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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: 2 LB 68/04
Rechtsgebiete: BSHG, SGB XII


Vorschriften:

BSHG § 97 Abs. 2 S. 3
SGB XII § 98 Abs. 2 S. 3
Die durch § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG oder § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründete Rechtspflicht zur vorläufigen Leistungsgewährung endet erst dann, wenn sich ein in Anwendung des § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG oder § 98 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe ermitteln lässt und die Leistungsgewährung übernimmt.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 68/04

verkündet am 11.05.2005

In der Verwaltungsrechtssache

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 10. Kammer - vom 30. April 2004 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zuständigkeit für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen in Form der Eingliederungshilfe in einer Einrichtung an den Hilfeempfänger H....

Der Hilfeempfänger verbüßte bis zum 27. Februar 2001 eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Lübeck. Wegen Vollzugsuntauglichkeit wurde die Strafhaft für die Dauer einer stationären Behandlung in den Segeberger Kliniken in Bad Segeberg ausgesetzt. Der Kläger übernahm die Krankenkosten im Rahmen der Krankenhilfe nach dem BSHG. Zum 11. Juni 2001 wurde der Hilfeempfänger in die Einrichtung "A..." B... in C... im Bereich des Beklagten verlegt. Mit Bescheid vom 07. Juni 2001 übernahm der Kläger vorläufig die Kosten für die Unterbringung des Hilfeempfängers im A... B... im Rahmen der Eingliederungshilfe und befristete die Bewilligung zunächst auf vier Wochen. Er verwies den Betreuer des Hilfeempfängers darauf, dass nach der Aufnahme des Betreuten in der Einrichtung unverzüglich die Kostenübernahme beim zuständigen Sozialamt des Kreises Schleswig-Flensburg zu stellen sei. Der Kläger informierte den Beklagten mit Schreiben vom 08. Juni 2001 und bat unter Hinweis darauf, dass der Hilfeempfänger ohne festen Wohnsitz sei, die Zuständigkeit anzuerkennen und über die weitere Hilfegewährung zu entscheiden. Mit Bescheid vom 06. Juli 2001 lehnte der Beklagte gegenüber dem Betreuer des Hilfeempfängers den Antrag auf Kostenübernahme der Betreuung im A... ab. Wenn der Hilfeempfänger vor Aufnahme in den Segeberger Kliniken ohne gewöhnlichen Aufenthalt gewesen sei, bleibe die Zuständigkeit auch bei Aufenthaltswechseln gemäß § 97 Abs. 2 BSHG beim ursprünglich zuständigen Kostenträger. Daraufhin erklärte sich der Kläger mit Bescheid vom 17. Juli 2001 gegenüber dem Betreuer des Hilfeempfängers bereit, weiterhin gemäß § 44 Abs. 1 BSHG vorläufig die Kosten für die Unterbringung des Betreuten im A... im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen. Die Bewilligung gelte zunächst bis zur endgültigen Klärung der örtlichen Zuständigkeit. Dem Beklagten teilte der Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 2001 mit, dass für den Hilfeempfänger trotz intensiver Ermittlungen kein gewöhnlicher Aufenthalt zu ermitteln sei. Der Beklagte wurde nochmals um Übernahme des Falles gebeten. Das lehnte der Beklagte ab.

Der Kläger hat am 08. Februar 2002 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben und geltend gemacht, dass seine bezüglich des Aufenthaltes in den Segeberger Kliniken gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründete Zuständigkeit mit dem Verlassen der Segeberger Kliniken beendet sei. Mit Aufnahme des Hilfeempfängers in die Einrichtung A... sei nunmehr der Beklagte für die Hilfegewährung zuständig geworden.

Der Kläger hat beantragt,

dass der Beklagte ab dem 11. Juni 2001 für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Herrn H... im HGG "A..." in C... örtlich zuständig ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass er nicht örtlich zuständig sei. Nach Festlegung der endgültigen Zuständigkeit nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG gelte auch § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG entsprechend.

Durch Urteil vom 30. April 2004 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei als Feststellungsklage nach § 43 VwGO zulässig, weil der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe, dass der Beklagte gegenüber dem Hilfeempfänger verpflichtet sei, die anlässlich der Unterbringung im A... anfallenden Kosten aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen. Die Klage sei jedoch unbegründet.

Der Beklagte sei nicht örtlich zuständig für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an den Hilfeempfänger. Auch für die Dauer des Aufenthaltes im A... sei zunächst der Kläger gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG vorläufig zuständig. Gemäß dieser Vorschrift habe für den Fall, dass nicht spätestens innerhalb von vier Wochen feststehe, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist, der nach Abs. 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Hilfe unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten. Dieser Verweis auf Abs. 1 des § 97 führe dazu, dass die Zuständigkeit gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG bis zur Beendigung der Hilfe auch dann bestehen bleibe, wenn die Hilfe außerhalb seines Bereiches sichergestellt werde (§ 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG). Der Kläger könne gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG für die von ihm für den Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe Erstattung verlangen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt.

Durch Beschluss vom 09. September 2004 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zutreffend sei. Auf Grund des Einrichtungswechsels sei vielmehr eine örtliche Zuständigkeit des Beklagten gegeben. In § 97 BSHG werde eindeutig zwischen den Zuständigkeiten für die ambulante und die stationäre Hilfe unterschieden. Für die Hilfeleistung in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung sei der gewöhnliche Aufenthaltsort des Hilfeempfängers zum Zeitpunkt der Aufnahme bzw. in den zwei Monaten vor Aufnahme entscheidend. Lediglich für den Ausnahmefall, dass bei einer Hilfegewährung im vollstationären Bereich ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht (innerhalb von vier Wochen) ermittelt werden könne, werde durch § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG auf die Zuständigkeit gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG verwiesen. Sinn und Zweck dieser Regelung sei es, schnelle und effektive Hilfe durch einen ortsnahen Träger sicherzustellen. Hierdurch werde eine Vorausleistungszuständigkeit des Sozialhilfeträgers "vor Ort" begründet, damit der Hilfebedürftige nicht durch ungeklärte Zuständigkeiten zwischen den Sozialhilfeträgern benachteiligt werde. Nach Sinn und Zweck der Regelung des § 97 Abs. 2 BSHG beinhalte die Ausnahmeregelung des Satzes 3 lediglich einen Verweis auf § 97 Abs. 1 Satz 1, nicht aber auf Satz 2 BSHG. Die vom Bundesverwaltungsgericht in einem Fall der ambulanten Eingliederungshilfe vertretene Ansicht, dass § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG nicht (auch) den Fortbestand einer nach § 97 Abs. 2 BSHG begründeten Zuständigkeit bestimme, sondern nur den Fortbestand einer nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG begründeten, gelte in gleicher Weise auch für einen Einrichtungswechsel zwischen zwei Einrichtungen der stationären Hilfe. Mit § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG werde lediglich eine Ausnahme von Satz 1 vorgesehen, um die auswärtige Hilfe in der Verantwortung des ersten Sozialhilfeträgers zu ermöglichen. Ein solcher Fall der ambulanten Hilfe liege hier aber nicht vor. Auf Grund des eingetretenen Einrichtungswechsels sei deshalb die Zuständigkeit gemäß § 97 Abs. 2 BSHG neu zu prüfen. Da hier ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar sei, ein solcher durch den Aufenthalt in einer Einrichtung im Gebiet des Klägers unstreitig nicht begründet werde, greife die Ausnahmeregelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG, wonach der Beklagte für die stationäre Behandlung im "A..." auf Grund des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Hilfeempfängers als örtlicher Träger der Sozialhilfe zuständig sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. April 2004 zu ändern und festzustellen, dass der Beklagte ab dem 11. Juni 2001 für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Herrn H... im HGG "A..." B... in C... örtlich zuständig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Er meint, entgegen der Auffassung des Klägers ergebe sich aus den von ihm zitierten gerichtlichen Entscheidungen nicht, dass im vorliegenden Fall eine Zuständigkeit des Beklagten nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründet sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzte die sogenannte Zuständigkeitsperpetuierung in § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG voraus, dass die Hilfe nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG schon eingesetzt habe. Das sei hier nicht der Fall. Ferner sei nur für die Entlassung aus einer Einrichtung und Fortsetzung der Hilfe in ambulanter Form entschieden, dass sich die Zuständigkeitsfortschreibung nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG nicht auch auf eine nach § 97 Abs. 2 BSHG begründete Zuständigkeit beziehe. Das sei nicht auf den hier vorliegenden Fall einer ursprünglich mangels Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltsortes nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründeten Zuständigkeit und einem nachfolgenden Wechsel der stationären Einrichtung zu übertragen. Zum einen knüpfe die originäre Zuständigkeit des Klägers hier nicht an den gewöhnlichen Aufenthalt des Hilfebedürftigen nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG an, sondern ergebe sich mangels Vorliegen eines solchen gewöhnlichen Aufenthaltes bzw. Nichtermittlung eines solchen zum Zeitpunkt des Beginns der Hilfeleistung bzw. im Zeitraum zwei Monate vor der Aufnahme aus § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG. Das Bundesverwaltungsgericht habe klargestellt, dass sich die aus § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG folgende Pflicht zur unverzüglichen Entscheidung und vorläufigem Eintreten nicht auf Eilfälle und Fälle ungeklärten gewöhnlichen Aufenthalts beschränke; sie mithin nicht voraussetze, dass sich in Anwendung des § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG ein anderer örtlicher zuständiger Träger der Sozialhilfe überhaupt feststellen lasse. Vielmehr umfasse nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Vorschrift des § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG auch diejenigen Fälle, in denen - wie im vorliegenden Fall - ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland, an den die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung der Hilfe in einer Einrichtung üblicherweise anknüpfe, nicht vorhanden oder endgültig nicht zu ermitteln sei, und zwar auch dann, wenn dies umgehend oder innerhalb von vier Wochen feststehe. Die durch § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründete Rechtspflicht zur vorläufigen Leistungsgewährung ende in diesem Falle erst dann, wenn sich ein in Anwendung des § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe ermitteln lasse und dieser die Leistungsgewährung übernehme. Die Leistungserbringung bleibe gleichwohl nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG eine "vorläufige" Leistungsgewährung, da dem nach dieser Vorschrift Eintrittspflichtigen die dafür aufgewendeten Kosten von einem anderen - nach § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG von einem anderen örtlichen, nach § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG von einem überörtlichen - Träger der Sozialhilfe zu erstatten seien, ihn also nicht endgültig belasteten. Für den Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 Satz 3 1. Alt. BSHG bestimme diese Vorschrift, dass der nach Abs. 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Hilfe unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten habe. Dem Wortlaut nach werde bei der hier vorliegenden Verweisung auf § 97 Abs. 1 BSHG, durch die die Zuständigkeit begründet werde, nicht eine Einschränkung auf § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG vorgenommen. Vielmehr beziehe sich dem Wortlaut nach die Verweisung in § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG auf den gesamten Abs. 1 des § 97, mithin auch auf die Regelung in § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG, der eine Zuständigkeitsperpetuierung für den Fall vorschreibe, dass die Hilfe außerhalb des Bereichs des zuständigen Trägers der Sozialhilfe sichergestellt werde. Auch eine Zuständigkeit nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG, der Voraussetzung für das Fortbestehen der Zuständigkeit nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG sei, könne vor diesem Hintergrund - wenn auch nur über die Verweisung nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG - angenommen werden. Bereits dies spreche für ein Fortbestehen der Zuständigkeit des Klägers trotz Übertritt des Hilfebedürftigen in eine andere Einrichtung außerhalb des ursprünglichen Zuständigkeitsbereiches.

Zum anderen unterscheide sich dieser Fall auch dadurch von den den zitierten Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen, als hier weder ein Wechsel von einer stationären Maßnahme zu einer ambulanten Hilfemaßnahme erfolge noch ein Eilfall vorgelegen habe. Dies habe zunächst einmal zur Folge, dass die grundsätzliche Zuständigkeit für eine stationäre Hilfemaßnahme nach § 97 Abs. 2 BSHG nicht endete und bei dem Beklagten keine neue Zuständigkeit nach § 97 Abs. 1 BSHG begründet worden sei. Vielmehr habe hier lediglich ein Wechsel der Einrichtung stattgefunden, bei dem es jedoch dabei geblieben sei, dass es sich nach wie vor um die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder gleichartigen Einrichtung im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG gehandelt habe. Darüber hinaus weise dieser Fall aber auch noch die Besonderheit auf, dass - anders als in Eilfällen oder Fällen vorläufig noch ungeklärten gewöhnlichen Aufenthaltes - mangels Vorhandenseins oder wegen (endgültiger) Nichtermittelbarkeit eines gewöhnlichen Aufenthalts auch eine vorerst "endgültige" Zuständigkeit des nach § 97 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG zuständigen Trägers der Sozialhilfe eintrete, auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts diese Zuständigkeit im Hinblick auf die Kostenbelastung vorläufig bleibe. In diesen Fällen ersetze daher das Kriterium des tatsächlichen Aufenthaltsortes das des gewöhnlichen Aufenthalts, und zwar nicht - wie in den Eilfällen und in den Fällen vorläufig ungeklärten Aufenthalts - vor allem deshalb, weil nur auf diese Weise schnell und effizient Hilfe durch den ortsnahen Sozialhilfeträger erbracht werden könne, sondern insbesondere im Hinblick auf das Fehlen des sonst maßgeblichen Anknüpfungskriteriums. Das Gebot der Effektivität der Anspruchsgewährleistung verlange in einem solchen Fall anders als in den Eilfällen aber nicht, dass bei einem Einrichtungswechsel jedes Mal aufs neue eine örtliche Zuständigkeit nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründet werde, um eine schnelle und effektive Beseitigung der gegenwärtigen Notlage zu ermöglichen. Vielmehr bestehe in einem solchen Fall eher die Gefahr, dass es durch häufige Zuständigkeitswechsel zu Verzögerungen in der Hilfegewährleistung komme, dem durch die entsprechende Anwendung des § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG entgegengewirkt werden könne.

Eine so verstandene Zuständigkeitsregelung sei demnach sachgerecht und entspreche den mit den Vorschriften in § 97 BSHG zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen des Gesetzgebers. Dass in Fällen eines Übertritts in eine andere Einrichtung auch nicht jeweils eine neue örtliche Zuständigkeit begründet werden solle, ergebe sich darüber hinaus auch aus dem in § 97 Abs. 2 Satz 2 BSHG zum Ausdruck kommenden Regelungszweck. Danach sei der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend gewesen sei, entscheidend, wenn bei einsetzender Sozialhilfe der Hilfeempfänger aus einer Einrichtung im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten sei oder nach dem Hilfebeginn ein solcher Fall eintrete. Dieser Festlegung der Zuständigkeit auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort der ersten Einrichtung, auch wenn danach ein Wechsel der Einrichtung erfolge, lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber eine Perpetuierung der ursprünglichen örtlichen Zuständigkeit anstrebe und damit habe verhindern wollen, dass mit Übertritt in andere Einrichtungen jeweils auch ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit und damit etwaige Verzögerungen in der Hilfegewährleistung verbunden seien. Nichts anderes könne aber dann gelten, wenn - wie hier - mangels gewöhnlichem Aufenthaltsort der tatsächliche Aufenthaltsort als Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit gewählt werde und - auch wenn die Kostenlast nur vorläufig sei - die originäre Zuständigkeit des Klägers eher dauerhaften Charakter habe. Der mit der Regelung in § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG auch bezweckte sogenannte Schutz der Anstaltsorte werde durch diese Auslegung der Vorschriften des § 97 BSHG nicht umgangen, weil eine Kostenerstattungspflicht des überörtlichen Trägers bestehe.

Die Verwaltungsvorgänge des Klägers haben vorgelegen; auf sie und die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO weiterhin gegeben, obwohl die beantragte Feststellung Rechtsfragen betrifft, die seit dem 01. Januar 2005 gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) nach Maßgabe der Vorschriften des SGB XII zu beurteilen sind und obwohl dafür nunmehr der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 6 a Sozialgerichtsgesetz - SGG - in der Fassung des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 09.12.2004 <BGBl. I S. 3302>). Da dieses Gesetz hinsichtlich der am 31. Dezember 2004 bei den Verwaltungsgerichten anhängig gewesenen Rechtsstreitigkeiten aus dem Gebiet der Sozialhilfe keine Übergangsvorschrift enthält, wird die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges durch die nach Rechtshängigkeit eingetretene Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Der Grundsatz der Fortdauer der einmal begründeten Zuständigkeit ("perpetuatio fori") gilt auch in Fällen einer nachträglichen Veränderung der gesetzlichen Grundlagen (BGH, Beschl. v. 11.12.2001 - KZB 12/01 -, NJW 2002, 1351).

Auch die vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommene Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 43 VwGO dauert an. Das nach § 43 Abs. 1 VwGO festzustellende Rechtsverhältnis muss nicht unmittelbar zwischen den Parteien des Feststellungsprozesses bestehen. Die Klage kann auch auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und einem Dritten gerichtet sein (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 43 Rdnr. 16 m.w.N.). Wie das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat, hat der Kläger ein berechtigtes Interesse festzustellen, dass der Beklagte gegenüber dem Hilfeempfänger verpflichtet ist, die anlässlich der Unterbringung im A... anfallenden Kosten aus Sozialhilfemitteln zu übernehmen, da der Kläger zur Sicherstellung der Maßnahme gemäß § 43 SGB I vorläufig die Kosten übernommen hat und im Falle der von ihm begehrten Feststellung nicht mehr leisten müsste.

Der Feststellung steht ferner nicht § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Der Kläger ist nicht auf die Möglichkeit einer Leistungsklage zu verweisen. Sofern ihm ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zustünde, bliebe das Interesse an einer Klärung der Zuständigkeit für die Leistungsgewährung bestehen.

Die Klage ist aber nicht begründet. Der Beklagte ist für die Herrn H... im HGG A.... in C... zu erbringende Sozialhilfe nicht örtlich zuständig.

Die beantragte Feststellung entfaltet Wirkungen vor allem für die Zukunft, weil die Feststellung die Übernahme der Hilfe durch den Beklagten zum Ziel hat. Für die Vergangenheit geht es lediglich um die Kostenerstattungen, die der Kläger für die Zeit bis Ende 2004 gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG - und entsprechendes gilt gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII - vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe beanspruchen kann. Da der Hilfeempfänger vor Einsetzen der Hilfe in einer Einrichtung i.S.v. § 97 Abs. 4 BSHG keinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, hatte der Kläger mit der stationären Unterbringung des Hilfeempfängers in einem Krankenhaus in seinem Amtsbezirk gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 1. Alt. BSHG vorläufig einzutreten und war sachlich zuständig.

Für die Zukunft ergibt sich die Zuständigkeit für die Erbringung der stationären Leistungen aus § 98 SGB XII. Anders als in - der ansonsten weitgehend inhaltsgleichen Vorschrift des - § 97 BSHG ist nun in § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII ausdrücklich auch geregelt, dass der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen hat, wenn - wie hier - im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung oder in den zwei Monaten davor ein gewöhnlicher Aufenthalt der leistungsberechtigten Person nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist. Für die Frage, ob der vorläufig leistende, nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig bleibt, wenn der Leistungsberechtigte in eine stationäre Einrichtung i.S.v. § 13 SGB XII im Bezirk eines anderen örtlichen Trägers der Sozialhilfe wechselt, ergibt sich aus der Anwendung der Vorschrift des SGB XII gegenüber der früheren Rechtslage keine Änderung. Daher kann insoweit auf die zu § 97 BSHG ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

Ebenso wie § 97 BSHG differenziert auch § 98 SGB XII für die örtliche Zuständigkeit danach, ob es sich um stationäre oder um sonstige Leistungen handelt. § 98 Abs. 2 SGB XII regelt die örtliche Zuständigkeit für die stationäre Leistung und stellt dafür auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die erste Einrichtung oder in den zwei Monaten davor ab. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so hat gemäß Satz 3 der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Die örtliche Zuständigkeit knüpft in diesem Falle - wenn auch nur vorläufig - an den tatsächlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten an. Daher hatte der Kläger - das ist unstreitig - nach der vergleichbaren Regelung des § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG während der Unterbringung des Hilfeempfängers in den Segeberger Kliniken Hilfe zu leisten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG ergänzt die darin enthaltene Verweisung auf den "nach Absatz 1 zuständige(n) Träger der Sozialhilfe", also den Träger, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger tatsächlich aufhält, die in § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG getroffenen Zuständigkeitsregelungen und ist keine Rechtsgrundverweisung. Sie dient im Interesse einer schnellen, effektiven Hilfegewährung der eigenständigen Bestimmung des nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG zur unverzüglichen Entscheidung und vorläufigen Leistungsgewährung örtlich zuständigen Trägers der Sozialhilfe, so dass sich in den von dieser Regelung erfassten Fällen die örtliche Zuständigkeit nicht originär, sondern kraft Verweisung nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG richtet (BVerwG, Urt. v. 06.02.2003 - 5 C 9.02 -, FEVS 54, 385, 386). Obwohl es seinerzeit nicht ausdrücklich geregelt war, hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung ferner die Auffassung vertreten, dass die aus § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG folgende Pflicht auch jene Fälle umfasse, in denen ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland, an den die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung der Hilfe in einer Einrichtung anknüpfen könne, nicht vorhanden oder endgültig nicht zu ermitteln sei, und zwar auch dann, wenn dies umgehend oder innerhalb von 4 Wochen feststehe. Die durch § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründete Rechtspflicht zur vorläufigen Leistungsgewährung ende (vielmehr) erst dann, wenn sich ein in Anwendung des § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 BSHG örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe ermitteln lasse und dieser die Leistungsgewährung übernehme. Die Pflicht, "vorläufig einzutreten", sei keine nur vorläufige Pflicht. Sie sei vielmehr im Verhältnis zum Hilfeempfänger dann eine dauerhafte, wenn nach § 97 Abs. 2 Satz 1 oder 2 BSHG zuständige Träger nicht rechtzeitig geleistet hätten und deshalb nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten gewesen sei. Gleichwohl bleibe die Leistungserbringung nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG eine "vorläufige Leistungsgewährung", weil dem nach dieser Vorschrift Eintrittspflichtigen die dafür aufgewendeten Kosten von einem anderen - nach § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG von einem anderen örtlichen, nach § 103 Abs. 1 Satz 2 BSHG von dem überörtlichen - Träger der Sozialhilfe zu erstatten seien, ihn also nicht endgültig belasteten (BVerwG, ebenda, S. 387).

Diese Rechtsprechung ist auf § 98 SGB XII zu übertragen. Anders als in § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG ist nunmehr auch der Fall ausdrücklich geregelt, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist. Daher bedarf es nicht mehr der weiteren Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Anwendungsbereich der Vorschrift. Übertragbar ist aber die Auffassung, dass die nunmehr durch § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründete Rechtspflicht zur vorläufigen Leistungsgewährung erst dann endet, wenn sich ein in Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe ermitteln lässt und dieser die Leistungsgewährung übernimmt. Eine Beendigung der Leistungsgewährung aus diesem Grunde scheidet jedoch aus, wenn - wie hier - vor Aufnahme in der ersten Einrichtung kein gewöhnlicher Aufenthalt vorhanden war.

Die Aufrechterhaltung der einmal nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründeten örtlichen Zuständigkeit bei einem Wechsel der Einrichtung ergibt sich nicht aus § 98 Abs. 1 Satz 3 SGB XII (entsprechend § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG), denn diese Regelung(en) bestimmt nicht (auch) den Fortbestand einer nach § 98 Abs. 2 SGB XII bzw. § 97 Abs. 2 BSHG begründeten Zuständigkeit, sondern nur den Fortbestand einer nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bzw. § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG (BVerwG, Urt. v. 27.06.2002 - 5 C 30.01 -, E 116, 339, 341). Die Aufrechterhaltung ist vielmehr zu begründen durch entsprechende Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII. Es ist der Auffassung des Beklagten beizupflichten, dass in diesen Fällen das Tatbestandsmerkmal des gewöhnlichen Aufenthalts durch das Merkmal des tatsächlichen Aufenthalts bei Einsetzen der stationären Leistungen ersetzt wird. Die vom 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 26. Oktober 1999 -1 M 86/99 - vertretene Auffassung, dass die durch § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG begründete örtliche Zuständigkeit mit einem Umzug des Hilfeempfängers in den Bezirk eines anderen Trägers der Sozialhilfe ende, steht im Widerspruch zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 06. Februar 2003 (a.a.O.); daran ist nicht festzuhalten.

Schließlich steht dem nicht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2001 (- 5 C 21.00 -, FEVS 53, 97) entgegen. Danach aktualisiert sich die Eilfallzuständigkeit (nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG) jeweils neu, wenn der Hilfebedürftige, um ihm im Eilfall zu helfen, vor einem (möglichen) Einsetzen von Sozialhilfe über die Zuständigkeitsgrenzen mehrerer örtlich zuständiger Sozialhilfeträger hinweg transportiert wird. Vor einem (ersten) Einsetzen von Sozialhilfe sei für die Annahme einer Fixierung der zuerst begründeten örtlichen Zuständigkeit kein Raum; sie behindere unnötig die Effizienz der Eilfallhilfe, ohne durch schutzwürdige Belange des Hilfebedürftigen oder eines anderen Sozialhilfeträgers geboten zu sein (ebenda, S. 99 f.). Nach dem Einsetzen stationärer Leistungen liegt aber die Aufrechterhaltung einer einmal begründeten örtlichen Zuständigkeit im Interesse der leistungsberechtigten Person.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 2. HS VwGO nicht gerichtskostenfrei, weil die Feststellung der örtlichen Zuständigkeit im Zusammenhang mit der Kostenerstattung steht. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergehen gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i.S.d. § 132 Abs. 2 VwGO nicht bestehen.

Ende der Entscheidung

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