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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.12.2003
Aktenzeichen: 2 LA 114/03
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 21 Abs. 2
BSHG § 88 Abs. 2 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 2 LA 114/03

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Sozialhilferecht, Transportkosten für Hausrat, Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 30. Dezember 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 10. Kammer - vom 15. Juli 2003 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 18. August und 25. September 2003 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet.

Die Beklagte beruft sich allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts).

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. Juli 2003 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 18. August und 25. September 2003 festgestellt, "dass der Bescheid vom 11. April 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2002 rechtswidrig war." Mit dem Berichtigungsbeschluss vom 25. September 2003 ist das Verwaltungsgericht dem Berichtigungsantrag der Beklagten vom 04. September 2003 nachgekommen. Einwände gegen diesen (letzten) Berichtigungsbeschluss werden von der Beklagten nicht erhoben, sodass es eines Eingehens hierauf in diesem Verfahren nicht bedarf.

Mit dem Bescheid vom 11. April 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.Juli 2002 hat die Beklagte - als Sozialhilfeträgerin - es abgelehnt, die Kosten für den Transport der nach Räumung der früheren Wohnung der Klägerin eingelagerten Einrichtungsgegenstände in die neue Wohnung zu übernehmen. Inhaltlich hat das Verwaltungsgericht somit festgestellt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme dieser Kosten aus Sozialhilfemitteln hatte.

Nach den Darlegungen der Beklagten ist die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht ernstlich zweifelhaft.

Die Beklagte meint, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Klägerin den in der Zeit von Januar bis März 2002 erzielten Einkommensüberhang längst ausgegeben habe und dies von der Klägerin im Wesentlichen belegt sei.

Bereits die von der Beklagten angestellte Berechnung des Einkommensüberhangs macht deutlich, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides vom 11. April 2002 nicht (mehr) in der Lage war, die Transportkosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Beklagte errechnet für das erste Quartal des Jahres 2002 einen "Einkommensüberhang" von 1147,30 € (Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2002). Nicht berücksichtigt sind die (belegten) Kosten für die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen für die neue Wohnung Ende März/Anfang April in Höhe von 530,74 €. Setzt man diesen Betrag von dem fiktiven Einkommensüberhang ab, errechnet sich ein Restbetrag von 616,56 €. Dem stehen (veranschlagte) Transportkosten in Höhe von 800,00 € (Blatt 299 der Verwaltungsakte) bzw. 580,00 € Netto (gleich 672,80 € Brutto) gegenüber (Blatt 318 der Verwaltungsakte). Darüber hinaus läst die Berechnung des fiktiven Einkommensüberhangs unberücksichtigt, dass die Klägerin weitere Ausgaben geltend macht, für die sie zwar keine Belege vorgelegt hat, die aber nach den Umständen (jedenfalls teilweise) glaubhaft sind. Es kann nicht - wie die Beklagte unterstellt - davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin während ihrer Krankenhauszeit mit einem Taschengeld für 3 Monate in Höhe von insgesamt 168,30 € begnügt und entgegen ihrer Behauptung keine Kleidungsstücke - wenn auch in geringem Umfang - erworben hat. Abgesehen davon wäre ein angesparter etwaiger Einkommensüberhang, da weiteres sozialhilferechtlich einzusetzendes Vermögen offensichtlich nicht vorhanden ist, gem. § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG geschützt.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin während ihres Krankenhausaufenthaltes keine laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt benötigte und eine einmalige Leistung beantragt hat. In einem solchen Fall ist gemäß § 21 Abs. 2 BSHG dem Hilfesuchenden eine einmalige Leistung zu gewähren, wenn er aus eigenen Kräften und Mitteln den Lebensunterhalt, hierzu zählt auch der Hausrat, nicht voll beschaffen kann. Dass die Klägerin mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ihre neue Wohnung nicht neu einrichten konnte, liegt auf der Hand. Eines Hausbesuches bedurfte es zur Verifizierung dieser Frage in Anbetracht der Räumung ihrer ehemaligen Wohnung und Einlagerung des Hausrates wegen rückständiger Mietforderungen nicht. Unerheblich ist daher, ob die Klägerin eine Wohnungsbesichtigung vereitelt hat. Sie hat auch nicht die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines neues Hausrats, sondern die Übernahme der Transportkosten für ihren Haushalt beantragt. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass auch ein Hilfesuchender grundsätzlich für sich in Anspruch nehmen kann, seinen Hausrat mit in die neue Wohnung zu nehmen. Insoweit gilt für den vorliegenden Fall nichts anderes als im Falle eines Umzugs. Allenfalls kann, wenn der Wert des Hausrats und der persönlichen Gegenstände, auch unter Beachtung eines Affektionsinteresses zu den Transportkosten außer Verhältnis steht, kann eine andere Betrachtung gerechtfertigt sein.

Auf die Möglichkeit, die Transportkosten anzusparen (§ 21 Abs. 2 S. 2 BSHG), die in diesem Verfahren nicht erörtert wurde, konnte die Klägerin nicht verwiesen werden. Den Einkommensüberhang hat die Beklagte mit 134,63 € (ohne Wohngeld) berechnet. Dieser Betrag hätte nicht einmal ausgereicht, die monatlichen Lagerkosten zu bezahlen.

Schließlich hätte die Beklagte prüfen müssen, ob die Kosten des Transports nicht wenigstens darlehnsweise zu übernehmen gewesen wären. Dies hat die Klägerin auch beantragt.

Nach alledem bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Ablehnung der Hilfeleistung sei rechtswidrig gewesen, im Ergebnis richtig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Abs. 2 VwGO.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtkräftig (§ 124 a Abs. 5 S. 4 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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