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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: 2 LB 48/05
Rechtsgebiete: KrO SH


Vorschriften:

KrO SH § 35
KrO SH § 41
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 48/05

verkündet am 15. März 2006

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Kommunalverfassungsstreitigkeit - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie den ehrenamtlichen Richter ... und die ehrenamtliche Richterin ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30. November 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Erstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse zur Verkleinerung und der Besetzung der Ausschüsse des beklagten Kreistags geltend.

Die Kommunalwahl am 02. März 2003 hatte für den ... folgendes Wahlergebnis:

CDU: 51,7 % der Stimmen (26 Sitze)

SPD: 29,4 % der Stimmen (14 Sitze)

Klägerin: 8,5 % der Stimmen (4 Sitze)

FDP: 6,6 % der Stimmen (3 Sitze).

Auf seiner konstituierenden Sitzung fasste der Beklagte am 10. April 2003 unter dem Tagesordnungspunkt 8 mit den Stimmen der CDU, der SPD und der FDP und gegen die Stimmen der Klägerin den Beschluss, diejenigen Kreistagsausschüsse, die gemäß der bisherigen Hauptsatzung mit 11 Mitgliedern besetzt waren, auf neun Mitglieder zu verkleinern.

Daran anschließend wurde unter dem Tagesordnungspunkt 10 die Besetzung der acht verkleinerten ständigen Ausschüsse sowie des Schulleiterwahlausschusses des Beklagten vorgenommen. Für diese Wahlen zur Besetzung der Ausschüsse, die nach dem Verhältniswahlsystem erfolgten, gingen CDU, SPD und FDP eine Zählgemeinschaft ein, welche einen gemeinsamen Wahlvorschlag verfasste. Die Klägerin gab ihrerseits einen eigenen Wahlvorschlag ab. Diese beiden Vorschläge bildeten sodann die Abstimmungsgrundlage. Wegen des näheren Inhalts wird auf die Wahlvorschläge Bezug genommen.

Der Wahlvorschlag der Zählgemeinschaft erzielte die erforderliche Mehrheit mit 43 Stimmen. Die Vergabe der Sitze in den Ausschüssen erfolgte nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren. Aufgrund der Verkleinerung der Ausschüsse von 11 auf neun Mitglieder hatte dies zur Folge, dass die Klägerin, der nach dem Höchstzahlverfahren die zehnte Höchstzahl zugestanden hätte, künftig in keinem der Ausschüsse vertreten ist.

Mit Schreiben vom 11. März 2004 forderte die Klägerin den Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg auf, die Beschlüsse über die Besetzung der Kreistagsausschüsse zu beanstanden. Die Verkleinerung der Ausschüsse und die von der CDU, SPD und FDP gebildete Zählgemeinschaft verzerrten das Wahlergebnis der Kreistagswahl und führten zu einem undemokratischen Ergebnis, da die Klägerin in den Ausschüssen nicht mehr repräsentiert werde. Die Ausschüsse bildeten kein Spiegelbild des Plenums. So sei die Klägerin, die mit vier Sitzen drittstärkste Fraktion des Beklagten sei, nicht in den Ausschüssen vertreten. Dahingegen habe die FDP als schwächste Fraktion des Beklagten in allen Ausschüssen einen Sitz erhalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe eine Zählgemeinschaft jedoch nicht die Zusammensetzung der Ausschüsse zu Lasten einer Minderheit ändern. Ohne die Zählgemeinschaft wäre aufgrund der Verkleinerung der Ausschüsse nach dem d'Hondtschen Wahlsystem neben der Klägerin auch die FDP in keinem Ausschuss vertreten gewesen. Zudem verhindere die Verkleinerung der Ausschüsse, dass sich das Kräfteverhältnis des Beklagten in den Ausschüssen widerspiegele.

In seinem Antwortschreiben vom 15. März 2004 legte der Landrat dar, dass sowohl der Beschluss über die Verkleinerung der Kreistagsausschüsse als auch die zur Besetzung der Ausschüsse erfolgten Wahlen nicht zu beanstanden seien. Durch die Bildung der Zählgemeinschaft sei der Klägerin kein Nachteil entstanden, da lediglich neun Sitze zu vergeben gewesen seien. Die Klägerin hätte nämlich auch bei getrennten Wahlvorschlägen der CDU, der SPD und der FDP lediglich über die zehnte Höchstzahl verfügt, so dass auch in diesem Falle kein Sitz auf sie entfallen wäre. Im Übrigen berechtige eine bestimmte Anzahl von Sitzen im Kreistag keine Fraktion, eine Erhöhung der Ausschusssitze zu verlangen. Die Reduzierung der Ausschussgröße auf neun Mitglieder sei zudem nicht mit dem Ziel verfolgt worden, die Klägerin auszugrenzen, sondern um die Beratungsabläufe zu straffen.

Die Klägerin hat am 14. April 2004 Klage erhoben.

Zur Begründung hat die Klägerin ihre gegenüber dem Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg geäußerte Rechtsauffassung vertieft und ergänzend vorgetragen, die Verkleinerung der Ausschüsse des Kreistages benachteilige kleinere Parteien in unvertretbarer Weise. Diese würden von der Teilnahme an politischen Entscheidungsprozessen ausgegrenzt. Es handele sich "um die Einführung einer 10 %-Klausel durch die Hintertür", wenn 8,5 % der Wählerstimmen nicht ausreichten, um in den Ausschüssen vertreten zu sein. Die von dem Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. Dezember 2003 geforderte spiegelbildliche Abbildung des politischen Kräfteverhältnisses eines Plenums in seinen Ausschüssen werde nicht eingehalten. Dies werde besonders durch die erfolgte Zuteilung von Ausschusssitzen an die FDP deutlich, welche die schwächste Fraktion im beklagten Kreistag sei. Hieran zeige sich eine Gesinnung der Willkür. Denn die anderen Fraktionen hätten sie - die Klägerin - als drittstärkste Fraktion, deren Oppositionsarbeit offensichtlich gefürchtet werde, mit dem Hebel der Ausschussgröße vom Prozess der politischen Willensbildung ausgeschlossen. Stattdessen sei die FDP als schwächste Fraktion nunmehr in den Ausschüssen beteiligt.

Eine Zählgemeinschaft dürfe nicht zum Zwecke der besseren "Reststimmenverwertung" die Zusammensetzung der Ausschüsse zu Lasten einer Minderheit ändern. Dies werde noch dadurch unterstrichen, dass insbesondere der Hauptausschuss nach § 40 b Abs. 1 KrO auch die Befugnis erhalten könne, abschließende Beschlüsse zu fassen.

Zudem sei das vom Beklagten angewandte Zählverfahren, welches zu dem Ergebnis komme, dass eine Partei, die mit der Überwindung der 5 %-Hürde den Einzug in den Kreistag geschafft habe, bei der Ausschussbesetzung aber nicht berücksichtigt werden könne, insofern nicht demokratisch und willkürlich, als es die Entscheidung des Souveräns nicht wiedergebe.

Ihr Ausschluss aus den Ausschüssen verstoße aus diesen Gründen gegen das Demokratieprinzip, gegen elementare Prinzipien der Volkssouveränität und gegen das Willkürverbot. Das Votum der Wähler sei verfälscht worden.

Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte eingeräumt, dass die Nichtberücksichtigung der Klägerin im Schulleiterwahlausschuss rechtswidrig sei, und auf seiner Sitzung am 24. Juni 2004 einen Abänderungsbeschluss gefasst, wonach der Klägerin in diesem Ausschuss ein Sitz zusteht.

In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien sodann übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt, soweit sich die Klage gegen die Besetzung des Schulleiterwahlausschusses richtete. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 30. November 2004 das Verfahren insoweit eingestellt und die Kosten des Verfahrens in dem erledigten Umfang dem Beklagten auferlegt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 10. April 2003 bezüglich der Verkleinerung der Ausschüsse rechtswidrig ist und die Wahlen vom 10. April 2003 zur Besetzung der Ausschüsse des Beklagten ungültig sind, soweit nicht der Schulleiterwahlausschuss betroffen ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, die angefochtenen Kreistagsbeschlüsse seien rechtmäßig. Die Verwaltung habe die Ausschussverkleinerung angeregt; sie diene allein der Zweckmäßigkeit und nicht dem Ausschluss der Klägerin von der Ausschussarbeit. Bei der bisherigen Anzahl von 11 Ausschussmitgliedern pro Ausschuss hätten mehr als die Hälfte aller Kreistagsabgeordneten Einladungen und Vorlagen zu den Sitzungen der Fachausschüsse erhalten müssen, was zu entsprechenden Kopie- und Portokosten geführt habe und auch zu einer Verlangsamung der Verwaltungsabläufe. Mit der Ausschussverkleinerung sei einem Vorschlag der Verwaltung gefolgt worden, welcher schon im Entwurf zur Hauptsatzung vom 08. Dezember 1997 enthalten gewesen sei. Die Umsetzung des Vorschlages sei im Rahmen einer Ausschussneugestaltung erfolgt, zu welcher die Neufassung der Kreisordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Februar 2003 Anlass gegeben habe. Der Beklagte sei im Übrigen mit der Ausschussverkleinerung nur zu dem Zustand zurückgekehrt, der bereits für die 15. Wahlperiode gegolten habe.

Auch unter Beachtung des Demokratieprinzips müsse die Zahl der Mitglieder in den Ausschüssen nicht so bemessen sein, dass eine proporzgenaue Repräsentation aller politischen Kräfte gewährleistet sei, denn die Funktionsfähigkeit solcher Gremien bedürfe einer zahlenmäßigen Beschränkung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass den kommunalen Vertretern weitgehende Einflussmöglichkeiten bereits im Plenum zustünden. Das Ergebnis der Ausschusswahlen sei die Konsequenz des d'Hondtschen Höchstzahlverfahrens, welches in der Hauptsatzung des Beklagten vorgesehen sei.

Was schließlich die Bildung der Zählgemeinschaft anbetreffe, so sei die Klägerin insoweit klageumfänglich nicht belastet worden. Sie hätte auch bei getrennter Abstimmung nach Fraktionen keinen Sitz in den verkleinerten Ausschüssen erhalten. Die Sitze, die die FDP erhalten habe, seien ihr von der CDU abgetreten worden.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Zählgemeinschaften ergebe sich aus dem Grundsatz des freien Mandats.

Die Klägerin sei weiter nicht völlig von der Ausschussarbeit ausgeschlossen, da sie ein Teilnahmerecht nach § 41 Abs. 8 KrO habe.

Durch Urteil vom 30. November 2004 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Verkleinerung der Ausschüsse durch den Beklagten sei im Rahmen seiner Befugnisse gemäß § 40 KrO erfolgt. Insoweit stelle sich die Bestimmung der Ausschussgröße in § 5 der Hauptsatzung als eine Normsetzung der vollziehenden Gewalt dar, als deren Vertreter der Beklagte einen Entscheidungsfreiraum habe, der nur gemäß Art. 20 Abs. 3 GG durch die verfassungsmäßige Ordnung, Gesetz und Recht begrenzt werde.

Der Beschluss über die Verkleinerung verstoße nicht gegen das Prinzip der demokratischen Repräsentation. Zwar müssten die Ausschüsse ein Spiegelbild des Plenums sein. Allerdings liege kein Verstoß dagegen vor, wenn durch die Anwendung des höchstrichterlich anerkannten d'Hondtschen Höchstzahlverfahrens eine Fraktion nicht in den Ausschüssen vertreten sei. Denn allen Wahlsystemen hafte eine Unzulänglichkeit einer proporzgenauen Repräsentation an. Dies sei so hinzunehmen und nicht durch eine Veränderung der Mitgliederzahl auszugleichen.

Der Beklagte habe auch nicht das Willkürverbot verletzt. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn sich die Willkürabsicht aus der schriftlichen Abstimmungsvorlage entnehmen ließe oder wenn sich diese in Ermangelung jeglicher Zweckmäßigkeitsgründe förmlich aufdränge. So sei es vorliegend nicht.

Das Ausmaß der Verkleinerung sei noch angemessen, was sich im Vergleich mit den anderen Kreistagen in Schleswig-Holstein zeige. Auch fehle es an Anhaltspunkten für die Annahme, die Verkleinerung sei zu dem Zweck vorgenommen worden, die Klägerin auszuschließen. Zwar habe dem Beklagten die Nichtbeteiligung der Klägerin an den Ausschüssen infolge der Verkleinerung offenkundig sein müssen, zudem bleibe auch der Grund für diese Maßnahme unklar. Denn die Verwaltungsvorlage enthalte keine Begründung und der angeführte Grund der Straffung und der Kostenersparnis sei nicht substantiiert worden. Schließlich habe sich die Erkenntnis, dass die Kopier- und Portokosten bei 11 Ausschussmitgliedern höher lägen, bereits vor der Fassung des Beschlusses über die Erhöhung der Sitze aufdrängen müssen.

Allerdings verbleibe der Klägerin aufgrund des § 41 Abs. 8 KrO ein umfängliches Teilnahme- und Mitwirkungsrecht, so dass der Beschluss zur Verkleinerung die wesentliche Teilhabe an der Ausschussarbeit unberührt lasse. Zudem könne die Klägerin ihr Meinungsbild im Plenum kundtun. Allein bei den beschließenden Ausschüssen sei die Klägerin von jeglicher Entscheidung ausgeschlossen. Dies falle aber nicht besonders ins Gewicht, da eine Übertragung der Entscheidungsbefugnisse nur kommunalpolitisch geringer bedeutsame Angelegenheiten betreffe.

Ebenso sei die Besetzung der Ausschüsse rechtlich nicht zu beanstanden, denn die Zählgemeinschaft habe keine negativen Auswirkungen auf die Klägerin gehabt. Auch ohne Bildung dieser Gemeinschaft hätte die Klägerin keinen Sitz in den Ausschüssen nach dem Höchstzahlverfahren erlangt.

Die Bildung der Zählgemeinschaft mache die Wahlen auch nicht wegen der zwischen CDU und FDP getroffenen Absprache, einen von der CDU erlangten Sitz an die FDP abzutreten, rechtswidrig. Denn die Erringung dieser Sitze sei keine wahlmathematische Folge der Gemeinschaft sondern eine interfraktionelle Absprache, die der rechtlichen Prüfung entzogen sei. Es spiegele sich darin lediglich die politische Nähe wider.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 10. Januar 2005 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 19. August 2005 entsprochen hat.

Die Klägerin trägt vor, die Beschlüsse des Beklagten seien rechtswidrig. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts wahre entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit der wirksamen politischen Kräfteverhältnisse, welche im Plenum bestünden, bei der Zusammensetzung der Ausschüsse nicht. Dies zeige sich daran, dass die FDP, aber nicht die Klägerin als Mitglied in den Ausschüssen fungiere. Eine Heilung durch das Teilnahmerecht der Klägerin könne nicht eintreten, denn das wesentliche Recht stelle nun mal das Stimmrecht dar. Allein dieses ermögliche es, eigenständig und selbstbestimmt an den Meinungsbildungsprozessen mitzuwirken.

Der Beschluss über die Verkleinerung der Ausschüsse verstoße auch gegen das Willkürverbot, denn entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts müsse sich die Willkürabsicht nicht förmlich aufdrängen. Willkür liege vor, wenn sich für eine Maßnahme keine vernünftigen Erwägungen finden ließen, die sich aus der Natur der Sache ergäben oder sonst wie einleuchtend seien. Solche sachgerechten Gründe fehlten vorliegend, denn selbst das Verwaltungsgericht führe aus, dass die Motivlage im Dunkeln bleibe.

Zudem könnten die Beschlüsse nicht losgelöst voneinander betrachtet werden, da erst die Kombination beider Beschlüsse zu der Verzerrungssituation der politischen Kräfteverhältnisse führe.

Das angegriffene Urteil sei auch insoweit zu beanstanden, als es das angewandte d'Hondtsche Höchstzahlverfahren für verfassungsgemäß erachte. So hätten die Berechnungen ergeben, dass unabhängig von der Bildung einer Zählgemeinschaft und bei der vorgenommenen Verkleinerung der Ausschusssitze auf neun Mitglieder die zum Rechtsstreit führende Problematik bei dem Verfahren nach Hare/Niemeyer nicht entstanden wäre, sondern allein Ausfluss der Höchstzahlmethode sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 10. April 2003 bezüglich der Verkleinerung der Ausschüsse rechtswidrig ist und die Wahlen vom 10. April 2003 zur Besetzung der Ausschüsse des Beklagten ungültig sind, soweit nicht der Schulleiterwahlausschuss betroffen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit führe nicht dazu, dass jede Fraktion unabhängig von ihrer jeweiligen Mitgliederzahl einen Anspruch auf einen Sitz in den Ausschüssen habe. Es bestehe allein ein Anspruch auf proportionale Gleichbehandlung.

Es liege auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor, denn die Verkleinerung der Ausschüsse stelle nach der Verringerung der Ausschussanzahl im Jahr 1998 den zweiten Schritt zur Straffung der Verwaltungsabläufe dar, was objektiv nachvollziehbar sei. Zudem sei die Verkleinerung im Verhältnis zur tatsächlichen Situation in keinem Fall als eindeutig unangemessen anzusehen. Bei einer Kreistagsgröße von 47 Mitgliedern überspringe die Neuregelung der Ausschussgrößen keine Größe, die die demokratische Meinungsbildung gefährden würde.

Ebenfalls die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen das Berechnungsverfahren von d'Hondt würden nicht tragen. Die diesbezüglich angeführten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs könnten nicht herangezogen werden, da von einer anderen Rechtslage auszugehen sei. So enthalte die Landeskreisordnung Bayerns ausdrücklich das Gebot der Spiegelbildlichkeit, was in Schleswig-Holstein nicht der Fall sei. Daher bestehe nur in Bayern eine Verschärfung von Bundesverfassungsrecht.

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; auf sie und die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die von ihr beanstandeten Beschlüsse des Beklagten sind rechtmäßig. Der Beschluss über die Verkleinerung der Mitgliederzahl in den Ausschüssen hält den rechtlichen Anforderungen stand. Er verstößt weder gegen das demokratische Repräsentationsprinzip noch gegen das Willkürverbot.

Ein Kreistag und damit der Beklagte ist bei seinen Beschlüssen zur Hauptsatzung gemäß § 4 KrO grundsätzlich frei. Dieser Entscheidungsfreiraum stößt nur dort an seine Grenzen, wo gemäß Art. 20 Abs. 3 GG die verfassungsmäßige Ordnung, das Gesetz und das Recht verletzt werden (von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht SH, 6. Aufl., § 4 GO, Rn.1).

In diesem Zusammenhang stellt auch die Festlegung der Anzahl der Ausschussmitglieder eine rein kommunalpolitische Entscheidung des Kreistages dar, bei der dieser frei ist und sich ausschließlich von Zweckmäßigkeitserwägungen leiten zu lassen hat. Die Entscheidung steht also in seinem Ermessen (von Mutius/Rentsch, a.a.O., § 45 GO, Rn. 2; Bracker/Dehn; Kommentar zur KrO, 3. Aufl., § 40, S. 254).

Dabei ist zur Einhaltung des Demokratieprinzips, welches besagt, dass die Ausübung jeder staatlichen Gewalt der Legitimation durch das Volk bedarf, nicht von Belang, ob durch die Größe des Ausschusses gewährleistet ist, dass alle Fraktionen in den Ausschüssen mitwirken können (BayVGH, Urt. vom 17.03.2004 - 4 BV 03.1159 -, NVwZ-RR 2004, 602; OVG NRW, Urt. vom 02.03.2004 - 15 A 4168/02 -, DVBl. 2004, 1052). Die Ausschüsse sollen allerdings als Ausfluss der repräsentativen Demokratie ein Spiegelbild der Zusammensetzung des Plenums darstellen, so dass die Gestaltungsfreiheit des Kreistages dort endet, wo ansehnlich große Gruppen von der Vertretung im Ausschuss ausgeschlossen werden. Diesbezüglich bildet eine Fraktion mit 10 % der Plenumssitze jedoch noch keine ansehnlich große Gruppe (BayVGH, Urt. vom 07.10.1992 - 4 B 91.2372 -, NVwZ-RR 1993, 267). Des Weiteren ist es auch rechtswidrig, eine kleine Zahl von Ausschussmitgliedern deshalb vorzusehen, um bestimmte Fraktionen von der Ausschussarbeit auszuschließen (OVG NRW, Urt. vom 27.05.2005 - 15 B 673/05 -, DVBl. 2005, 987; Urt. vom 02.03.2004 - 15 A 4168/02 - DVBl. 2004, 1052; Bracker/Dehn, Kommentar zur GO, § 45, S. 280). In der Regel wird die Größe der Ausschüsse dann als angemessen erachtet, wenn sie ungefähr ein Viertel der Plenumsgröße beträgt ( Quecke, Kommentar zur GO für Freistaat Sachsen, § 42 Rn. 10; BVerwG, Beschl. vom 14.10.1993 - 7 B 19/93 -, NVwZ-RR 1994, 109). Bei einer Plenumsgröße von 37 Personen wurde ein Ausschuss von sieben Mitgliedern für verhältnismäßig und damit rechtmäßig erachtet (OVG Lüneburg, Beschl. vom 26.02.1998 - 10 M 5793/97 -, NVwZ-RR 1999, 189).

Vorliegend lässt allein die nunmehr bestehende Größe von neun Sitzen keinen Verstoß gegen das Demokratieprinzip erkennen. Bei einem Verhältnis von 47 Plenumssitzen zu neun Ausschusssitzen, das ungefähr dem Verhältnis im Beschluss des OVG Lüneburg vom 26.02.1998 entspricht, ergibt sich noch keine Verzerrung des Kräfteverhältnisses innerhalb der Ausschüsse. Denn zum einen muss zur Einhaltung des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes nicht jede Fraktion im Ausschuss vertreten sein. Zum anderen stellt die Klägerin mit einem Stimmenanteil von 8,5 % auch nicht eine solch große Gruppe dar, die aus ihrer Stärke einen Anspruch auf einen Ausschusssitz ableiten kann.

Die Verkleinerung der Mitgliederanzahl der Ausschüsse ist auch nicht willkürlich.

Das Willkürverbot, welches aus der Bindung des Staates an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG fließt, verbietet eine Differenzierung ohne sachlichen Grund und allgemein Entscheidungen auf der Grundlage sachfremder Erwägungen. Ein sachlicher Grund fehlt, wenn sich vernünftige, aus der Natur der Sache sich ergebende oder sonst wie einleuchtende Gründe nicht finden lassen. Dabei ist Willkür im objektiven Sinne zu verstehen und stellt sich folglich als Fehlen jeglichen Grundes dar (Bonner Kommentar, 67. Lfg., Okt. 1992, Art 3 GG, Rn. 16, 20, 21; BVerfG, Beschl. vom 26.04.1978 - 1 BvL 29/76 -, BVerfGE 48, 227 (237)).

Ein Verstoß gegen das Willkürverbot könnte dann angenommen werden, wenn der Ausschuss in den vorangegangenen Wahlperioden mit mehr stimmberechtigten Mitgliedern besetzt gewesen ist, keine größenbedingten Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Ausschusses entstanden sind und ohne einen weiteren besonderen Anlass bei einer bloßen Veränderung der Fraktionsstärken und gewissen Anzeichen für ein Ausgrenzenwollen eine Verringerung der Mitgliederzahl vorgenommen wurde (so VG Osnabrück, Urt. vom 19.11.2002 - 1 A 56/02 -, juris).

In der vorhergehenden Wahlperiode waren die Ausschüsse zwar mit 11 Mitgliedern besetzt. Sachlicher Anlass für die Reduzierung der Mitgliederzahl war jedoch das Ziel, Beratungsabläufe zu straffen und Kosten einzusparen. Dass mit der Verkleinerung der Ausschüsse (auch) das Ziel verfolgt worden wäre, die Mitwirkung der Klägerin an den Ausschüssen durch deren Verkleinerung zu vereiteln, ist von den Beteiligten und auch von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich verneint worden.

Die zur Besetzung der Ausschüsse durchgeführten Wahlen stellen sich ebenfalls als rechtmäßig dar. Dass die CDU, die SPD und die FDP eine Zählgemeinschaft für die Wahlen zur Ausschussbesetzung bildeten, führt im Ergebnis nicht zur Rechtswidrigkeit der Wahlen.

Zunächst gilt es klarzustellen, dass an der bisher erfolgten Auslegung des § 46 Abs. 1 GO und des hier einschlägigen § 41 Abs. 1 KrO, Zählgemeinschaften aufgrund der Offenheit der Regelungen in ihren Formulierungen generell zuzulassen (OVG Schleswig, Urt. vom 20.06.1996 - 2 L 215/95 - NVwZ-RR 1997, 486; v. Mutius/Rentsch, a.a.O., § 46 GO, Rn. 1; Praxis der kommunalen Verwaltung SH, § 40 GO, Rn. 12), nicht mehr festgehalten werden kann.

Mit Urteil v. 10.12.2003 (- 8 C 18.03 -, DVBl. 2004, 440) hat das BVerwG ausgeführt, dass solche Zählgemeinschaften mehrerer Fraktionen bei der Besetzung der Ausschüsse unzulässig seien, die nur der Erlangung eines zusätzlichen Sitzes dienten. In solch einem Fall werde das Erfordernis, dass die Ausschüsse die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegelten, nicht mehr gewahrt und demnach der aus dem Demokratieprinzip folgende Repräsentationsgrundsatz verletzt.

Das BVerwG führt weiter aus, dass so gebildete Zählgemeinschaften als solche weder vom Volk gewählt worden seien noch über die Ausschusswahlen hinausgehende gemeinsame politische Ziele verfolgten. Grund des Zusammenschlusses sei allein das Gewinnen von zusätzlichen Ausschusssitzen. Ein erst nach der Kommunalwahl vereinbartes ad-hoc-Bündnis zum Zweck der besseren Reststimmenverwertung, das sich nur gebildet hätte, um bei dem anschließenden Verteilungsverfahren einen mathematischen Vorteil zu erlangen, dürfe nicht Grundlage der Sitzverteilung in den Ausschüssen sein. Vielmehr müssten in diesen die vom Volk gewählten Vertreter entsprechend ihrem politischen Stärkeverhältnis nach Fraktionen oder Gruppen repräsentiert werden. Eine Zählgemeinschaft seitens der Mehrheit dürfe die Zusammensetzung der Ausschüsse nicht zu Lasten der Minderheit verändern. Ansonsten werde der Minderheitenschutz missachtet (so auch BVerwG, Urt. vom 29.11.1991 - 7 C 13/91 -, NVwZ 1992, 488).

Zählgemeinschaften widersprechen deshalb nicht zwingend dem bundesverfassungsrechtlichen Demokratiegrundsatz. Ein Widerspruch und damit ein Verstoß gegen Verfassungsrecht entsteht erst, wenn es zu einer mathematischen Verschiebung der Sitzverteilung aufgrund der Zählgemeinschaften zu Lasten der Minderheit kommt. Nur dann ist nämlich das Spiegelbild verzerrt.

Zu diesem Ergebnis gelangen das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein in einem Erlass (IV 311 - 160.152.3) wie auch ein vom wissenschaftlichen Dienst des Schleswig-Holsteinischen Landtages verfasstes Gutachten ebenfalls. Das Innenministerium geht nämlich davon aus, dass eine Zählgemeinschaft nicht generell unzulässig sei, sondern erst dann die verfassungsrechtlichen Grundsätze verletze, wenn eine andere Fraktion dadurch einen Nachteil erleide. So muss auch das Gutachten des Landtages verstanden werden, wenn ausgeführt wird, dass Zusammenschlüsse zulässig seien, wenn dadurch die Mehrheitsverhältnisse der Gemeindevertretung im Übrigen gewahrt blieben (S. 9 des Gutachtens).

Die vorliegend gebildete Zählgemeinschaft ist auch nicht bereits aufgrund ihres bloßen Bestehens und ihrer Einflussnahme auf die Wahlen für die Ausschussbesetzung rechtswidrig; sie führt nicht zu einer mathematischen Verschiebung der Kräfteverhältnisse. Es kann dabei außer Betracht bleiben, ob man die Beurteilung der Ausschussbesetzung anhand einer Ausschussgröße von 11 Sitzen oder an den verteilten 9 Ausschusssitzen vornimmt. Das Ergebnis für die Auswirkungen der Zählgemeinschaft auf die Wahlen bleibt das Gleiche. Die Zählgemeinschaft hat bzw. hätte niemals zu einem Nachteil für die Klägerin in der Sitzverteilung der Ausschüsse geführt. Dies ergibt sich aus ihren eigenen Berechnungen zu den Ausschussbesetzungen. So ergeben diese Berechnungen, dass bei - infolge des Beschlusses über die Verkleinerung - nur noch neun zu vergebenden Sitzen die Klägerin mit oder ohne Bestehen der Zählgemeinschaft keinen Sitz erlangt hätte . Bei einer Ausschussgröße mit 11 zu vergebenden Sitzen hätte die Klägerin ebenfalls mit oder ohne Bestehen der Zählgemeinschaft keinen mathematischen Nachteil hinsichtlich der Sitzverteilung erlitten, da sie jeweils nur einen Sitz erlangt hätte.

Die Zählgemeinschaft ist auch nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil die CDU sich auf der Grundlage der gebildeten Zählgemeinschaft verpflichtete, der schwächsten Fraktion im Kreistag, der FDP, einen Sitz in jedem Ausschuss abzutreten, obwohl diese ohne das Bestehen der Zählgemeinschaft sowohl bei einer Ausschussgröße von neun Sitzen als auch bei einer Ausschussgröße von 11 Sitzen jeweils leer ausgegangen wäre. Die Abtretung von Sitzen an andere Fraktionen ist rechtlich nicht zu beanstanden. So gebildete Zählgemeinschaften verfolgen nicht das Ziel, zusätzliche Ausschusssitze zu erlangen, sondern sind in der Regel als Ausdruck einer beabsichtigten inhaltlichen Zusammenarbeit aufgrund inhaltlicher Nähe zu werten.

Hinzu tritt, dass die Klägerin dadurch, dass die CDU-Fraktion einen der ihr zufallenden Ausschusssitze jeweils an die FDP-Fraktion abgegeben hat, nicht in ihren Rechten verletzt ist. Der Klägerin stünde ein Ausschusssitz auch dann nicht zu, wenn diese Sitzabgabe unterlassen geblieben wäre.

Der Beklagte hatte bei den Wahlen das d'Hondtsche Höchstzahlverfahren anzuwenden, da dies gemäß § 41 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 4 KrO gesetzlich vorgeschrieben ist. Zweifel an der Verfassungsgemäßheit dieser Bestimmungen bestehen nicht. Das Verfahren nach d'Hondt begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, Beschl. v. 08.09.1994 - 2 BvR 1484/94 -, NVwZ-RR 1995, 213, 214).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht bestehen.

Ende der Entscheidung

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