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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.08.2008
Aktenzeichen: 2 LA 70/08
Rechtsgebiete: BetrPrämDurchfV, EGVO Nr. 1782/2003, EGVO Nr. 795/2004


Vorschriften:

BetrPrämDurchfV § 17
EGVO Nr. 1782/2003 Art. 13 Abs. 1
EGVO Nr. 795/2004 Art. 13
EGVO Nr. 795/2004 Art. 23 Abs. 2
1. Eine von § 17 Abs. 3 lit. b) BetrPrämDurchfV geforderte endgültige Abgabe der Michreferenzmenge liegt im Falle einer Verpachtung nicht vor.

2. Dies gilt auch im Hinblick auf die Berücksichtigung betriebsindividueller Beträge bei vorweggenommener Erbfolge, wenn der frühere Betriebsinhaber die Milchreferenzmenge an Dritte verpfachtet hat.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 2 LA 70/08

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Agrarfördermittel

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 28. August 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 1. Kammer - vom 21. April 2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes und begehrt im Rahmen der Zuweisung von Zahlungsansprüchen die Zuerkennung zusätzlicher betriebsindividueller Beträge wegen Umstellung der Milcherzeugung auf eine andere Erzeugung gemäß Art. 23 VO (EG) Nr. 795/2004.

Seit dem 01. April 2003 ist die Klägerin Pächterin des landwirtschaftlichen Betriebes ihres Vaters. Der Vater hatte in den Jahren 2000 bis 2002 jeweils Sonderprämien für männliche Rinder erhalten, war im Übrigen aber auch Milcherzeuger gewesen. Anfang 2000 hatte er den größten Teil der ihm zur Verfügung stehenden Milchreferenzmenge auf 8 Jahre an mehrere Milcherzeuger verpachtet gehabt. Eine Referenzmenge von 38.500 kg, die er zunächst gepachtet und Anfang 2000 erworben hatte, hatte er bis Anfang 2003 behalten und - zeitweise zusammen mit anderen, zugepachteten Referenzmengen - bis zum 20. März 2003 zur Milcherzeugung genutzt.

Auf Antrag der Klägerin wies der Beklagte ihr in Anwendung von Art. 13 VO (EG) Nr. 795/2004 (Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge) Zahlungsansprüche zu. Diese umfassten im Hinblick auf die dem Vater der Klägerin im Bezugszeitraum (2000 bis 2002) gewährten Sonderprämien für männliche Rinder gemäß Art. 37 VO (EG) Nr. 1782/2003 einen besonderen betriebsindividuellen Betrag. Abgelehnt wurde aber die Anerkennung eines zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages nach Art. 23 VO (EG) Nr. 795/2004 (Umstellung der Milcherzeugung auf eine andere Erzeugung).

Nach erfolglosem Widerspruch der Klägerin hat das Verwaltungsgericht die Verpflichtungsklage abgewiesen. Zwar sei die Hofpacht als vorweggenommene Erbfolge i.S.v. Art. 33 Abs. 1 lit. b) VO (EG) Nr. 1782/2003 anzusehen, so dass die Klägerin gemäß Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 die Berechnung der Zahlungsansprüche für den erhaltenen Betrieb im eigenen Namen beantragen könne. Dies gelte auch für die dem Vater der Klägerin in den Jahren 2000 bis 2002 gewährten Sonderprämien für männliche Rinder, nicht aber für die von ihr geltend gemachte Milchprämie. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO, auf die die Klägerin sich beruft, liegen nicht vor.

Die Darlegungen der Klägerin begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Klägerin beanstandet zunächst die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sie, die Klägerin, nicht in eigener Person die Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 erfülle, kommt aber selbst zu dem Schluss, dass diese - als fehlerhaft angesehene - Rechtsauffassung folgenlos bleibe. Es sei im Ergebnis nicht entscheidend, ob man die vollständige Umstellung von der Milcherzeugung auf die Erzeugung männlicher Rinder dem Vater der Klägerin zuweise oder die Entwicklung von Beginn bis zum Abschluss zunächst dem Vater und sodann der Klägerin selbst zuordne. Damit wird die Richtigkeit des Ergebnisses des angefochtenen Urteils nicht in Frage gestellt.

Im Übrigen stellen diese von der Klägerin beanstandeten Ausführungen des Verwaltungsgerichts keine tragende Begründung dar, sondern leiten nur die zutreffende Überlegung ein, dass die Klägerin - obwohl sie selbst keine Umstellung der Erzeugung i.S.v. Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 vorgenommen habe - von dieser Regelung als Betriebsnachfolgerin gemäß Art. 33 Abs. 1 lit. b) VO (EG) Nr. 1782/2003 profitieren könne und in die Position des ursprünglichen Betriebsinhabers einrücke. Es ist daher nur konsequent, wenn das Verwaltungsgericht die Klägerin nicht nur hinsichtlich der Beihilfe begründenden Umstände in die Stellung ihres Rechtsnachfolgers "einrücken" lässt, sondern auch hinsichtlich der die Beihilfe ausschließenden Aspekte. Danach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zuerkennung zusätzlicher betriebsindividueller Beträge.

Nach Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 haben die Betriebsinhaber besondere Zahlungsansprüche, die bis spätestens 15. Mai 2004 von der Milcherzeugung auf eine andere Erzeugung eines Sektors gemäß Anhang VI der VO (EG) Nr. 1782/2003 umgestellt haben. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, sind die Einzelheiten durch die nationale Vorschrift des § 17 BetrPrämDurchfV geregelt. Nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 BetrPrämDurchfV wird ein betriebsindividueller Betrag nur berücksichtigt, wenn in Folge der Umstellung der Erzeugung die einzelbetriebliche Milchreferenzmenge nach dem 31. März 2004 nicht mehr von diesem Betriebsinhaber beliefert und vor dem 31. März 2005 endgültig abgegeben wurde. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass zum einen eine endgültige Abgabe der Milchreferenzmenge nicht vorliegt, wenn diese - wie hier durch den Vater der Klägerin - nur zeitlich begrenzt übertragen worden ist, und zum anderen die Klägerin sich die zeitlich befristete Abgabe durch den Vater zurechnen lassen muss.

Zwar ist es richtig, dass die Klägerin - wie sie geltend macht - zum 01. April 2003 einen Betrieb ohne Milchreferenzmenge übernommen hat. Auch trifft es zu, dass der Vater der Klägerin bei Fortführung des Betriebes besser gestellt gewesen wäre, weil er neben den Betriebserträgen über die Pacht aus den Milchreferenzmengen und bei Pachtende ggf. über den Erlös für die Milchreferenzmengen hätte verfügen können. Das beruht aber allein auf der vertraglichen Gestaltung der vorweggenommenen Hofübergabe. Die dadurch für die Klägerin hervorgerufenen Nachteile werden durch die anzuwendenden Bestimmungen zu Betriebsprämien nicht ausgeglichen.

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass Sinn und Zweck der Zurechnungsnorm des Art. 33 Abs. 1 lit. b) VO (EG) Nr. 1782/2003 darin liegen, dass auch solchen Betriebsinhabern Prämienansprüche gewährt werden sollen, die die dafür nötigen Voraussetzungen gar nicht oder nur teilweise erfüllen können, weil sie zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht Betriebsinhaber waren. Diese Regelung wird durch Art. 13 VO (EG) Nr. 795/2004 ergänzt. Zum einen können danach Betriebsnachfolger im eigenen Namen die Berechnung der Zahlungsansprüche für den erhaltenen Betrieb beantragen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, diese Vorschrift auch auf Zahlungsansprüche anzuwenden, die aus der nationalen Reserve zugewiesen werden. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Sinngemäß anzuwenden ist dann zum anderen aber auch Satz 2 des Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004, wonach Anzahl und Wert der Zahlungsansprüche auf der Basis des Referenzbetrags und der Hektarzahl der geerbten Funktionseinheiten festgestellt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Betrieb daher nicht nur bis zur Übergabe auf den Rechtsnachfolger als Einheit zu sehen, sondern auch für die Zeit danach. Deswegen kann nicht unberücksichtigt bleiben, was der Rechtsvorgänger, der Vater der Klägerin, mit dem von ihm vom Betrieb abgetrennten Betriebsbestandteilen getan hat. Die von ihm vorgenommene zeitweise Verpachtung der Milchreferenzmengen lässt daher die Zuerkennung des beanspruchten zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages nicht zu, und zwar unbeschadet der Frage, an wen diese Milchreferenzmengen nach Ablauf der Pachten zurückfallen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich ferner nicht aus dem Vortrag der Klägerin, dass auch im Falle einer bloßen langfristigen Verpachtung der Milchreferenzmenge eine endgültige Abgabe i.S.v. § 17 Abs. 3 Nr. 1 BetrPräm-DurchfV vorläge. Zwar ist dem Verpächter die Nutzung der Referenzmenge für die Dauer der Pacht entzogen, doch kann dies nicht als "endgültig abgegeben" verstanden werden. Eine derartige Auslegung würde über den Wortsinn der anzuwendenden Vorschrift hinausgehen. Dies gilt auch im Hinblick auf den bei Rückfall der Milchreferenzmenge vorzunehmenden Abzug von 33 % zu Gunsten der nationalen Reserve. Dass die - verbleibende - Referenzmenge im vorliegenden Fall bei Auslaufen der Pachtverträge nicht an die Klägerin zurückfällt, sondern an ihren Vater, beruht allein auf der Gestaltung des Hofpachtvertrages, mit dem die Milchreferenzmengen vom Hof getrennt worden sind.

Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Beantwortung der von der Klägerin für rechtsgrundsätzlich gehaltenen Rechtsfragen bedarf nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens, sondern ergibt sich aus den Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dies gilt zum einen hinsichtlich der Frage, welche Umstände die Klägerin sich gemäß Art. 33 Abs. 1 lit. b) VO (EG) Nr. 1782/2003 zurechnen lassen muss. Dies gilt zum anderen aber auch für die Frage, ob eine langfristige Verpachtung der Milchreferenzmenge deren endgültige Abgabe i.S.v. § 17 Abs. 3 Nr. 1 BetrPrämDurchfV darstellt. Wie ausgeführt, ist der Wortlaut eindeutig. Dass diese Frage im Schrifttum für diskussionswürdig gehalten worden ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. An der von der Klägerin zitierten Stelle wird ausgeführt, dass vom Wortlaut ausgehend keine endgültige Abgabe vorliege, wohl aber vom Sinn und Zweck der Norm, da der Landwirt keine Milchprämie bekomme, sondern der Pächter. Das EG-Recht schreibe nur die Umstellung vor. Es gehe somit nur um die Auslegung nationalen Rechts. Insoweit hat aber das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt, dass der nationale Verordnungsgeber sich nicht nur an den Ermächtigungsrahmen des § 8 Abs. 1 Satz 1 MOG gehalten, sondern auch den durch das Gemeinschaftsrecht eingeräumten Gestaltungsrahmen nicht überschritten hat, indem ein betriebsindividueller Betrag bei der Umstellung von der Milcherzeugung nur dann berücksichtigt wird, wenn die einzelbetriebliche Referenzmenge endgültig und nicht nur zeitweilig abgegeben wurde. Diese Auffassung teilt der Senat. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist durch § 17 Abs. 3 Nr. 1 BetrPrämDurchfV geregelt, dass eine Verpachtung für die Berücksichtigung eines betriebsindividuellen Betrages nicht genügt, denn eine Verpachtung ist eine Nutzungsüberlassung auf Zeit.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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