Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.12.2007
Aktenzeichen: 2 MB 22/07
Rechtsgebiete: GG, KAG SH


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 105 Abs. 2 a
KAG SH § 3
1. Die dem Steuerpflichtigen in einer Spielgerätesteuersatzung eingeräumte Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Bemessungsgrundlagen muss, um dem steuerrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu entsprechen, eine gleichmäßige Besteuerung aller Steuerpflichtigen so weit wie möglich sicherstellen.

2. Die Wahlmöglichkeit zwischen einem umsatzbezogenen Maßstab und dem Stückzahlmaßstab bei der Besteuerung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeite lässt sich nicht mit Gründen der Verwaltungspraktikabilität oder mit wirtschaftlichen Erwägungen des Steuerpflichtigen rechtfertigen.


SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 2 MB 22/07

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Vergnügungssteuer

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 03. Dezember 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 18. September 2007 geändert:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Steuerveranlagung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit für die Zeit von August 2004 bis Oktober 2006 über 8.100,- € wird angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt ein Viertel, der Antragsgegner drei Viertel der Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.700,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin betrieb bis Januar 2007 in einer zum Amtsbezirk des Antragsgegners gehörenden Gemeinde eine Spielhalle und wendet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. September 2007, mit dem ihr Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die im Wege der Steueranmeldung ergangene Festsetzung der Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten mit und ohne Gewinnmöglichkeit für die Monate August 2004 bis Januar 2007 zurückgewiesen wurde. Tatsächlich hatte sie zunächst ab August 2004 bis Februar 2005 Steueranmeldungen eingereicht für fünf Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit über zusammen 300,- € / Monat und ab August 2004 bis November 2006 für zwei Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit über zusammen 60,- € / Monat (Stückzahlmaßstab). Nach Änderung der Spielgerätesteuersatzung und rückwirkender Umstellung auf einen umsatzbezogenen Maßstab unter wahlweiser Beibehaltung des Stückzahlmaßstabes für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, diesbezüglich mitzuteilen, welche Bemessungsgrundlage zu Grunde gelegt werden solle. Im Falle der Besteuerung nach der elektronisch gezählten Bruttokasse wurde um Übersendung entsprechender Ableseausdrucke gebeten, anderenfalls um Erklärung, dass die Besteuerung nach der Anzahl der Geräte beibehalten werden solle. Nachdem die Antragstellerin hierauf nicht reagiert hatte, zog der Antragsgegner sie mit Bescheid vom 21. November 2006 zur Vergnügungssteuer in Höhe von 9.720,- € heran, pauschal bemessen nach dem Stückzahlmaßstab für sämtliche Geräte und für die Zeit von August 2004 bis Oktober 2006. Daraufhin äußerte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 zur neuen Satzung und legte Widerspruch ein gegen die Aufforderung zur weiteren Anmeldung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit. In der Folgezeit bis einschließlich Dezember 2006 meldete sie die Steuer nur noch für zwei Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit über 60,- € / Monat an. Die Antragsgegnerin wertete den Widerspruch so, dass er sich auch gegen den Heranziehungsbescheid richtet. Ausgehend von einer Steuerschuld von nunmehr 10.800,- € forderte sie die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. Januar 2007 zur Zahlung auf und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für den Zeitraum von August 2004 bis Januar 2007 für sämtliche Geräte insgesamt ab.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist im tenorierten Umfang begründet. Der verwaltungsgerichtliche Beschluss ist zu ändern, soweit der zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch in der Sache Erfolg hat.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage ganz oder teilweise anordnen. Bei öffentlichen Abgaben und Kosten soll diese Anordnung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. (§ 80 Abs. 5 und Abs. 4 S. 3 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn der Erfolg der Klage oder des Rechtsmittels ebenso wahrscheinlich ist wie deren Misserfolg (std. Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse vom 19.04.1991 - 2 M 2/91 -, NVwZ-RR 1992, 106 f; vom 24.06.1998 - 2 M 7/98 -, Die Gemeinde 1998, 341 f; vom 03.06.1999 - 2 M 9/99 -; vom 04.12.2000 - 2 M 43/00 - m.w.N.).

Ausgehend von den in der Beschwerde dargelegten Gründen, auf deren Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, hat die Klage im Hauptsacheverfahren insoweit Erfolgsaussichten, wie sich die angegriffene Besteuerung auf Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit für die Zeit von August 2004 bis Oktober 2006 bezieht und die diesbezügliche Steuer von 8.100,- € unter Anwendung des Stückzahlmaßstabes errechnet worden ist. Dabei versteht der Senat den Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO dahin, dass er nicht nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche gegen die im Wege der Steueranmeldung ergangene Festsetzung verfolgt, sondern zugleich auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Festsetzungsbescheid vom 21. November 2006, der die vorangegangenen Anmeldezeiträume mit umfasst. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner das Schreiben der Antragstellerin vom 11. Dezember 2006 auch als Widerspruch gegen diesen Bescheid verstanden hat, ergäbe sich Entsprechendes aus § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 365 Abs. 3 Satz 1 AO, wonach der einen angefochtenen Verwaltungsakt ändernde oder ersetzende Verwaltungsakt seinerseits ohne weiteres Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wird.

Rechtsgrundlage der nunmehr durch Bescheid vom 21. November 2006 erfolgten Besteuerung ist die Satzung der Gemeinde S. über die Erhebung einer Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten (Spielgerätesteuersatzung v. 06.12.2005 - SpS -), die gemäß § 13 Abs. 1 SpS rückwirkend zum 01. Januar 2002 für alle Veranlagungsfälle in Kraft getreten ist, die am Tag nach der Bekanntmachung der Satzung noch nicht bestandskräftig abgeschlossen waren. Für die der Besteuerung unterfallenden Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit mit manipulationssicherem Zählwerk bestimmt § 5 Abs. 1 SpS die elektronisch gezählte Bruttokasse oder - nach Wahl des Halters - die Zahl der Spielgeräte zur Bemessungsgrundlage. Während § 6 Abs. 1 SpS den Steuersatz für die Bemessung gemäß der elektronisch gezählten Bruttokasse auf 10 v.H. festlegt, bestimmt § 6 Abs. 2 SpS, dass die Steuer für jeden angefangenen Kalendermonat je Gerät 60,- € beträgt, sofern das Gerät kein oder kein funktionsfähiges oder manipulationssicheres Zählwerk besitzt oder die Besteuerung nach Wahl des Halters nach der Zahl der Spielgeräte erfolgen soll. § 10 Abs. 2 SpS sieht eine Steuerfestsetzung durch Bescheid vor, wenn ein anderer Steuerbetrag als der vom Halter errechnete festgesetzt werden soll oder der Halter seiner Pflicht zur Steueranmeldung oder Steuernachanmeldung nicht nachkommt.

An der Rechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Besteuerung bestehen zunächst deshalb ernstliche Zweifel, weil sie trotz rückwirkender Änderung der Spielgerätesteuersatzung zwecks Einführung eines umsatzbezogenen Maßstabes weiterhin auf der Grundlage des Stückzahlmaßstabes erfolgt. Zum einen dürfte es schon am Tatbestand der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 2 SpS fehlen, da die Antragstellerin die dort vorausgesetzte Wahl des Stückzahlmaßstabes tatsächlich nicht getroffen hat und sich ihr Schweigen auf die behördliche Anfrage weder in die eine noch die andere Richtung werten lassen dürfte. Zum anderen dürfte es dieser Besteuerung an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehlen, da der Stückzahlmaßstab nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls dann gegen Art. 105 Abs. 2a GG verstößt, wenn er den gebotenen, zumindest lockeren Bezug zum eigentlich zu besteuernden Vergnügungsaufwand der Spieler nicht aufweist. Um dies festzustellen, bedürfte es der Feststellung, dass die Einspielergebnisse der Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nicht mehr als 50 % von dem Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten im Satzungsgebiet abweichen. Da die Gewinnspielautomaten seit 1997 grundsätzlich nicht mehr ohne manipulationssicheres Zählwerk aufgestellt werden dürfen und die Zählwerke eine umsatzbezogene und damit wirklichkeitsnähere Bemessung erlauben, kann die Eignung des Stückzahlmaßstabes, den zu besteuernden Spieleraufwand zumindest entfernt abzubilden, grundsätzlich nicht mehr angenommen werden. Will eine Gemeinde dennoch daran festhalten, muss sie darlegen, dass sich die Einspielergebnisse der in ihrem Gemeindegebiet aufgestellten Automaten in dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Rahmen halten (BVerwG, Urt. v. 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218). Dass der Stückzahlmaßstab im Satzungsgebiet der Gemeinde unter Beachtung der genannten Anforderungen weiterhin Anwendung finden kann, ist vorliegend weder ersichtlich noch dargelegt.

Dennoch räumt die Satzung den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein, ob sie nach der Bruttokasse oder nach der Anzahl der Geräte besteuert werden und versetzt diese so in die Lage, den Besteuerungsmaßstab unter Berücksichtigung eigener wirtschaftlicher Überlegungen frei zu wählen. Dies erscheint schon deshalb problematisch, weil ein einmal als rechtswidrig erkannter Besteuerungsmaßstab nicht dadurch rechtmäßig werden kann, dass er den Beteiligten zur freien Auswahl gestellt wird. Davon abgesehen dürfte es auch der steuerrechtlich gebotenen Gleichbehandlung zuwiderlaufen, verschiedene Maßstäbe anzubieten und deren Anwendung im Einzelfall allein von einer entsprechenden Willensbekundung abhängig zu machen (HessVGH, Beschl. v. 10.04.2007 - 5 TG 3116/06 -, NVwZ-RR 2007, 706). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangt der Gleichheitssatz für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Der mit der Steuererhebung zwangsläufig verbundene Eingriff in die Vermögens- und Rechtsphäre der Steuerpflichtigen bezieht seine Rechtfertigung gerade auch aus der Gleichheit der Lastenzuteilung. Deshalb müssen sowohl die steuerbegründenden Vorschriften als auch die über ihre Anwendung dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung der Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen. Die Regelungen sind deshalb so zu gestalten, dass die Gleichheit des Belastungserfolgs für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Sie müssen die Gewähr für eine regelmäßige Durchsetzbarkeit der steuerlichen Lastengleichheit soweit wie möglich in sich selbst tragen (BVerfG, Urt. v. 27.06.1991, BVerfGE 84, 239, 268; Urt. v. 10.04.1997, BVerfGE 76, 1, 6). Bei Anwendung dieser Grundsätze wird nicht verkannt, dass auch der Steuergesetzgeber das Instrument der Wahlmöglichkeit zwischen pauschalierenden und konkreten Berechnungsmethoden kennt. So eröffnet etwa § 13a Abs. 2 EStG den Inhabern kleinerer Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, die von Gesetzes wegen nicht buchführungspflichtig sind, die Wahl, ihre Gewinne, statt sie gemäß § 13a Abs. 3 bis 6 EStG nach Durchschnittssätzen zu ermitteln, gem. § 4 Abs. 1 oder 3 EStG durch Vergleich der tatsächlichen Betriebseinnahmen mit den -ausgaben oder durch einen Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Insoweit sind in der Rechtsprechung bislang zwar verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der konkreten Wertansätze bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen und der sich daraus ergebenden, möglicherweise zu geringen Gewinne erwogen worden, nicht aber hinsichtlich der Besteuerungsmethode als solcher und der in diesem Rahmen gegebenen Wahlmöglichkeit (vgl. BFH, Urt. v. 13.10.1983 - IV R 217/80 - BFHE 139, 514 und v. 5.12.2002 - IV R 28/02 - BFHE 201, 175, beide auch in juris).

Angesichts der o.g. verfassungsrechtlichen Anforderungen bestehen vorliegend dennoch ernstliche Zweifel, ob auch die in §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 2 SpS enthaltene Wahlmöglichkeit zwischen der Bruttokasse als Bemessungsgrundlage und dem Stückzahlmaßstab Bestand haben kann. Ob steuerrechtliche Vorschriften "die Gewähr für eine regelmäßige Durchsetzbarkeit der steuerlichen Lastengleichheit soweit wie möglich in sich selbst tragen", kann nur im Einzelfall unter umfassender Berücksichtigung der sonstigen, steuerrechtlich relevanten Vorbedingungen beurteilt werden. So ist in Hinblick auf das o.g. Beispiel der Gewinnermittlung bei kleineren Land- und Forstwirtschaftsbetrieben zu berücksichtigen, dass diese von Gesetzes wegen nicht buchführungspflichtig sind und die Besteuerung schon deshalb methodisch anders vorgenommen werden muss als bei größeren, buchführungspflichtigen Betrieben. Hiervon ausgehend wird den kleineren Betrieben die Option eröffnet, sich von der gesetzlich vorgesehenen Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zu lösen und ihren Gewinn stattdessen in tatsächlicher Höhe zu ermitteln.

Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit sind hingegen durchgehend mit manipulationssicheren Zählwerken auszustatten. Insofern besteht keine erkennbare Veranlassung, bei der Wahl des Steuermaßstabes von den ohne weiteres ermittelbaren Umsätzen eines Gerätes abzusehen und stattdessen einen pauschaleren Maßstab anzubieten, der den gebotenen Bezug zum Spieleraufwand nicht (mehr) ausreichend herzustellen vermag. Deshalb wird eine Spielgerätesteuersatzung, soll sie die Gleichheit des Belastungserfolgs für alle Steuerpflichtigen sicherstellen, einen Maßstab vorgeben müssen, dessen Anwendung die Unterschiede im maßgeblichen Spieleraufwand durchgehend in unterschiedlich hohen Steuern widerspiegelt. Das relative Verhältnis zwischen Vergnügungsaufwand und Steuerhöhe würde ohne rechtfertigenden Grund gestört, wenn man den steuerpflichtigen Automatenaufstellern die Möglichkeit einräumt, den Steuermaßstab unter rein wirtschaftlichen Erwägungen auszuwählen und so etwa viel bespielte Geräte mit Gewinnmöglichkeit nach dem günstigeren Stückzahlmaßstab besteuern zu lassen, obwohl eine umsatzbezogene Bemessung möglich wäre. Dies könnte, wovon auch das VG Arnsberg und das VG Gelsenkirchen ausgehen, einer systemfremden partiellen Steuerfreistellung gleichkommen (VG Arnsberg, Beschl. v. 18.08.2006 - 5 L 646/06 - GemHH 2006, 235 u. VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 12.07.2007 - 2 L 297/07 - in juris). Im Übrigen käme es konkret im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, ob die Antragstellerin bei einer Besteuerung anhand des Stückzahlmaßstabes im Ergebnis günstiger dastünde als anhand der Bruttokasse, da es für die Anwendung des Stückzahlmaßstabes von vornherein an einer tauglichen, mit höherrangigem Recht zu vereinbarenden Grundlage fehlt.

Die bescheidmäßige Besteuerung der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit auf der Grundlage des § 10 Abs. 2 SpS wäre im Übrigen auch nicht als Schätzung zulässig, weil die Antragstellerin trotz schriftlicher Aufforderung weder die Zählwerksausdrucke übersandt noch mitgeteilt hat, dass es für den zurückliegenden Zeitraum bei dem Stückzahlmaßstab bleiben solle. Insoweit fehlt es schon an der gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 162 Abs. 2 AO erforderlichen Verletzung einer entsprechenden Mitwirkungspflicht. Eine Anmeldepflicht für Veranlagungsfälle, die zurückliegende Zeiträume betreffen und die bei Inkrafttreten der Satzung noch nicht bestandkräftig abgeschlossen waren, sieht die Satzung nicht vor. Sie lässt sich auch nicht aus § 10 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 SpS herleiten, da sich die in § 10 Abs. 1 SpS enthaltene Abgabe- und Fälligkeitsregelung insoweit nicht übertragen lässt. Eine entsprechende Mitwirkungsregelung ist auch nicht entbehrlich. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 149 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmen die Steuergesetze (hier: die kommunalen Satzungen), wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Soweit § 149 Abs. 1 Satz 2 AO eine solche Pflicht auch für denjenigen vorsieht, der hierzu von der Behörde aufgefordert wird, so ist dies missverständlich. Daraus kann jedenfalls nicht hergeleitet werden, dass eine gesetzlich (satzungsmäßig) begründete Steuererklärungspflicht entbehrlich wäre (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 149 AO Rdnr. 6 m.w.N.). Im Übrigen dürften auch die weiteren Voraussetzungen für eine Schätzung der Steuer - genauer: der Besteuerungsgrundlagen - nicht vorgelegen haben (vgl. dazu Thiem/Böttcher, KAG-Kommentar, § 11 KAG Rdnr. 181 ff m.w.N.).

Hinsichtlich weiterer Veranlagungen der Antragstellerin im Zeitraum August 2004 bis Januar 2007 bleibt der Antrag ohne Erfolg, da das übrige Beschwerdevorbringen zu einer vom verwaltungsgerichtlichen Beschluss abweichenden Entscheidung keinen Anlass gibt. Dies gilt zunächst hinsichtlich der nach summarischer Prüfung angenommenen Nichtigkeit der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 2 SpS wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt dies die Gültigkeit der sonstigen Satzungsbestimmungen unberührt, da davon ausgegangen werden kann, dass die Gemeinde die Spielgerätesteuersatzung ohne diese speziellen Regelungen im Übrigen nicht anders abgefasst hätte (vgl. schon VG Minden, Urt. v. 17.01.2007 - 11 K 2291/06 - m.w.N. in juris). Des Weiteren wird die erstinstanzlich noch erhobene Kritik an der Rückwirkung der Spielgerätesteuersatzung nicht aufrechterhalten, so dass sich der Senat hierzu nicht weiter äußern muss.

Soweit sich die Rechtsausführungen in der Beschwerdebegründung auf die umsatzbezogene Besteuerung der Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit beziehen, kommt es hierauf nicht mehr an, weil der Antrag insoweit für den Zeitraum August 2004 bis Oktober 2006 schon aus den eingangs genannten Gründen Erfolg hat und eine zeitlich darüber hinausgehende Besteuerung von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit nicht existiert. Weder hat die Antragstellerin über Februar 2005 hinaus entsprechende Anmeldungen vorgenommen, noch hat der Antragsgegner über Oktober 2006 hinaus entsprechende Festsetzungen getroffen. Mit seinem Schreiben vom 18. Januar 2007 forderte er die Antragstellerin zwar zu einer entsprechenden Zahlung auf, setzte aber für den verbliebenen Zeitraum - November 2006 bis Januar 2007 - keine Steuer fest. Soweit sich der ablehnende Beschluss des Verwaltungsgerichts dennoch auf diesen Zeitraum erstreckt, ist dazu in der Beschwerde nichts weiter vorgetragen. Im Übrigen stehen die Ausführungen der Beschwerde zum umsatzbezogenen Maßstab im Gegensatz zur Rechtsprechung des Senats insbesondere gemäß den Urteilen vom 18. Oktober 2006 (vgl. das Urteil 2 LB 11/04 in juris) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 13.04.2005 a.a.O.; Beschl. v. 28.08.2007 - 9 B 14/07 - ZKF 2007, 257) und würden auch keine Veranlassung geben, hiervon abzuweichen.

Die ursprüngliche Beanstandung des Stückzahlmaßstabes für Geldspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit - insoweit liegen Anmeldungen bzw. Festsetzungen vor für die Zeit von August 2004 bis Dezember 2006 - wird in der Beschwerde nicht mehr aufgegriffen, so dass sich auch dazu weitere Äußerungen erübrigen. Die weiteren Rechtsausführungen der Beschwerdebegründung, die sich auch auf die Besteuerung der Geldspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit beziehen lassen, weil sie Fragen der allgemeinen Rechtmäßigkeit und Verfassungsgemäßheit der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG betreffen, stehen ebenfalls im Gegensatz zur genannten Rechtsprechung des Senats und des Bundesverwaltungsgerichts, welches die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision gegen die Senatsurteile vom 18. Oktober 2006 (a.a.O.) zurückgewiesen hat (vgl. den Beschluss v. 28.08.2007 - 9 B 14/07 - ZKF 2007, 257). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Kenntnis des Vorbringens der Antragstellerin fest. Dies gilt zunächst hinsichtlich der von ihr vorgebrachten Zweifel am Vorliegen einer Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG und der erforderlichen Abwälzbarkeit der beim Halter erhobenen Vergnügungssteuer auf den Spieler. Die Vergnügungssteuer ist eine örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer, die das Vergnügen des einzelnen Spielgastes besteuert. Sie zielt darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Dabei handelt es sich um eine indirekte Aufwandsteuer, die auf Abwälzbarkeit angelegt ist, weil Steuerschuldner zunächst der Veranstalter des Vergnügens ist (Senatsurt. v. 18.10.2006 a.a.O.). Weitergehend folgt das Bundesverwaltungsgericht in seinem o.g. Beschluss auch der Senatsrechtsprechung, wonach es ausreicht, wenn der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss ihm nicht geboten werden. Solange die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, kommt es nicht darauf an, dass die Überwälzung in jedem Einzelfall gelingt (so schon BVerfG, Urt. v. 20.04.2004 - 1 BvR 1748/99, 905/00 -, BVerfGE 110, 274; BVerwG, Urt. v. 13.04.2005 - 10 C 8/04 -, Die Gemeinde 2005, 204 = NVwZ 2005, 1316).

Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die Vergnügungssteuererhebung u.a. wegen der verfehlten Abwälzbarkeit den von ihr zu verfolgenden Lenkungszweck nicht mehr erreiche, so übersieht sie, dass es sich bei der Lenkungsfunktion neben der eigentlichen Finanzfunktion der Steuer nur um einen außerfiskalischen Nebenzweck handelt. Nur deshalb darf der Landesgesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Steuergesetzgebungskompetenzen überhaupt Steuergesetze erlassen, die in den der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfallenden Bereichen wie etwa dem Gewerberecht lenkende Wirkung entfalten (BFH, Urt. v. 29.03.2006 - II R 59/04 - in juris m.w.N.). Hauptzweck der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG bleibt die Einnahmeerzielung (vgl. Senatsurt. v. 18.10.2006 - 2 LB 11/04 - in juris m.w.N.), deren Erreichung durch die hier maßgebliche Satzung i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 KAG auch sichergestellt ist. Im Übrigen ist die steuerliche Lenkung nur ein Instrument zur Annäherung an ein Ziel und nimmt in Kauf, dass das Lenkungsziel nicht verlässlich erreicht wird (BVerfG, Urteil v. 20.04.2004 -1 BvR 905/00 - BVerfGE 110, 274, 292 f.).

§ 2 Abs. 2 der Spielgerätesteuersatzung verstößt schließlich nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, indem er - den landesgesetzlichen Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG und des § 9 SpielbankG folgend - das Halten von Spielgeräten in Einrichtungen, die der Spielbankabgabe unterliegen, für steuerfrei erklärt. Auch insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht in dem o.g. Beschluss (v. 28.08.2007 - 9 B 14/07 -ZKF 2007, 257) die bestehende Rechtsprechung des Senats zur wiederholt vorgetragenen Ungleichbehandlung des Haltens von Spielgeräten in Spielhallen einerseits und in Einrichtungen, die der Spielbankabgabe unterliegen, anderseits, bestätigt. Es bleibt dabei, dass unterschiedliche und im Ergebnis nicht vergleichbare Sachverhalte vorliegen, die einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung bieten. Abgesehen von den unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 21. Februar 1990 (-II B 98/89 - BFHE 160, 61) aufgeführten Gründen und der Tatsache, dass beide Sachverhalte formal verschiedenen Gesetzesmaterien unterliegen, macht es lt. Bundesverwaltungsgericht insbesondere für den Aufwand eines jeden Spielers einen Unterschied, ob er an einem Spielgerät mit Verlustbegrenzung nach der Gewerbeordnung spielt oder an einem solchen in einer Spielbank ohne jegliche Verlustgrenze (Beschl. v. 28.08.2007 a.a.O.). Von daher greift der Ansatz der Antragstellerin, dass an beiden Örtlichkeiten in vergleichbarer Weise an Spielgeräten mit Geldgewinnmöglichkeit gespielt werden kann, ebenso zu kurz wie ihr Verweis auf den vom EuGH betonten Grundsatz der steuerlichen Neutralität (in den Urteilen v. 11.06.1998, Az. C 284/95 - Fischer - und v. 17.02.2005, Az. C 453/02 u. C 462/02 - Linneweber -), wonach es verboten ist, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich zu behandeln. Soweit sich der EuGH hier zu Fragen der Steuerpflicht, Steuerbefreiung und zum Grundsatz der steuerlichen Neutralität äußert, bezieht sich dies ausschließlich auf die Mehrwertsteuer. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der allgemeine Gleichheitssatz bei der Erhebung sonstiger nationaler Steuern auf Glücksspiele als eingehalten anzusehen ist, war nicht Gegenstand dieser Entscheidungen (vgl. schon Senatsbeschl. v. 05.01.2007 - 2 LA 115/06 -). Anders als bei der Mehrwertsteuer liegt hier keine Gleichartigkeit der Steuersachverhalte vor. Ihre unterschiedliche Besteuerung beruht auf den unterschiedlichen Schutzrichtungen der jeweils geltenden gesetzlichen Regelungen. Die für Spielhallen geltenden gewerberechtlichen Regelungen zum Schutz des Spielgastes und der mit der Vergnügungssteuer zusätzlich verfolgte Lenkungszweck geben der Vergnügungssteuer eine derart andere Struktur, dass sich die für eine Verkehrssteuer entwickelte Rechtsprechung darauf nicht übertragen lässt (vgl. schon FG Hamburg, Beschl. v. 09.05.2006 - 7 V 36/06 - in juris). In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass die EU-Mitgliedstaaten nach Art. 33 der 6. RL/388/EWG in der Fassung der RL 91/680/EWG vom 16. Dezember 1991 (ABl. EG Nr. L 376 S. 1) auch nicht gehindert sind, Abgaben, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, auf Spiele zu erheben. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats fällt die Vergnügungssteuer nicht unter den Anwendungsbereich von Art. 33 dieser Richtlinie (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 05.01.2007 - 2 LA 115/06 -).

Die Beschwerde hat nach alledem zu etwa drei Vierteln Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (ein Viertel des Wertes der Hauptsache).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück