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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 3 LA 89/05
Rechtsgebiete: BGB, BeamtVG, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 b
BeamtVG § 50 a
VAHRG § 36 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 3 LA 89/05

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Kindererziehungszuschlag

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 24. Februar 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer, Einzelrichter - vom 21.02.2005 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 1.628,64 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Zulassungsantrag ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt. Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nicht. Die Rechtssache weist zudem nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Auch liegen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten dergestalt vor, dass dies eine Zulassung gem. § 124a Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigen würde.

Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn ein Erfolg des Rechtsmittels, dessen Zulassung begehrt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie dessen Misserfolg (OVG Schleswig, Beschl. v. 14.05.1999, - 2 L 244/98 -, NordÖR 1999, 285). Dabei müssen die Zweifel das Ergebnis der Entscheidung betreffen (OVG Schleswig, Beschl. v. 14.12.1999, - 4 M 102/99 -, NVwZ 2000, 341).

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, dass die Gewährung eines Erziehungszuschlages nach dem Beamtenversorgungsgesetz subsidiär gegenüber der rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten sei. Da es der Klägerin möglich gewesen wäre, eine Entscheidung des OLG Schleswig über die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs abzuwarten, mit der Folge, dass sie die Voraussetzungen für den Erhalt einer Rente erfüllt hätte, komme ein Rückgriff auf den Kindererziehungszuschlag nicht in Betracht. Dieser Beurteilung des Verwaltungsgerichts ist zu folgen.

Das Verwaltungsgericht hat das Verhältnis des § 50a BeamtVG zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich gem. § 1587b BGB i.V.m. § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG zutreffend gewürdigt.

Die Regelung des Kindererziehungszuschlags im BeamtVG stellt einen Fremdkörper in dem System der Beamtenversorgung dar (Fürst/Finger/Mühl/Niedermeier, "GKÖD Beamtenrecht des Bundes und der Länder" Bd. 1 Teil 3b, vor § 50a S. 3). Die beamtenrechtliche Regelung wurde getroffen, um eine Benachteiligung von Beamten im Hinblick auf die Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf die Rente zu verhindern. § 50a Abs. 1 Satz 2 BeamtVG legt fest, dass diese besondere Ausgleichsregelung nur zur Anwendung kommt, wenn nicht durch die rentenrechtliche Regelung ein Ausgleich geschaffen wird (BT-Drucks. 14/7064, S. 36 f). Aufgrund dieses Ausschlusstatbestandes ist § 50a BeamtVG formell subsidiär gegenüber dem rentenrechtlichen Ausgleich.

Dieser Ausschlusstatbestand greift zu Lasten der Klägerin ein, da sie bei einer vom OLG Schleswig in Aussicht gestellten positiven Entscheidung über die Anordnung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs bis zum Eintritt des Versorgungsfalls die vorausgesetzte Wartezeit erfüllt hätte. Im Rahmen des § 50a Abs. 1 Satz 2 BeamtVG kann die Erfüllung der Wartezeit auch durch einen vom Familiengericht durchgeführten Versorgungsausgleich erfüllt werden (Fürst/Finger/Mühl/Nebenmeier, § 50a Rn. 30).

Dies folgt aus der Systematik des § 50a BeamtVG, der ergebnisorientiert darauf abstellt, ob eine rentenrechtliche Absicherung des mit der Kindererziehung überwiegend betrauten Elternteils gegeben ist, unabhängig davon, ob dies mittels Eigenerwerb der Rentenanwartschaft oder im Wege des abgeleiteten Erwerbs durch den Versorgungsausgleich erfolgt.

Die Klägerin hätte bei einem entsprechenden Beschluss des OLG Schleswig die Wartezeit erfüllt, da ihr bei Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 VAHRG ein Anspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann auf anteilige Übertragung der von diesem während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften zugestanden hätte. Dies wird, soweit es die Berechnungsgrundlagen in dem Hinweisbeschlusses des OLG Schleswig vom 22.11.2003 betrifft, von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Soweit die Klägerin meint, dass allein die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich seien, und somit ausschlaggebend sei, dass der öffentlich-rechtliche Ausgleich nicht durchgeführt worden sei, kann dem nicht gefolgt werden.

§ 50a BeamtVG erfordert für das Eingreifen des Ausschlusstatbestandes lediglich, dass ein Ausgleich nach dem Rentenrecht möglich sein muss (Fürst/Finger/Mühl/Niedermeier aaO). Die tatsächliche Durchführung des Ausgleichs ist für das Eingreifen des Ausschlusstatbestandes des § 50a Abs. 1 S. 2 BeamtVG nicht erforderlich.

Diese Auslegung des § 50a Abs. 1 Satz 2 BeamtVG ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Grundsätzlich entspricht es den Auslegungsregeln, dass Ausnahmetatbestände restriktiv auszulegen sind. Vorliegend stellt die Regelung des § 50a Abs. 1 Satz 2 BeamtVG eine Ausnahme zu dem in § 50a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG geregelten Kindererziehungszuschlag dar. Dabei ist jedoch die Besonderheit zu berücksichtigen, dass schon nach der Gesetzesbegründung die Vorschrift des § 50a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG vom Gesetzgeber als Fremdkörper im BeamtVG subsidiär zu der vorrangigen Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten durch den Rentenausgleich normiert wurde, um Benachteiligungen ausgleichen und eine systemgerechte Anpassung herbeiführen zu können (BT-Drucks. 14/7064, S. 32). Vor diesem Hintergrund kehrt sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 50a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BeamtVG um, so dass der Ausschlusstatbestand einer weiten Auslegung zugänglich ist. Diese Grenze der zulässigen Auslegung wurde durch das verwaltungsgerichtliche Urteil nicht überschritten. Da eine rentenrechtliche Berücksichtigung der Kindererziehungszeit zugunsten der Klägerin möglich war, ist der von ihr erklärte Verzicht im Rahmen des § 50a BeamtVG unbeachtlich. Es wird insoweit zugrunde gelegt, dass der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich zur rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehungszeit geführt hätte.

Auch ist der Begründung der Klägerin nicht zu folgen, dass der Ausschlusstatbestand des § 50 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG nicht wegen einer lediglich hypothetischen positiven Gerichtsentscheidung angenommen werden könne. Der Klägerin ist zuzugeben, dass die Entscheidung des Gerichts anders hätte ausfallen können, als im Hinweisbeschluss vom 22.11.2002 angekündigt. Auch wäre eine Zurücknahme des Rechtsmittels durch den geschiedenen Ehemann möglich gewesen gem. § 569 ZPO. Entscheidend ist jedoch, dass die Klägerin durch den von ihr eigenverantwortlich geschlossenen Vergleich das mögliche Ergehen einer für sie positiven Entscheidung vereitelt hat. Da es für den Ausschlusstatbestand des § 50a Abs. 1 Satz 2 BeamtVG nur auf die Möglichkeit eines rentenrechtlichen Ausgleichs und nicht auf dessen tatsächliche Durchführung ankommt, muss sich die Klägerin so behandeln lassen, als bestünde nach wie vor die Ausgleichsmöglichkeit im Wege des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs. § 50a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG will nur die kraft Gesetzes eintretende Benachteiligung von Beamten bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ausgleichen. Die Benachteiligung durch autonome privatrechtliche Vereinbarungen unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des § 50a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Es war der Klägerin zuzumuten und auch von ihr zu erwarten, dass sie eine Entscheidung des Gerichts abwartete, um daraus die entsprechenden Konsequenzen abzuleiten. Daher kann es für die zu treffende Entscheidung entgegen der Auffassung der Klägerin dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Abänderung des Verfahrens gem. § 10a VAHRG durch das Beschwerdegericht zu Recht angenommen wurden. Auch bei einer fehlerhaften Annahme der Abänderungsvoraussetzungen durch das OLG Schleswig hätte eine entsprechende Entscheidung Rechtskraft erlangen können.

Auch aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Meldorf vom 11.07.1990 ist die Möglichkeit zur Durchführung des öffentlich-rechtlichen Ausgleichs nicht ausgeschlossen. Diese Entscheidung, in der der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich als unstatthaft abgelehnt wurde, wäre durch eine Entscheidung im Abänderungsverfahren gem. § 10a Abs. VII VAHRG suspendiert worden.

Die Berufung ist zudem nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen. Maßstab für die Annahme besonderer Schwierigkeiten ist die Prognosemöglichkeit im Zulassungsverfahren. Werfen die Angriffe des Antragstellers gegen das erstinstanzliche Urteil Fragen von solcher Schwierigkeit auf, dass diese sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren klären und entscheiden lassen, liegt ein Fall von besonderer Schwierigkeit i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 vor (OVG Schleswig, Beschl. v. 14.10.1997, - 2 L 95/97 -).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Die rechtliche Bewertung der Folgen der Anordnung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs werden von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Hinsichtlich der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 50a Abs. 1 Satz 2 BeamtVG bestehen aufgrund der eindeutigen gesetzgeberischen Zielsetzung keine besonderen Schwierigkeiten.

Auch weist die Streitigkeit keine grundsätzliche Bedeutung auf. Eine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist dann gegeben, wenn die zugrunde liegende Rechtssache Rechtsfragen aufwirft, die für die Entscheidung erheblich sind und die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedürfen (OVG Schleswig, Beschl. v. 30.05.1997, - 5 M 47/97 -).

Dies trifft auf die zugrunde liegende Streitigkeit nicht zu. Zwar besteht zu der Vorschrift des § 50a BeamtVG noch keine umfassende Rechtsprechung. Es fehlt aber an der streitigen Problemstellung, da in der Literatur übereinstimmend mit der zugrunde liegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts vertreten wird, dass der beamtenrechtlichen Versorgung im Rahmen der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nur eine Auffangfunktion zukommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 42 Abs. 3 GKG.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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