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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: 2 LB 4/09
Rechtsgebiete: AO, KAG SH


Vorschriften:

AO § 155
KAG SH § 10
1. Ein rechtmäßiges Leistungsgebot eines Abgabenbescheides setzt eine vorhergehende Festsetzung der Abgabenschuld voraus.

2. Eigentümer einer Zweitwohnung können nicht zur pauschalierten Jahreskurabgabe herangezogen werden, wenn ihr Nutzungsrecht an der Wohnung vertraglich auf einen Zeitraum von etwa drei Wochen im Kalenderjahr beschränkt ist.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 4/09

verkündet am 22.06.2009

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Kurabgabe - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2009 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Frau ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 6. Kammer - vom 29. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung zur Entrichtung einer Jahreskurabgabe.

Die Kläger sind Miteigentümer eines Appartements in Lübeck-Travemünde. Das Appartement wurde in 18 Eigentumsanteile geteilt, welche mehreren Eigentümern gehören. Die Eigentümer schlossen 1988 einen Verwaltungs- und Nutzungsvertrag für das Appartement, nach dessen § 2 jeder Miteigentümer das Wohnungseigentum für je 1/18 Miteigentumsanteil (ein Baustein) 20 bzw. 21 Tage im Jahr für sich und seine Familie nutzen kann. Sind mehrere Personen Miteigentümer eines Bausteines, so steht ihnen zusammen das Nutzungsrecht für diesen Zeitraum zu. Wird in einem Jahr das Nutzungsrecht mit 20 Tagen ausgenutzt, steht es im kommenden Jahr dem Eigentümer für 21 Tage zu, im darauf folgenden Jahr wiederum für 20 Tage. Die Festlegung des Nutzungsablaufs nach § 2 des Vertrages erfolgt im letzten Vierteljahr eines jeden Jahres für das folgende Jahr durch den für die Gemeinschaft bestellten Bevollmächtigten (§ 3 des Vertrages).

Mit zwei getrennten Bescheiden vom 28. Juni 2007 wurden die Kläger aufgefordert, Kurabgabe in Höhe von jeweils 72,80 Euro für das Kalenderjahr 2007 zu zahlen. Zur Begründung wurde auf die Satzung über die Erhebung von Kurabgabe und Strandbenutzungsgebühren im Stadtteil Kurort und Seebad Travemünde (KAS) hingewiesen. Nach § 4 Abs. 1 KAS wird Kurabgabe von allen Personen erhoben, die sich im Erhebungsgebiet aufhalten, ohne dort ihnen gewöhnlichen Aufenthalt zu haben (ortsfremd) und denen die Möglichkeit zur Benutzung der Kureinrichtungen oder Teilnahme an Veranstaltungen geboten wird. Eigentümer oder Besitzer von Wohnungseinheiten im Erhebungsgebiet und deren zum Haushalt gehörende Familienangehörige, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Erhebungsgebiet haben, zahlen unabhängig von der Aufenthaltsdauer die Kurabgabe in Höhe der Jahreskurabgabe (§ 7 Abs. 4 Satz 1 KAS). Diese beträgt im Kalenderjahr 72,80 Euro (§ 7 Abs. 3 Satz 1 KAS). Dieser Betrag entspricht einem Aufenthalt von 28 Tagen während der Sommerkurzeit.

Mit einem von beiden Klägern unterschriebenen Schreiben, welches am 24. Juli 2007 der Beklagten zuging, legten die Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte wies die Widersprüche mit zwei getrennten Widerspruchsbescheiden vom 25. Juli 2007 zurück.

Die Kläger haben am 10. August 2007 Klage erhoben, zu deren Begründung sie u.a. vorgetragen haben, ihre Nutzungsmöglichkeit für das Appartement habe im Jahr 2007 in der Zeit vom 17. April bis 7. Mai bestanden. Sie müssten daher beide jeweils 20 Euro Kurabgabe bezahlen, nicht jedoch 72,80 Euro. Sie hätten aufgrund ihres Miteigentumsanteils und des Nutzungsplans für die Wohnung nur eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit. Es sei angesichts der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit rechtswidrig, wenn die Beklagte von allen 16 Miteigentümern jeweils die Jahreskurabgabe verlange. Da sie die Wohnung nur in dem festgelegten zeitlichen Umfang nutzen könnten, könnten sie auch die Kureinrichtungen nur in diesem Umfang nutzen. In diesem Umfang könnten sie zur Kurabgabe herangezogen werden, unabhängig davon, wie lange sie sich tatsächlich in der Wohnung aufhielten. Die Beklagte übersehe, dass es einen Unterschied gebe zwischen Eigentümern von Ferienwohnungen, welche die Wohnung tatsächlich nur wenige Tage im Jahr nutzten, obwohl sie zu einer umfassenden Nutzung berechtigt seien, und ihnen, deren Nutzungsmöglichkeit von vornherein rechtlich beschränkt sei.

Die Kläger haben beantragt,

die Bescheide vom 28. Juni 2007 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. Juli 2007 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte u. a. vorgetragen, es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Eigentümer auch bei nur kurzfristigen Aufenthalten in seiner Zweitwohnung verpflichtet sei, die Jahreskurabgabe zu entrichten. Auch wenn den Eigentümern der sogenannten Bausteinwohnungen nur ein eingeschränktes Nutzungsrecht zustehe, seien sie grundsätzlich mit anderen Eigentümern von Ferienwohnungen vergleichbar, die ihre Wohnung ebenfalls nicht 28 Tage im Jahr nutzten. Auch diese müssten die Jahreskurabgabe entrichten. Da bei der Gestaltung der Beitragspflicht von Zweitwohnungsinhabern Typisierungen aus Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung zulässig seien, sei weder im Hinblick auf das Übermaßverbot noch hinsichtlich des Äquivalenzprinzips zu beanstanden, dass auch Miteigentümer nach dem Höchstbetrag veranlagt werden. Im Übrigen werde den Miteigentümern der Bausteinwohnung in gleicher Weise wie den anderen Wohnungseigentümern die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Kur- und Erholungseinrichtungen eröffnet. Auch diese Eigentümer würden unabhängig von ihrer Aufenthaltsdauer zur Jahreskurabgabe herangezogen und könnten sich nicht darauf berufen, sich nur wenige Tage im Jahr in Travemünde aufgehalten zu haben.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 29. Mai 2008 - der Beklagten zugestellt am 9. Juni 2008 - die Bescheide vom 28. Juni 2007 und 25. Juli 2007 aufgehoben und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Kläger seien nicht zur Zahlung der Jahreskurabgabe verpflichtet. Es sei zu beachten, dass die Kläger ausweislich des Nutzungsvertrages lediglich eine Nutzungsmöglichkeit von 20 bzw. 21 Tagen hätten. Die Aufenthaltsdauer sei insofern rechtlich begrenzt. Die Erhebung einer Jahreskurabgabe sei nicht gerechtfertigt, da von vornherein feststehe, dass die Kläger nur für diesen Zeitraum rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit hätten die Wohnung zu nutzen. Es entstehe der Beklagten auch kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Aufgrund des Nutzungsplanes stehe jeweils am Ende des Jahres für das nächste Jahr fest, ob die Kläger ein 20-tägiges oder 21-tägiges Nutzungsrecht hätten und in welche Zeit dieses falle. Die Beklagte könne aufgrund einer solchen Mitteilung ohne Probleme die Kläger zur Kurabgabe heranziehen. Sicherlich stehe es den Klägern frei, auch außerhalb der vereinbarten Nutzungszeiten das Erhebungsgebiet zu betreten. Die Kläger seien dann auch zur Zahlung von Kurabgabe verpflichtet. Dies rechtfertige aber nicht die Zahlung der Jahreskurabgabe, weil diese Aufenthalte nicht im Zusammenhang mit ihrem Miteigentumsanteil an der Wohnung stünden. Ein solcher Aufenthalt knüpfe insofern nicht an das Innehaben einer Wohneinheit an und löse deshalb auch nicht die Zahlung der Jahreskurabgabe aus.

Der Senat hat auf Antrag der Beklagten vom 25. Juni 2008 die Berufung mit Beschluss vom 26. Januar 2009 zugelassen.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte u. a. vor, die Kläger seien verpflichtet, die Jahreskurabgabe zu entrichten. Die Erhebung der Jahreskurabgabe von Zweitwohnungsinhabern sei durch ständige Rechtsprechung anerkannt. Die Rechtsprechung erkenne in diesen Fällen an, dass aus Verwaltungspraktikabilitätsgründen eine Typisierung vorgenommen werden dürfe. Vor dem Hintergrund, dass die Feststellung der Zahl der Tage, an denen die einzelnen Abgabenpflichtigen sich im Kurgebiet aufhalten, mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand und beträchtlichen tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden sei und die Abgabe insgesamt keine Höhe erreiche, die als unzumutbar bezeichnet werden könne, werde die pauschalierte Erhebung der Jahreskurabgabe bei Eigentümern von Zweitwohnungen für zulässig gehalten. Ebenso sei durch die Rechtsprechung anerkannt, dass es dem Zweitwohnungsinhaber verwehrt sei, im Einzelfall den Nachweis zu führen, er habe sich nur für einen kürzeren Zeitraum in seiner Wohnung aufgehalten. Weiterhin sei anerkannt, dass der Inhaber einer Zweitwohnung nur dann nicht zur Jahreskurabgabe herangezogen werden könne, wenn er die gegen ihn streitende Vermutung erschüttern könne, indem er darlege, sich im fraglichen Jahr gar nicht im Erhebungsgebiet aufgehalten zu haben. Auch die Höhe der Jahreskurabgabe beruhend auf 28 vermuteten Aufenthaltstagen sei durch die Rechtsprechung anerkannt. Sofern das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall allein die rechtlich mögliche Aufenthaltsdauer unter Berücksichtigung der jeweiligen Saison unabhängig von der tatsächlichen Aufenthaltsdauer für maßgeblich halte, entbehre dies jeder Rechtsgrundlage. Dies ergebe sich weder aus der Satzung noch aus § 10 KAG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung. Insbesondere aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sei für Eigentümer von Zweitwohnungen die bereits dargestellte Rechtsprechung entwickelt worden. Auch wenn für den Fall der Wohnung, deren Miteigentümer die Kläger seien, eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Kurbetrieb bestehe, könne dieses nicht für alle Wohnungen bestätigt werden. Sie - die Beklagte - wäre allein auf das Mitwirken der Eigentümer angewiesen, dass diese sich eigenständig anmeldeten. Es liege auf der Hand, dass hier sicher nicht alle Eigentümer diesen Pflichten umfassend nachkommen und sich damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Kurabgabe entziehen würden. Die Gründe, die hier für eine Vereinheitlichung der Fälle sprächen, seien somit dieselben, wie bei den Alleineigentümern einer Wohnungseinheit. Aber gerade auch in diesen Fällen versage die Rechtsprechung jeglichen Nachweis, dass ein kürzerer Aufenthalt als 28 Tage im Jahr stattgefunden habe. Erfolge in den Fällen wie den vorliegenden eine Differenzierung, käme es zu einer erneuten Ungleichbehandlung, für die ein rechtfertigender Grund fehle. Die der Entscheidung zugrunde liegende Annahme, aufgrund der Nutzungsvereinbarung zwischen den Bruchteilseigentümern sei eine längere Nutzung als 20 bzw. 21 Tage im Jahr nicht möglich, sei falsch. Die vereinbarten Nutzungszeiten entsprächen nicht zwangsläufig den tatsächlichen Nutzungen. Bei den sogenannten Bausteinwohnungen sei es üblich, dass Nutzungsrechte zwischen den Miteigentümern getauscht und abgetreten würden. Im Übrigen seien die Bescheide auch hinreichend bestimmt. Die Empfänger hätten erkennen können, was von ihnen verlangt werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6 A 120/07 - vom 29. Mai 2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung tragen sie u. a. vor, die Beklagte überstrapaziere den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatz einer Typisierung aus Verwaltungspraktikabilitätsgründen. Sie könnten die vom Satzungsgeber aufgestellte Vermutung einer Aufenthaltsdauer von 28 Tagen eindeutig erschüttern mit der Darlegung, sich im Erhebungsgebiet bezogen auf die Zweitwohnung nur maximal 21 Tage aufgehalten zu haben. Sie seien folglich so zu stellen, wie die sogenannten "normalen Touristen". Auch im Falle eines Tausches von Nutzungsrechten oder einer Abtretung sei nicht erkennbar, dass die Beklagte hinsichtlich der Kurabgabe dadurch Nachteile erleiden würde. Dass es nicht richtig sein könne, jeden Miteigentümer zur Jahreskurabgabe heranzuziehen, ergebe sich auch daraus, dass eine deutlich größere Zahl von Miteigentümern denkbar sei, zum Beispiel eine Eigentümergemeinschaft aus 365 Personen mit jeweils einem Nutzungsrecht für einen Tag.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Bescheide vom 28. Juni 2007 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. Juli 2007 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie sind daher durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben worden.

Die Heranziehung der Kläger zu der Jahreskurabgabe beruht auf der Satzung über die Erhebung von Kurabgabe und Strandbenutzungsgebühren im Stadtteil Kurort und Seebad Travemünde vom 12. Juni 2001 in der Fassung der 3. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Kurabgabe und Strandbenutzungsgebühren im Stadtteil Kurort und Seebad Travemünde vom 1. März 2006 (KAS). Nach § 2 Abs. 1 KAS erhebt die Beklagte im Stadtteil Travemünde zur teilweisen Deckung ihrer Aufwendungen für die Herstellung, Verwaltung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken im Erhebungsgebiet bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen (Kureinrichtungen) eine Kurabgabe. Die Kurabgabe ist unabhängig davon zu zahlen, ob und in welchem Umfang die Kureinrichtungen in Anspruch genommen werden.

§ 4 Abs. 1 KAS regelt, dass die Kurabgabe von allen Personen erhoben wird, die sich im Erhebungsgebiet aufhalten, ohne dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu haben (ortsfremd) und denen die Möglichkeit zur Benutzung der Kureinrichtungen oder Teilnahme an Veranstaltungen geboten wird. Nach § 4 Abs. 3 KAS gilt als ortsfremd auch, wer im Erhebungsgebiet Eigentümer oder Besitzer einer Wohnungseinheit ist, wenn und soweit er diese überwiegend zu Erholungszwecken nutzt.

Nach diesen Vorschriften, welche mit § 10 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein (KAG) in Übereinstimmung stehen und auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken begegnen, sind die Kläger dem Grunde nach kurabgabepflichtig, da sie Miteigentümer einer Wohnung sind, welche sie zu Erholungszwecken nutzen, sie sich im Jahr 2007 auch im Erhebungsgebiet aufgehalten haben und die Möglichkeit zur Benutzung der Kureinrichtungen oder zur Teilnahme an Veranstaltungen bestand. Dies wird von den Klägern auch nicht in Abrede gestellt.

Die Kläger können aber nicht jeweils zu einer Kurabgabe in Höhe der Jahreskurabgabe herangezogen werden.

Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KAS zahlen Eigentümer oder Besitzer von Wohnungseinheiten im Erhebungsgebiet und deren zum Haushalt gehörende Familienangehörige, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Erhebungsgebiet haben, unabhängig von der Aufenthaltsdauer die Kurabgabe in Höhe der Jahreskurabgabe. Diese beträgt für jede kurabgabepflichtige Person im Kalenderjahr 72,80 Euro (§ 7 Abs. 3 KAS). Dieser Betrag entspricht der Kurabgabe in der Sommerkurzeit für 28 Tage.

Die Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 1 KAS begegnet grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken. In der der Erhebung von Kurabgabe zugrundeliegenden Satzung darf eine Typisierung vorgenommen werden, da die Feststellung an wie viel Tagen die einzelnen Abgabepflichtigen sich im Erhebungsgebiet aufhalten, mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand und beträchtlichen tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden wäre (BVerwG, Beschluss vom 21.6.1976 - VII B 124, 125.75 - Buchholz 401.63 Kurabgabe Nr. 2; Beschluss vom 4.1.1980 - 7 B 252/79 - Buchholz 401.63 Kurabgabe Nr. 4). Es wäre kaum durchführbar, zumindest aber wirtschaftlich unvertretbar, die tatsächliche Aufenthaltsdauer der Eigentümer oder Besitzer von Wohnungseinheiten im Erhebungsgebiet das ganze Jahr über zu überwachen und festzustellen. Eine solche Satzungsregelung fingiert (unwiderlegbar) die Dauer des (unwiderlegt vermuteten oder eingeräumten) Aufenthalts im Erhebungsgebiet. Bei Heranziehung zu einer Jahreskurabgabe ist es im Allgemeinen einem Zweitwohnungsinhaber als Abgabenschuldner deshalb verwehrt, im Einzelfall den Nachweis zu führen, er habe sich nur für einen kürzeren Zeitraum in seiner Wohnung aufgehalten.

Die für die Inhaber von Ferienwohnungen und für die Jahreskurabgabe geltende Pauschale darf nicht willkürlich gegriffen werden, sondern ist nachvollziehbar festzulegen. Sie ist - bei Bestehen eines längerfristigen Nutzungsrechts - nach einer bestimmten Zahl von Tagen zu bemessen, die Inhaber von Ferienwohnungen sich wahrscheinlich dort jährlich bzw. im Erhebungszeitraum aufhalten. Bei der Festsetzung als wahrscheinlich geltender Aufenthaltstage ist nach der konkreten Lebenserfahrung zu verfahren und zu beachten, dass die Festsetzung im Durchschnitt aller vom Ersatzmaßstab erfassten Fälle zutreffend sein muss. Die Annahme von 28 Aufenthaltstagen in diesem Zeitraum entspricht ohne weiteres dieser Lebenserfahrung. Da es sich bei diesem Pauschbetrag um einen Ersatzmaßstab handelt, der sich aus der Summe der Tagessätze für die angenommene Anzahl von Aufenthaltstagen errechnet, und es sich hierbei um eine Typisierung, nicht um eine widerlegliche Vermutung handelt, hat dies zur Folge, dass auch derjenige der Ferienwohnungsinhaber den vollen Betrag der Jahreskurabgabe zu zahlen hat, der nachweisen kann, dass er sich weniger Tage dort aufgehalten hat als für die Jahreskurabgabe zugrunde gelegt worden ist (Urteil des Senats vom 4.10.1995 - 2 L 197/94 - SchlHA 1996, 50 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 4.11.2004 - 2 LA 98/04 -).

Diese Grundsätze sind auf den Normalfall eines längerfristigen Nutzungsrechts an Ferienwohnungen zugeschnitten. Sie gelten gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 KAS schon dann nicht uneingeschränkt, wenn die Wohngelegenheit vor dem 15. Mai aufgegeben oder nach dem 14. September erworben wird. In diesen Fällen wird die Kurabgabe auf Antrag nach Maßgabe von § 7 Abs. 2 KAS berechnet, d.h. es wird keine Pauschale angesetzt, sondern auf die Dauer des tatsächlichen Aufenthalts abgestellt. Keine ausdrückliche Regelung enthält die Satzung hingegen für jene Fälle, in denen - wie bei den Klägern - das Nutzungsrecht an der Wohnung innerhalb des Kalenderjahres für einen Zeitraum von weniger als 28 Tagen besteht. Dieser Umstand kann jedoch bei der Bemessung nicht unberücksichtigt bleiben und lässt die Heranziehung zur Jahreskurabgabe nicht zu.

Da die Verpflichtung zur Zahlung einer Kurabgabe an den Aufenthalt im Erhebungsgebiet anknüpft, genügt das Eigentum an einer im Erhebungsgebiet gelegenen Wohnung nicht. Hinzu kommen muss das Recht zur Nutzung der Wohnung, da anderenfalls nicht auf einen Aufenthalt im Erhebungsgebiet geschlossen werden kann. Dieses Recht kann für den Eigentümer ausgeschlossen sein, z. B. im Falle einer dauerhaften Vermietung der Wohnung, bei Einräumung eines Nießbrauchs zugunsten eines Dritten oder auch - wie hier - auf bestimmte Zeiträume beschränkt sein durch einen Nutzungsvertrag der Miteigentümer einer Wohnung. Verfügt der Eigentümer nicht über das Nutzungsrecht an der Wohnung, ist er im Hinblick auf die Wohnung auch nicht kurabgabepflichtig.

In der Satzung der Beklagten wird ein Nutzungsrecht in verschiedenen Regelungen vorausgesetzt. So geht § 4 Abs. 3 KAS davon aus, dass der Eigentümer die Wohnung zu Erholungszwecken nutzt. Eine Nutzung in diesem Sinne setzt ein Nutzungsrecht voraus.

Eine Regelung, die einen Aufenthalt von 28 Tagen auch dann zugrunde legt, wenn sich aus von den Eigentümern vorgelegten Unterlagen ergibt, dass diesen nicht für 28 Tage das Nutzungsrecht an der Wohnung zusteht, ist auch durch die grundsätzlich mögliche Typisierung nicht gerechtfertigt. Aus den von dem Kläger vorgelegten Unterlagen ist ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand feststellbar, für welchen Zeitraum den Klägern ein Nutzungsrecht an der Wohnung zusteht, so dass die Kurabgabe entsprechend § 7 Abs. 2 KAS bemessen werden könnte. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass nicht alle Eigentümer von Wohnungen bereit sein könnten, die erforderlichen Angaben zu machen, ergibt sich hieraus nichts anderes. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG ist auf die Festsetzung und Erhebung von kommunalen Abgaben die Abgabenordnung sinngemäß anzuwenden. Zwar ermitteln die Finanzbehörden nach § 88 Abs. 1 Satz 1 AO den Sachverhalt von Amts wegen, die Beteiligten sind jedoch gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 AO zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO). Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann, hat sie sie zu schätzen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO), so dass auch bei mangelnder Mitwirkung des Abgabenpflichtigen eine mit vertretbarem Verwaltungsaufwand verbundene Möglichkeit zur Festsetzung der Abgabenschuld besteht.

Letztlich kann die Frage, ob die Kläger, die jeweils für die Zeit vom 17. April bis 7. Mai 2007 über ein Nutzungsrecht an der Wohnung verfügten, in Anwendung der Satzung der Beklagten zu einer Kurabgabe in Höhe von je 20,00 Euro hätten herangezogen werden können, offen bleiben, weil die Klage aus einem anderen Grund Erfolg hat.

Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig, da die Kläger mit ihnen zu der Zahlung eines bestimmten Betrages aufgefordert werden, ohne dass zuvor die Kurabgabe festgesetzt wurde. In den Bescheiden werden zunächst die Rechtsgrundlagen der Erhebung einer Kurabgabe dargestellt, anschließend werden die Kläger gebeten, bis zu einem bestimmten Termin einen bestimmten Betrag zu überweisen. Eine Festsetzung der Kurabgabe erfolgt nicht. Dies ist mit § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i. V. mit § 155 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) nicht vereinbar. Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO werden die Steuern, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG ist die Abgabenordnung auf die Festsetzung und Erhebung von kommunalen Abgaben sinngemäß anzuwenden. Hieraus folgt, dass bei der Festsetzung und Erhebung kommunaler Abgaben, diese, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Kommunalbehörde durch Abgabenbescheid festgesetzt werden (Urteil des Senats vom 15.3.2006 - 2 LB 9/05 - NordÖR 2006, 263 = Die Gemeinde 2008, 21 = KKZ 2008, 58). Mit der Festsetzung wird der durch Tatbestandsverwirklichung entstandene abstrakte Anspruch aus dem Abgabenschuldverhältnis realisiert und zu einer auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gerichteten Forderung konkretisiert. Die Festsetzung ist die verwaltungsmäßige verbindliche Feststellung des Anspruchs und bildet die Grundlage für dessen Verwirklichung, für welche neben der Festsetzung das Leistungsgebot erforderlich ist. Der Leistungsbescheid bzw. das Leistungsgebot ist von der Festsetzung zu unterscheiden. Der Festsetzungsbescheid ist die verbindliche Feststellung des geschuldeten Abgabenbetrages, der Leistungsbescheid die Heranziehung oder amtliche Aufforderung zur Zahlung (Urteil des Senats vom 27.1.2009 - 2 LB 43/08 -, Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, § 11 Rdnr. 191, 284). Das Leistungsgebot setzt demnach eine vorhergehende Festsetzung der Abgabenschuld voraus, welche von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden nicht vorgenommen wurde. Soweit die Beklagte darauf abstellt, die Bescheide seien hinreichend bestimmt, da die Adressaten hätten erkennen können, was von ihnen verlangt werde, stellt sich diese Frage nicht, da den Bescheiden eine Festsetzung der Abgabenschuld als notwendige Regelung fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht bestehen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 145,60 Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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