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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.12.2007
Aktenzeichen: 2 LB 39/07
Rechtsgebiete: GKWG SH, LMG SH


Vorschriften:

GKWG SH § 3 Abs. 1 Nr. 2
GKWG SH § 6 Abs. 1 Nr. 2
GKWG SH § 43 Abs. 1 Nr. 3
LMG SH § 11 Abs. 1
An der jederzeitigen Wählbarkeit zur Gemeindevertretung fehlt es auch dann, wenn die Anmeldung einer alleinigen Wohnung in einer andere Gemeinde sich nur auf wenige Tage erstreckt. Dies führt zum Verlust des Sitzes in der Gemeindevertretung.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 39/07

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Kommunalrecht (Feststellung des Verlustes des Sitzes in der Gemeindevertretung) - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig ohne mündliche Verhandlung am 12. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtliche Richterin Frau ... und den ehrenamtlichen Richter Herr ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 03. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung, dass sie ihren Sitz in der Gemeindevertretung ... verloren habe.

Die Klägerin ist Gemeindevertreterin in der Gemeinde .... Mit gemeinsamem Schreiben vom 30. August 2006 wandten sich die Fraktionssprecher der GUD-Fraktion und der SPD-Fraktion der Gemeindevertretung ... an den Beklagten und erklärten, es gebe Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in ..., sondern in Schenefeld habe. Daraufhin erwiderte der Beklagte, es sei zunächst durch die Gemeinde zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Wohnsitznahme in ... weiterhin gegeben seien. Der Bürgermeister der Gemeinde ... wurde gebeten, die Angelegenheit zu prüfen.

Mit Schreiben vom 06. Oktober 2006 übersandte das Amt Hohe Elbgeest dem Beklagten eine Auszugsmitteilung der Stadt Schenefeld vom 31. August 2006, aus der sich ergibt, dass die Klägerin zum 30. August 2006 aus ihrer Wohnung in ... ausgezogen ist. Als einzige Wohnung wurde für die Zeit seit dem 30. August 2006 die in Schenefeld angegeben. Die Meldung sei "durch den Bürger" am 31. August 2006 erfolgt.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2006 stellte der Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass sie durch den Wegfall einer der Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 6 GKWG ihren Sitz in der Gemeindevertretung der Gemeinde ... verloren habe. Die Voraussetzung der jederzeitigen Wählbarkeit sei dadurch weggefallen, dass sie die Hauptwohnung in eine andere Gemeinde verlegt habe.

Mit ihrem Widerspruch vom 10. November 2006 machte die Klägerin geltend, dass der Bescheid von einem überholten Sachstand ausgehe. Die Ummeldung nach Schenefeld zum 30. August 2006 sei ihrerseits ohne tatsächliche Grundlage erfolgt und habe ihren alleinigen Grund in der Erwartung gehabt, der politischen und öffentlichen Hetze gegen ihre Person ein Ende bereiten zu können. Diese Hetze, Verdächtigungen und Schnüffeleien hätten ihre Quelle darin, dass sie neben ihrer Wohnung in ... ein Zimmer in Schenefeld habe. Diese Hoffnung sei irrig gewesen und lasse sich wohl nur aus einer Panikreaktion erklären. Am 12. Oktober 2006 habe sie die Ummeldung nach Schenefeld rückgängig gemacht. Wie bisher sei sie somit ab dem 01. September 2006 wieder mit erstem Wohnsitz in ... und mit zweitem Wohnsitz in Schenefeld gemeldet. Ihre Lebensverhältnisse hätten sich nicht geändert. Sie habe ihren Lebensmittelpunkt wie ehedem in .... Die weit überwiegend genutzte Wohnung sei in .... Bei der Korrektur der Ummeldung am 12. Oktober 2006 sei sie im Amt Hohe Elbgeest dahingehend beraten worden, dass eine Rückmeldung aus verwaltungspraktischen Gründen nur zum Monatsanfang möglich sei. Deshalb sei die Korrektur des Melderegisters zum 01. September 2006 vollzogen worden. Somit sei sie derzeit noch am 30. August und 31. August 2006 mit erstem Wohnsitz in Schenefeld gemeldet. Dieser kurze Zeitraum lasse die Feststellung einer "vorwiegend genutzten Wohnung" nicht zu. Sie habe sowohl in Schenefeld als auch in ... beantragt, die unzutreffende Eintragung im Melderegister zu korrigieren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2006 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 15. Dezember 2006 Klage erhoben und geltend gemacht, dass sie ihren Lebensmittelpunkt immer in ... im Hause ihrer Eltern gehabt habe. Dies könnten ihre Eltern und eine Nachbarin bestätigen. Die Abmeldung im Melderegister sei wieder rückgängig gemacht worden, aus verwaltungspraktischen Gründen aber erst zum 01. September 2006. Sie, die Klägerin, habe mittlerweile den Antrag gestellt, das Melderegister auch für die verbliebenen zwei Tage zu korrigieren.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 11. Oktober 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 21. November 2006 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin durch die Abmeldung die jederzeitige Wählbarkeit verloren habe. Auch eine rückwirkende Korrektur des Melderegisters könne daran nichts ändern. Im Übrigen werde bestritten, dass der Wechsel des Hauptwohnsitzes ein Akt der Panik gewesen sei und die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt durchgehend in der Gemeinde ... gehabt habe. Es entstehe der Eindruck, dass die Klägerin lediglich versuche, ihrer Fraktion die Mehrheit in der Gemeindevertretung zu erhalten.

Durch Urteil vom 03. Mai 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe zu Recht gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3 GKWG den Verlust des Sitzes der Klägerin in der Gemeindevertretung der Gemeinde ... festgestellt, denn die Voraussetzungen für die Wählbarkeit der Klägerin hätten nicht jederzeit vorgelegen. Durch die Abmeldung und die Änderung im Melderegister sei eine jederzeitige Wählbarkeit nicht mehr gegeben gewesen. Daran ändere auch die nachträgliche Berichtigung des Melderegisters nichts. Zunächst sei festzustellen, dass auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die jederzeitige Wählbarkeit der Klägerin nicht gegeben gewesen sei, weil sie in der Gemeinde ... am 30. August und 31. August 2006 laut Melderegister nicht gemeldet gewesen sei. Aber selbst wenn der Antrag der Klägerin auf Korrektur des Melderegisters auch für diese beiden Tage Erfolg haben würde, ändere dies an der Rechtmäßigkeit der Bescheide des Beklagten nichts. Der Mangel der jederzeitigen Wählbarkeit werde durch eine nachträgliche Korrektur des Melderegisters nicht geheilt. Jederzeit bedeute nämlich, dass an jedem Tag der Legislaturperiode die Klägerin ihren Hauptwohnsitz in der Gemeinde ... haben müsse. Dies aber sei für die Zeit vom 31. August bis zum 12. Oktober 2006 nicht der Fall gewesen. Der Wortlaut der genannten Gesetze sei insoweit eindeutig. Für eine andere Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschriften bestehe kein Anlass. Insoweit bleibe der Grund für die Abmeldung der Klägerin außer Betracht. Etwas anderes möge allenfalls dann gelten, wenn die Änderung des Melderegisters ohne Zutun der Klägerin allein aufgrund des Tätigwerdens der Meldebehörde erfolgt wäre. Hier sei aber die Änderung des Melderegisters auf Veranlassung der Klägerin vorgenommen worden.

Auf Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 24. August 2007 zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, durch das behördliche Vorgehen solle sie lediglich gehindert werden, ihr kommunalpolitisches Mandat weiterhin auszuüben. Die Voraussetzungen der "jederzeitigen Wählbarkeit" i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 3 GKWG und damit der Sitzverlust in einer Gemeindevertretung seien entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und des Beklagten nicht ausschließlich von formellen Bedingungen abhängig. Nach den gesetzlichen Vorgaben könne und dürfe das Melderegister nicht ausschließlich die Grundlage für die Beurteilung der Frage sein, ob die Wohnungsnahme als Voraussetzung für das Wahlrecht und die Wählbarkeit gegeben sei. Eine ausdrückliche gesetzliche Verweisung des GKWG in das Melderecht finde nämlich nicht statt. Maßgebend bleibe damit immer das Wahlrecht.

Auch wenn der Gesetzgeber des Wahlgesetzes das Melderecht vor Augen gehabt habe und mit den gleichen Begriffen arbeite, so werde damit lediglich an die melderechtlichen Begriffe angeknüpft. Die Begriffe "Wohnung" und "Hauptwohnung" seien im Wahlgesetz nicht definiert. Hauptwohnung sei nach der Legaldefinition in § 14 Abs. 2 Satz 1 LMG "die vorwiegend genutzte Wohnung der Person". Die vom Wahlberechtigten vorgenommenen melderechtlichen An- und Abmeldungen reichten deshalb alleine zur Begründung einer Wohnung oder Hauptwohnung nicht aus, denn eine Begründung von "Scheinwohnsitzen" sei vielleicht melderechtlich möglich, könne aber keine Auswirkung auf das Wahlrecht haben.

Dies bedeute, dass es immer auf die tatsächliche Betrachtungsweise im Einzelfall ankomme, wo die Hauptwohnung oder alleinige Wohnung liege. Unabhängig von dem melderechtlichen Status und etwaigen daraus zu ziehenden Folgerungen bei Verstößen gegen die Meldepflicht besitze derjenige nämlich immer das Wahlrecht, der dem Gemeindewahlleiter gegenüber nachweise oder glaubhaft mache, innerhalb der 6-Wochen-Frist des § 3 Abs. 1 Nr. 2 GKWG vor dem Wahltag in der Gemeinde eine Hauptwohnung oder alleinige Wohnung bezogen zu haben. Durch die Verweisung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 GKWG sei entsprechend auch die Wählbarkeit geregelt. Das Wahlgesetz stelle damit maßgeblich auf die 6-Wochen-Frist ab. Innerhalb dieser Frist (31. August bis 12. Oktober 2006) habe sie, die Klägerin, aber auch die Korrektur des Melderegisters veranlasst. Dass dabei zwei Tage nicht berücksichtigt worden seien, sei rechtlich unerheblich, weil niemand wegen einer nur formellen zweitägigen Ortsabwesenheit sein Wahlrecht oder seine Wählbarkeit verlieren könne. Allein entscheidend sei das tatsächliche und ununterbrochene Innehaben einer Hauptwohnung in ...; dies habe sie, die Klägerin, sogar durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung nachgewiesen.

Im Übrigen dürften bei Zweifels- oder Streitfällen im melderechtlichen Status wahlrechtliche Konsequenzen auch erst dann gezogen werden, wenn der melderechtliche Wohnungsstatus abschließend, d.h. bestandskräftig geklärt sei. Solange - wie hier - für eine Person der Hauptwohnungsstatus im Melderegister verzeichnet sei, besitze diese die Wahlberechtigung und damit auch die Wählbarkeit. Eine "Unterbrechung" von lediglich zwei Tagen, unabhängig von den Gründen dieser "Unterbrechung", bedeute jedenfalls materiell keinen Verstoß gegen den Grundsatz der "Jederzeitigkeit", weil das Wahlrecht lediglich an die melderechtlichen Begriffe anknüpfe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 03. Mai 2007 zu ändern und den Bescheid vom 11. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält an den angefochtenen Bescheiden fest und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 11. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2006 zu Recht abgewiesen.

Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid zutreffend gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3 Gesetz über die Wahlen in den Gemeinden und Kreisen in Schleswig-Holstein (Gemeinde- und Kreiswahlgesetz - GKWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1997 (GVOBl. S. 151) mit nachfolgenden Änderungen festgestellt, dass die Klägerin ihren Sitz in der Gemeindevertretung verloren hat, weil eine Voraussetzung der jederzeitigen Wählbarkeit der Klägerin als Gemeindevertreterin in ... weggefallen war. Jederzeitige Wählbarkeit i.S.v. § 43 Abs. 1 Nr. 3 GKWG bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt der Wahlperiode die Voraussetzungen des § 6 GKWG über die Wählbarkeit bestanden haben müssen. Dazu gehört nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 GKWG, dass die Klägerin - jederzeit - im Wahlgebiet, also in der Gemeinde ..., wahlberechtigt gewesen sein muss. Die Wahlberechtigung erfordert nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GKWG u.a., dass die betreffende Person seit mindestens sechs Wochen im Wahlgebiet eine Wohnung hat oder sich im Wahlgebiet sonst gewöhnlich aufhält und keine Wohnung außerhalb des Wahlgebietes hat. Daran fehlte es hier.

Ebenso wie § 12 Abs. 1 Nr. 2 Bundeswahlgesetz und § 5 Abs. 1 Nr. 2 Landeswahlgesetz knüpft § 3 Abs. 1 Nr. 2 GKWG nicht an die Eintragung im Melderegister, sondern an tatsächliche Umstände an, die allerdings in der Regel die allgemeine Meldepflicht gemäß § 11 LMG auslösen. Dass jemand eine Wohnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 GKWG hat, erfordert, dass er diese i.S.v. § 11 Abs. 1 LMG bezieht. Das Beziehen einer Wohnung ist ihre Inanspruchnahme in der Weise, dass dort für immer oder vorübergehend im Allgemeinen die Angelegenheiten des täglichen Lebens verrichtet werden (vgl. Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 5. Aufl., § 12 Rdnr. 16). Das daran sich anschließende "Haben" einer Wohnung ist ein Unterfall des gewöhnlichen Aufenthalts. Ein Bürger hält sich grundsätzlich dort gewöhnlich auf, wo er unter Umständen lebt, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt (vgl. die Legaldefinitionen in § 9 Satz 1 AO, § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I; siehe auch Schreiber, a.a.O., Rdnr. 16 und 19). Ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 GKWG kann daher auch ohne Vorhandensein einer Wohnung im Wahlgebiet gegeben sein. Dagegen genügt die Anmeldung bei der Meldebehörde nur zum Zwecke der Ausübung des Wahlrechts nicht zur Begründung des Wahlrechts, wenn keine Wohnung bezogen wird und auch sonst kein gewöhnlicher Aufenthalt besteht (vgl. Schreiber, a.a.O., Rdnr. 16). Wer eine Wohnung bezieht, muss dies den Tatsachen entsprechend melden, nicht aber hat jemand eine Wohnung bezogen, weil er sich entsprechend gemeldet hat (Wahlprüfungsgericht Bremen, Beschl. v. 19.05.1979 - WP 1/79 -, DÖV 1980, 57, 59). Allerdings kommt der Eintragung im Melderegister bei Vorhandensein mehrerer Wohnungen rechtserhebliche Bedeutung zu. Wer in mehreren Wahlkreisen des Landes Schleswig-Holstein eine Wohnung hat, ist gemäß § 3 Abs. 2 GKWG in dem Wahlkreis wahlberechtigt, in dem sich nach dem Melderegister seine Hauptwohnung befindet. Der Senat hat hierzu im Rahmen der Überprüfung einer Gültigkeit der Wahl (Urt. v. 17.09.1991 - 2 L 6/91 -, Die Gemeinde 1992, 82) folgendes ausgeführt:

Die Wählbarkeit eines Wahlbewerbers hängt nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut also nur von der Eintragung der Hauptwohnung im Melderegister, nicht aber davon ab, ob diese Eintragung nach § 14 Abs. 2 LMG zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist. Soweit diese Gesetzesregelung trotz ihres klaren und eindeutigen Wortlauts einer Auslegung nach Sinn und Zweck überhaupt zugänglich sein sollte, ergäbe sich hieraus kein abweichendes Ergebnis.

Dadurch, dass das Gesetz allein auf die Eintragung im Melderegister abstellt, soll vermieden werden, dass der Gemeindewahlleiter und der Gemeindewahlausschuss bei der ihnen gemäß §§ 24 und 25 GKWG obliegenden Prüfung der Wahlvorschläge in Zweifelsfällen möglicherweise umfangreiche Ermittlungen hinsichtlich des örtlichen Schwerpunkts der Lebensbeziehungen eines Wahlbewerbers durchführen müssten. Einerseits ließen sich derartige Ermittlungen in vielen Fällen nicht fristgerecht vor der Wahl durchführen (vgl. §§ 19 und 25 Abs. 4 GKWG), andererseits griffen der Gemeindewahlleiter und der Gemeindewahlausschuss durch ihre Ermittlungen in die den Meldebehörden obliegenden Aufgaben ein (§ 14 Abs. 5 Satz 1 LMG). Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sowie im Interesse der reibungslosen Vorbereitung und Durchführung einer Wahl beschränkt sich die Tatsachenermittlungspflicht des Gemeindewahlleiters sowie des Gemeindewahlausschusses im Rahmen der ihnen obliegenden Prüfung - aus den §§ 24 ff. GKWG ergibt sich nichts anderes - insoweit auf die Eintragung im Melderegister. ... Dem entspricht es schließlich, dass der den Meldebehörden gemäß § 14 Abs. 5 Satz 1 LMG im Rahmen der Amtsermittlung auferlegte Verwaltungsaufwand nur dann einen Sinn hat, wenn die Eintragung ins Melderegister nicht Selbstzweck bleibt, sondern Auswirkungen auf Behördenzuständigkeiten und Rechte und Pflichten des Bürgers hat, d.h. wenn an anderer Stelle Verwaltungsaufwand eingespart wird ... Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass eine Rechtspflicht der Meldebehörden besteht, das Melderegister gemäß den Vorschriften des Melderechts zu führen. Steht die Eintragung der Hauptwohnung im Widerspruch zu der Vorschrift des § 14 Abs. 2 LMG, so hat die Meldebehörde das Melderegister insoweit gemäß § 14 Abs. 5 Satz 1 LMG von Amts wegen zu berichtigen. Kommt die Meldebehörde dieser Pflicht - aus welchen Gründen auch immer - nicht rechtzeitig nach, so haben der Gemeindewahlleiter und der Gemeindewahlausschuss bei der Prüfung der Wahlvorschläge von der unberichtigten Eintragung im Melderegister auszugehen.

Diese Erwägungen sind auf die Prüfung der jederzeitigen Wählbarkeit nach § 43 Abs. 1 Nr. 3 GKWG zu übertragen und sinngemäß auch auf den Fall anzuwenden, dass - wie hier - melderechtlich nur eine Wohnung erfasst ist, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GKWG eine der sachlichen Voraussetzungen des Wahlrechts in einer Gemeinde darstellt. Wenn - wie hier - die Eintragung dieser einzigen Wohnung im Melderegister einer anderen Gemeinde auf Angaben der nach § 11 Abs. 1 LMG meldepflichtigen Person beruht, entfaltet das Melderegister jedenfalls Indizwirkung (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 26.05.2006 - 1 S 78/06 -, VBl. BW 2006, 388). Bezeichnet eine meldepflichtige Person die bisherige Nebenwohnung von einem bestimmten Zeitpunkt ab als einzige Wohnung und liegen - wie hier - zugleich Erkenntnisse darüber vor, dass diese Wohnung tatsächlich genutzt wird und nicht nur als Postadresse dient, besteht kein Anlass für eine davon abweichende Beurteilung nach Maßgabe des Wahlrechts. Dass die Klägerin nach Abmeldung ihrer Wohnung in der Gemeinde ... "sich im Wahlgebiet sonst gewöhnlich aufhalten" würde, scheidet als sachliche Voraussetzung des Wahlrechts in der Gemeinde ... schon deswegen von vornherein aus, weil die Klägerin über eine Wohnung außerhalb des Wahlgebietes verfügte.

Danach ist festzustellen, dass die Klägerin jedenfalls am 30. und 31. August 2006 in der Gemeinde ... nicht wahlberechtigt war und es deswegen auch an ihrer jederzeitigen Wählbarkeit fehlte. Dass in dieser Zeit keine Wahl stattfand und es sich um einen sehr kurzen Zeitraum handelt, ist rechtlich unerheblich. Der Begriff der "jederzeitigen Wählbarkeit" lässt keine Abstufung nach Tagen, Wochen oder Monaten zu. Insoweit gilt nichts anderes als bei Einhaltung von Fristen oder Geltung bestimmter Stichtage. Nach alledem kommt es nicht auf die Frage an, wie die nachträgliche und rückwirkende Änderung des Melderegisters mit Wirkung auf den 01. September 2006 rechtlich zu bewerten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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