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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.08.2009
Aktenzeichen: 2 O 23/09
Rechtsgebiete: GKG, KAG, RVG


Vorschriften:

GKG § 61
KAG § 52 Abs. 1
RVG § 32
Der Streitwert in Verfahren um die Bescheinigung des Übergangs von Milchreferenzmengen ist weiterhin grundsätzlich mit 0,10 € / kg zu bemessen, es sei denn, dass hinreichende Angaben dafür bestehen, dass aus der Milchreferenzmenge deutlich höhere Nutzungen gezogen werden können. Auf den durch eine Veräußerung erzielbaren Erlös kann abgestellt werden, wenn eine solche Art der Verwertung beabsichtigt ist.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 2 O 23/09

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft einschl. Milchquoten

hier: Streitwert

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 05. August 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 1. Kammer - vom 12. Mai 2009 geändert und der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 10.601,72 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

Gegenstand des Verwaltungsrechtsstreits - 1 A 189/07 - war die Anfechtung einer der Beigeladenen erteilten Bescheinigung über den Übergang einer Milchreferenzmenge in Höhe von 29.388 kg (bei der in der Übertragungsbescheinigung an einer Stelle aufgeführten Zahl von 29.399 kg handelt es sich um einen offensichtlichen, auch aus der Berechnung als solchen erkennbaren Schreibfehler) nach Beendigung eines Pachtverhältnisses. Nach Abweisung der Klage hat das Verwaltungsgericht den Streitwert auf 2.939,90 € entsprechend einer pauschalierenden Bewertung des möglichen zu erzielenden jährlichen Gewinns von 0,10 €/kg, orientiert am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 7/2004 - und an der irrtümlich in der Übertragungsbescheinigung genannten Milchreferenzmenge von 29.399 statt 29.388 kg/ha, festgesetzt. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19. Mai 2009, mit der er eine Erhöhung des Streitwertes auf 0,40 €/kg erstrebt. Zur Begründung macht er geltend, im Vordergrund des Klagebegehrens seines Mandanten stehe die beabsichtigte Veräußerung der Milchreferenzmenge und nicht der jährlich zu erzielende Gewinn aus ihr. Der Kläger könne entscheiden, wo er die ihm zustehende Referenzmenge zur Börse gebe, und orientiere sich deshalb an den in der Vergangenheit an bayerischen Börsen erzielten Zuschlägen, die 0,40 € / kg betragen hätten. Bei der Streitwertfestsetzung sei auch zu berücksichtigen, dass der mit der Übertragungsbescheinigung festgesetzte Einzug eines Drittels der Referenzmenge zugunsten der Landesreserve unzulässig sei. Ergänzend trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers nunmehr vor, für das Interesse des Klägers am Rechtsstreit sei zusätzlich die Notwendigkeit einer Veräußerung von Tieren infolge der Übertragung von Milchreferenzmengen gewesen, da er entsprechend weniger Milch anliefern dürfe. Der Streitwert belaufe sich daher insgesamt auf 16.000 €.

Der Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei seit Inkrafttreten der neuen Milchquotenverordnung seit dem 1. April 2007 dem Übertragungsbereich West zugeordnet. Der dortige Gleichgewichtspreis habe im April 2009 0,24 €/kg betragen. Es sei aufgrund der instabilen Marktsituation auf dem Milchsektor von einem künftigen erzielbaren Erlös von 0,10 bis 0,15 €/kg auszugehen. Auf gerichtlichen Hinweis hat der Beklagte ergänzend dargelegt, dass der Gleichgewichtspreis des Börsentermins am 2. November 2007 im Übertragungsbereich West 0,37 €/kg betragen habe.

Die Beschwerde, die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch wegen einer zu niedrigen Streitwertfestsetzung gem. § 32 Abs. 2 RVG selbständig eingelegt werden kann, ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

Der Streitwert ist in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit gemäß § 52 Abs. 1 GKG grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung nach Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung einer Sache, der keine bezifferte Geldleistung zugrunde liegt, besteht in der Regel in dem wirtschaftlichen Inhalt oder Hintergrund der angefochtenen oder begehrten Regelung. Im Interesse einer möglichst einheitlichen Streitwertpraxis orientiert der Senat sich dabei am sogenannten "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (in der Fassung vom Juli 2004, NVwZ 2004, 1327). Danach ist in Verfahren, in denen es um die Festsetzung einer Referenzmenge geht, die streitige Referenzmenge mit 0,10 €/kg (früher: 0,20 DM/kg) zu bewerten. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 15.11.1990 - 3 C 42.88 -, Lappe, Kostenrechtsprechung, § 13 GKG a.F. Nr. 370; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 24.06.2002 - 10 S 2551/01 - Juris) und des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschl. v. 18.11.2003 - LwZR 2/03 -, Agrar- und Umweltrecht 2004, 181 sowie Juris m.w.N.). Daran hat auch der Senat sich in ständiger Rechtsprechung orientiert (vgl. Beschl. v. 27.10.2004 - 2 O 120/04 - sowie Beschl. v. 25.03.2009 - 2 LB 66/08).

Anlass zu einer hiervon abweichenden Streitwertfestsetzung kann allerdings bestehen, wenn insbesondere aus dem Vortrag der Beteiligten greifbar ist, dass aus der streitgegenständlichen Milchreferenzmenge deutlich über dem aufgrund des Streitwertkataloges angenommenen Wert liegende Nutzungen gezogen werden können. Eigene Ermittlungen hat das Gericht hierzu nicht anzustellen; vielmehr ist es gemäß § 61 GKG Sache der Verfahrensbeteiligten, entsprechende Angaben zu machen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Auf den durch eine Veräußerung der Referenzmenge erzielbaren Erlös kann abgestellt werden, wenn eine solche Art der Verwertung der Milchreferenzmenge beabsichtigt ist (vgl. BGH, a.a.O.). Dies traf vorliegend auf den Kläger zu. Für die Streitwertberechnung ist gemäß § 40 GKG der Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung, hier also die Klageerhebung am 16. November 2007, maßgeblich (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 26.10.2006 - 8 KSt 13/06, 8 KSt 13/06 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.04.2008 - 5 L 19.08 -, Juris).

Für diesen Zeitpunkt hat die Beklagte nun den maßgeblichen Gleichgewichtspreis für den Übertragungsbereich West mit 0,37 €/kg vorgetragen. Dieser ist der Streitwertberechnung zugrunde zu legen. Folgewirkungen einer Übertragung von Referenzmengen auf die Beigeladene, wie die Notwendigkeit einer Veräußerung von Vieh, sind bei der Bewertung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers an der Anfechtung der Übertragungsbescheinigung hingegen nicht zu berücksichtigen und hinsichtlich des möglichen Veräußerungserlöses nicht ansatzweise substantiiert worden.

Ob der Abzug eines Drittels der Referenzmenge zugunsten der Landesreserve rechtmäßig war, bedarf im Rahmen der Entscheidung über die Streitwertbeschwerde keiner Erörterung. Die Streitwertfestsetzung hat an die auf den Standardfettgehalt umzurechnende streitgegenständliche Milchreferenzmenge von 29.388 kg vor Berechnung des sog. Drittelabzuges gem. § 48 Abs. 3 MilchAbgV anzuknüpfen, so dass sich dieser auf die Berechnung des Streitwertes nicht auswirkt.

Die Umrechnung der Milchreferenzmenge von 29.388 kg/ha zu einem Referenzfettgehalt von 3,9 % auf den Standardfettgehalt von 4 % gemäß § 11 Abs. 5 MilchAbgV ergibt - wie vom Beklagten angegeben - eine Referenzmenge von 28.653 kg/ha (Menge zum Referenzfettgehalt x Referenzfettgehalt ./. Standardfettgehalt: 29.388 kg x 3,9 % ./. 4 % = 28.653 kg, vgl. http://www.tbv-erfurt.de/quotenhandel.htm). Eine Kürzung dieser Referenzmenge ist für die Festsetzung des Streitwertes nicht anzusetzen, da § 48 Abs. 3 MilchAbgV im Falle einer Veräußerung durch den Kläger nicht anwendbar wäre und eine anderweitige Kürzungsregelung für diesen Fall der Veräußerung nicht ersichtlich ist. Der Streitwert beträgt demzufolge 28.653 x 0,37 € = 10.601,72 €.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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