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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: 2 LA 19/08
Rechtsgebiete: EGVO Nr. 1782/2003, EGVO Nr. 2342/1999


Vorschriften:

EGVO Nr. 1782/2003 Art. 37
EGVO Nr. 2342/1999 Art. 42
1. Bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrages sind grundsätzlich die im Referenzzeitraum tatsächlich erhaltenen Zahlungen maßgeblich.

2. Für die Berücksichtigung der Sonderprämie für Rinder im Referenzzeitraum ist auf das Jahr der Antragstellung abzustellen, da damit bestimmt wird, für welches Jahr die Prämie gewährt wird.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 2 LA 19/08

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft (Berechnung des betriebsindividuellen Betrages)

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 17. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 04. Februar 2008 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 1.585,46 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes. Er wendet sich im Rahmen der Zuweisung von Zahlungsansprüchen zur Beantragung landwirtschaftlicher Beihilfen gegen die Ermittlung des zugrunde liegenden betriebsindividuellen Betrages (BIB), insofern als die Sonderprämie für 11 im Jahre 2002 geschlachtete männliche Rinder nicht berücksichtigt worden ist.

Mit Bescheid vom 06. April 2005 teilte der Beklagte dem Kläger die Berechnung des betriebsindividuellen Betrages mit, wobei für das Jahr 2002 eine Sonderprämie nur für ein männliches Rind berücksichtigt wurde. Dies war auch mit Bescheid vom 27. März 2006 der Fall, mit dem der Beklagte für den Kläger Zahlungsansprüche mit einem flächenbezogenen Betrag für Acker- und Dauergrünland festsetzte und den betriebsindividuellen Betrag ermittelte. Den jeweils erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 02. Mai 2006 zurück und begründete die Nichtberücksichtigung von 11 weiteren männlichen Rindern, für die erst nach Ablauf des Referenzzeitraums im Kalenderjahr 2003 die Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder beantragt worden war, damit, dass nach den Regelungen des Art. 37 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 der Referenzbetrag dem Dreijahresdurchschnitt der Gesamtbeträge der (Direkt-)Zahlungen entspreche, die ein Betriebsinhaber im Rahmen der Stützungsregelungen nach Anhang VI in jedem Jahr des Bezugszeitraumes nach Art. 38 dieser Verordnung (Kalenderjahre 2000 bis 2002) bezogen habe und der gemäß Anhang VII Abschnitt C berechnet und angepasst worden sei. Maßgeblich sei, für welches Kalenderjahr die entsprechenden Tiere ermittelt worden seien. Dabei sei gemäß Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 2342/99 für die Anrechnung auf die Besatzdichte und die Großvieheinheitenermittlung der Tag der Antragstellung der maßgebliche Zeitpunkt, so dass eine Berücksichtigung für das Referenzjahr 2002 ausscheide.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass der Kläger im Bezugszeitraum - hier 2002 - nicht i.S.v. Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 für die streitigen 11 männlichen Rinder Zahlungen bezogen habe, sondern dass er diese Zahlungen erst außerhalb des Bezugsraumes im Jahr 2003 bezogen habe und ihm diese Zahlungen auch i.S.d. Art. 33 Abs. 1 a der VO (EG) Nr. 1732/2003 bzw. des Anhangs VII Abschnitt C Unterabs. 1 erst im Jahre 2003 gewährt worden seien.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 VwGO liegen nicht vor.

Die Darlegungen des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Der Kläger macht geltend, dass sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mit den Regelungen des Art. 37 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003 in Verbindung mit dem Anhang VII C vereinbaren lasse, wonach der Referenzbetrag nach der Anzahl von bestimmten Tieren berechnet werde, für die eine solche Zahlung in den einzelnen Jahren des Bezugszeitraums gewährt worden sei. Der Kläger habe nur die in Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 angelegte Regelung, dass die Mitgliedstaaten die Sonderprämie zum Zeitpunkt der Schlachtung gewähren können, die der Bund in § 17 der Rinder- und Schafprämienverordnung vom 22. Dezember 1999 für anwendbar erklärt habe, ausgenutzt. Wenn der Referenzbetrag auf einen Dreijahresdurchschnitt von Prämienzahlungen abstelle, so lasse es sich nicht rechtfertigen, dass es bei der Berechnung dieser Beträge auf den (zufälligen) Umstand ankomme, ob ein (fristgerecht) gestellter Antrag auf eine Zahlung z.B. Ende Dezember eines Jahres oder Anfang Januar des folgenden Jahres gestellt worden sei. Entscheidend müsse vielmehr sein, für welchen Tatbestand dieser Antrag gestellt worden sei, hier für die Schlachtung von Bullen im Jahre 2002.

Bei seiner Auslegung der anzuwendenden Regelungen verkennt der Kläger, dass es nach Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 auf die Zahlungen ankommt, die ein Betriebsinhaber in jedem Kalenderjahr des Bezugszeitraumes, d.h. in den Jahren 2000 bis 2002, bezogen hat. Eine Begriffsbestimmung der bei Ermittlung des betriebsindividuellen Betrages zu berücksichtigenden Zahlungen enthält Art. 2 lit. e) VO (EG) Nr. 1782/2003. Danach bezeichnen "Zahlungen in einem bestimmten Kalenderjahr" oder "Zahlungen im Bezugszeitraum" die für das betreffende Jahr gewährten oder zu gewährenden Zahlungen, einschließlich aller Zahlungen für andere Zeiträume, die in dem betreffenden Kalenderjahr beginnen.

Die Rindersonderprämie, die der Kläger für die im Jahre 2003 beantragten Tiere erhalten hat, wurde ihm nicht für das Jahr 2002, sondern für das Jahr 2003 gewährt. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Regelungen in Art. 4 Abs. 6 und Abs. 1 VO (EG) Nr. 1254/1999 und Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 noch nicht die erforderliche Bestimmung darüber enthalten, für welches Kalenderjahr eine Zahlung gewährt worden ist.

Die genaue Zuordnung zu einem Kalenderjahr ist vielmehr durch die Regelung in Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 erfolgt. Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 stellt klar, dass das Jahr, für das die Rindersonderprämie gewährt wird, vom Zeitpunkt der Antragstellung und nicht vom Zeitpunkt der Vermarktungen des männliches Rindes bestimmt wird, dies ist dann auch bei der Zuordnung der Zahlungen im Sinne von Art. 2 lit. e) VO (EG) Nr. 1782/2003 zu berücksichtigen. Danach ist der Tag der Antragstellung maßgeblich für das Jahr, auf welches die unter die Sonderprämie fallenden Tiere angerechnet werden und für welches die Zahl der Großvieheinheiten (GVE), die bei der Berechnung des Besatzdichtefaktors zugrunde zu legen sind, maßgeblich ist. Lediglich die Höhe der Prämie richtet sich nach dem im Jahr der Schlachtung geltenden Prämiensatz gemäß Art. 42 Abs. 2 VO (EG) Nr. 2342/1999 (so auch VG Lüneburg, Urt. v. 26.02.2008 - 4 A 129/06 -, juris).

Der Kläger kann sich für seine Auffassung, die Rindersonderprämie werde für das Jahr der Schlachtung gewährt, auch nicht auf Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2342/1999 i.V.m. § 17 der Rinder- und Schafprämienverordnung berufen. Die Bundesrepublik Deutschland ist damit der Möglichkeit gefolgt, Sonderprämien für männliche Rinder als Schlachtprämie zu gewähren. Aus diesen Vorschriften ergibt sich lediglich, dass die Gewährung der Rindersonderprämie an die Schlachtung anknüpft und erst bei Schlachtung eines Tieres gewährt wird, während sich den Vorschriften keine Anhaltspunkte entnehmen lassen, ob die Rindersonderprämie für das Kalenderjahr der Schlachtung oder für das Jahr der Antragstellung gewährt wird. Eine derartige Regelung ist in § 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 - wie dargelegt - enthalten (vgl. VG Stade, Urt. v. 30.04.2008 - 6 A 1246/06 -, juris; VG Hannover, Urt. v. 04.04.2008 - 11 A 3266/06 -, juris; a.A. VG Oldenburg, Urt. v. 19.02.2008 - 12 A 2556/06 - juris).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Auslegung sind vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der Regelungen zur Betriebsprämie nicht angezeigt. Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 in Verbindung mit den Regelungen in den Anhängen VI und VII stellen darauf ab, dass es für die Referenzjahre auf die Direktzahlungen ankommt, die der Betriebsinhaber tatsächlich erhalten hat. Nach dem Sinn der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik im Jahre 2003 sollten die Stützungszahlungen für die Landwirte vollständig von der Produktion abgekoppelt und auf gesundheits-, umwelt- und tierschutzbezogene Ziele ausgerichtet werden. Ein wegen der Veränderungen in den Zielen und Berechnungsmaßstäben den Landwirten drohender Einkommenseinbruch sollte aber vermieden werden, so dass in Form einer einheitlichen Betriebsprämie zunächst weiterhin Stützungszahlungen erfolgen sollten, wobei eine Umsteuerung im Hinblick auf die neuen Ziele nur sukzessive erfolgen sollte. Demgemäß sind bei Ermittlung des Beihilfeanspruchs eines Betriebsinhabers im Rahmen der neuen Regelungen die Beträge zugrunde zu legen, die er im Referenzzeitraum erhalten hat (vgl. Erwägungsgründe Nr. 24 ff., insbesondere Nr. 29 zur VO (EG) Nr. 1782/2003). Dementsprechend ist es auch nicht maßgeblich, welche Direktzahlungen ein Betriebsinhaber im Referenzjahr hätte beantragen können, aber nicht beantragt hat, da eine solche Orientierung mit der beabsichtigten Anknüpfung an das bisherige Zahlungsniveau nicht in Einklang steht (so BayVGH, Beschl. v. 17.07.2008 - 19 BV 07.2399 -, juris).

Auch die nicht auf bestimmte Verordnungen bezogene Definition des Begriffs "Prämienzeitraum" in Art. 2 lit. t) VO (EG) Nr. 2419/2001 gibt für die Auslegung des in diesem Zusammenhang maßgeblichen Begriffs "Bezugszeitraum" nichts her.

Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der Kläger müsste insoweit eine bestimmte Frage rechtlicher oder tatsächlicher Art herausarbeiten, die von grundsätzlicher Bedeutung ist und der Klärung bedarf (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 124 Rdnr. 127). Diesen Anforderungen ist nicht damit genügt, dass darauf hingewiesen wird, es handele sich um ein Musterverfahren, welches für zahlreiche weitere gleichgelagerte Fälle, bei denen die Entscheidung zurückgestellt worden sei, bedeutsam sei. Soweit der Kläger mit seinen Ausführungen zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch rechtsgrundsätzlich für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfragen angesprochen haben will, bedarf es nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Bereits aus den Ausführungen zu § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ergibt sich deren Beantwortung.

Auch ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten kommt nicht in Betracht. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten einer Rechtssache bestehen dann, wenn die Rechtssache voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, das heißt überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (vgl. Senatsbeschl. v. 14.05.1999 - 2 L 244/98 -, NVwZ 1999 S. 1354, 1356). Solche Schwierigkeiten sind indes nicht allein mit der Behauptung dargetan, die Auslegung der EG-Verordnungen wiesen entsprechende rechtliche Schwierigkeiten auf. Allein eine Komplexität der anzuwendenden Vorschriften begründet keine derartige Schwierigkeit, wie auch die Ausführungen zum Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO belegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG (Senatsbeschluss v. 17.09.2008 - 2 LA 70/07 -, der Streitwert wird nach dem Dreijahresbetrag der begehrten Zahlungsansprüche abzüglich 20 % bestimmt).

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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