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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 2 LB 81/04
Rechtsgebiete: AO, KAG SH


Vorschriften:

AO § 42
KAG SH § 8
KAG SH § 8 Abs. 5 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 2 LB 81/04

verkündet am 30.11.2005

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Ausbaubeiträge - Berufungsverfahren -

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 9. Kammer - vom 24. Mai 2004 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

Sie ist Eigentümerin des unbebauten, landwirtschaftlich genutzten Grundstücks der Gemarkung ..., Flur 3, Flurstück 151, das mit seiner Westseite an einen Wirtschaftsweg und mit seiner Südseite an das im Eigentum ihres Vaters stehende Grundstück mit der Flurbezeichnung 152 grenzt. Letzteres liegt unmittelbar am .... Der . ist ein die Stadt ... mit der Gemeinde ... verbindender Weg.

Im Jahr 2001 ließ die Beklagte im ... Straßenbaumaßnahmen durchführen. Die vorher zum Teil stark beschädigte Straße wurde mit neuer Linienführung verbreitert und erhielt erstmals einen abgesetzten zweispurigen Radweg. Außerdem wurde die Oberflächenentwässerung geregelt und die Beleuchtung ausgebaut.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 zog die Beklagte die Klägerin für ihr Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 151 zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 14.891,11 Euro heran.

Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass ihr Grundstück nicht zum Kreis der beitragsfähigen Grundstücke gehöre. Es grenze nicht an die ausgebaute Straße an. Die einheitliche Nutzung mit dem Nachbargrundstück, Flurstück 152, das am ... anliege, sei irrelevant, weil dieses nicht in ihrem Eigentum stehe. Es gelte insoweit der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff. Ihr Grundstück sei auch kein sogenanntes Hinterliegergrundstück, weil von ihm aus nicht in rechtlich zulässiger Weise auf Dauer Zugang zum ausgebauten Weg genommen werden könne.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08. Mai 2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, das streitbefangene Grundstück sei durch Teilung aus dem ursprünglichen Grundstück der Flur 3, Flurstück 15, in der Absicht entstanden, die Beitragsbelastung zu reduzieren. Beide nach der Teilung vorhandenen Grundstücke mit den Flurbezeichnungen 151 und 152 würden wie vor der Teilung weiterhin als einheitliche landwirtschaftliche Fläche genutzt. Der Ausbau des ...es sei deshalb auch für das Grundstück der Klägerin vorteilhaft.

Die Klägerin hat am 26. Mai 2003 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage hat sie ergänzend ausgeführt: Die Grundstücksteilung stelle keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO dar. Bei der Übertragung des Eigentums handele es sich um ein objektiv nachvollziehbares und unabhängig von den Motiven rechtmäßiges Rechtsgeschäft. Die Teilung des Grundstücks sei im Hinblick auf etwaige künftige Entwicklungen der Bebaubarkeit vorgenommen worden. Der beim ursprünglichen Eigentümer verbliebene Streifen (Flurstück 152) sei entsprechend der Tiefe von Baugrundstücken geschnitten worden, so dass ihr Vater, bei einer sich später möglicherweise ergebenden Bebaubarkeit, weiterhin den Zugriff auf diese Flächen habe. Die Übertragung des Restgrundstücks an sie sei im Vorgriff auf ihr späteres Erbrecht erfolgt, da insoweit eine anderweitige Nutzung als die bestehende landwirtschaftliche nicht zu erwarten sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2002 und den Widerspruchsbescheid vom 08. Mai 2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ergänzend vorgetragen: Die Grundstücksteilung sei missbräuchlich gewesen, weil dafür keine vernünftigen wirtschaftlichen Gründe vorgelegen hätten. Wenn ein Eigentümer sein Grundstück teile und es einem nahen Angehörigen unentgeltlich zum Eigentum übertrage und dies nach Ankündigung des Entstehens einer künftigen Beitragspflicht geschehe, könne der einzige Sinn nur das Sparen von Beiträgen sein; denn beide Grundstücke würden weiterhin einheitlich genutzt und die im Eigentum des Vaters verbliebene Restfläche werde im Erbfall ebenfalls an die Klägerin übertragen, weil es testamentarisch bereits so vorgesehen sei. Die übrigen Voraussetzungen der Beitragserhebung lägen vor.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 24. Mai 2004 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Grundstück der Klägerin unterliege nicht der Beitragspflicht, weil dem Grundstück durch den Ausbau des ... kein Vorteil erwachsen sei. Die Zugänglichkeit des streitbefangenen Grundstücks werde durch die Straßenbaumaßnahme nicht erleichtert, weil es nicht unmittelbar am ... anliege und auch nicht als Hinterliegergrundstück zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke gehöre. Eigentümer von Hinterlieger- und Anliegergrundstück (ein solches stelle das am ... anliegende Grundstück des Vaters der Klägerin dar) seien nicht identisch und die Klägerin sei mangels dinglicher Sicherung eines Zugangsrechts nicht dauerhaft berechtigt, die ausgebaute Straße über das Vorderliegergrundstück zu betreten.

Zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei die Klägerin bereits Eigentümerin des Grundstücks gewesen. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liege nicht vor. Ein solcher sei gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt werde, die überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck diene, wenn ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund überhaupt fehle, wenn sie der Steuerminderung dienen solle und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei. Die Klägerin habe das Eigentum am streitbefangenen Grundstück auf der Grundlage eines notariellen Überlassungsvertrages vom 20. November 2000 von ihrem Vater erworben. Aus der notariellen Verhandlungsniederschrift ergebe sich, dass der Vater der Klägerin bereits zuvor testamentarisch verfügt habe, dass sie im Erbfalle das Gesamtgrundstück erhalten solle und durch den Überlassungsvertrag im Vorwege die Übertragung einer Teilfläche geregelt werden solle. Auch wenn es sich als ungewöhnlicher Weg darstellen möge, dass lediglich eine Teilfläche, die wesentlich größer sei als der verbleibende Rest, vertraglich übertragen werde, sei die Überlassung nicht missbräuchlich, weil dieser Rechtsgestaltung ein wirtschaftlicher Zweck beigemessen werden könne. Die Teilung des ursprünglichen Grundstücks sei im Hinblick auf etwaige zukünftige Entwicklungen der Bebaubarkeit erfolgt. Dem ursprünglichen Eigentümer sei ein Streifen verblieben, der entsprechend der Tiefe von Baugrundstücken geschnitten sei, so dass er bei einer sich später noch möglicherweise ergebenden Bebaubarkeit weiterhin den Zugriff auf diese Flächen habe. Im Hinblick auf das Grundstück der Klägerin sei auch langfristig eine anderweitige Nutzung als die bestehende landwirtschaftliche nicht zu erwarten. Insoweit sei unerheblich, dass das im Eigentum des Vaters der Klägerin verbliebene Teilgrundstück derzeit nicht bebaubar sei; denn die unentgeltliche Übertragung von Eigentum habe für sich gesehen einen wirtschaftlichen - nicht zu missbilligenden - Zweck, der im Vermögenszuwachs zu Gunsten der Klägerin liege.

Das Urteil ist der Beklagten am 26. Mai 2004 zugestellt worden.

Die Beklagte hat am 24. Juni 2004 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und am 21. Juli 2004 begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 15. November 2004 zugelassen. Die Berufungsbegründung ist am 14. Dezember 2004 bei Gericht eingegangen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag. Sie macht geltend, die zukünftige Bebaubarkeit auch des beim Vater der Klägerin verbliebenen Grundstücksteils sei auszuschließen. Das Grundstück sei im Flächennutzungsplan als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Gründe des Naturschutzes und der Landschaftspflege stünden zudem einer Bebaubarkeit entgegen. Einziger Grund der Grundstücksteilung sei es gewesen, eine höhere Abgabenbelastung zu vermeiden. Dies ergebe sich auch aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Grundstücksteilung und der anstehenden Beitragsveranlagung, die Gegenstand eines informatorischen Gesprächs mit den Eltern der Klägerin im März 2000 gewesen sei. Der Beitrag sei auch zu Recht gegenüber der Klägerin festgesetzt worden, weil zwar die abgabenrechtlichen Wirkungen des Umgehungsgeschäfts gemäß § 42 AO neutralisiert würden, die zivilrechtliche Wirksamkeit der Grundstücksüberlassung hiervon aber unberührt bleibe.

Auch das Abrechnungsgebiet sei rechtmäßig gebildet worden. Der Bahnübergang bilde eine deutliche Zäsur. Er begrenze die Einrichtung ... und stelle zugleich die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich dar. An dieser Stelle ändere sich auch die Verkehrsfunktion der Straße. Durch die Fahrbahnverbreiterung habe sich der Charakter der Straße nicht verändert. Sie sei auch schon vor Durchführung der Maßnahme eine Gemeindeverbindungsstraße gewesen. Der Ausbauzustand habe diesen Anforderungen allerdings nicht entsprochen. Zudem sei die Fahrbahn erneuerungsbedürftig gewesen. Auch mit dem Ausbau einer Gemeindeverbindungsstraße seien Anliegervorteile verbunden. Der Anliegervorteil von 25 % sei der geringste der Satzung und liege in dem von der Rechtsprechung entwickelten Rahmen.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil vom 24. Mai 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 Satz 2 AO nicht vorliege. Die Grundstücksteilung habe nicht zur Folge, dass überhaupt keine Beitragspflicht für den ... mehr bestehe, lediglich die Größe der beitragspflichtigen Fläche werde vermindert. Die beim früheren Grundstückseigentümer verbliebene Fläche sei auch nicht derart schmal, dass sie jedweder Nutzung entzogen sei. Es habe sehr wohl die Erwartung bestanden, dass im Hinblick auf den jetzt vorgenommenen Ausbau der Straße die an die Straße angrenzenden Flächen in absehbarer Zeit Bauland werden würden. Diese Fläche habe sich der Grundstückseigentümer erhalten wollen, während er die dahinter liegenden Flächen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schon an die Klägerin, seine Tochter, übertragen habe.

Die Klägerin sei auch dann nicht beitragspflichtig, wenn die Voraussetzungen des § 42 Satz 2 AO vorlägen. Bei einer missbräuchlichen Umgehung des Abgabentatbestandes werde der Abgabenschuldner grundsätzlich so behandelt, als habe der Umgehungstatbestand nicht stattgefunden; es werde gewissermaßen gesetzlich die Sachlage fingiert, die vor der Vornahme der Umgehung bestanden habe. Werde die Übertragung des hinteren Grundstücks auf die Klägerin als nicht eingetreten fingiert, so könne dies nur zur Folge haben, dass der Vater der Klägerin für das gesamte Grundstück den Beitrag zu zahlen habe.

Das Abrechnungsgebiet sei falsch gebildet worden. Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg komme einem Bahnübergang keine Trennfunktion zu. Dies möge im Einzelfall unterschiedlich zu beurteilen sein, eine Ortsbesichtigung würde jedoch zeigen, dass überzeugend nur eine Abschnittsbildung beim Übergang der Straße vom Innenbereich in den Außenbereich zu finden sei, so dass die Flurstücke 113 und 158 in die Abrechnung mit einbezogen werden müssten.

Schließlich biete die Ausbaumaßnahme keine Anliegervorteile. Die Straße habe mit dem Ausbau ihren Charakter als Anliegerstraße für die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen völlig eingebüßt. Von einer bestimmten Breite der Straße an führe eine zusätzliche Verbreiterung nicht mehr zu positiven verkehrlichen Auswirkungen für die Anlieger. Nach dem Erläuterungsbericht der Beklagten hätten kein Gründe vorgelegen, die irgendeinen Bezug zu den an dem ... gelegenen landwirtschaftlich genutzten Flächen hätten. Diese Flächen hätte ohne Einschränkungen hinreichend durch die vorhandene Straße in ihrem ursprünglichen Zustand erreicht werden können.

Insgesamt werde für die ursprünglich ungeteilte Fläche in einer Größe von 17.410 m² ein Beitrag von 23.172,-- Euro geltend gemacht. Das sei mehr als die landwirtschaftliche Fläche überhaupt wert sei.

Auf jeden Fall sei der Gemeindeanteil zu niedrig angesetzt worden. Der Anliegeranteil müsse deutlich unter 5 % liegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene Berufung ist begründet.

Der Straßenausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2002 ist rechtmäßig.

Die Straßenbaumaßnahme, die die Beklagte im Jahr 2001 im ... hat durchführen lassen, ist eine beitragsfähige Maßnahme i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG. Die Hinzufügung einer neuen Teileinrichtung (hier Radweg) ist ein Ausbau im Sinne einer Vervollständigung der Einrichtung. Die neue Linienführung der Straße, die Verbreiterung der Fahrbahn, die Regelung der Oberflächenentwässerung und die Erweiterung der Straßenbeleuchtung sind ein verbessernder Ausbau. Soweit die Klägerin meint, die Fahrbahnverbreiterung diene nicht den Anliegern, sondern allein der Allgemeinheit, ist dem nicht zu folgen. Eine Fahrbahnverbreiterung ist regelmäßig auch für den Anliegerverkehr vorteilhaft, weil dadurch die Zugänglichkeit zu den Anliegergrundstücken ebenfalls verbessert wird. Nur wenn der Ausbau allein zum Zwecke der Funktionsänderung der Einrichtung erfolgt, d.h. eine bisherige (reine) Anliegerstraße als Innerorts- oder gar als Durchgangsstraße ausgebaut wird und deshalb Gebrauchsvorteile für die Anlieger schlechthin nicht erkennbar sind, ist eine Maßnahme, obwohl die technischen Voraussetzungen eines Ausbaus i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG erfüllt sind, beitragsfrei, weil der Beitrag ein Vorteilsentgelt ist. In sonstigen Fällen, in denen eine Straße ihrer Funktionsbestimmung gemäß ausgebaut wird, ist ein erweiternder und ergänzender Straßenausbau regelmäßig sowohl für die Anlieger als auch für die Allgemeinheit vorteilhaft. So liegt der Fall hier. Der ... hatte schon vor dem Ausbau die Funktion einer Gemeindeverbindungsstraße. Er wurde dieser Funktion aufgrund seiner Ausbaubreite von lediglich 4,50 m und seiner Linienführung allerdings nur unzureichend gerecht. Die Straßenverbreiterung und die Anlage eines Radwegs erleichtern den Begegnungsverkehr und tragen auch dazu bei, die landwirtschaftlich genutzten Anliegergrundstücke besser erreichen zu können. Dem Umstand, dass der Ausbau im wesentlichen der Verbesserung des Verkehrs zwischen der Stadt ... und der Gemeinde ... dient, wird pauschal dadurch Rechnung getragen, dass der Anliegeranteil nicht wie bei einer Anliegerstraße mit 75 %, sondern nur mit 25 % bemessen wird (vgl. § 4 Abs. 1 Ziffer 1.3 der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten - ABS -).

Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass der Ausbauaufwand, gemessen an der Funktion der Straße nicht erforderlich war. Der Senat brauchte daher dem nicht weiter nachzugehen.

Ein Anliegeranteil von 25 % am beitragsfähigen Aufwand bei Straßen mit Gemeindeverbindungsfunktion ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Soweit wegen Besonderheiten des Einzelfalls (hoher erforderlicher Aufwandgeringe Verteilungsfläche) Beitragsbelastungen der Eigentümer der anliegenden Grundstücke außergewöhnlich hoch sind, begründet dies keine Verpflichtung der Gemeinde, abweichend von ihrer Satzung, für eine bestimmte Maßnahme einen geringeren Anliegeranteil der Bemessung des umlagefähigen Aufwandes zugrunde zu legen. Abgabenüberlastungen ist vielmehr durch Billigkeitserlass im Einzelfall (ggf. auch in zahlreichen Einzelfällen) zu begegnen.

Die Beklagte hat auch das Abrechnungsgebiet rechtsfehlerfrei gebildet. Die Einrichtung "..." beginnt östlich des Bahnübergangs.

Wie im Erschließungsbeitragsrecht ist auch für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung einer Einrichtung im Straßenausbaubeitragsrecht, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z.B. Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge, Straßenausstattung, die Zahl der "erschlossenen" Grundstücke) seine Verkehrsfunktion sowie die vorhandenen Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die die Verkehrsfläche augenfällig als ein eigenständiges Element des Straßenzuges erscheinen lassen, abzustellen.

Ob eine Bahnunterführung geeignet ist, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen (so OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.06.1989 - 9 M 4690 -), einem Bahnübergang dagegen eine solche Trennfunktion nicht zukommt (so OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.1989, KStZ 1990, 173 zum Erschließungsbeitragsrecht), lässt sich nicht allgemein beantworten. Auch insoweit ist auf das Erscheinungsbild des Straßenzuges abzustellen. Jedenfalls ist auch ein Bahnübergang ein Abgrenzungsmerkmal, das im Vergleich zu Kreuzungen und Einmündungen eine deutlichere Zäsur darstellen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - die Funktion des Straßenzuges dies- und jenseits des Bahnübergangs sowie die Nutzung der angrenzenden Grundstücke deutlich unterscheiden. An den Straßenzug "... Straße", der westlich des Bahnübergangs gelegen ist, grenzen zunächst beidseitig Dauerkleingärten an, wobei im nördlichen Bereich der ... Straße die Bebauung fast bis an den Bahnübergang heranreicht. Die Straßenfront des zwischen der Bebauung und der Bahnlinie gelegenen Kleingartengeländes (Flurstück 113) beträgt nach dem vorliegenden Kartenmaterial weniger als 40 m und entspricht in etwa der des daneben liegenden Baugrundstücks. Das südlich der ... Straße zwischen der Bebauung und der Bahnlinie gelegene Kleingartengelände (Flurstück 58) hat dagegen eine Straßenfront von nahezu 300 m. Unmittelbar vor dem Bahnübergang befindet sich auf der Südseite der ... Straße eine Buskehre. Ungeachtet der baurechtlich zu beurteilenden Frage, ob die Flächen der Kleingärten bereits dem Außenbereich zuzuordnen sind, dient die ... Straße im Wesentlichen der Erschließung der Anliegergrundstücke, während der Straßenzug ... östlich des Bahnübergangs eine davon deutlich zu unterscheidende andere, die Gemeinden ... und ... verbindende Funktion hat. Die an den ... angrenzenden Grundstücke werden landwirtschaftlich (im Wesentlichen ohne Bebauung) genutzt. Erst in einer Entfernung von über 400 m von dem Bahnübergang (außerhalb des Gemeindegebietes) befindet sich ein vereinzeltes Gebäude auf der Südseite des ...es. Bei dieser Sachlage ist die Bahntrasse eine deutliche Zäsur, die die Straßenzüge ... Straße und ... als eigenständige Elemente des Straßennetzes der Beklagten erscheinen lassen. Die bereits aus den Katasterkarten ersichtliche Trennungswirkung der Bahntrasse wird durch das vorliegende Luftbild verdeutlicht, so dass für den Senat keine Zweifel an der Trennfunktion der Bahntrasse bestehen und eine Ortsbesichtigung sich erübrigt. Im Übrigen verfügt das Gericht über Ortskenntnis.

Die Beklagte hat auch das Grundstück der Klägerin zu Recht in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke einbezogen.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lag das Grundstück der Klägerin zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht weder am ... an noch war es ein Hinterliegergrundstück. Die Einbeziehung des Grundstücks der Klägerin in das Abrechnungsgebiet ist gleichwohl rechtmäßig, weil es ein Teilstück eines ehemaligen Gesamtgrundstücks ist, das am ... gelegen war und die Übereignung des rückwärtigen Grundstücksteils auf die Klägerin ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S.d. § 11 Satz 2 KAG a.F. (jetzt § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG) i.V.m. § 42 AO war, durch den das Abgabenrecht nicht umgangen werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 19.09.1996 - 2 L 12695 -) ist die Teilung eines Grundstücks und die Übereignung einer Teilfläche gemäß § 11 Satz 2 KAG a.F. i.V.m. § 42 AO ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts, wenn sie der Abgabenminderung oder -vermeidung dienen sollen und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen sind. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Für den Senat steht außer Zweifel, dass die Teilung des ehemaligen Grundstücks des Vaters der Klägerin und die Übereignung einer Teilfläche auf die Klägerin in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entstehung von Beitragspflichten wegen des Ausbaus des ...es stand und allein dem Zweck diente, die Abgabenpflicht zu verkürzen. Dass die Abgabenverkürzung Motiv der Grundstücksteilung war, ist auch von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt worden. Wirtschaftliche oder sonstige beachtliche Gründe sind nicht ersichtlich. Das Grundstück war und ist auch nach der Teilung landwirtschaftliche Nutzfläche und wird auch einheitlich entsprechend genutzt. Soweit die Klägerin geltend macht, die Absicht ihres Vaters, den Bereich am ... in der Tiefe einer Einfamilienhausbebauung zu behalten und nur den Rest (17.732 m² von insgesamt 27.593 m²) auf die Klägerin zu übertragen, sei beachtlich, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass im Hinblick auf die gegenwärtige und absehbare Nutzbarkeit des Grundstücks die Teilung und Übereignung einer Teilfläche wirtschaftlich ohne Sinn ist. Der Sinn besteht allein darin, eine höhere Abgabenbelastung zu vermeiden. Auch die Vorwegnahme der Erbfolge, die nach der Präambel des Überlassungsvertrages vom 22. November 2000 Grund für die Grundstücksaufteilung war, gibt keinen anderen Sinn als den der Abgabenverkürzung. Die Eltern der Klägerin hatten bereits testamentarisch verfügt, dass ihre Tochter das Gesamtgrundstück zu gegebener Zeit erhalten soll. Eine tragfähige Begründung, die Erbfolge zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur und gerade hinsichtlich des rückwärtigen Grundstücksteils vorzunehmen, ist nicht ersichtlich. Eine Nutzungsänderung war - wie ausgeführt - damit nicht verbunden. Eine Verwertung des vorderen, beim Vater verbliebenen Grundstücksteils war, jedenfalls zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung nicht beabsichtigt. Eine Verwertung als Bauland ist - wenn nicht ausgeschlossen - auf absehbare Zeit nicht möglich. Auf die Bebaubarkeit ist die Grundstücksteilung ohne Einfluss. Ein Grund für die Vorwegnahme der Erbfolge unterstellt, hätte es nahe gelegen, für den - unwahrscheinlichen - Fall der zukünftigen Bebaubarkeit des vorderen Grundstücksteils vor Eintritt des Erbfalls sich einen möglichen Verwertungserlös auf andere Weise rechtlich zu sichern, wenn die Eltern der Klägerin nicht gewillt waren, ihrer Tochter diesen Erlös zu überlassen.

Der Annahme eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten steht nicht entgegen, dass infolge der Grundstücksteilung der Beitrag nicht für das ehemalige Gesamtgrundstück überhaupt in Frage gestellt wird. Ausreichend ist vielmehr die Absicht der Abgabenverkürzung.

Die Klägerin ist auch beitragspflichtig. Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Dies war die Klägerin.

Nach § 42 Satz 2 AO entsteht bei einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts der Abgabenanspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entsteht. Dies bedeutet - wie bereits ausgeführt - im vorliegenden Fall, dass die sachliche Beitragspflicht im Hinblick auf die abgetrennte und der Klägerin übereignete Teilfläche ungeachtet der trennenden Wirkung des (Rest-) Grundstücks des Vaters der Klägerin entstanden ist (siehe Urt. d. Senats v. 19.09.1996, a.a.O.).Von Bedeutung ist ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nur in der sogenannten Verteilungsphase. Wer persönlich beitragspflichtig ist (Heranziehungsphase), ist dagegen abschließend durch Gesetz gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG geregelt. Danach ist die Klägerin zu Recht als Grundstückseigentümerin in Anspruch genommen worden. § 42 Satz 2 AO verhindert den Umgehungserfolg dadurch, dass er die Wirkungen der Umgehung neutralisiert. Er lässt jedoch die zivilrechtliche Wirksamkeit der unangemessenen Gestaltung unberührt. Deshalb kann, obwohl in der Übereignung das Umgehungsgeschäft zu sehen ist, die Übereignung als solche nicht "hinweg gedacht" werde (so aber OVG Koblenz, Urt. v. 11.10.1990 - 12 A 1130390 -, NVwZ-RR 1991, 321 zum Rh.-Pf. KAG), sondern ist der Beitrag gegen die Klägerin als Grundstückseigentümerin festzusetzen (so auch Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 42 Textziffer 50 und 53 unter Berufung auf BFH, Urt. v. 12.12.1996 - II R 6193 -, BFHE 181, 520 = Bundessteuerblatt III 1997, 299). Soweit unter Hinweis auf den Beschluss des BFH vom 07. Juni 1989 (- II B 11188 -, BFHE 156, 527 = Bundessteuerblatt II 1988, 803) Abweichendes vertreten wird (siehe Koch/Scholtz, Kommentar zur AO, 5. Aufl., § 42 S. 326 und Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, § 42 Rdnr. 112), lässt sich dies wegen der Regelung des § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG jedenfalls nicht auf das Straßenausbaubeitragsrecht Schleswig-Holsteins übertragen. Das KAG Schleswig-Holstein unterscheidet im Hinblick auf den Entstehungszeitpunkt zwischen sachlicher und persönlicher Beitragspflicht. Im Gegensatz zum Grunderwerbsteuerrecht wäre deshalb im Straßenausbaubeitragsrecht ein (weiterer) Eigentumswechsel auch noch nach Entstehung der Abgabenforderung bis zum Erlass des Abgabenbescheides für die Frage, wer Abgabenschuldner ist, beachtlich.

Der Heranziehungsbescheid vom 31. Oktober 2001 ist schließlich auch nicht deshalb rechtswidrig, weil - wie die Klägerin meint - auf das ehemalige Gesamtgrundstück von 17.410 m² (tatsächlich hatte das Gesamtgrundstück eine Fläche von 27.593 m²) ein Beitrag von 23.172,-- Euro entfällt, der höher als der Wert der landwirtschaftlichen Fläche sei. Letzteres als richtig unterstellt, ist der Bescheid gleichwohl nicht zu beanstanden.

Entspricht die Festsetzung des Beitrags - wie im vorliegenden Fall - den Regelungen des Kommunalabgabengesetzes und der Satzung und stehen diese Regelungen weiterhin mit höherrangigem Recht in Einklang, ist einer gleichwohl festzustellenden Abgabenüberlastung durch Gewährung eines Billigkeitserlasses zu begegnen (siehe BVerwG, Urt. v. 22.05.1992 - 8 C 50.90 -, BVerwG 90, 202).

Ein Billigkeitserlass kann nicht mit der hier allein erhobenen Anfechtungsklage verfolgt werden, die sich unmittelbar gegen die Abgabenfestsetzung richtet. Die Abgabenfestsetzung (vgl. § 155 Abs. 1 AO) enthält als solche nicht gleichzeitig die Ablehnung einer Zulassung abweichender (niedrigeren) Abgabenfestsetzung i.S.d. § 163 Abs. 1 AO. Die Entscheidung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO ist vielmehr ein gegenüber der Abgabenfestsetzung selbständiger Verwaltungsakt. Das folgt aus dem Regelungsgehalt dieser Entscheidung, die darin besteht, eine niedrigere Abgabenfestsetzung zuzulassen, und daraus, dass diese Entscheidung über die abweichende Festsetzung mit der Abgabenfestsetzung zwar (äußerlich) verbunden werden kann (§ 163 Abs. 1 Satz 3 AO), nicht aber verbunden werden muss (vgl. BVerwGE, Urt. v. 04.06.1982 - 8 C 199081 -, NJW 1982, 2682).

Selbst wenn man mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 12.09.1984 - 8 C 12482 -, BVerwGE 70, 96) die Auffassung vertritt, dass die Gemeinde offensichtlich erkennbare Umstände, die dazu führen, dass aus sachlichen Gründen ein (teilweiser) Billigkeitserlass geboten ist, von Amts wegen bereits im Heranziehungsverfahren zu berücksichtigen hat, und diese Voraussetzungen als erfüllt ansieht, führt ein Verstoß gegen diese Berücksichtigungspflicht nicht zur Rechtswidrigkeit eines gleichwohl (ungekürzt) ergehenden Abgabenbescheides, weil es sich lediglich um eine verfahrensrechtliche Pflicht handelt (BVerwG, Urt. v. 12.09.1984, a.a.O.).

Nicht nur die Rechtmäßigkeit der Festsetzung, sondern auch die des Leistungsgebotes bleibt von einem Anspruch auf Billigkeitserlass unberührt. Das Leistungsgebot gemäß § 11 Satz 2 KAG a.F. i.V.m. § 218 AO dient der Erfüllung des festgesetzten Anspruchs (Tipke/Kruse, a.a.O., § 218 Rdnr. 2). Es ist Teil des Erhebungsverfahrens, das Maßnahmen zur Tilgung des festgesetzten Abgabeanspruchs zum Gegenstand hat (Koch/Scholtz, a.a.O., § 218 Rdnr. 2). Die Höhe des Leistungsgebotes richtet sich demnach nach der Höhe des festgesetzten Abgabenanspruchs, soweit dieser nicht bereits getilgt ist. Gemäß § 47 AO erlischt der Abgabenanspruch u.a. erst mit dem Erlass aus Gründen der Billigkeit. Voraussetzung für ein reduziertes Leistungsgebot aus Billigkeitsgründen ist mithin, dass ein begünstigender Erlassbescheid bereits ergangen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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