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Beginn der Entscheidung

Gericht: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.10.2003
Aktenzeichen: 3 LB 103/03
Rechtsgebiete: Vorbemerkungen BBesO A und B, GG, BRRG, VwGO, BBesG, BeamtVG, Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften


Vorschriften:

Vorbemerkungen Nr 3 a BBesO A und B (Fassung: 31.12.1998)
Vorbemerkungen Nr 9 a BBesO A und B (Fassung: 31.12.1998)
GG Art 33 Abs 5
BRRG § 126 Abs 1
BRRG § 126 Abs 3
VwGO § 68 ff
VwGO § 88
BBesG § 81 Abs 2
BeamtVG § 5 (Fassung: 31.12.1998)
BeamtVG § 5 Abs 1 Nr 3 BeamtVG (Fassung: 31.12.1998)
Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (Fassung: 28.05.1990) Art 1 Nr 14 c 5.
Ist bei der Berechnung des Ruhegehaltes die sogenannte Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung vom (künftig: Vorbemerkungen) zu berücksichtigen, so sind für den erforderlichen 10-jährigen Verwendungszeitraum verschiedene Verwendungszeiten als Beamter oder Soldat auf Zeit zu addieren; dazwischenliegende Unterbrechungen (durch eine Angestelltenzeit) sind unerheblich.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 LB 103/03

verkündet am 24.10.2003

Berichtigt durch Beschluss vom 17.11.2003 betreffend Kostenausspruch.

Schleswig, 20.11.2003

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Ruhegehalt

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2003 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts ..., den Richter am Oberverwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 16. Kammer, Einzelrichter - vom 02. August 2000 geändert.

Die Beklagte wird verpflichtet, die Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Klägers zu berücksichtigen.

Insoweit wird der Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 1999 aufgehoben.

Kläger und Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen je zur Hälfte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten, bei der Berechnung seines Ruhegehaltes ab 1. April 1999 die sogenannte Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung vom (künftig: Vorbemerkungen) zu berücksichtigen.

Der 1938 geborene Kläger war vom 02. Dezember 1957 bis 31. Dezember 1963 Soldat auf Zeit, vom 01. April 1969 bis 16. Mai 1971 Angestellter im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung und ab 17. Mai 1971 Beamter im Dienst des Beklagten. Während dieser drei Zeiträume wurde der Kläger wiederholt auf Schiffen und zwar sowohl im Über- als auch im Unterwasserbereich verwendet. Insgesamt wurde er als Soldat auf Zeit zwei Jahre fünf Monate und 22 Tage auf einem Schnellboot, ein Jahr fünf Monate und 28 Tage auf einem U-Boot, als Angestellter zwei Jahre einen Monat und 16 Tage auf einem U-Boot und schließlich als Beamter sieben Jahre zehn Monate und 15 Tage auf einem U-Boot eingesetzt. Zum Zeitpunkt seiner Versetzung in den Ruhestand am 01. April 1999 war der Kläger technischer Regierungsamtsrat.

Mit Schreiben vom 31. März 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten bei der Festsetzung des Ruhegehaltes die sogenannte U-Bootszulage zu berücksichtigen. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juli 1999 ab. Für die Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit der Marinezulage nach Nr. 9a der Vorbemerkungen müsse mindestens ein Verwendungszeitraum von zehn Jahren in dem Dienstverhältnis erfüllt worden sein, aus dem die Versorgung zu gewähren sei. Hieran fehle es. Da der Kläger erst ab 17. Mai 1971 Beamter gewesen sei, könne erst ab diesem Zeitpunkt die Marinezulage berücksichtigt werden, die lediglich bis zum 31. März 1979 bezogen worden sei.

Mit Schreiben vom 22. August 1999 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, bei Addition der Zeiträume seines Dienstes an Bord von Schiffen/Booten im Überwasser- als auch im Unterwasserbereich (U-Boote) ergebe sich eine Summe von mehr als zehn Dienstjahren.

Mit Bescheid vom 23. September 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Ruhegehaltfähigkeit von Stellenzulagen werde in Nr. 3a der Vorbemerkungen geregelt. Hiernach gehöre u.a. auch die sogenannte Marinezulage nach Nr. 9a der Vorbemerkungen zu den ruhgehaltsfähigen Dienstbezügen, wenn der Beamte mindestens zehn Jahre zulageberechtigend verwendet worden sei. Diese 10-jährige zulageberechtigende Verwendung müsse in dem Dienstverhältnis erfüllt sein, aus dem die Versorgung gewährt werde. Eine Zusammenrechnung von Angestellten- und Beamtendienstzeiten sei daher nicht möglich. Nur eine unmittelbar vor dem Dienstverhältnis liegende Zeit als Soldat auf Zeit sei einzubeziehen. Bei einer Unterbrechung der Dienstzeit könnten Zeiten des Bezuges einer Stellenzulage oder entsprechende Verwendungszeiten während des früheren Dienstverhältnisses bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nicht berücksichtigt werden. Da zwischen dem Dienstverhältnis des Klägers als Soldat auf Zeit und seiner Wiedereinstellung eine Unterbrechung von ca. fünf Jahren liege sowie die Angestelltenzeit für die Bemessung des 10-jährigen Verwendungszeitraums ausscheide, könne lediglich die Zeit der Verwendung vom 17. Mai 1971 bis 31. März 1979 (sieben Jahre und 319 Tage) als Verwendungsdauer im Sinne der Nr. 3a der Vorbemerkungen berücksichtigt werden, so dass der Kläger die geforderte 10-jährige Mindestzeit nicht erfülle.

Der Kläger hat am 20. Oktober 1999 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf die begehrte Anerkennung der Zulage als ruhegehaltfähig, da es nicht zutreffe, dass die Zulage aus einem einheitlichen Dienstverhältnis bezogen worden sein müsse.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide vom 26. Juli 1999 und 23. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die "U-Bootzulage" bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zu berücksichtigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat weiterhin die Ansicht vertreten, dass der Kläger die Voraussetzungen einer mindestens zehn Jahre dauernden zulageberechtigenden Verwendung im Sinne der Nr. 3a der Vorbemerkungen nicht erfülle.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 02. August 2002 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung der sogenannten "U-Bootzulage" bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Nach Nr. 3a Abs. 1 Buchst. a der Vorbemerkungen gehöre zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen u.a. auch die Zulage nach Nr. 9a der Vorbemerkungen, wenn der Beamte, Richter oder Soldat mindestens 10 Jahre zulageberechtigend verwendet worden sei. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Allerdings sei dem Ansatz der Beklagten, dass nur die Zeiten ab dem 17. Mai 1971 Berücksichtigung finden könnten, nicht zu folgen. Gleichwohl seien die angefochtenen Bescheide im Ergebnis rechtmäßig, weil der Kläger nicht zehn Jahre zulageberechtigend nach Nr. 9a Abs. 1 Buchst. b der Vorbemerkungen verwendet worden sei. Nach dieser Vorschrift gehörten Angestellte nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis, eine analoge Anwendung der Regelung auf seine Verwendung als Angestellter sei nicht möglich. Zusammenfassend sei festzustellen, dass der Kläger ohne Berücksichtigung seiner Verwendungen als Angestellter durch die Zeiten seiner Verwendungen auf U-Booten als Beamter und als Soldat auf Zeit den 10-Jahreszeitraum nicht erreiche.

Zwar habe der Kläger auch noch zusätzlich Dienst auf seegehenden Schiffen verrichtet, jedoch könnten diese unterschiedlichen Verwendungen nach Nr. 9a Abs. 1 Buchst. a einerseits und Buchst. b der Vorbemerkungen andererseits nicht zusammengerechnet werden, weil während des 10-Jahreszeitraums eine Verwendung nach den enumerativ aufgeführten Zulageregelungen vorgelegen haben müsse. Eine Zusammenrechnung unterschiedlicher Zeiten in verschiedenen Verwendungen sei unzulässig. Die seinerzeit noch geltenden Durchführungshinweise des Bundesministers des Innern vom 07. September 1990 hätten mit zwingendem Gesetzesrecht nicht im Einklang gestanden, so dass daraus Ansprüche nicht hergeleitet werden könnten.

Der Kläger hat gegen das ihm wohl am 10. September 2002 (das Empfangsbekenntnis ist auf den 10. Oktober 2002 datiert) zugestellte Urteil am 09. Oktober 2002 die Zulassung der Berufung beantragt, die er am 07. November 2002 begründet hat. Mit Beschluss vom 18. Juli 2003 hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit die Klage auch in Bezug auf die begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Berücksichtigung der Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Buchst. a der Vorbemerkungen abgelehnt worden ist und im Übrigen - im Hinblick auf die Berücksichtigung der (höheren) Marinezulage - U-Bootzulage nach Nr. 9a Abs. 1 Buchst. b der Vorbemerkungen - den Zulassungsantrag abgelehnt, weil der Kläger insoweit ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass er als Angestellter nicht zulageberechtigend verwendet worden sei, nicht begründet habe.

Der Kläger hat am 04. August 2003 zur Begründung der Berufung geltend gemacht, dass er auch ohne Berücksichtigung seiner Angestelltenzeit eine Gesamtdienstzeit auf Schnell- und U-Booten von insgesamt elf Jahren, sechs Monaten und 16 Tagen aufzuweisen habe. Für diese Zeit habe ihm die Zulage im Marinebereich gemäß Nr. 9a Abs. 1 Buchst. a der Vorbemerkungen zugestanden, so dass er mindestens zehn Jahre zulageberechtigend verwendet worden sei und diese Stellenzulage ruhegehaltfähig nach Nr. 3a Abs. 1 Buchst. a der Vorbemerkungen sei. Zwar habe ihm während der Verwendung auf U-Booten auch die höhere U-Bootszulage zugestanden, nach Nr. 3a Abs. 2 Satz 2 der Vorbemerkungen würden jedoch als zulageberechtigende Zeiten auch solche Zeiträume berücksichtigt, während derer auf Grund von Konkurrenzvorschriften die Zulage nicht zugestanden habe. Unerheblich sei, dass die Verwendungszeiten zum Teil als Soldat auf Zeit und zum Teil als Beamter erfüllt worden seien und dass dazwischen eine Unterbrechung gelegen habe, während der er als Angestellter tätig gewesen sei. Die Vorbemerkungen stellten allein darauf ab, ob jemand mindestens zehn Jahre zulageberechtigend als Beamter, Richter oder Soldat verwendet worden sei. Eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass die Dienstzeit zwischen diesen Zeiten nicht unterbrochen werden dürfe, lasse der Wortlaut nicht zu.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 16. Kammer, Einzelrichter - vom 02. August 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 1999 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, sein Ruhegeld ab 01. April 1999 unter Berücksichtigung der Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Buchst. a der Vorbemerkungen höher neu festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, dass es nicht unerheblich sei, dass zwischen dem Dienstverhältnis des Klägers als Soldat auf Zeit und als Beamter eine Unterbrechung erfolgt sei. Es gelte der allgemeine versorgungsrechtliche Grundsatz, dass das Ruhegehalt eines Beamten auf der Grundlage der Dienstbezüge des zuletzt bekleideten Amtes zu berechnen sei. Einer Auslegung, dieser Grundsatz werde durch die Regelung der Vorbemerkungen Nr. 3a in der Weise durchbrochen, dass auch Verwendungszeiten in früheren Dienstverhältnissen zu berücksichtigten seien, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr sei mit der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (Urt. v. 03.05.1996 - 10 A 11913/95 -) davon auszugehen, dass es ein versorgungsrechtlicher Grundsatz sei, dass die für die Berücksichtigung von ruhegehaltfähigen Dienstbezügen geforderten Anspruchsvoraussetzungen, zu denen auch die zulageberechtigenden Verwendungszeiten zählten, in dem Beamtenverhältnis erfüllt sein müssten, aus dem die Versorgung gewährt werde. Das entspreche der amtsgemäßen Versorgung, wie sie zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG gehöre. Danach sei im Unterschied zum System der gesetzlichen Rentenversicherung das Ruhegehalt des Beamten auf der Grundlage der Dienstbezüge des letzten von ihm bekleideten Amtes zu berechnen. Von diesem Grundsatz sei, was die unter den Voraussetzungen der Nr. 3a der Vorbemerkungen zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gehörenden Zulagen betreffe, nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers nur insoweit eine Ausnahme gemacht worden, als die Zulage dem Beamten nicht mehr im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand zugestanden haben musste. Während es für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit Normen gebe, nach denen auch die Zeiten außerhalb des Dienstverhältnisses, aus denen der Soldat oder Beamte in den Ruhestand trete, mitzuzählen seien, fehlten vergleichbare Regelungen mit Blick auf die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, d.h. es fehlten Vorschriften, nach denen außerhalb des Dienstverhältnisses, aus dem die Zurruhesetzung erfolge, erfüllte Anspruchsvoraussetzungen für die Berücksichtigung von ruhegehaltfähigen Dienstbezügen einzubeziehen seien bzw. in gewissen Fällen angerechnet werden sollten/könnten. Insofern sei auch zu bedenken, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 15.01.1999 - 2 C 9.98 -, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 23) die Regelungen in Nr. 3a der Vorbemerkungen einen besonderen Ausnahmecharakter hätten. Auch aus diesem Grunde komme eine Auslegung des Wortlautes zugunsten früherer Dienstverhältnisse nicht in Betracht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien sowie des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten - diese haben dem Senat vorgelegen - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Soweit die Berufung zugelassen worden ist, ist sie auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Berücksichtigung der Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen bei der Festsetzung seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge ab 01. April 1999. Insoweit ist der angegriffene Bescheid vom 26. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 1999 rechtswidrig und daher aufzuheben.

Der Kläger hat auch im Hinblick auf die hier nur noch zu prüfende Frage, ob eine Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen bei der Festsetzung seiner ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zu berücksichtigen sei, das gemäß § 126 Abs. 1, Abs. 3 BRRG, §§ 68 ff VwGO erforderliche Vorverfahren durchgeführt. Zwar hat er in seinem Antrag vom 31. März 1999 zunächst ausdrücklich nur die U-Bootzulage benannt, jedoch hat er bereits im Widerspruchsschreiben deutlich gemacht, dass es ihm um "die Addition der Zeiträume" aus dem "Dienst an Bord von Schiffen/Booten im Überwasser- als auch im Unterwasserbereich" gehe. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 1999 hat pauschal die Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit der Stellenzulage nach Nr. 9a der Vorbemerkungen (Marinezulage) ohne Differenzierung nach den einzelnen Buchstaben abgelehnt, der Widerspruchsbescheid vom 23. September 1999 hat hierzu ebenfalls keine Differenzierung getroffen. Dies entspricht auch der Gesetzessystematik, nach der es sich bei den Zulagen im Marinebereich nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 der Vorbemerkungen um zueinander in Konkurrenz stehende Zulagen handelt, bei deren gleichzeitigem Vorliegen nur die höhere - hier also über einen langen Zeitraum die U-Bootzulage nach Buchst. b - gewährt wird, vgl. Nr. 9a Abs. 1 Satz 2 der Vorbemerkungen. Aus diesem Grunde war bereits der Klagantrag des Klägers vom 31. März 1999 einer dahingehenden Auslegung (§ 88 VwGO) zugänglich, dass, wenn die höhere U-Bootzulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Vorbemerkungen nicht bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge berücksichtigt werden kann, der Kläger zumindest die Berücksichtigung der allgemeinen Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen begehrt. Dementsprechend hatte auch das VG (zutreffend) diese Frage geprüft.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass im Falle des Klägers die durch das Versorgungsreformgesetz 1998 aufgehobene Nr. 3a der Vorbemerkungen noch zur Anwendung kommt. Insoweit folgt aus § 81 Abs. 2 BBesG, dass im Falle des Klägers, obwohl dieser erst zum 01. April 1999 in den Ruhestand versetzt worden ist, § 5 BeamtVG in der für ihn günstigeren bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung findet. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 BBesG sind für Empfänger von Dienstbezügen, die bis zum 31. Dezember 2007 in den Ruhestand treten oder versetzt werden, die bisherigen Vorschriften über die Ruhegehaltfähigkeit in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung weiter anzuwenden, für Empfänger von Dienstbezügen der Besoldungsgruppen A 1 bis A 9 bei einer Zurruhesetzung bis zum 31. Dezember 2010, soweit durch das Versorgungsreformgesetz 1998 die Ruhegehaltfähigkeit von Zulagen wegfällt oder Zulagen nicht mehr zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gehören. Dies bedeutet, dass beim Kläger § 5 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung findet und auch die durch das Versorgungsreformgesetz 1998 aufgehobene Nr. 3a der Vorbemerkungen.

Nach Nr. 3a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen gehört zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen u.a. auch die Zulage nach Nr. 9a der Vorbemerkungen, wenn der Beamte, Richter oder Soldat mindestens zehn Jahre zulageberechtigend verwendet worden ist. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger im Hinblick auf die Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen.

Insofern hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, warum - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht allein die Zeit ab dem 17. Mai 1971, d.h. ab der Ernennung des Klägers zum Beamten Berücksichtigung zu finden hat, sondern auch andere Dienstzeiten, hier die Zeit der Verwendung als Soldat auf Zeit. Denn der Berücksichtigung einer Zulage als ruhegehaltfähig steht nicht entgegen, dass der Betroffene aus einem anderen Amt in den Ruhestand versetzt worden ist, als in welchem die Verwendung erfolgt war:

Es besteht zwar der versorgungsrechtliche Grundsatz, dass das Ruhegehalt des Beamten auf der Grundlage der Dienstbezüge des letzten vom Beamten bekleideten Amtes zu berechnen ist. Die Regelung Nr. 3a der Vorbemerkungen stellt aber gerade eine Durchbrechung dieses Grundsatzes dar, in dem auch solche Zulagen zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gehören, die eben gerade nicht zu den Bezügen des Amtes gehören, auf deren Grundlage das Ruhegehalt gezahlt wird. Dies ergibt sich schon aus der gewählten Formulierung "gehört zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen" anstelle "ist ruhegehaltfähig". Damit wurden die in Nr. 3a der Vorbemerkungen genannten Zulagen nach einer entsprechenden 10-jährigen zulageberechtigenden Verwendung über die Regelung in § 5 Abs. 1 BeamtVG hinaus zu ruhegehaltfähigen Dienstbezügen fingiert. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (...) stellte Nr. 3a der Vorbemerkungen im System des Versorgungsrechts eine ungewöhnliche Vergünstigung dar und ging über den Grundsatz der amtsgemäßen Versorgung hinaus. Bei der durch Art. 1 Nr. 14 Buchst. c des 5. Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28. Mai 1990 (BGBl. I S. 967) neu eingefügten Bestimmung hat sich danach der Gesetzgeber bewusst und gewollt von dem Prinzip gelöst, bei der Bemessung der Versorgung nur einen den Lebenszuschnitt des Versorgungsempfängers und seiner Familie mitprägenden Bezügebestandteil zu berücksichtigen. Nr. 3a der Vorbemerkungen knüpft daher die Ruhegehaltfähigkeit der Stellenzulage ausdrücklich allein daran, dass der Versorgungsempfänger mindestens zehn Jahre zulageberechtigend verwendet worden ist. Ob diese Verwendung bis zum Eintritt in den Ruhestand fortbestand oder ob sie bereits vorher beendet war oder ob die Stellenzulage jemals bezogen wurde, ist hingegen unerheblich (BVerwG, Urt. v. 27.02.2001 - 2 C 6.00 -, Buchholz 239.2 § 17 SVG Nr. 3). Für diese Auslegung spricht letztlich auch der Wortlaut der geltenden Fassung des § 5 BeamtVG. In § 5 Abs. 1 Nr. 3 BeamtVG heißt es nunmehr: Ruhegehaltfähige Dienstbezüge sind sonstige Dienstbezüge, die im Besoldungsrecht als ruhegehaltfähig bezeichnet sind, die den Beamten in den Fällen der Nr. 1 und 3 zuletzt zugestanden haben oder in den Fällen der Nr. 2 nach dem Besoldungsrecht zustehen würden. Durch diese Änderung bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass wieder zum Prinzip der amtsgemäßen Versorgung zurückgekehrt werden soll. (...)

Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen. Wenn demgegenüber die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urt. v. 03.05.1996 - 10 A 11913/95 -, IÖD 1997, 55) meint, aus der Gesetzesbegründung (BTDrucks 11/6542 S. 19 und 32) herleiten zu können, dass es dem erklärten Willen des Gesetzgebers entsprochen habe, von dem Grundsatz, dass das Ruhegehalt eines Beamten auf der Grundlage der Dienstbezüge des letzten von ihm bekleideten Amtes zu berechnen sei, nur insoweit eine Ausnahme zu machen, als die Zulage dem Beamten nicht noch im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand zugestanden haben müsste, ist festzustellen, dass sich die insoweit angeführten Verweise auf die Gesetzesbegründung bereits nicht zur Marinezulage verhalten. Soweit man die dortigen Ausführungen auf die Zulage nach Nr. 9a der Vorbemerkungen sinngemäß heranziehen will, kann man ihnen gerade nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber über den Wortlaut hinaus eine Beschränkung dahingehend wollte, dass die zulageberechtigende Verwendung in einer anderen Verwendung als der, in der der Betroffene in den Ruhestand getreten ist, nicht hinzugerechnet werden dürfte. Im Gegenteil geht die im System des Beamten- und Soldatenversorgungsrechts ungewöhnliche Vergünstigung der Nr. 3a der Vorbemerkungen über den Grundsatz der amtsgemäßen Versorgung hinaus. Dabei hat sich der Gesetzgeber bei der durch Art. 1 Nr. 14 Buchst. c des 5. Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 28.05.1990 neu eingefügten Bestimmung bewusst und gewollt von dem Prinzip gelöst, bei der Bemessung der Versorgung nur einen den Lebenszuschnitt des Versorgungsempfängers und seiner Familie mitprägenden Bestandteil zu berücksichtigen (vgl. BTDrucks 11/6542 S. 19 und 32). Auch hierauf hatte das Verwaltungsgericht bereits zutreffend unter Verweis auf die gleichlautende Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 27.02.2001, a.a.O.) hingewiesen.

Schließlich kann aus dem Wortlaut der Nr. 3a der Vorbemerkungen nicht geschlossen werden, dass mit Soldat im Sinne dieser Vorschrift nur Berufssoldaten gemeint sein könnten, da Zeitsoldaten eine Versorgung nicht erhalten, so dass nur die Zeit der zulageberechtigenden Verwendung des Klägers als Beamter Berücksichtigung finden könnte. Entscheidend ist - auch hierauf hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend hingewiesen -, dass der Kläger die Versorgung als Beamter begehrt. Ob die Verwendung an Bord in Dienst gestellter seegehender Schiffe oder Boote der Seestreitkräfte als Zeitsoldat Berücksichtigung finden kann, hängt allein von der Fassung der jeweiligen Zulage ab. Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 der Vorbemerkungen differenziert aber nicht nach Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit.

Der Berücksichtigung der Marinezulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen steht Nr. 3a Abs. 2 der Vorbemerkungen nicht entgegen. Denn nach Nr. 3a Abs. 2 Satz 2 der Vorbemerkungen werden als zulageberechtigenden Zeiten auch solche Zeiträume berücksichtigt, während denen auf Grund von Konkurrenzvorschriften die Zulage nicht zustand. Der Kläger erhielt über einen Zeitraum von insgesamt einem Jahr fünf Monaten und 28 Tagen als Soldat und sieben Jahren zehn Monaten und 15 Tagen als Beamter lediglich deshalb nicht die Zulage im Marinebereich nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen, da er während dieser Zeit die höhere U-Bootzulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Vorbemerkungen erhielt, vgl. Nr. 9a Abs. 1 Satz 2 der Vorbemerkungen. Die Zulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen erhalten vom Beginn des 16. Dienstmonats an Soldaten und Beamten, die im Wege der Versetzung, Kommandierung oder Abordnung an Bord in Dienst gestellter seegehender Schiffe oder Boote der Seestreitkräfte verwendet werden. Diese Vorschrift erfasst bereits vom Wortlaut auch die Verwendung auf einem U-Boot, da dieses unzweifelhaft ein Schiff im Sinne der Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen ist, wenn auch ein besonderes, das deshalb nach Buchst. b der genannten Vorschrift eine höhere Zulage nach sich zieht. Insofern stellt zudem Nr. 9a Abs. 1 Satz 2 der Vorbemerkungen klar, dass bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen nach Buchst. a, b oder c nur die höhere Zulage gewährt wird, es sich also bei den einzelnen Vorschriften um Konkurrenzvorschriften im Sinne der Nr. 3a Abs. 2 Satz 2 der Vorbemerkungen handelt. Daher hat hier eine Addition der Zeiten der zulageberechtigenden Verwendung nach Nr. 9 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und Buchst. b der Vorbemerkungen im Hinblick auf die entsprechenden Verwendungen als Soldat und als Beamter zu erfolgen, so dass der 10-Jahreszeitraum für die Zulage nach Nr. 9a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Vorbemerkungen überschritten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), sind nicht gegeben.

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Az.: 3 LB 103/03

In der Verwaltungsrechtssache

Streitgegenstand: Ruhegehalt

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts in Schleswig am 17. November 2003 beschlossen:

Der Tenor des Urteils vom 24. Oktober 2003 wird hinsichtlich des Kostenauspruchs für das Berufungsverfahren berichtigt. Der Kostenausspruch wird insgesamt wie folgt neu gefasst:

Tenor:

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz je zur Hälfte, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Gründe:

Die Berichtigung - hierzu sind die Parteien gehört worden - erfolgt gem. § 118 Abs. 1 VwGO, da der Kläger, soweit die Berufung zugelassen worden ist, im Berufungsverfahren obsiegt hat. Über die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens war bereits mit dem Zulassungsbeschluss vom 18. Juli 2003 - 3 LA 118/02 - abschließend entschieden worden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).



Ende der Entscheidung

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