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Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.07.2002
Aktenzeichen: 21 A 68/02
Rechtsgebiete: ARB 1/80, AuslG


Vorschriften:

ARB 1/80 Art. 7 S. 1
ARB 1/80 Art. 7 S. 2
ARB 1/80 Ar. 13
AuslG § 7 Abs. 2
AuslG § 21 Abs. 3
AuslG § 44 Abs. 1
1) Der Beschluss des Assoziationsrates EWG-Türkei 1/80 vermittelt bei Vorliegen seiner Voraussetzungen ein originäres, unmittelbar wirksames europarechtliches Aufenthaltsrecht, das die Bestimmungen des Ausländergesetzes überlagert.

2) Ob jemand als Volljähriger noch dem persönlichen Anwendungsbereich des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 unterfällt, ist zweifelhaft.

3) Nach Art. 7 ARB 1/80 können keine Rechte auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung geltend gemacht werden, sondern nur Rechte im Status eines bereits erlaubten Aufenthalts. Die Frage, ob ein Ausländer sich im Inland "ordnungsgemäß" aufhält, ist auch aus europarechtlicher Sicht nach den innerstaatlichen Bestimmungen des deutschen Ausländerrechts zu beurteilen.

4) Wer als Volljähriger nach abgelaufener Aufenthaltserlaubnis und ohne erkennbare Rückkehrperspektive ausreist, kann sich (später) nicht darauf berufen, er habe seinen "Lebensmittelpunkt" nur kurzzeitig verlassen. Auf nachträgliche (retrospektive) Darstellungen kommt es insoweit nicht an.

5) Auf Härtegründe oder Verschuldensgesichtspunkte kommt es im Rahmen des Art. 7 ARB 1/80 nicht an.


Az.: 21 A 68/02

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 21. Kammer - ohne mündliche Verhandlung am 26. Juli 2002 durch den Richter ............ als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der am ....1982 in Hamburg geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er wendet sich gegen eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung und erstrebt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Seine Eltern leben in Deutschland. Seiner Mutter, Frau A. G. wurde eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Dem Kläger wurde am 29.06.1998 eine bis zum 28.06.2000 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt (erneut in den Pass übertragen am 02.09.1999). Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hatte der Kläger nicht beantragt.

Ende Juli 2000 verließ der Kläger die Bundesrepublik; in seinem Pass befindet sich ein auf den 22.07.2000 datierter Ausreisestempel aus Brindisi/Italien (Hafen). Weiter befinden sich türkische Ein- und Ausreisestempel mit Datum vom 24.07. bzw. 01.09.2000 im Pass des Klägers.

Nachdem der Kläger nach Deutschland zurückgekehrt war, wurde sein Pass einbehalten. Die Beklagte teilte ihm mit, dass seine Wiedereinreise ohne Visum, nach Ablauf der bis zum 28.06.2000 befristeten Aufenthaltserlaubnis, rechtlich als illegal zu bezeichnen sei.

Der Kläger beantragte daraufhin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wobei er als Wohnung die Anschrift seiner Eltern angab und mitteilte, eine Berufsausbildung anzustreben. Der Kläger nahm - weiter - Bezug auf Art. 7 S. 2 ARB 1/80 und vertrat die Ansicht, ihm sei eine unbefristete, hilfsweise eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2001 forderte der Beklagte den Kläger zur freiwilligen Ausreise bis zum 26.02.2001 auf und drohte zugleich seine Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat, in den der Kläger einreisen darf, an. Zur Begründung heißt es, der Kläger sei ohne Aufenthaltsgenehmigung oder Visum eingereist. Dies sei nicht heilbar. Die assoziationsrechtlichen Vergünstigungen für türkische Staatsangehörige seien bei illegalem Aufenthalt ausgeschlossen. Hinsichtlich der Wiedereinreise werde auf § 16 AuslG verwiesen.

Bereits zuvor - am 21.11.2000 - war der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung vom Arbeitsamt E. abgelehnt worden, da der Kläger nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis bzw. -befugnis war.

Den gegen den Bescheid vom 17.01.2001 gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06. Februar 2001 zurück.

Die dagegen gerichtete Klage ging am 21.02.2001 beim Verwaltungsgericht ein. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe nach dem Assoziationsratsbeschluss 1/80 (ARB 1/80) ein unmittelbarer europarechtlicher Aufenthaltsanspruch zu; nationales Ausländerrecht wirke für danach privilegierte Personen lediglich deklaratorisch. Daher rechtfertige ein Verstoß gegen nationale aufenthalts- und melderechtliche Vorschriften keine Aufenthaltsbeendigung. Er sei durch die angegriffene Maßnahme des Beklagten gehindert, eine Ausbildungsmöglichkeit wahrzunehmen. Sein rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland sei mit Ablauf der Aufenthaltserlaubnis nicht beendet gewesen, weil die Kriterien von Art. 7.1 ARB 1/80 über den Zeitpunkt des Ablaufens der nationalen Aufenthaltserlaubnis hinaus Bestand hätten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 17.01. und 06.02.2001 zur Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise einer befristeten Aufenthaltserlaubnis, zu verpflichten, hilfsweise, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, sowie die Einleitung und Durchführung von Abschiebemaßnahmen gegenüber dem Kläger zu unterlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 7.1 ARB 1/80 für nicht erfüllt. Der volljährige Kläger habe - zudem - "für einige Zeit in die Türkei" gehen wollen. Seine Eltern hätten keinen Erziehungseinfluss mehr. Die Voraussetzungen des Art. 7.2 ARB 1/80 seien mangels abgeschlossener Schul- und Berufsausbildung nicht erfüllt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis könne schon wegen der Straffälligkeit des Klägers gem. § 7 Abs. 2 AuslG nicht beansprucht werden.

Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass der Kläger 1998 und 1999 dreimal angeklagt worden ist (wegen Körperverletzung, Diebstahls und Sachbeschädigung), im Jahr 2000 erneut wegen Diebstahls. Das Amtsgericht Norderstedt verurteilte ihn am 23.03.2001 wegen Unterschlagung und am 22.04.2002 wegen schweren Raubes und räuberischer Erpressung und Diebstahls und des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln.

Einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gab das Gericht durch Beschluss vom 20.04.2001 (2 B 4/01) statt, da die Erfolgsaussichten der Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung als offen angesehen wurden und nach einer Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse des Klägers Vorrang gegenüber dem Vollzugsinteresse habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze - nebst Anlagen - sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage konnte im Hinblick auf den Beschluss der Kammer vom 18.01.2002 der Einzelrichter entscheiden (§ 6 Abs. 1 VwGO). Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht, nachdem der Kläger (Schriftsatz vom 18.06.2002) und der Beklagte (Schriftsatz vom 05.07.2002) darauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide vom 17.01. und 06.02.2001 - insbesondere die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung - sind rechtmäßig. Der Kläger kann eine unbefristete bzw. befristete Aufenthaltserlaubnis bzw. eine Neubescheidung seines diesbezüglichen Antrages vom 13.09.2000 nicht beanspruchen.

Die dem Kläger am 28.06.1998 (und 02.09.1999) erteilte Aufenthaltserlaubnis war bis zum 28.06.2000 befristet. Sie war - somit - gemäß § 44 Abs. 1 AuslG erloschen, als der Kläger im Juli 2000 ausreiste. Daran ändert auch § 21 Abs. 3 AuslG nichts, denn das - danach - bei Volljährigkeit entstandene eigenständige Aufenthaltsrecht endete (ebenfalls) mit der Befristung zum 28.06.2000. Sein Antrag vom 13.09.2000 auf Erteilung einer (neuen) Aufenthaltserlaubnis kann auch bei einer "aufenthaltsrechtlich orientierten" Anwendung des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 (ARB 1/80) nicht als Verlängerungsantrag, sondern nur als Neuantrag behandelt werden (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 24.01.1995, 4 M 129/94, Juris).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Dieser ergibt sich weder aus europarechtlichen Bestimmungen (ARB 1/80) noch aus den Vorschriften des Ausländergesetzes.

Dem Kläger ist - im rechtlichen Ansatz - darin zu folgen, dass die Beschlüsse des Assoziationsrates EWG-Türkei - insbesondere der Beschluss 1/80 - auch eine aufenthaltsrechtliche Bedeutung entfalten; sie vermitteln ein originäres europarechtliches Aufenthaltsrecht, das die Bestimmungen des nationalen Ausländergesetzes "in zentralen Bereichen suspendiert bzw. überlagert" (Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, D 402 (Stand 10/95) Art. 6 Beschl 1/80 EWG-TR, Rn. 5). Den in Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 ARB 1/80 getroffenen Bestimmungen kommt in den Mitgliedsstaaten der europäischen Gemeinschaft unmittelbare Wirkung zu, weil das Beschäftigungsrecht von Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer, dass diese je nach ihrer Aufenthaltsdauer besitzen, in dem im Rahmen der Assoziation verbürgten Umfange wirkungslos wäre, wenn es nicht zugleich ein Aufenthaltsrecht enthalten würde (EuGH, Urteil vom 05.10.1994, Rs. C - 355/93, Slg. 1994 I-5113; Hailbronner, AuslR, Stand 4/2000, D 5.4, Rn. 34 b; vgl. auch allg. Anwendungshinweise des BMI zum ARB 1/80 - AAH - ARB 1/80, Ziff. 3.1.1). Im Hinblick auf die genannten - verbindlichen - europarechtlichen Vorgaben könnte der Kläger bei Vorliegen der Voraussetzungen der Art. 6 oder 7 ARB 1/80 eine Aufenthaltserlaubnis beanspruchen.

Die Voraussetzungen der genannten Bestimmungen liegen indes nicht vor. Für Art. 6 ARB 1/80 liegt dies auf der Hand; für Art. 7 ARB 1/80, auf den sich der Kläger ausdrücklich beruft, gilt im Ergebnis nichts anderes:

Der Kläger erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen in Art. 7 ARB 1/80 nicht.

Soweit Art. 7 S. 1 ARB 1/80 betroffen ist, begegnet es bereits Zweifeln, ob der Kläger - noch - dessen persönlichem Anwendungsbereich ("Familienangehörige") unterfällt, nachdem er seit dem 03.06.2000 volljährig ist (vgl. Hailbronner, a.a.O., Rn. 35 c; anders insoweit zu Art. 7 S. 2, a.a.O., Rn. 37 a, mit Hinw. auf BVerwG DVBl. 1996, 618) Unabhängig davon kann der Kläger nach Art. 7 ARB 1/80 keine Rechte auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung geltend machen, sondern lediglich Rechte im Status eines bereits erlaubten Aufenthaltes. Demnach müsste der Kläger, um Aufenthaltsrechte aus Art. 7 ARB 1/80 abzuleiten, ein bereits vorhandenes (und noch geltendes) Aufenthaltsrecht - und nicht erst ein (neu oder wieder) zu begründendes - vorweisen können (OVG Schleswig, Urteil vom 27.07.1995, 4 L 46/95, Juris, S. 8; vgl. auch Hailbronner, a.a.O., D 5.4, Rn. 35 a, 36 a; Huber, a.a.O., Art. 7 Rn. 7). Die Beklagte hat diese Rechtslage zutreffend erkannt (vgl. ihr Schreiben vom 21.11.2000) und - dementsprechend - den Antrag auf der Grundlage der (genannten) europarechtlichen Bestimmungen abgelehnt (vgl. auch AAH-ARB 1/80, Ziff. 3.3.1).

Soweit im Beschluss (gemäß § 80 Abs. 5 VwGO) vom 20.04.2001 - 2 B 4/01 - ein Anspruch des Klägers nach Art. 7 S. 1 ARB 1/80 in Betracht gezogen worden ist (S. 3/4 d. Abdr.), hält das Gericht an den dort niedergelegten Überlegungen nicht fest. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 16.03.2000, Rs. C 329/97, NVwZ 2000, 1277 ff.) ist die Frage, ob der Ausländer sich im Inland "ordnungsgemäß" aufgehalten hat, nach den Bestimmungen des deutschen Ausländerrechts zu beurteilen (vgl. auch AAH-ARB 1/80, Ziffer 3.3.1, Hailbronner, a.a.O. Rn. 36 a). Das europäische Recht vermag weder das Erlöschen der bis zum 28.06.2000 befristeten Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu überwinden, noch ein - unabhängig davon bestehendes - Aufenthaltsrecht zu fingieren.

Die Voraussetzungen des Art. 7 S. 2 ARB 1/80 liegen zu Gunsten des Klägers ebenfalls nicht vor. Auch hier gilt das Erfordernis eines nach deutschem Ausländerrecht rechtmäßigen Aufenthalts (vgl. AAH-ARB 1/80, Ziff. 3.4.1). Abgesehen davon verfügt der Kläger - bis heute - über keine abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung.

Soweit der Kläger geltend machen will, dass er bereits vor seiner Ausreise im Juli 2000 die Rechtsstellung gem. Art. 7 S. 1 ARB 1/80 erlangt hatte, lässt sich daraus zu seinen Gunsten nichts ableiten. Zwar lag seinerzeit eine genügend lange Wohnsitzdauer im Inland vor, doch ist mit der - nach Volljährigkeit erfolgten - Ausreise im Juli 2000 die zuvor erlangte beschäftigungs- und aufenthaltsrechtliche Position aus dem Assoziationsratbeschluss erloschen. Der Kläger hält dem entgegen, sein "Lebensmittelpunkt" sei unbeschadet der Ausreise im Juli 2000 Deutschland geblieben. Demgegenüber hatten die Eltern - schon vor seiner Volljährigkeit - ihren Erziehungseinfluss auf den Kläger verloren und der Kläger hat es "nicht geschafft, als voll integrierter Jugendlicher und Heranwachsender hier zu leben" (Urteil AG Norderstedt vom 22.04.2002 - 73 Ls jug. 568 Js. 49169/01 (Ž28/01 -). Ziel und Zweck seiner Auslandsreise im Juli 2000 hat der Kläger nicht näher konkretisiert. Die Ausreise nach abgelaufener Aufenthaltserlaubnis und ohne erkennbare "Perspektive" für eine Rückkehr bestätigen die Bewertung der Beklagten, dass der Kläger das Bundesgebiet seinerzeit nicht nur vorübergehend verlassen und damit seine assoziationsrechtliche Privilegierung verloren hat (vgl. dazu auch OVG Schleswig, Urteil vom 27.07.1995, 4 L 46/95, Ls.2, Juris). Darauf, dass der Kläger die Zusammenhänge heute (retrospektiv) anders darstellt, kann es nicht ankommen, zumal er jetzt von einem auf ein - für ihn positives - Ergebnis des vorliegenden Verfahrens gerichteten Interesse bestimmt ist.

Soweit es auf ein "Versehen" zurückzuführen ist, dass der Kläger im Juli 2000 - nach abgelaufener Aufenthaltserlaubnis und von vornherein nicht "nur" vorübergehend - das Bundesgebiet verlassen hat, lässt sich daraus - auch unter Härtegesichtspunkten - nichts zugunsten des Klägers ableiten. Der für Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80 maßgebliche beschäftigungs- und aufenthaltsrechtliche Status ist rein objektiv danach zu beurteilen, ob der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt im Besitz der erforderlichen (innerstaatlichen) Erlaubnisse war oder nicht; auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an. In den Bestimmungen des ARB 1/80 befindet sich keine Härteklausel, vielmehr sind ihre Regelungen als abschließend anzusehen und können nicht nach "Billigkeit" im Einzelfall "korrigierend" angewandt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1997, 1 C 3.95, Juris, Ls. 3).

Der Verweis des Klägers auf die sog. "Stand Still"-Klausel in Art. 13 ARB 1/80 ist für ihn unergiebig, denn daraus sind nur für solche Personen günstige Folgerungen abzuleiten, die sich arbeits- und aufenthaltsrechtlich in einer ordnungsgemäßen Position befinden (BVerwG, Urt. v. 29.04.1997, a.a.O. Ls. 4, vgl. auch Huber, a.a.O., Art. 6 Rn 7).

Ein (unmittelbar geltender) europarechtlicher Aufenthaltsanspruch steht dem Kläger - damit - nicht zu.

Auf der Grundlage des Ausländergesetzes hat der Beklagte den Antrag des Klägers vom 13.09.2000 zu Recht abgelehnt. Der Kläger ist unerlaubt eingereist (§ 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 58 Abs. 1 Nr. 1 AuslG). Damit greift für ihn der besondere Versagungsgrund nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG. Diese Vorschrift gilt auch für den - hier gegebenen - Fall, dass ein Ausländer, dessen Aufenthaltserlaubnis (zuvor) durch Fristablauf erloschen ist, nach Fristablauf ohne Beachtung des Visumserfordernisses einreist. Der Kläger ist aufgrund dieses Sachverhalts gemäß § 42 Abs. 1, Abs. 2 Nr. AuslG vollziehbar ausreisepflichtig; eine fiktive Duldung gilt für ihn gemäß § 69 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 AuslG nicht.

Eine Ausnahme vom Versagungsgrund nach § 8 Abs. Nr. 1 liegt nicht vor (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG). Es bestehen keine Ansatzpunkte dafür, dass die Voraussetzungen für einen Aufenthaltsgenehmigungsanspruch nach dem Ausländergesetz im vorliegenden Fall offensichtlich erfüllt sind. Soweit der Kläger sich - darüberhinaus - auf Art. 6 GG bezieht, ist daraus nach Erreichen der Volljährigkeit zu seinen Gunsten nichts mehr abzuleiten. Das gleiche gilt für Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK.

Ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis ist auch nicht auf § 16 AuslG zu stützen. Abgesehen davon, dass eine Verpflichtungserklärung i.S.d. § 84 AuslG nicht vorliegt (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 AuslG), besteht im - hier gegebenen - Fall, dass ein besonderer Versagungsgrund nach § 8 AuslG eingreift, kein Anspruch auf die Erlaubnis nach § 16 AuslG (vgl. Huber, a.a.O., SystDarst II Rn. 242).

Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte habe "die Zusage geäußert, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis im Sommer 2000 erteilen zu wollen" (S. 2 der Widerspruchsbegründung vom 29.01.2001) ist daraus - ebenfalls - für einen Erfolg der Klage nichts abzuleiten. Eine solche Zusicherung bedürfte zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 108 a Abs. 1 LVwG); diese ist ersichtlich nicht gegeben.

Der Kläger kann - nach alledem weder eine unbefristete noch die - hilfsweise begehrte -befristete Aufenthaltserlaubnis beanspruchen. Auch ein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages steht ihm nicht zu, da die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zu verneinen sind. Soweit der Kläger die Unterlassung der Einleitung oder Durchführung von Abschiebemaßnahmen begehrt, ist auch dies unbegründet. Die angefochtenen Bescheide enthalten - rechtmäßige Entscheidungen nach §§ 42, 49, 50 AuslG; darüber hinausgehende Vollzugsmaßnahmen sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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