abwassergebühren

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer - vom 27. September 1999 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwassergebühren.

Mit Verbrauchsabrechnung der Stadtwerke X vom 31. Dezember 1997 wurde der Klägerin für den Abrechnungszeitraum vom 07. Januar 1997 bis 05. Januar 1998 ein Betrag in Höhe von 496,59 DM in Rechnung gestellt. Nach den Erläuterungen auf der Rückseite der Verbrauchsabrechnung sind Verbrauchsabrechnungen gleichzeitig Gebührenbescheide der Beklagten über die Erhebung von Abwassergebühren.

Aus einem bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Vermerk ergibt sich, dass die Verbrauchsabrechnungen für 1997 am 30. und 31. Januar 1998 durch Boten im Stadtgebiet verteilt bzw. zur Post gegeben wurden.

Gegen den Gebührenbescheid über die Erhebung von Abwassergebühren hat die Klägerin mit Schreiben vom 10. Februar 1998 - eingegangen bei der Beklagten am selben Tage - Widerspruch eingelegt, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1998 als unbegründet zurückgewiesen hat.

Die Klägerin hat am 23. März 1998 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:

Die Verrechnung von Verlustvorträgen (Gebührenunterdeckungen aus den Vorjahren) sei fehlerhaft. Nach der neueren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster mache der Umstand, dass Kosten nicht durch das Gebührenaufkommen der Vorperiode gedeckt worden seien, diese Kosten nicht zu solchen der Folgeperiode. Die Stadtwerke mögen darlegen, warum sich die Entdeckung von Kostenüberdeckungen und -unterdeckungen solange verzögert habe und warum in 1996 noch Kostenunterdeckungen aus der Zeit vor der Umwandlung des Regiebetriebes in einen Eigenbetrieb (zum 01. Januar 1995) herrührten. Des Weiteren sei darzulegen, warum die allgemeine Rücklage des Abwasserbetriebes nicht zum Ausgleich der Kostenüberschreitungen 1998 verwandt worden sei.

Die Stammkapitalverzinsung müsse bei dem Abwasserbetrieb verbleiben und müsse bei der Kostendeckung berücksichtigt werden. Zudem sei die halbjährliche Verzinsung der Anlagenzugänge bei der Zinsberechnung nicht mehr durchgeführt worden.

Die Hauptursache für den gestiegenen Gebührenerstattungsbedarf im Jahre 1998 liege in dem Anstieg der Betriebskosten (Hauptkostenstellen) um über 500.000,-- DM, der durch die gesunkene Kostenumlage in Höhe von knapp 470.000,-- DM weitgehend kompensiert werde.

Die Zuordnung der Personalkosten sei - jedenfalls teilweise - nicht nach Arbeitsaufzeichnungen erfolgt.

Es stelle sich die Frage, warum nicht die Ist-Abwassermenge des abgelaufenen Kalenderjahres der nächsten Vorkalkulation zu Grunde gelegt werde.

Die Klägerin hat beantragt,

den Gebührenbescheid für die Entsorgung von Abwasser für den Abrechnungszeitraum vom 07. Januar 1997 bis zum 05. Januar 1998 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1998 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert:

Die Berücksichtigung von Kostenunter- und -überdeckungen aus Vorjahren in einer Gebührenkalkulation für das folgende Jahr sei nach der Rechtsprechung zulässig. Als Verrechnungszeitraum sei ein variabler Zeitraum von bis zu fünf Jahren zuzulassen, der nach dem Ermessen des Einrichtungsträgers zu bestimmen sei. Ein Berechnungszeitraum von drei Jahren entspreche den minimalen praktischen Erfordernissen. Werde die Verrechnung von Überdeckungen auf mehrere Jahre ausgedehnt, resultiere aus einem solchen Verfahren insbesondere dann kein Nachteil für diejenige Gebührenzahlergeneration, die die Überdeckungen aufgebracht habe, wenn bei den jährlichen Vorkalkulationen der jeweilige kumulierte Stand der Gebührenausgleichsrücklage zinsmindernd berücksichtigt werde. Insgesamt würden durch diese Verfahrensweise sprunghafte Gebührenänderungen vermieden.

Die in der Handelsbilanz der Stadtwerke ausgewiesene allgemeine Rücklage stehe nicht zum Ausgleich von Vorjahresverlusten der zentralen Abwasserbeseitigung zur Verfügung. Die allgemeine Rücklage betreffe ausschließlich Versorgungszweige und nicht den Betriebszweig Abwasserbeseitigung.

Das Stammkapital stelle das von der Stadt in die eigenbetrieblich geführte Abwasserbeseitigung eingebrachte Eigenkapital dar. Dieses Eigenkapital sei nicht aus Gebührenüberdeckungen sondern aus Mitteln des allgemeinen Haushalts gebildet worden.

Mit der Verzinsung des Stammkapitals würden gebührenrechtlich keine Gewinne erzielt, vielmehr stelle die Stammkapitalverzinsung abgabenrechtlich Kosten dar. In gebührenrechtlicher Hinsicht sei lediglich die Frage relevant, ob eine in der Kalkulation als Kostenbestandteil berücksichtigte Eigenkapitalverzinsung den Vorschriften zur Ermittlung des zu verzinsenden Kapitals entspreche. Da eine allgemeine Rücklage des Abwasserbetriebes nicht vorhanden sei, stelle sich insoweit keine Zinsfrage. Sämtliche weiteren Rücklagen (aus kalkulatorischen Einnahmen, Gebührenausgleichsrücklage, Rücklage aus öffentlichen Zuschüssen) stellten Abzugskapital dar, das kalkulatorisch nicht zu verzinsen sei.

Stammkapitalzinsen als Kosten der Kapitalnutzung fielen in jeder Kalkulationsperiode an und seien nach dem Kostendeckungsbebot in die Gebührenkalkulation einzustellen.

Bei der Erhöhung der Betriebskosten und der Verminderung der Kostenumlage handele es sich im Wesentlichen nur um eine Verschiebung der Kostenausweisung innerhalb der Kostenstellenrechnung. Dies sei für die Gebührenhöhe von untergeordneter Bedeutung. Die Personalkostenzuweisung sei betriebswirtschaftlich nachvollziehbar auf der Basis von Leistungsaufschreibungen und Tätigkeitsanteilen der verschiedenen Kostenstellen bzw. Leistungsbereichen der Abwasserbeseitigung erfolgt. Der Verwaltungskostenbeitrag sei im Verhältnis der Primärkostensummen auf die Kostenstellen verteilt worden.

Der Wasserverbrauch werde auf der Grundlage des Vorjahresverbrauchs unter Berücksichtigung des bundesweiten Trends einschließlich der neu anzuschließenden Bürger und deren voraussichtlichen Inanspruchnahme der Abwassereinrichtung kalkuliert.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 27. September 1999 der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil es an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehle. Der der Gebührenbemessung zu Grunde liegende Gebührensatz verstoße gegen das Kostenüberschreitungsverbot und sei daher nichtig.

Die erforderlichen Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG seien regelmäßig im Rahmen einer Vorauskalkulation für eine Rechnungsperiode zu veranschlagen, um in einem weiteren Schritt unter Berücksichtigung der voraussichtlichen in Anspruch genommenen Leistungseinheiten die Gebührenhöhe durch Satzung festzulegen. Sofern bei Ablauf der jeweiligen Rechnungsperiode Abweichungen von den getroffenen Annahmen einträten, seien daraus sich ergebende (ungewollte) Über- oder Unterdeckungen - auch ohne dahingehende landesgesetzliche Regelung in Schleswig-Holstein - in die folgende Rechnungsperiode einzubeziehen. Mit dem Grundsatz der Periodengerechtigkeit sei unvereinbar, Unterdeckungen aus (mehreren) vergangenen Perioden in Form eines Verlustvortrages anzusetzen.

Die Beklagte hat am 17. März 2000 die Zulassung der Berufung gegen das ihr am 21. Februar 2000 zugestellte Urteil beantragt.

Der Senat hat durch Beschluss vom 16. Juni 2000 die Berufung zugelassen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und betont:

Der Senat habe in seinen Entscheidungen vom 13. Dezember 1993 (2 K 9/91) und 24. Juni 1998 (2 L 22/96) ausgeführt, dass Über- oder Unterdeckungen in die folgenden Rechnungsperioden einzubeziehen seien. Der Senat habe damit ausdrücklich den Plural verwandt, sähe mithin die grundsätzliche Möglichkeit der mehrperiodischen Verrechnung. In seinem Beschluss vom 03. März 2000 (2 M 59/99) habe der Senat zwar die Auffassung vertreten, dass der Ausgleich von in der Vergangenheit entstandenen Über- und Unterdeckungen regelmäßig bereits in der übernächsten Rechnungsperiode vorzunehmen sei. Sie, die Beklagte, sei jedoch der Auffassung, dass eine drei- bis fünfjährige Verrechnung noch als vertretbare Ausnahme vom Gebot der Leistungsbezogenheit angesehen werden könne, soweit der jährlich kumulierte Stand der Gebührenüberdeckungen (Gebührenausgleichsrücklage) als Abzugskapital gebührenmindernd bei der kalkulatorischen Zinsermittlung berücksichtigt werde.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer - vom 27. September 1999 die Klage der Klägerin in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass in der Gebührenausgleichsrücklage Gebührenüberschüsse in erheblichem Umfang angesammelt worden sein müssten, ergebe sich aus kürzlich erfolgten Gebührensenkungen. Die Stadt X habe nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts die Schmutzwassergebühr um 0,32 DM von 4,41 DM auf 4,09 DM gesenkt und damit offensichtlich aus Gründen der Gebührenstetigkeit angesammelte Kostenüberdeckungen aufgelöst. In den Kalkulationen finde ein Soll-Ist-Vergleich der Einnahmen nicht statt. Wäre dies der Fall gewesen, hätte dies wahrscheinlich dazu geführt, dass Gebührenerhöhungen unterblieben und die jetzt vorgenommenen Gebührensenkungen schon seinerzeit durchgeführt worden wären.

Im Übrigen trägt die Klägerin zur Gebührenstetigkeit, zur Selbstfinanzierung und Substanzerhaltung der Einrichtung, zur Gebührenausgleichsrücklage als Abzugskapital und zur Notwendigkeit von hilfsweisen Nebenrechnungen vor und rügt u.a. auch eine falsche Sachverhaltsdarstellung durch die Beklagte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Das Verwaltungsgericht hat sie daher zu Recht gemäß § 113 Abs. 1 VwGO aufgehoben.

Der "Gebührenbescheid über die Erhebung von Abwassergebühren" vom 31. Dezember 1997 ist schon aus formellen Gründen nichtig.

Gemäß § 1 Abs. 1 KAG sind die Gemeinden berechtigt, Gebühren zu erheben. Ein schriftlicher Gebührenbescheid muss gemäß § 108 Abs. 3 LVwG die erlassende Behörde erkennen lassen. Behörden der Gemeinden sind gemäß § 11 LVwG ihre durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes gebildeten Organe, die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausüben.

Organe von Städten waren in der hier maßgeblichen Fassung der Gemeindeordnung vor Inkrafttreten des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalen Verfassungsrechtes 1995 (GVBl. 1995, S. 35) am 01. April 1998 gemäß § 7 GO a. F. Stadtvertretung, Magistrat und der Bürgermeister. Zuständig für den Erlass von Gebührenbescheiden war gemäß § 60 Abs. 1 GO a. F. der Magistrat der Beklagten, vertreten durch den Bürgermeister (§ 71 Abs. 2 GO a. F.). Die Verbrauchsabrechnung vom 31. Dezember 1997 ist dagegen von den Stadtwerken X erstellt worden. Auf der Rückseite des Bescheides findet sich lediglich der Hinweis, dass die Verbrauchsabrechnungen gleichzeitig Gebührenbescheide der Stadt X über die Erhebung von Abwassergebühren sind. Auch daraus wird die ausstellende Behörde nicht ersichtlich. Erst in der Rechtsmittelbelehrung ist der Magistrat als die Stelle genannt, bei der der Widerspruch gegen den Gebührenbescheid zu erheben ist, also als Widerspruchsbehörde. Damit wird den Erfordernissen des § 108 Abs. 3 Satz 1 LVwG nicht genügt. Gebührenbescheide, die die ausstellende Behörde nicht erkennen lassen, sind gemäß § 113 Abs. 2 Nr. 1 LVwG nichtig. Der Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1998 weist zwar neben den Stadtwerken X den Magistrat als ausstellende Behörde aus, der nichtige Ursprungsbescheid wird dadurch aber nicht geheilt. Da er selbst nur die Regelung enthält, dass der Widerspruch zurückgewiesen wird, mithin vom Bestand des Ursprungsbescheides ausgeht (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urt. v. 28.10.1996 - 4 L 200/95 -), kann er nicht als erstmaliger Heranziehungsbescheid angesehen werden.

Zweifelhaft ist auch, ob aus der Verbrauchsabrechnung für den Empfänger hinreichend deutlich wird, dass ihm nicht nur Leistungen in Rechnung gestellt werden, sondern darüber hinaus, soweit ein Betrag für die Abwasserentsorgung gefordert wird, dies eine gebührenrechtliche Festsetzung verbunden mit einem Leistungsgebot ist. Aus der Vorderseite der Verbrauchsabrechnung ergeben sich diese Unterschiede nicht. Der geforderte Betrag für die Abwasserentsorgung steht unterschiedslos neben den Beträgen für die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser. Die Einzelbeträge sind zu einem Gesamtbetrag zusammengefasst, auf die Gesamtforderung werden Abschlagszahlungen angerechnet und so eine Restforderung ermittelt. Lediglich aus dem genannten Hinweis, der allerdings durch Einrahmung hervorgehoben wird, ergibt sich, dass die Verbrauchsabrechnung unterschiedliche Rechtsqualität haben soll.

Weitere Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides ergeben sich daraus, dass er vom 31. Dezember 1997 datiert und eine Abwassergebühr sowohl für einen Zeitraum des Jahres 1997 als auch für einen des Jahres 1998 erhoben wird. Nach § 16 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzung für die Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung in der Fassung der 1. Nachtragssatzung vom 11. Dezember 1996, in Kraft getreten am 01. Januar 1997 (BGS) gilt, soweit die Gebühr - wie hier - nach den durch Wasserzähler ermittelten Wassermengen erhoben wird, als Berechnungsgrundlage für den Erhebungszeitraum der Wasserverbrauch der Ableseperiode, die jeweils dem 31. Dezember des Kalenderjahres vorausgeht. Wann der Wasserzähler im vorliegenden Fall abgelesen wurde, ergibt sich aus den Akten nicht, notwendiger Weise müsste der Ablesetag vor dem Erlass des Bescheides liegen. Nach dem Bescheid werden Gebühren für den Zeitraum vom 07. Januar 1997 bis 05. Januar 1998 abgerechnet, der zum Zeitpunkt des Bescheiddatums noch nicht abgelaufen war. Es ist zu vermuten, dass der Bescheid rückdatiert wurde, was allein für seine Rechtmäßigkeit ohne Belang wäre.

Nach § 16 Abs. 2 BGS gilt allerdings als Berechnungsgrundlage für den Erhebungszeitraum der Wasserverbrauch der Ableseperiode, die jeweils dem 31. Dezember des Kalenderjahres vorausgeht. Erhebungszeitraum ist gemäß § 16 Abs. 1 BGS das Kalenderjahr. Bei wörtlicher Auslegung des § 16 Abs. 2 BGS ist demnach Berechnungsgrundlage für die Abwassergebühr eines Kalenderjahres die Abwassermenge, die jeweils vor dem 31. Dezember abgelesen wurde. Dies mag hinzunehmen sein, wenn die Verbrauchsmenge jeweils Ende Dezember abgelesen wird. Erfolgt die Ablesung des Wasserzählers dagegen schon bzw. erst im Januar, wie hier offensichtlich geschehen, ist nach § 16 Abs. 2 BGS die im Januar abgelesene Wassermenge maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Gebühr des gerade begonnen Jahres. Mit anderen Worten, die Klägerin hätte nach der Satzungsregelung auf der Grundlage des (erhöhten) Gebührensatzes für 1998 und der im Wesentlichen im Jahr 1997 verbrauchten Wassermenge zu einer Gebühr (allein) für das Jahr 1998 herangezogen werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Die Beklagte hat vielmehr den Verbrauch innerhalb der Ableseperiode unterschiedlichen Kalenderjahren zugeordnet und somit als Erhebungszeitraum nicht das Kalenderjahr, sondern die Ableseperiode angesehen. Dies ist sinnvoll, entspricht aber nicht der Regelung des § 16 BGS.

Rechtliche Bedenken bestehen schließlich auch dagegen, dass die Beklagte gemäß § 1 Abs. 1 a BGS die zentrale und dezentrale Schmutzwasserbeseitigung zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung zusammengefasst hat.

Wie der Senat bereits durch Urteil vom 26. März 1992 (2 L 167/91, Die Gemeinde 1992, 322) entschieden hat, liegt es im Organisationsermessen der Gemeinde zu bestimmen, was öffentliche Einrichtung ist und insbesondere welche technischen Anlagen zu dieser Einrichtung gehören. Diese Ermessensentscheidung ist sowohl beitragsrechtlich als auch gebührenrechtlich richtungsweisend. So können zum Beispiel Beiträge für die Herstellung von Grundstücksanschlüssen nur erhoben werden, wenn sie Teil der öffentlichen Einrichtung sind (Urt. des Senats vom 24.02.1999, 2 L 140/97, NordÖR 1999, 310). Auch kommt nur in diesem Fall eine Abschreibung vom Herstellungsaufwand und Verzinsung des aufgewandten Kapitals in Betracht. Den Gemeinden steht es frei, zum Beispiel getrennte Entwässerungssysteme gleicher Funktion, soweit sie in Arbeitsweise und in ihren Arbeitsergebnissen vergleichbar sind, zu einer öffentlichen Einrichtung zusammenzufassen, mit der Folge, dass Entwässerungsabgaben nach einheitlichen Sätzen erhoben werden (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 24.05.1989, - 9 L 3/89 -, Die Gemeinde 1990, S. 29). Selbst funktional unterschiedliche Entwässerungssysteme wie die leitungsgebundene Schmutz- und die Grundstücksoberflächenentwässerung können rechtlich zu einer öffentlichen Einrichtung zusammengefasst werden (Urt. des Senats v. 18.02.1997 - 2 L 165/95 -) und die Benutzer auf der Grundlage einheitlicher Gebührensätze herangezogen werden, soweit nicht das Äquivalenzprinzip oder der Gleichheitssatz verletzt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.03.1985 - 8 B 11/84 -, KStZ 1985, 129 u. Urt. v. 20.12.2000 - 11 C 7.00 -, DVBl. 2001, 488 zur Abfallgebühr). Andererseits sind die Gemeinden in den genannten Fällen nicht gehindert, rechtlich getrennte öffentliche Einrichtungen zu bilden, mit der zwangsläufigen Folge, dass auch getrennte Beitrags- und Gebührensätze zu ermitteln sind. Dies folgt schon daraus, dass gemäß § 8 Abs. 1 KAG und § 6 Abs. 2 KAG Beiträge und Gebühren zur Deckung der Aufwendungen bzw. Kosten der jeweiligen öffentlichen Einrichtung bestimmt sind. Einrichtungsfremde Aufwendungen und Kosten sind deshalb von vornherein auszugliedern.

Vor diesem Hintergrund ist es unzulässig, die zentrale und dezentrale Schmutzwasserbeseitigung zu einer öffentlichen Einrichtung zusammenzufassen (so auch OVG Lüneburg, Urt. v. 22.09.1989 - 9 L 57/89 -, Die Gemeinde 1990, 256). Die zentrale Schmutzwasserbeseitigung bietet nur den Grundstückseigentümern Vorteile, die an die leitungsgebundene Einrichtung angeschlossen sind, während die Grundstückseigentümer, die ihre Abwässer über Hauskläranlagen oder Sammelgruben entsorgen, ausschließlich Vorteile von der dezentralen Entsorgung haben. Diese unterschiedliche Vorteilssituation und die fehlende Vergleichbarkeit der Entsorgungssysteme schließt von vornherein die Zusammenfassung zu einer öffentlichen Einrichtung aus.

Ein Vollbeitrag kann für eine solche Einrichtung nicht entstehen, weil entweder nur die Möglichkeit der Inanspruchnahme der zentralen oder dezentralen Entwässerung besteht. Teilbeiträge können bis zur endgültigen Herstellung der Einrichtung, und damit bis zur Entstehung des Vollbeitrags, für selbstständig nutzbare Teile von Einrichtungen erhoben werden (§ 8 Abs. 4 Sätze 1 u. 2 KAG). Die "Schmutzwasserkanalisation", das heißt das Leitungssystem, ist kein selbstständig nutzbarer Teil. Entsprechendes gilt aus Sicht der Grundstückseigentümer, deren Grundstücke an die zentrale Schmutzentwässerung angeschlossen sind, für das Klärwerk. Selbstständigkeit kommt dem Klärwerk nur im Rahmen der dezentralen Entwässerung zu, soweit seine Anlagen (auch) der dezentralen Entwässerung dienen. Soweit Anlagenteile des Klärwerks allein der dezentralen Entwässerung dienen, zum Beispiel Anlagen zur Vorbehandlung des aus Hauskläranlagen oder Sammelgruben abgefahrenen Abwassers und Klärschlamms, können sie nur Teil der dezentralen Entsorgung sein. In diesem Fall ist ein einheitlicher "Klärwerksteilbeitrag" sowohl für die zentrale als auch die dezentrale Entsorgung nicht denkbar. Aus gebührenrechtlicher Sicht kann zwar dieselbe Einrichtung unterschiedliche Leistungen anbieten und bei tatsächlicher Inanspruchnahme für jede Leistung eine besondere Gebühr erhoben werden, dies rechtfertigt aber keine unterschiedliche Betrachtungsweise des Einrichtungsbegriffs im Beitrags- bzw. Gebührenrecht.

Die Zusammenfassung der zentralen und der dezentralen Abwasserbeseitigung zu einer Einrichtung ist mithin willkürlich und zudem sinnlos, weil - davon geht auch die Beklagte aus - ohnehin getrennte Aufwands- und Kostenermittlungen durchzuführen und unterschiedliche Beitrags- und Gebührensätze zu ermitteln sind. Schließlich unterscheidet auch der Gesetzgeber leitungsgebundene Einrichtungen von dezentralen, wie sich aus § 8 Abs. 3 Satz 1 und § 9 KAG ergibt. Soweit sich den Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 16. Oktober 1992 (2 L 228/91, Die Gemeinde 1993, 184) Gegenteiliges entnehmen lässt, hält der Senat daran nicht mehr fest.

Rechtsfolge des Fehlgebrauchs des Organisationsermessens ist regelmäßig, dass Beitrags- und Gebührenbescheide rechtswidrig sind. Auch eine "richtige" Kalkulation, das heißt im vorliegenden Fall die kalkulatorische Trennung von zentraler und dezentraler Entsorgung, vermag den Fehlgebrauch des Ermessens nicht zu heilen. Das Gericht ist gehindert, anstelle des zuständigen Trägers der Einrichtung seinerseits eine Ermessensentscheidung zu treffen. Anders wäre der Fall nur zu beurteilen, wenn der Träger rückwirkend sein Ermessen nur in einer bestimmten Weise ausüben könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zum einen kommt grundsätzlich die Zusammenfassung der zentralen Schmutzentwässerung und zentralen Niederschlagswasserbeseitigung zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung in Betracht. Dem steht nicht entgegen, dass die Bildung einer selbstständigen Einrichtung Niederschlagswasserbeseitigung - wie vorliegend geschehen - rechtlich nicht zu beanstanden ist. Gemäß § 2 Abs. 2 KAG kann eine Satzung auch mit Rückwirkung erlassen werden, wenn sie eine (teilweise) rechtswirksame Satzung ersetzt. Ob dadurch rückwirkend in bestehende abstrakte Gebührenschuldverhältnisse eingegriffen werden kann, ist eine andere Frage. Ein Ermessensspielraum besteht im vorliegenden Fall aber auch deshalb, weil - wie aus § 1 Abs. 2 BGS ersichtlich ist - im Gebiet der Beklagten getrennte leitungsgebundene Schmutzentwässerungssysteme vorhanden sind. Ansonsten wäre die Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 BGS, dass zur Teileinrichtung "Klärwerk" auch die öffentlichen Gruppenkläranlagen gehören, unverständlich. Der Gemeinde stünde es deshalb frei, insoweit rückwirkend rechtlich verschiedene öffentliche Einrichtungen zu bilden, wenn nicht wegen der unterschiedlichen Arbeitsergebnisse und Arbeitsweisen der Systeme, das heißt des Klärwerks einerseits und der öffentlichen Gruppenkläranlagen andererseits, eine rechtliche Trennung geboten ist.

Die angefochtenen Bescheide sind aber auch aus den Gründen des Urteils des Verwaltungsgerichts rechtswidrig.

Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 1993 (2 K 9/91, Die Gemeinde 1994, 134) ausgeführt, dass nach den Grundsätzen der Einnahmebeschaffung in § 76 GO und der Kostendeckung sowohl Gebührenüberdeckungen als auch Unterdeckungen bei der nächsten Gebührenkalkulation nach Entdeckung solcher Abweichungen zu berücksichtigen sind. Diese Rechtsprechung hat er mit Urteil vom 24. Juni 1998 (2 L 22/96, NordÖR 1998, 351) dahingehend modifiziert, dass Kosten, die nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt wurden, nicht erstmals in folgenden Rechnungsperioden als Unterdeckung berücksichtigt werden können. Die nächste Gebührenkalkulation nach Entdeckung der Kostenabweichungen ist regelmäßig die für die übernächste Rechnungsperiode, weil das Betriebsergebnis einer Rechnungsperiode erst im Laufe des Folgejahres vorliegt. Dieser zeitliche Ablauf klärt, warum der Senat unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 13. Dezember 1993 (a.a.O.) im Urteil vom 24. Juni 1998 (a.a.O.) unter Verwendung auch des Plurals ausgeführt hat, ungewollte Über- und Unterdeckungen seien - auch ohne dahingehende landesrechtliche Regelung - in die folgende(n) Rechnungsperiode(n) einzubeziehen. Mit Beschluss vom 03. März 2000 (2 M 59/99, Die Gemeinde 2000, 143) hat der Senat klargestellt, dass ohne gesetzliche Grundlage ein über mehrere Jahre verteilter Ausgleich nur bei Vorliegen besonderer Umstände überhaupt in Betracht kommen kann. Daran ist festzuhalten.

Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass die Beklagte einen Verlust aus dem Jahre 1994, soweit es sich nach den kalkulatorischen Ansätzen um eine ungewollte Unterdeckung handeln sollte, bereits in die Kalkulation für die Rechnungsperiode 1996 hätte einstellen müssen. Die erstmalige Aktivierung eines Verlustes des Jahres 1994 für das Rechnungsjahr 1997 war mithin rechtswidrig. Dem lässt sich nicht entgegen halten, nur ein Verrechnungszeitraum von mindestens drei Jahren entspreche den praktischen Bedürfnissen. Auch bei einem Ausgleich (nur) in der übernächsten Rechnungsperiode wird dem Kostendeckungsprinzip und den Einnahmegrundsätzen Rechnung getragen. Eine Verrechnung auf mehrere Jahre kann zwar Gebührensprünge verhindern bzw. abmildern, wie das Verwaltungsgericht aber zutreffend ausgeführt hat, findet sich in § 6 KAG kein Anhaltspunkt für eine Verrechnung auf mehrere Folgejahre allein aus Gründen der Stetigkeit der Gebührenhöhe. Auch ein Ausnahmefall im Sinne der Entscheidung des Senats vom 03. März 2000 (a.a.O.) ist nicht gegeben. Besondere Umstände, die ausnahmsweise zur Zulässigkeit einer mehrjährigen Verrechnung führen können, sind danach tatsächliche und rechtliche Änderungen von einschneidender Bedeutung für den Gebührenhaushalt, nicht dagegen Abweichungen des Betriebsergebnisses von den kalkulatorischen Ansätzen, die nicht zu vermeiden sind. Im Übrigen hat die Beklagte die sog. Unterdeckung des Jahres 1994 in Höhe von 93.000,-- DM nicht auf mehrere Folgejahre verteilt, sondern - verrechnet mit der für 1996 seinerzeit erwarteten Überdeckung - in Höhe des Differenzbetrages in vollem Umfang in der Kalkulation für das Jahr 1997 berücksichtigt.

Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich auch nicht aus der von der Beklagten geübten Handhabung des Abzugs der (positiven) Gebührenausgleichsrücklage vom zum verzinsenden Kapital. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich dies nur positiv für den Gebührenschuldner auswirkt, wenn in den Vorjahren Überschüsse erzielt wurden. Im vorliegenden Fall hat ein derartiger Abzug in den Kalkulationsjahren 1997 und 1998 nicht stattgefunden, weil ein Gebührenüberschuss nicht vorhanden war. Weiterhin ist die Behandlung von Gebührenüberschüssen aus Vorjahren als Abzugskapital kein Ausgleich für die Rückführung der gesamten Überdeckung des Vorjahres in den Gebührenhaushalt des Folgejahres. Sollte der Gesetzgeber durch Rechtsänderung zukünftig aus Gründen der Gebührenstetigkeit einen Ausgleich über mehrere Jahre zulassen, stellt sich allerdings die Frage, ob es nicht zwingend geboten ist, eine aus Überschüssen angesammelte Gebührenausgleichsrücklage vom zum verzinsenden Kapital abzusetzen, soweit sie im Kalkulationsjahr nicht zur Kostendeckung verwandt wird und ob es gerechtfertigt ist, Verluste, die (noch) nicht aktiviert werden, zinsmäßig zu berücksichtigen.

Zu einer anderen Betrachtungsweise würde man nur kommen, wenn die Beklagte die Unterdeckung des Jahres 1994 bereits im Rahmen der Kalkulation für das Jahr 1996 berücksichtigt hätte und der in der Kalkulation für das Jahr 1997 angegebene Verlust "das Jahr 1994 betreffend" in Wirklichkeit der Betrag ist, der trotz Einstellung der Unterdeckung aus 1994 in die Kalkulation für 1996 weder 1995 noch im laufenden Jahr 1996 ausgeglichen werden konnte. In diesem Fall wäre lediglich die Darstellung in den Kalkulationen für 1997 und 1998 irreführend. Tatsächlich wäre dann der Verlust des Jahres 1994 eine Unterdeckung des Jahres 1996. Dies folgt daraus, dass nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats die Unterdeckung des Vorjahres als Kostenposition in die Kalkulation des Folgejahres eingestellt werden kann. Wird im Folgejahr unter Berücksichtigung der zulässigerweise eingestellten Unterdeckung wiederum keine Kostendeckung erreicht, stellt ein Fehlbetrag die Unterdeckung im Folgejahr dar. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung folgendes vorgetragen: Im Jahre 1995 habe man zum 01. Januar 1995 einen Stand der Gebührenausgleichsrücklage für die Abwasserentsorgung insgesamt (zentrale und dezentrale Schmutzwasserbeseitigung sowie Regenentwässerung) in Höhe von ca. minus 850.000,-- DM ermittelt. Dieser Betrag habe sich aus Überdeckungen der Jahre 1989 bis 1992 in Höhe von ca. 900.000,-- DM und Unterdeckungen der Jahre 1993 und 1994 in Höhe von ca. 1,75 Millionen errechnet, wobei die Unterdeckung des Jahres 1994 ca. 550.000,-- DM betragen habe. Aufgeteilt auf die einzelnen Entwässerungsbereiche im Verhältnis der angefallenen zwischenkalkulierten Kosten habe sich für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung eine Unterdeckung von ca. 621.000,-- DM ergeben. Wie aus der Zinsberechnung ersichtlich sei, habe man im laufenden Jahr (1995) mit Überdeckungen in Höhe von 406.000,-- DM (für die Entwässerungsbereiche insgesamt) gerechnet, tatsächlich aber ca. 528.000,-- DM allein für die (zentrale) Schmutzentwässerung erzielt, so dass der Stand der Unterdeckung zum 01. Januar 1996 ca. 93.000,-- DM (zentrale Schmutzentwässerung) betragen habe. Dieser Betrag ist dann auch - abzüglich einer für 1996 erwarteten Überdeckung in Höhe von ca. 62.000,-- DM - in die Kalkulation der Gebühr für die zentrale Schmutzentwässerung des Jahres 1997 eingeflossen.

Dieser Vortrag macht deutlich, dass der in der Kalkulation 1997 als "Unterdeckung aus dem Jahr 1994" bezeichnete Betrag nicht die tatsächliche Unterdeckung des Jahres 1994 widerspiegelt, sondern den auf den Bereich zentrale Schmutzentwässerung entfallenden Betrag darstellt, der sich per Saldo auf der Grundlage der Über- und Unterdeckungen der Jahre 1989 bis einschließlich 1995 errechnet. Wie aus der Kalkulation für das Jahr 1996 ersichtlich, hat die Beklagte für dieses Jahr keine Unterdeckungen aus Vorjahren berücksichtigt, sondern bezogen auf die Rechnungsperiode 1996 eine kostendeckende Gebühr kalkuliert und einen entsprechenden Gebührensatz in der Satzung festgelegt. Nach der Rechtsprechung des Senats wäre es seinerzeit zulässig gewesen, die Unterdeckung des Jahres 1994, die sich nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung für sämtliche Entwässerungsbereiche auf ca. 550.000,-- DM belief, anteilsmäßig bei der Gebührenbemessung für die zentrale Schmutzentwässerung zu berücksichtigen. Darauf hat die Beklagte jedoch verzichtet und darüber hinaus vom zum verzinsenden Kapital die für das laufende Jahr erwartete Überdeckung in Abzug gebracht. Dies ist auch nicht deshalb geschehen, weil die Beklagte erwartet hat, durch die voraussichtlich für 1995 dem Bereich der zentralen Schmutzentwässerung zuzuordnende Überdeckung in Höhe von ca. 174.000,-- DM werde die nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung ermittelte Unterdeckung aus Vorjahren in Höhe von ca. 621.000,-- DM ausgeglichen. Vielmehr hatte die Beklagte erstmals für das Jahr 1997 einen Ausgleich angestrebt, obwohl nach dem Betriebsergebnis 1995 nicht nur - wie im Jahre 1995 erwartet - ca. 174.000,-- DM Überdeckung, sondern ca. 528.000,-- DM erzielt wurden und damit der Verlust des Jahres 1994 (Anteil von 550.000,-- DM) mehr als ausgeglichen war. Der somit nachgeholte Ausgleich eines Verlustes aus den Jahren 1993/94 war - wie oben ausgeführt - verspätet. Insoweit gilt für den Verlustausgleich nichts anderes als für Kosten, die nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt wurden. Auch diese Kosten können nicht erstmals in folgenden Rechnungsperioden als "Unterdeckung" berücksichtigt werden (vgl. Urt. des Senats vom 24.06.1998, 2 L 22/96 a.a.O.).

In Folge der Verrechnung der Verluste aus Vorjahren mit dem für 1996 erwarteten Überschuss ist allerdings hier ein Verlust nur in Höhe von ca. 31.000,-- DM in die Gebührenbedarfsberechnung für 1997 eingeflossen, so dass sich die Frage stellt, ob dieser Betrag, der nur ca. 5 Promille der Gesamtkosten ausmacht, nicht unter die Bagatellgrenze fällt (vgl. hierzu Urt. des Senats vom 24.06.1998, a.a.O.). Die Bagatellgrenze kann jedoch keine Anwendung finden, weil entgegen der Entscheidung des Senats vom 13. Dezember 1993 (a.a.O.) Verluste aus den Jahren 1993/94 erstmals in 1997 aktiviert wurden. Insoweit handelt es sich um eine bewusste Kostenüberschreitung.

Entsprechendes gilt für die Kalkulation des Gebührensatzes für das Jahr 1998. Zu bemerken ist, dass in diese Kalkulation kein Gewinn aus dem Jahre 1996, sondern ein Verlust in Höhe von ca. 76.000,-- DM eingestellt wurde. Dagegen ist nach den obigen Ausführungen nichts einzuwenden, auch wenn noch Ende 1996, zum Zeitpunkt der Kalkulation für das Jahr 1997, von einem Überschuss in Höhe von ca. 62.000,-- DM ausgegangen wurde. Daneben ist aber (wiederum) der "Verlust aus 1994" in Höhe von ca. 93.000,-- DM und ein (wohl erwarteter) Verlust aus dem Jahre 1997 in Höhe von ca. 15.000,-- DM berücksichtigt worden, sodass insgesamt über 185.000,-- DM als "Ausgleichunterdeckung aus Vorjahren" in Ansatz gebracht wurden. Ob der Einrichtungsträger, der die Entwicklung im laufenden Jahr bei der Ermittlung kalkulatorischer Ansätze für das Folgejahr zu berücksichtigen hat, auch prognostizierte Über- oder Unterdeckungen in die Kalkulation einbeziehen sollte, bedarf keiner Entscheidung. Erforderlich ist die Einbeziehung von Über- und Unterdeckungen nach der Rechtsprechung des Senats erst dann, wenn sie anhand des Betriebsergebnisses feststehen. Der vorliegende Fall zeigt, dass vorher verlässliches Zahlenmaterial nur auf Grund einer sorgfältigen vorläufigen Nachkalkulation zu ermitteln wäre, die einen Aufwand erfordert, der in Anbetracht der Größenordnung der regelmäßig auftretenden Über- und Unterdeckungen unverhältnismäßig ist und deshalb auch nicht aus Gründen der Leistungsbezogenheit der Gebühr zu fordern ist.

Folge der rechtswidrigen Einstellungen von Unterdeckungen aus Vorjahren in die Kalkulation des Gebührensatzes der Folgejahre ist, dass der jeweilige Gebührensatz wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot nichtig ist, mithin nicht Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu einer Gebühr sein kann.

Zu den übrigen Einwänden der Einwenden der Klägerin brauchte der Senat - wie das Verwaltungsgericht - keine abschließende Stellung zu nehmen. Angemerkt sei nur, dass eine Verwendung der allgemeinen Rücklage der Stadtwerke zum Verlustausgleich der Einrichtung Schmutzwasserbeseitigung nicht in Betracht kommt. Die Klägerin verkennt, dass es sich bei den Ver- und Entsorgungsbetrieben der Stadtwerke um mehrere öffentliche Einrichtungen handelt und eine Quersubventionierung der einen durch die andere Einrichtung unzulässig ist. Die "Verzinsung des Stammkapitals" ist nicht zu beanstanden. Klarzustellen ist allerdings, dass es gebührenrechtlich nicht um die Verzinsung des Stammkapitals der Beklagten am Eigenbetrieb, das wohl vertraglich auf 2 Millionen festgelegt wurde, sondern um die Verzinsung des aufgewandten Kapitals im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 KAG geht, das um Abzugskapitalien zu vermindern ist (vgl. z.B. § 6 Abs. 2 Satz 6 KAG). Gebührenrechtlich ist unerheblich, ob die Schmutzentwässerung als Regie- oder als Eigenbetrieb geführt wird. Gegen die Art und Weise der Berechnung des danach zu verzinsenden Kapitals ist nichts zu erinnern. Eigentlich wäre ein Eigenkapital in Höhe von ca. 2,9 Millionen (1997) zu verzinsen gewesen, weil aber nur eine Stammeinlage von 2 Millionen vereinbart wurde, sind ca. 900.000,-- DM als zu verzinsendes Kapital zugunsten der Gebührenzahler "unter den Tisch gefallen". Nicht zu folgen ist der Auffassung der Klägerin, die Verzinsung des Stammkapitals müsse dem Eigenbetrieb oder in der Einrichtung zentrale Schmutzentwässerung verbleiben. Erträge aus der Verzinsung des Eigenkapitals stehen dem gemeindlichen Haushalt zu. Werden Verluste erwirtschaftet, ist dies gebührenrechtlich nur insoweit von Bedeutung, als sie - wie ausgeführt - in der übernächsten Kalkulationsperiode Berücksichtigung finden können. Soweit die Klägerin meint, eine Vollverzinsung der "Anlagen im Bau" sei unzulässig, ist ihr zuzustimmen. Wie sich aus der Kalkulation für 1996 ergibt, ist für Anlagen im Bau jedoch nur der halbe Zinssatz in Ansatz gebracht worden. Dies ist nicht zu beanstanden, sofern die Anlagen im Kalkulationsjahr in Betrieb gegangen sind. Nach den Angaben in der Kalkulation für 1998 (siehe Anlage 3) sind Anlagen im Bau in die Zinsberechnung nicht eingeflossen. Ob dies auch im Jahre 1997 nicht geschehen ist, lässt sich der textlichen Darstellung der Kalkulation nicht ohne weiteres entnehmen. Die Berechnung des zu verzinsenden Kapitals hat der Senat nicht überprüft. Keine Bedenken hat der Senat hinsichtlich der Art und Weise der Berechnung der Abwassermengen und der Zuordnung von Personalkosten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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