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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.02.2004
Aktenzeichen: 3 LA 106/03
Rechtsgebiete: LBG SH, BeamtVG


Vorschriften:

LBG SH § 54 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
BeamtVG § 14 Abs. 3
BeamtVG § 85 Abs. 5
Keine fiktive Festsetzung des Beginns des Antragsruhestandes nach § 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBG auf den Beginn des Sonderurlaubs nach der sog. 58er-Regelung
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 3 LA 106/03

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Versorgungsbezüge

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 06. Februar 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer, Einzelrichter - vom 15. August 2003 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Gründe:

Der Kläger hat beim Verwaltungsgericht beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 21.09.1999 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12.01.2000 aufzuheben, soweit darin ein Versorgungsabschlag festgesetzt worden ist. Mit Urteil vom 15. August 2003, auf dessen Inhalt wegen des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Der hiergegen gerichtete Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers - allein hierauf kommt es an - ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen (vgl. § 130 b Satz 2 VwGO). Ergänzend sei auf folgendes hingewiesen: Der Kläger hat in den Mittelpunkt seines Zulassungsvorbringens gestellt, dass der ihm gewährte Sonderurlaub nach der "Vereinbarung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nach § 59 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte vom 11. Dezember 1990 über Sonderurlaub von lebensälteren Beamtinnen und Beamten bei Personalüberhang" vom 11.12.1990 (Amtsblatt S. 219) (sogenannte 58er - Regelung) nicht von dem sich anschließenden vorzeitigen Ruhestand getrennt werden könne, sondern der gesamte Zeitraum als Einheit zu betrachten sei mit der Folge, dass in seinem Fall der nach § 85 Abs. 5 Beamtenversorgungsgesetz ( - BeamtVG -) maßgebliche Zeitpunkt für die Minderung des Ruhegehaltssatzes vor dem 01.01.1998 liege bzw. frühestens auf diesen Zeitpunkt (Beginn seines Sonderurlaubs) festzusetzen sei. Dem entsprechend - so der Kläger sinngemäß weiter - betrage der Vomhundertsatz der Minderung seines Ruhegehaltes 0,0 oder allenfalls 0,6 für jedes volle Jahr, das er vorzeitig in den Ruhestand getreten sei.

Dem kann nicht gefolgt werden. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zutreffend ausgeführt, dass in Anbetracht des dem Kläger mit Wirkung vom 01. Januar 1998 gewährten Sonderurlaubs (nicht auch) der Beginn des Ruhestandes - fiktiv - auf diesen Zeitpunkt festgesetzt werden könne. Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass die sogenannte 58er-Regelung und die sich - auf Grund verbindlicher Erklärung des Beamten - daran anschließende Versetzung in den Ruhestand zum frühestmöglichen Zeitpunkt (in der Regel Antragsaltersgrenze nach § 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Landesbeamtengesetz ( - LBG -) vgl. Abschnitt II der 58er-Regelung) in einem tatsächlichen Zusammenhang stehen. Bei der Freistellung nach der sogenannten 58iger-Regelung und dem Antragsruhestand handelt es sich jedoch um rechtlich voneinander unabhängige Regelungswerke, die die vom Kläger gewünschte Betrachtung als Einheit verbieten. Dass es sich bei der sogenannten 58er-Regelung um eine (Sonder-)Urlaubsregelung und nicht um eine dem (vorzeitigen) Ruhestand ähnliche oder mit ihm vergleichbare Regelung handelt, zeigt schon der Wortlaut ("Sonderurlaub"). Zudem knüpfen die in Abschnitt III der 58er-Regelung aufgeführten Auswirkungen und Folgen der Beurlaubung an den (aktiven) Beamtenstatus und nicht an den des Ruhestandsbeamten an. Es heißt dort ausdrücklich, dass "Dienstbezüge" gewährt würden. Zudem erhält der Beamte Beihilfe in gleicher Höhe wie vor Beginn der Freistellung, nämlich entsprechend seines Bemessungssatzes als aktiver Beamter. Erst nach Versetzung oder Eintritt in den Ruhestand erhalten die Beamten Beihilfe nach den für Versorgungsempfänger geltenden Vorschriften (vgl. Ziffer 4 des Abschnitts III der 58er-Regelung).

Ausgehend von diesen Prämissen hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat - beim Kläger, der (erst) nach dem 31. Dezember 1998, nämlich mit Ablauf des 31.08.1999 , in den (Antrags )Ruhestand versetzt worden war, nach den Bestimmungen der §§ 54 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBG, 14 Abs. 3 i.V.m. 85 Abs. 5 BeamtVG einen Versorgungsabschlag in Höhe von 1,2 v.H. für jedes volle Jahr der Versetzung in den Ruhestand vor Vollendung des 65. Lebensjahres (insgesamt 2,36 v.H.) festgesetzt.

Der Kläger macht weiter geltend, dass ein Versorgungsabschlag bei ihm auch deshalb nicht habe festgesetzt werden können, weil die sogenannte 58er-Regelung mangels gesetzlicher Grundlage unwirksam sei und der Dienstherr ihn - den Kläger - nicht darüber aufgeklärt habe.

Dieser Einwand geht ebenfalls fehl. Die gesetzliche Grundlage für die sogenannte 58er-Regelung findet sich in § 105 Abs. 2 LBG in Verbindung mit den Ziffern 7 und 8 der Durchführungsverordnung zu § 17 des Deutschen Beamtengesetzes vom 29.06.1937 (RGBl I S. 669), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 24.10.1996 (GVOBl. Schleswig-Holstein S. 652). Nach der Vorschrift des § 105 Abs. 2 LBG regelt die Landesregierung durch Verordnung die Bewilligung von Urlaub aus anderen Anlässen (als zur Erholung); dabei ist zu bestimmen, ob und inwieweit die Bezüge während eines solchen Urlaubs belassen werden. Eine nähere Ausgestaltung hat diese Regelung durch die Ziffern 7 und 8 der Verordnung zur Durchführung des § 17 des Deutschen Beamtengesetzes erfahren. Diese waren nach § 249 Abs. 3 Ziffer 7 LBG bis zum 01.02.1998, dem Inkrafttreten der Landesverordnung über die Bewilligung von Urlaub aus anderen Anlässen für die Beamtinnen und Beamten (Sonderurlaubsverordnung - SUVO -) vom 14.01.1998 (GVOBl. S. 29) weiterhin anzuwenden. Nach Ziffer 8 der Durchführungsverordnung konnten dem Beamten Teildienstbezüge bei einer Beurlaubung bis zu einer Dauer von sechs Monaten, die auch öffentlichen Belangen diente, grundsätzlich belassen werden. Die oberste Dienstbehörde konnte mit Zustimmung des Finanzministeriums von dieser Regelung (erweiternde) Ausnahmen gewähren. Dies ist letztlich durch die sogenannte 58er-Regelung, die in erster Linie arbeitsmarktpolitischen Zwecken diente, geschehen. Insoweit unterscheidet sich die Fallgestaltung maßgeblich von der, die der Entscheidung des OVG Berlin (Beschl. v. 15.10.1999 - 4 N 30/99 - NVwZ 2000, 344 f) zugrunde lag. Im Gegensatz zu Schleswig-Holstein hat in Berlin (offenbar) keine gesetzliche Regelung, sondern nur lediglich eine Verwaltungspraxis bestanden, Sonderurlaub unter teilweiser Fortzahlung der Dienstbezüge zu gewähren. Darin hat das OVG Berlin einen Verstoß gegen geltendes Recht gesehen.

Ist nach alledem nicht von einer Rechtsunwirksamkeit der 58er-Regelung auszugehen, liegt es auf der Hand, dass der Dienstherr nicht verpflichtet war, den Kläger über eine "Rechtswidrigkeit" aufzuklären. Der Kläger hat auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache aufgezeigt (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dabei reicht die bloße Behauptung tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nicht aus; es bedarf vielmehr einer konkreten Bezeichnung der Tatsachen- und Rechtsfragen, die derartige Schwierigkeiten aufwerfen und der näheren Angabe, warum diese Schwierigkeiten bestehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 124 a Rn 53). Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen des Klägers nicht. Sein Vortrag erschöpft sich im Wesentlichen in einer Wiederholung der Ausführungen zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, dass sich aus der Zwecksetzung des Vorsorgungsabschlages, der tatsächlich in einer Entlastung und nicht in einer Belastung des Dienstherrn liege, besondere rechtliche Schwierigkeiten ergeben, genügt der Vortrag nicht den Darlegungserfordernissen.

Der Rechtssache kommt auch die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zu. Die vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob sich der Dienstherr auf den Versorgungsabschlag berufen könne, obwohl er den betroffenen Beamten zuvor über die Rechtswidrigkeit der betreffenden Regelungen nicht aufgeklärt hat, stellt sich nicht. Insofern kann auf obigen Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verwiesen werden. Darüber hinaus enthält die Zulassungsschrift keinerlei Darlegungen zur fallübergreifenden Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage.

Schließlich kann der Kläger auch mit seiner Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht durchdringen. Soweit er mit der Behauptung, dass "die Übertragung der Rechtssache auf den Einzelrichter gemäß Beschluss v. 18.06.2003 ... nicht mehr verständlich (sei)", geltend machen will, dass ihm der gesetzliche Richter entzogen worden sei, stellt dieses Vorbringen schon keinen Verfahrensmangel dar, der der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt. Der Bewertung des Berufungsgerichts unterliegen solche dem Endurteil vorausgegangenen Entscheidungen der ersten Instanz nicht, die zumindest deshalb unanfechtbar sind, weil die VwGO ein Rechtsmittel dagegen ausschließt ( vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 17.12.2002 - 1 L 118/01 - Juris ). Dessen ungeachtet hat der Kläger in keiner Weise dargelegt, inwieweit die Übertragung der Rechtssache auf den Einzelrichter ihn in seinen - des Klägers - prozessualen Rechten verletzt hat. Erst recht fehlt es an Ausführungen darüber, dass und inwieweit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dem von ihm geltend gemachten Verfahrensmangel "beruhen kann". Schließlich wäre auch in der Sache gegen die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nichts zu erinnern, weil die Rechtssache - wie ausgeführt - weder besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweist, noch ihr grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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